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Erklärungen des Auswärtigen Amts in der Regierungspressekonferenz vom 09.11.2020
Situation in Belarus
SEIBERT (BReg): Einen schönen guten Tag auch von mir! Ich möchte zunächst etwas zur Lage in Belarus sagen, denn es ist ja so, dass auch am vergangenen Wochenende wieder Tausende Menschen in Belarus auf die Straßen gegangen sind, um friedlich für Wandel in ihrem Land zu demonstrieren. Der Mut und die Unerschütterlichkeit dieser Menschen beeindrucken die Bundesregierung tief.
Wie schon in den vergangenen Wochen und Monaten ist es wieder dazu gekommen, dass das Regime zahlreiche Menschen hat festnehmen und verschleppen lassen. Die Medien sprechen von über 1000 Fällen an diesem Wochenende. Die Bundesregierung verurteilt die andauernde Repression des Lukaschenko-Regimes auf das Schärfste. Wir fordern die Staatsführung erneut auf, solche rechtswidrigen Handlungen unverzüglich einzustellen und diese ständige Verletzung von Menschenrechten zu stoppen.
Es ist unverzichtbar, dass es einen konstruktiven und offenen Dialog zwischen der Staatsführung und dem Koordinierungsrat zu fairen und freien Neuwahlen gibt. Das hat auch die OSZE gerade erst Anfang November wieder in ihrem Bericht unterstrichen. Es ist überfällig, dass Herr Lukaschenko, gegen den die EU nunmehr Sanktionen verhängt hat, dies auch endlich einsieht.
[…]
FRAGE: Herr Seibert, wenn ich die Bilder richtig interpretiert habe, sind in Weißrussland sehr, sehr viele Menschen ohne Mund-und-Nasenbedeckung unterwegs. In Deutschland wird das sehr kritisiert. Wie sehen Sie das in Belarus? Kritisieren Sie das?
SEIBERT: Lassen Sie uns die Situation in beiden Ländern, die grundsätzlich unterschiedlich ist, auch auseinanderhalten. Ich habe gerade für die Bundesregierung gesagt, dass uns der Mut, die Entschlossenheit des belarussischen Volkes bzw. eben großer Teile des belarussischen Volkes zutiefst beeindrucken, weil sie trotz Wochen und Monaten härtester staatlicher Unterdrückung immer wieder auf die Straßen gehen und friedlich ihr Plädoyer für friedlichen Wandel in der belarussischen Gesellschaft vertreten.
In Deutschland ‑ vielleicht kommen wir später noch darauf ‑ haben wir eine grundsätzlich andere Situation. Ich halte es nicht für sinnvoll, hier jetzt irgendwelche Verbindungen zu ziehen.
ZUSATZ: Ich ziehe keine Verbindungen. Ich bat nur um eine Einschätzung, wie Sie es einschätzen, dass der Mund-und-Nasenschutz nicht getragen wird.
SEIBERT: Darüber können wir gerne im Zusammenhang mit Veranstaltungen in Deutschland sprechen.
COVID-19-Pandemie: Mutation des Coronavirus in Nerzen
FRAGE: Ich habe eine Frage an Herrn Kautz und Frau Adebahr, und zwar zur Entwicklung in Dänemark auf diesen Nerzfarmen. Wie bewerten Sie die eigentlich? Da ist anscheinend ein mutiertes Virus im Umlauf, und deswegen hat zum Beispiel Großbritannien einer Einreisesperre verfügt. Gibt es ähnliche Pläne in Deutschland? Wie bewertet man eigentlich die Gefahr durch solche Mutationen?
KAUTZ (BMG): Ich kann dazu gerne etwas sagen. Das Friedrich-Loeffler-Institut hat eine Risikoeinschätzung hinsichtlich der Vermutung abgegeben ‑ das müsste dann eigentlich das Landwirtschaftsministerium sagen ‑, dass in Nerzen neue Virusvarianten generiert werden. Dafür gibt es allerdings bislang noch keine wissenschaftlichen Belege. Ich weiß nicht, ob Sie die Pressekonferenz verfolgt haben, die wir hier vergangene Woche durchgeführt hatten. Frau Prof. Brinkmann, eine Virologin, hat uns sagt, dass momentan noch als relativ gesichert gilt, dass dieses Virus nicht stark mutiert und relativ stabil ist. Trotzdem werden das Paul-Ehrlich-Institut und das RKI die Situation natürlich weiter verfolgen.
ADEBAHR (AA): Außenminister Maas hat mit seinem dänischen Kollegen telefoniert. Der hat ihn auch über die aktuelle Situation unterrichtet. Die beiden haben sich darüber ausgetauscht. Es gibt ja in Brüssel derzeit auch intensive Beratungen darüber, wie man Fragen der Kontaktnachverfolgung, des Managements und der ganzen Krise europäisch gestaltet, und man war sich einig, dass man sich europäisch koordinieren will.
Ich glaube, was Fragen nach Einreise und Kontrollen angeht, wäre das BMI der richtige Ansprechpartner.
ALTER (BMI): Vielleicht kann ich noch einmal den aktuellen Sachstand wiedergeben. Es gibt ja an allen Binnengrenzen eine intensivierte Schleierfahndung, auch mit Blick auf das Infektionsgeschehen. Das betrifft auch die deutsch-dänischen Grenze. Dort werden Stichprobenkontrollen mit dem Ziel durchgeführt, dass man Sachverhalte, die für das Infektionsgeschehen relevant sind, auch mit den zuständigen Gesundheitsämtern besprechen kann. Wir denken aber derzeit nicht darüber nach, Grenzkontrollen an der Grenze zu Dänemark einzuführen.
US-Wahlen
FRAGE: Herr Seibert, ich wollte noch einmal zu den US-Wahlen fragen. Die Kanzlerin hat ja heute unter anderem gesagt, dass man sich schon bewusst sei, dass Deutschland und Europa auch weiterhin mehr leisten müssten, was die Sicherheit angeht. Können Sie sagen, ob sie damit gemeint hat, dass man jetzt noch mehr als das schon Beschlossene machen muss? Ist Deutschland dazu bereit? Wäre Deutschland dazu bereit? Denn sie hat ja im Nebensatz hinzugefügt, dass eigentlich schon viel passiert ist.
Dann noch einmal in dem Zusammenhang: Gibt es schon eine konkrete Initiative der deutschen Ratspräsidentschaft, um auf EU-Ebene einen neuen Dialog mit den USA anzustoßen?
SEIBERT (BReg): Zu Ihrer ersten Frage: Die Bundeskanzlerin hat, wenn ich mich recht erinnere, gesagt „und wir Europäer haben uns ja längst auf diesen Weg gemacht“.
Das zeigt ja: Es ist ein Weg, der sich noch fortsetzen wird, dass Europa mehr Verantwortung für seine eigene Sicherheit, für die Sicherheit und seine Interessen auch in den Regionen rund um Europa übernehmen wird. Der Weg ist ganz erkennbar noch nicht abgeschlossen.
Wir sind jetzt in einer Phase, in der in Amerika das, was man „transition“ nennt, beginnt. Deswegen finde ich es zu früh, jetzt für die Bundesregierung, die deutsche Ratspräsidentschaft oder für Europa hier Initiativen anzukündigen. Diese „transition“ wird jetzt in Amerika beginnen, sie wird dort durchgeführt. Im Zuge dieser „transition“ wird es dann sicher auch ‑ wie es bei den vorhergegangenen Regierungswechseln, Präsidentenwechseln, war ‑ Kontakte geben. Aber heute halte ich das für zu früh.
FRAGE: Herr Seibert, vielleicht können Sie noch einmal im Nachklang erklären, warum einige europäische Staats- und Regierungschefs Herrn Biden sehr früh gratuliert haben. Es scheint ja da doch auch Unterschiede in der EU zu geben. Man hat sich mit einigen abgesprochen, aber anscheinend nicht mit allen.
Die Frage an Frau Adebahr zu dieser Gratulationswelle, die es gegeben hat, ja teilweise auch für Unterlegene, wie zum Beispiel vom slowenischen Ministerpräsidenten: Gibt es eigentlich auch auf der Außenministerebene irgendeine Vereinbarung, wie man jetzt weiter vorgehen will?
SEIBERT: Ich kann und will hier nur für die Bundesregierung sprechen. Die Bundeskanzlerin hat zu dem Zeitpunkt gratuliert ‑ das haben ja dann auch andere Vertreter der Bundesregierung getan ‑, den wir für den Geeigneten hielten, und zwar anhand der bis dahin veröffentlichten Auszählungsergebnisse, der sehr klaren Einschätzung der OSZE-Beobachterkommission, der einhelligen Bewertung durch die US-Medien usw. Es hat dazu Kontakte mit wichtigen europäischen Partnern gegeben. Aber ich kann nicht für alle europäischen Partner sprechen.
ADEBAHR (AA): Selbiges gilt für die Außenminister. Es gab Kontakte auf europäischer Ebene. Es gab natürlich Kontakte der Bundesregierung. Der Außenminister hat zu dem Zeitpunkt gratuliert, den er in dieser Situation für den Richtigen hielt.
FRAGE Das ist eine Frage an Herrn Seibert und Frau Adebahr. Haben Sie Verständnis dafür, dass sowohl Russland als auch China dem neuen US-Präsidenten bislang nicht gratuliert haben? Können Sie diesen Schritt nachvollziehen?
SEIBERT: Das haben wir, denke ich, nicht zu kommentieren. Die Bundeskanzlerin und der Außenminister, für die wir hier sprechen, haben es an dem aus ihrer Sicht geeigneten Zeitpunkt getan.
FRAGE: Ich hätte eine Frage zu den Konsequenzen der Transition.
Das Thema Iran scheint sich wieder aufzumachen. Teheran hat offenbar signalisiert, dass sie wieder gern verhandeln würden. Welche Rolle spielt Deutschland dabei, Frau Adebahr? Wie schätzen Sie die Chancen ein, wieder in Verhandlungen über eine Begrenzung iranischer Atomprogramme zu kommen?
ADEBAHR: Natürlich gibt es viele internationale Themen, die Deutschland und Europa mit einer neuen und dann gewählten US-Administration besprechen wollen. Iran gehört sicher dazu.
Der Außenminister hat heute Morgen im „Deutschlandfunk“ dazu schon gesagt, dass wir das JCPOA immer als gutes Abkommen betrachtet haben und wir das auch weiterhin tun, dass wir auf der anderen Seite aber sehen, dass Iran dieses Abkommen im Moment verletzt und dass für die USA Themen wie das Verhalten gegenüber Israel und die iranische Rolle in der Region immer wichtig waren.
Der Außenminister hat heute auch zum Ausdruck gebracht, dass das natürlich Themen sind, über die man wird reden können. Es wäre gut, wenn man darüber redet, dann auch gemeinsam mit dem Iran.
Insofern: Jetzt müssen wir alle abwarten. Es ist eine Transition, die gerade beginnt. Dann wird man sehen, wie eine neue US-Administration sich zu verschiedenen Themen, auch zu Iran, verhält. Joe Biden hat im Wahlkampf dazu ja schon einmal Stellung genommen. Insofern wird man abwarten, wie sich das entwickelt. Da sind wir dann Anfang nächsten Jahres, wenn es soweit ist, dass am 20. Januar eine neue Administration ins Amt kommt.
ZUSATZFRAGE: Die Frage war ja, ob Deutschland sozusagen, weil es offenbar das Vertrauen zumindest teilweise des Iran wie der designierten Biden-Administration genießt, eine Art Vorreiter-, Entwicklungs- oder Moderatorenrolle wird spielen können und sich vielleicht jetzt schon vorbereitet?
ADEBAHR: Welche Rolle Deutschland da spielt, müssen wir einmal abwarten. Das JCPOA hat verschiedene Parteien. Frankreich, Großbritannien, die EU und Deutschland gehören dazu. Alle sind aktive Mitglieder dieses Abkommens.
Flüchtlingskonferenz in Damaskus
FRAGE: Frau Adebahr, Herr Seibert, was hält die Bundesregierung von der am 11. und 12. November in Damaskus angekündigten Konferenz zum Thema Flüchtlinge?
ADEBAHR (AA): Das müsste ich genauer nachreichen. Da traue ich mir jetzt mit einer ganz oberflächlichen „hearsay“-Kenntnis„ keine fundierte Meinung zu, die ich Ihnen hier vortragen möchte.