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Erklärungen des Auswärtigen Amts in der Regierungs­pressekonferenz vom 16.10.2020

16.10.2020 - Artikel

COVID-19-Pandemie (mögliche Beschränkung von Ein- und Ausreisen aus Risikogebieten)

FRAGE: Wie steht die Bundesregierung zu einer Abriegelung von Risikogebieten, wie von dem RKI-Präsidenten Wieler als Möglichkeit erwogen wird? Wenn sie positiv dazu steht, unter welchen Anzeichen bzw. Voraussetzungen könnte das erfolgen?

FIETZ (BReg): Ich kann dazu sagen: Die Beschränkung von Ein- und Ausreisen aus Risikogebieten kann rein epidemiologisch gesehen eine Möglichkeit sein, um eine Verbreitung des Virus zu verhindern. Das hat sich seit dem Frühjahr nicht geändert. Die Bundesregierung hat jedoch immer wieder betont, dass bei regionalen Ausbrüchen immer zielgerichtete, regional spezifische Maßnahmen ergriffen werden sollten.

FRAGE: Transportunternehmen hätten Beförderungen aus Risikogebieten zu unterlassen, soweit eine Rückreise deutscher Staatsangehöriger weiterhin möglich sei. Wie ist das zu verstehen? Das ist anscheinend so aus dem Gesetzentwurf gezogen. Deutsche dürfen aus Risikogebieten weiterhin einreisen, Ausländer aber nicht.

BURGER (AA): Ich fürchte, ich verstehe den ersten Teil der Frage, den Sie vorgetragen haben, nicht. Transportunternehmen hätten was zu unterlassen?

WOLF (Vorsitz): Beförderungen aus Risikogebieten.

BURGER: Verstehen Sie es? Ich verstehe es nicht.

WOLF: Es ist sozusagen diesem Gesetzentwurfs entnommen, dass Transportunternehmen die Beförderung aus Risikogebieten zu unterlassen hätten, soweit eine Rückreise deutscher Staatsangehöriger weiterhin möglich sei.

BURGER: Also aus der Muster-Quarantäneverordnung?

WOLF: Davon gehe ich aus, ja. Aber das ist nicht näher präzisiert. Vielleicht kann der Kollege das noch einmal präzisieren.

[…]

WOLF: Der Kollege von der ARD reicht nach: Es ging in seiner Frage tatsächlich um den Gesetzentwurf vom 13. Oktober, über den heute unter anderem „ThePioneer“ berichtet. Das Thema: Es sind schärfere Regelungen für Einreise aus Auslands-Risikogebieten geplant.

GÜLDE (BMG): Vielen Dank für die Klarstellung. Es geht dabei um das dritte Bevölkerungsschutzgesetz. Das befindet sich derzeit in der Anhörung, und zu Details dieses Gesetzentwurfs kann ich mich hier noch nicht äußern.

COVID-19-Pandemie (Verlegung von Intensivpatienten aus EU-Partnerländern nach Deutschland)

FRAGE: Ich habe noch eine Frage an Frau Fietz oder das Gesundheitsministerium oder das Auswärtige Amt; ich weiß nicht genau, wer darauf antworten könnte. Es gab ja im Frühjahr eine erhitzte Debatte über die Aufnahme von Intensivpatienten aus EU-Partnerländern. Gibt es bereits wieder Anstrengungen, solche Patienten aufzunehmen? Gibt es solche Fälle? Gibt es Angebote der Länder? Wird das von der Bundesregierung koordiniert?

ALTER (BMI): Ich beginne einmal. - Im Moment ist mir noch nicht bekannt, dass es dazu formelle Amtshilfeersuchen gibt. Das liegt daran, dass in der Folge des Beschlusses vom vergangenen Mittwoch jetzt Detailregelungen zwischen Bund und Ländern geklärt werden. Heute Nachmittag wird dazu unter anderem noch eine Telefonschaltkonferenz auf Staatssekretärsebene mit den Ländern stattfinden.

Zur zweiten Frage, wie viele Einsatzkräfte zur Verfügung stehen: Das ist eine Frage, die man nicht pauschal beantworten kann; denn die Bundespolizei ist ja keine Reservetruppe. Sie hat ja einen eigenen gesetzlichen Auftrag zu erfüllen und ist auch jetzt schon in vielfältiger Weise unterstützend tätig, beispielsweise bei der Überwachung der Maskenpflicht im öffentlichen Nahverkehr, insbesondere im Bereich der Deutschen Bahn AG. Die Frage, wie viele Kräfte in welcher Höhe zur Verfügung gestellt werden können, lässt sich letztlich nur spezifisch beantworten, wenn wir die Anforderungen kennen, wenn wir auch das übrige Einsatzgeschehen kennen und man dann eine verantwortliche Entscheidung treffen kann.

BURGER: Vielleicht fange ich mit dem zweiten Teil Ihrer Frage an. Sie haben recht: Wir haben im Frühjahr geholfen. Ganz viele Bundesländer haben sich daran mit großem Engagement beteiligt und sehr viel Solidarität gegenüber unseren europäischen Partnern gezeigt. Diese Verlegungen von Intensivpatienten nach Deutschland für eine Behandlung fanden unter Federführung der aufnehmenden Bundesländer statt, was auch eine gewisse Logik hat; denn dort sind die Kenntnisse über die Versorgungskapazitäten am unmittelbarsten.

Nach unserem Kenntnisstand wurden zwischen dem 21. März und dem 12. April insgesamt 232 Intensivpatienten aus Italien, Frankreich und den Niederlanden nach Deutschland zur Behandlung eingeliefert, davon 44 aus Italien, 58 aus den Niederlanden sowie 130 aus Frankreich.

Wir wissen, dass es zwischen verschiedenen Bundesländern und unseren europäischen Nachbarn auch jetzt zahlreiche Gespräche und Vorbereitungen gibt, bei denen oft auch deutsche Auslandsvertretungen in Gremien der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit beteiligt sind. Ich weiß, dass es solche Gespräche zwischen den Niederlanden und Nordrhein-Westfalen gibt. Der bayerische Ministerpräsident hat ebenfalls von solchen Gesprächen mit Tschechien berichtet.

Ich kann vielleicht noch sagen, wie wir in der Koordination auch auf europäischer Ebene seit dem Frühjahr weitergekommen sind. Die EU hat bereits seit dem Frühjahr Vorbereitungen für gegebenenfalls wieder erforderliche Patientenverlegungen getroffen. Transporte können jetzt über das Frühwarn- und Reaktionssystem sowie den EU-Katastrophenschutzmechanismus auf EU-Ebene koordiniert werden. Es ist gut, dass die Europäische Kommission das auf den Weg gebracht hat, und wir haben das als EU-Ratspräsidentschaft auch flankiert. Die EU hat außerdem Finanzmittel dafür verfügbar gemacht: Aus Mitteln des Emergency Support Instrument stehen 220 Millionen Euro für die finanzielle Unterstützung und Koordinierung des grenzüberschreitenden Transports von medizinischer Ausrüstung, Patienten und medizinischem Personal zur Verfügung.

Soweit das, was ich dazu beizutragen habe. Ich glaube, das Gesundheitsministerium kann noch ergänzen, was auf deutscher Ebene zusätzlich noch läuft.

GÜLDE (BMG): Ja, ich kann das gerne ergänzen. Wie Sie wissen, hat sich der Bund im Frühjahr dieses Jahres bereiterklärt, die Kosten für die Behandlung von COVID-19-Patienten aus dem EU-Ausland in deutschen Krankenhäusern zu übernehmen. Diese gesetzliche Regelung ist Ende September ausgelaufen, und derzeit laufen auf Bundesebene Gespräche darüber, diese Regelung zu verlängern.

Jahrestag der Antiregierungsproteste im Libanon

FRAGE: Herr Burger, wir haben jetzt ja den Jahrestag der Antiregierungsproteste im Libanon. Die Regierungsgestaltung ist sehr zäh und auch schwierig. Es gab die Hafenexplosion. Wie bewerten Sie die Situation?

BURGER (AA): Sie haben recht. Morgen vor einem Jahr begannen die Proteste, bei denen Libanesinnen und Libanesen ganz konfessionsübergreifend und über alle sozialen Schichten hinweg gemeinsam ein Ende von Korruption und Misswirtschaft gefordert haben.

Wir sehen jetzt, ein Jahr später, dass sich die Hoffnungen der Protestierenden bisher leider nicht erfüllt haben. Es ist bisher nicht gelungen, eine stabile Regierung zu bilden, die echte Reformen angehen kann. Die schwere Wirtschafts- und Bankenkrise bleibt ungelöst. Für die Menschen im Libanon wird die Lage immer schwieriger.

Es ist an den politischen Parteien und Akteuren zu zeigen, dass sie den Ernst der Lage erkannt haben. Ein wichtiger Schritt dafür ist die rasche Bildung einer neuen glaubwürdigen Regierung, die dann auch sichtbare und nachhaltige Reformschritte einleiten muss.

Die Bundesregierung steht in dieser schwierigen Zeit fest an der Seite der Libanesinnen und Libanesen. Bereits vor der Hafenexplosion haben wir uns umfangreich im Libanon engagiert. Unser humanitäres Engagement haben wir seitdem noch einmal ausgebaut. Sichtbare Reformen sind allerdings die Voraussetzung für eine längerfristige Unterstützung Libanons, insbesondere zum Wiederaufbau und auch für eine Wiederaufnahme der Gespräche mit dem IWF.

Das ist unsere Botschaft gegenüber den politischen Parteien und Akteuren im Libanon.

ZUSATZFRAGE: Was sehen Sie als das Haupthindernis, warum es nicht zu einer Regierungsbildung kommen konnte?

BURGER: Wie gesagt: Aus unserer Sicht braucht es die Bereitschaft der libanesischen politischen Eliten zu echten Reformen und zu echten strukturellen Veränderungen, insbesondere was Transparenz der Verwendung von Mitteln angeht. Das ist die Forderung, die die libanesische Bevölkerung in den Protesten, die vor einem Jahr begonnen haben, sehr deutlich gemacht hat. Das ist auch die klare Erwartung der internationalen Gemeinschaft, insbesondere seit der Explosion. Es ist die Voraussetzung dafür, dass umfassende wirtschaftliche Unterstützung gewährleistet werden kann.

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