Willkommen auf den Seiten des Auswärtigen Amts

Erklärungen des Auswärtigen Amts in der Regierungs­pressekonferenz vom 30.09.2020

30.09.2020 - Artikel

COVID-19-Pandemie: Kriterien für eine Einstufung als Risikogebiet

FRAGE: Immer mehr Regionen werden zu Risikogebieten erklärt. Meine Umkehrfrage: Was muss passieren, damit eine Region von dieser Liste wieder heruntergenommen wird?

SEIBERT (BReg): Sprechen Sie von Regionen außerhalb Deutschlands? Dann würde ich die Vertreterin des Auswärtigen Amtes dazu befragen.

SASSE (AA): Wir haben uns an dieser Stelle schon mehrfach zu dem Thema geäußert. Entscheidendes Kriterium ist die sogenannte Siebentagesinzidenz, also die Frage, ob über einen Zeitraum von sieben Tagen mehr als 50 Fälle pro 100 000 Einwohner registriert wurden.

ZUSATZFRAGE: Das Land Tirol argumentiert jetzt, dass es nur mehr 47 Fälle pro 100 000 sind. Kommt es jetzt wieder von der Liste herunter?

SASSE: Wir können uns hier nicht zu unterschiedlichen Ländern einlassen. Sie wissen, dass das veröffentlicht wird. Der Stand der Veröffentlichungen ist bekannt. Es ist wichtig, dass stabile Trends verzeichnet werden. Auf dieser Grundlage treffen wir gemeinsam eine Entscheidung.

ZUSATZFRAGE: Ein Tag ist also zu wenig, oder?

SASSE: Meine Aussage steht so, wie ich sie gerade getätigt habe.

Konflikt zwischen Armenien und Aserbaidschan um die Region Bergkarabach

FRAGE: Ich habe eine ganz einfache Frage an das Auswärtige Amt zum Thema Bergkarabach und dem Konflikt im Südkaukasus. Als was betrachtet die Bundesrepublik Deutschland dieses Gebiet Bergkarabach? Ist das völkerrechtlich gesehen Teil von Aserbaidschan oder nicht?

SASSE (AA): Vielleicht zunächst einmal ein paar allgemeine Ausführungen zu dem Konflikt, der uns ja weiterhin beschäftigt und der uns sehr beunruhigt.

Die heftigen Kampfhandlungen mit Toten und Verletzten auf beiden Seiten, die am Wochenende ausgebrochen sind, beunruhigen uns sehr. Wir stehen zu dem Thema im engen Austausch mit unterschiedlichen Partnern und zuständigen Regierungsvertretern. Unter anderem hat Außenminister Maas gestern mit seinem türkischen Amtskollegen darüber gesprochen.

Außenminister Maas hat sich am Wochenende auch selbst zu dem Konflikt geäußert. Die Äußerungen sind Ihnen vielleicht bekannt, ansonsten würde ich sie an der Stelle noch einmal zitieren:

Ich rufe beide Konfliktparteien dazu auf, sämtliche Kampfhandlungen und insbesondere den Beschuss von Dörfern und Städten umgehend einzustellen. Der Konflikt um die Region Bergkarabach kann nur auf dem Verhandlungsweg gelöst werden. Die OSZE-Minsk-Gruppe mit ihren drei Ko-Vorsitzenden steht dafür bereit. Armenien und Aserbaidschan müssen die gewaltsamen Handlungen sofort beenden und den Weg zu substantiellen Verhandlungen begehen.„

Dieses Zitat, das ich Ihnen gerade vorgelesen habe, gibt auch die Antwort auf Ihre Frage. Es liegt jetzt an der OSZE-Minsk-Gruppe und den Parteien, in Verhandlungen den Status den Status von Bergkarabach zu klären.

ZUSATZFRAGE: Das ist der Stand vom Montag. Das beantwortet aber nicht meine Frage. Meine Frage lautet ganz konkret: Betrachtet die Bundesrepublik Deutschland nach dem Völkerrecht Bergkarabach als Teil von Aserbaidschan, wie es eigentlich sein sollte? Entsprechend würde man denken, dass man von Armenien fordern sollte, diese besetzten Gebiete freizugeben.

SASSE: Ich muss meine Antwort von gerade wiederholen: Es geht uns darum, dass sich die Parteien zurück an den Tisch bewegen und gemeinsam mit der OSZE-Minsk-Gruppe auf dem Verhandlungsweg diesen Konflikt lösen.

ZUSATZFRAGE: Das kann ich jetzt nicht nachvollziehen. Wenn Sie sagen, dass die Krim völkerrechtlich Teil der Ukraine ist, was ist dann mit Bergkarabach? Ist Bergkarabach nach dem Völkerrecht ein Teil von Aserbaidschan oder nicht?

SASSE: Meine Antwort steht für sich.

SEIBERT (BReg): Ich will eines noch ganz kurz sagen, weil das Thema Krim mit diesem hier gerade vermischt wird, und ich glaube, dass man das doch sehr auseinanderhalten sollte.

Im Zuge der Auflösung der Sowjetunion 1991 wurde die Ukraine inklusive der Krim zum unabhängigen ukrainischen Staat. Es gab damals auch noch ein Referendum, in dem sich eine Mehrheit der Wähler eben gegen eine Abtrennung der Krim ausgesprochen hatte. Das sind vollkommen andere Verhältnisse. Das ist eine vollkommen andere Situation als im Falle Bergkarabachs. Deswegen ist die Antwort der Kollegin vollkommen richtig.

ZUSATZ: (akustisch unverständlich)

SEIBERT: Ich glaube, wir haben hier anhand von vielen Beispielen schon gelernt, dass es immer sinnvoll ist, jeden Konflikt als Konflikt selbst zu beurteilen und nicht Parallelen zu ziehen, die am Ende ‑ das wollte ich gerade darstellen ‑ immer hinken.

Geplantes Treffen zwischen der Bundeskanzlerin und der belarussischen Oppositionellen Swetlana Tichanowskaja

FRAGE: Die Kanzlerin sagte, sie plane, die belarussische Oppositionelle Frau Tichanowskaja zu treffen. Können Sie schon sagen, wann, wo und in welchem Rahmen?

Wie bewertet die Bundesregierung die Sanktionen, die von Großbritannien gegen Lukaschenko verhängt wurden? Was hält die EU von solch einem Schritt ab?

SEIBERT (BReg): Die Bundeskanzlerin ist ja heute in ihrer Rede in der Generaldebatte im Bundestag auch darauf eingegangen. Sie hat erst einmal ihre Bewunderung für den Mut der vielen friedlichen Demonstranten in Belarus ausgedrückt, insbesondere der vielen Frauen, die dort trotz der nackten Gewalt, die der Staat ihnen entgegenhält, tagtäglich auf der Straße sind. Sie hat angekündigt, dass sie sich demnächst mit der Oppositionellen Frau Tichanowskaja treffen wird, und wir werden wie üblich am Freitag die Termine und Einzelheiten dazu bekannt geben.

Zu der Frage der Sanktionierung kann ich nur das sagen, was wir immer gesagt haben: Es ist unser fester Wille, in Europa mit den europäischen Partnern darauf hinzuwirken, dass Sanktionen tatsächlich beschlossen werden und dann auch in Kraft treten. Wir bedauern, dass das bisher noch nicht möglich war. Aber es bleibt unser Ziel, dass solche restriktiven Maßnahmen ergriffen werden, und dazu setzen wir den sehr intensiven Austausch mit unseren europäischen Partnern fort. Die Zielsetzung ist also mit der beispielsweise der Briten durchaus vergleichbar.

TV-Debatte zwischen Donald Trump und Joe Biden

FRAGE: Herr Seibert, ich wollte von Ihnen wissen, ob die Kanzlerin eigentlich diese denkwürdige TV-Debatte zwischen Herrn Biden und Herrn Trump verfolgt hat. Es war ja heute Morgen ein bisschen spät oder früh. Hat sie sich später zumindest Ausschnitte angeschaut, weil der Gewinner dieses Rennens ja auch mit ihr zu tun haben wird, also entweder Herr Trump oder Herr Biden?

SEIBERT (BReg): Ich gebe hier ganz grundsätzlich nie über das Fernseh- oder Leseverhalten der Bundeskanzlerin Auskunft. Sie ist über das informiert, was da in der Nacht stattgefunden hat.

FRAGE: Ich habe auch eine Frage zu diesem sogenannten Duell, das man vielleicht besser als Fiasko bezeichnet. Erscheint der Bundesregierung und speziell der Kanzlerin dieser wichtigste Sprecher des Hauptverbündeten noch ein verlässlicher Partner zu sein, oder ist es so, Frau Sasse, dass das AA längst andere Fühler ausstreckt, um die transatlantischen Beziehungen weiter zu pflegen, weil es vielleicht um die Gesamtadministration doch nicht so wie um den amerikanischen Präsidenten bestellt ist?

SEIBERT: Auch wenn ich nicht Frau Sasse bin, die natürlich gleich dran ist, will ich trotzdem noch einmal sagen: Sie können jetzt mannigfaltige Versuche anstellen. Sie werden die Bundesregierung ‑ jedenfalls die hier vertretenen Sprecher der Bundesregierung ‑ nicht dazu bringen, in den amerikanischen Wahlkampf einzugreifen, indem wir solche Kommentare abgeben.

SASSE (AA): Dem habe ich nichts hinzuzufügen.

Binnenmarktgesetz in Großbritannien

FRAGE: Herr Seibert, wie bewertet die Bundesregierung die Zustimmung des britischen Unterhauses zum umstrittenen Binnenmarktgesetz, und was bedeutet das für die weiteren Verhandlungen über ein künftiges Abkommen?

SEIBERT (BReg): Wir verfolgen die Entwicklung in Großbritannien sehr genau, aber wir kommentieren keine innenpolitischen Entscheidungsprozesse. Dabei bleibe ich auch heute.

Der Vizepräsident der Europäischen Kommission, Herr Šefčovič, hat sich zu diesem Gesetz ja schon geäußert, als es noch in Planung war, nachdem er darüber Gespräche mit der britischen Seite geführt hatte. Er hatte Großbritannien aufgefordert, dieses Gesetzesvorhaben bis spätestens Ende September, also Ende dieses Monats, zurückzuziehen. Gleichzeitig hat er auf rechtliche Instrumente zur Streitbeilegung hingewiesen, die es im Austrittsabkommen gibt und die die Europäische Union andernfalls gegebenenfalls nutzen wird.

Grundsätzlich kann ich nur wiederholen, was wir hier schon gesagt haben: Großbritannien hat mit der Europäischen Union einen Vertrag abgeschlossen, und die Europäische Union wird sehr genau darauf achten, dass Großbritannien seine aus diesem Vertrag erwachsenen Verpflichtungen der EU gegenüber auch einhält.

Lage in Libyen

FRAGE: Nächste Woche soll auf Außenministerebene eine Libyen-Konferenz in Berlin stattfinden. Können Sie sagen, was das Ziel dieser Konferenz ist?

SASSE (AA): Die Veranstaltung nächste Woche wird ja ein sogenanntes Side Event der UN-Generalversammlungswoche sein. Gemeinsam mit dem UN-Generalsekretär Guterres laden wir für den 5. Oktober zu diesem virtuellen Treffen zu Libyen ein. Ziel ist es, acht Monate nach der Indossierung der Schlussfolgerungen der Berliner Libyen-Konferenz eine Bestandsaufnahme mit den internationalen Akteuren vorzunehmen. Sowohl was das Ende der Ölblockade angeht als auch in Bezug auf den innerlibyschen politischen Prozess haben wir in den letzten Wochen durchaus Zeichen der Hoffnung gesehen, wie zum Beispiel zuletzt bei den Gesprächen in Montreux.

Jetzt müssen aber den Worten auch Taten folgen, vor allem in Bezug auf die Umsetzung des Waffenstillstandes. Dafür brauchen wir auch die internationalen Unterstützer beider Seiten an Bord, und natürlich werden wir auch an die Zusagen aus Berlin erinnern ‑ ganz vorneweg an die Zusagen mit Blick auf das Waffenembargo.

Rücktrittsforderung des ungarischen Ministerpräsidenten an die EU-Kommissarin Věra Jourová

FRAGE: Spürt die Bundesregierung in ihrer momentanen Rolle als EU-Ratspräsidentin eine gewisse Fürsorgepflicht für Frau Jourová? Herr Orbán hat sie ja zum Rücktritt aufgefordert oder hat Frau von der Leyen aufgefordert, sie wegen der Aussage, die Demokratie in Ungarn sei krank, zu entlassen. Oder ist das allein Sache von Frau von der Leyen bzw. der Kommission?

SEIBERT (BReg): Es ist zunächst einmal Sache der Kommission, und Frau von der Leyen hat sich dazu ja auch sehr klar geäußert bzw. hat ihre Sprecherin dazu einen sehr klaren Satz sagen lassen.

Weitere Informationen

Schlagworte

nach oben