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Erklärungen des Auswärtigen Amts in der Regierungs­pressekonferenz vom 21.09.2020

21.09.2020 - Artikel

Wirecard

FRAGE: Zwei Fragen zu Wirecard, erst einmal an das BMF: Es geht um die Inhaberkontrollprüfung nach dem Inhaberkontrollverfahren 2018. Dabei hat sich die BaFin den Jahresabschluss von 2017 vorlegen lassen, aber ‑ anders, als es die Verordnung vorsieht ‑ nicht die von 2015 und 2016. Wie bewerten Sie das?

Allgemein gefragt: Sehen Sie in der Kontrolle von Wirecard durch die BaFin irgendwelche Fehler?

WOGATZKI (BMF): Sie beziehen sich auf sogenannte Inhaberkontrollverfahren. Für die ganzen Kollegen, die darin nicht so bewandert sind, nur kurz zur Einordnung: Ziel des Verfahrens ist, dass sich Bundesbank und BaFin ein Bild von der Inhaberstruktur der beaufsichtigten Unternehmen machen. Wenn ein Inhaberwechsel stattfindet ‑ das gilt schon ab 10 Prozent, die ein Unternehmen an Anteilen aufkauft ‑, dann wird dieses Unternehmen geprüft, um die Institute erst einmal kennenzulernen und sicherzustellen, dass auch Eingriffsmöglichkeiten in die Insolvenzen der einzelnen Unternehmen bestehen. Darüber hinaus spielen die Funktionsfähigkeit der Institute und der Gläubigerschutz eine Rolle bei diesem Verfahren.

In dem Fall von Wirecard ging es jetzt um eine Umstrukturierung innerhalb des Wirecard-Konzerns im zweiten Halbjahr 2018. Die Wirecard ist ja eine Enkelin der Wirecard AG. Damals war geplant, dass die Wirecard AG direkt mit der Wirecard-Bank verbunden wird, also dass die Wirecard-Bank eine Tochter wird. Es ging also um eine konzerninterne Reorganisation innerhalb der Wirecard-Gruppe, nicht um einen Erwerb, der im Rahmen des Inhaberkontrollverfahrens der interessantere Aspekt ist, weil sich dadurch der Kreis der Akteure, die die BaFin kennen muss, erweitert. In diesem Fall hat sich der Kreis nicht erweitert. Deshalb ist es in solchen Verfahren üblich, in denen nur eine Umstrukturierung stattfindet, dass sich die BaFin nur einen Konzernabschluss vorlegen lässt. Das ist in allen vergleichbaren Fällen auch so der Fall.

Ihre zweite Frage bezog sich ‑ ‑ ‑

ZUSATZ: Sie zog sich ganz allgemein darauf, ob Sie bei der BaFin und ihre Aufsicht über Wirecard jetzt im Nachhinein ein Fehlverhalten entdecken können.

WOGATZKI: Der Minister hat von Anfang an gesagt, dass wir alles prüfen und alles Notwendige reformieren wollen. Er hat auch gesagt: Die Finanzaufsicht braucht mehr Biss. Zu diesem Zweck gibt es ein Beratungsprojekt, das sicherstellen soll, dass die Organisationsstruktur und die Ressourcenausstattung der BaFin optimiert werden. Das ist breit angelegt. Es erfolgt, wie gesagt, eine Beratung, die in einen breiten Dialog mit Interessenvertretern von verbraucher- und zivilgesellschaftlichen Strukturen ausgedehnt werden soll. Unter anderem ist geplant, dass wir in diesem Zusammenhang vielleicht auch mit Transparency International oder der Bürgerbewegung Finanzwende Kontakt aufnehmen.

ZUSATZFRAGE: Meine zweite Frage richtet sich an das Kanzleramt und das Auswärtige Amt. Es gab heute einen Bericht über eine Mail aus der deutschen Botschaft in China, nach der der deutsche Botschafter und der Finanzreferent im November 2019 berichtet haben, dass sie von einem weiteren Engagement der Bundesregierung für den Konzern in China abraten oder Abstand nehmen würden. Meine Frage wäre: Was wusste denn der Finanzreferent der Botschaft in China, was zum Beispiel der Wirtschaftsberater Herr Röller nicht wusste?

Warum sind solche Warnungen aus China im Kanzleramt nicht aufgelaufen oder ignoriert worden?

SEIBERT (BReg): Ich fange vielleicht an. Grundsätzlich ‑ und darüber besteht völlige Einigkeit in der gesamten Bundesregierung ‑ müssen die Wirecard-Vorkommnisse aufgeklärt und aufgearbeitet werden.

Was wir dazu beitragen können, werden wir auch beitragen. Dem haben ja schon die Sondersitzungen des Bundestagsfinanzausschusses gedient, und dem wird auch der jetzt beantragte Untersuchungsausschuss dienen. Selbstverständlich wird die Bundesregierung auch einen Untersuchungsausschuss umfassend unterstützen.

Zu Ihrer Frage: Die Bundesregierung setzt sich in bilateralen Kontakten, also zum Beispiel bei Reisen der Kanzlerin, regelmäßig auch für die wirtschaftlichen Interessen deutscher Unternehmen im Ausland ein. Das gilt auch für China. Das Anliegen des Unternehmens Wirecard ‑ Markteintritt in China ‑ deckte sich mit dem allgemeinen Ziel der Bundesregierung, Marktöffnung und den Abbau von Investitionsbeschränkungen in China zu erreichen. In diesem Sinne hat die Bundeskanzlerin den Markteintritt von Wirecard in China auf ihrer Chinareise im September 2019 angesprochen.

Zum Zeitpunkt dieser Chinareise im September 2019 lagen dem Bundeskanzleramt auf Basis der Informationen des BMF keine Anhaltspunkte über mögliche schwerwiegende Unregelmäßigkeiten bei Wirecard vor, die dagegen gesprochen hätten, dieses an sich nachvollziehbare Anliegen eines Markteintritts bei der Reise zu flankieren.

ZUSATZFRAGE: Hat das AA dazu noch etwas zu sagen?

ADEBAHR (AA): Ich kann von hier aus nur sagen, dass die Presseberichterstattung auf Emails Bezug nimmt und ich von dieser Stelle hier keine mutmaßlichen vertraulichen Emails oder Korrespondenzen kommentieren kann. Es gilt das, was Herr Seibert gesagt hat: Auch das Auswärtige Amt beantwortet im Rahmen von parlamentarischen Verfahren alle Anfragen zu dem Thema, die auf uns Bezug nehmen, mit bestmöglicher Transparenz.

FRAGE: Frau Wogatzki, können Sie kurz erläutern, warum Sie sich mit Transparency International und der Finanzwende auseinandersetzen?

WOGATZKI: Weil wir einen ganz breiten Dialog aufstellen wollen, in dem auch die Interessen von Verbrauchern und von diesen Interessensvertretungen einfließen.

ZUSATZFRAGE: Was fließt da von anderen Vertretungen noch mit ein?

WOGATZKI: Es wird breit aufgestellt. Ich habe jetzt zwei Beispiele hervorgehoben. Weiteres werden wir Ihnen dann mitteilen, wenn es so weit ist.

FRAGE: Frau Adebahr, darf man denn davon ausgehen, dass Sie sich in solchen Fällen, wo von kundigen Menschen in Botschaften sozusagen Warnungen gegeben werden, rückversichern oder vergewissern oder nachfragen, worauf die denn substanziell beruhen, oder sagen Sie nur „Warnung, es liegt aber nichts vor, also unterstützen wir den Markteintritt“?

ADEBAHR: Sie haben Ihre Frage mit „solchen Fällen“ eingeleitet und dann auf eine Medienberichterstattung Bezug genommen, die ich nicht bestätigt habe. Insofern kann ich die Frage nicht beantworten.

ZUSATZ: Sie wollen sie also nicht beantworten. Sie haben die Medienberichterstattung ja auch nicht dementiert. Gehen wir also einmal davon aus, dass es diese Mail und diese Warnung gegeben hat. Sie möchten dazu nichts sagen.

ADEBAHR: Das haben Sie jetzt gerade gesagt. Ich hatte meine erste Antwort dazu gegeben.

Fall Alexej Nawalny

FRAGE: Maria P., die Schlüsselzeugin in der Causa Nawalny, hat am 18. September in einem Interview selbst zugegeben, dass sie in demselben Flugzeug wie Herr Nawalny nach Deutschland geflogen ist und sich damit der Befragung durch russische Behörden entzogen hat. Sie hat ebenfalls zugegeben, dass sie in diesem Flugzeug die mutmaßlich mit Nowitschok kontaminierten Wasserflaschen aus Russland herausgeschmuggelt hat.

Herr Seibert, Sie wollten dazu in der letzten Woche noch keine Stellung beziehen. Sieht sich die Bundesregierung nach diesem Interview in der Lage, zu bestätigen, dass sich mit Maria P. eine der Schlüsselzeugen in der Causa Nawalny in Deutschland befindet?

War die Bundesregierung im Voraus darüber informiert, dass im Charterflugzeug, das Nawalny nach Deutschland brachte, auch potentielle Beweismittel aus Russland nach Deutschland geschmuggelt werden?

SEIBERT (BReg): „Schmuggel“ usw. ist jetzt Ihre Wortwahl. Ich habe zu dem Ganzen heute keinen anderen Stand, als wir ihn hier am Freitag besprochen haben.

ZUSATZFRAGE: Keine Nachfrage, aber ich würde ganz gerne eine Antwort darauf haben, dass eine Schlüsselzeugin sagt, dass sie in dem Flugzeug war und die Wasserflaschen ‑ potentielle Beweismittel, die wohlgemerkt mutmaßlich angeblich mit Nowitschok kontaminiert waren ‑ aus Russland nach Deutschland gebracht hat. Da sollte die Bundesregierung doch in der Lage sein, zu sagen: Ja, diese Schlüsselzeugin befindet sich in Deutschland. Ja, mit Nowitschok kontaminierte Flaschen waren im Flugzeug, das auch Nawalny nach Deutschland transportiert hat. ‑ Das sind ja keine unwesentlichen Details, zu denen man einfach schweigen kann.

SEIBERT: Nein, aber es führt uns zu dem zurück, was wir hier schon vielfach gesagt haben: Russland hat alle Möglichkeiten, eine Untersuchung durchzuführen, hat Beweismittel, hat Proben von Herrn Nawalny. Deswegen habe ich jetzt dazu nichts Neues beizutragen.

ZUSATZFRAGE: Russische Behörden sagen bis zum jetzigen Zeitpunkt, dass nach wie vor auf beide Rechtshilfeersuchen, die an die deutschen Behörden geschickt worden sind, nicht reagiert wurde bzw. nach wie vor keine Antwort vorliegt. Mich würde interessieren, aus welchen Beweggründen die Bundesregierung bisher darauf verzichtet hat, auf diese Rechtshilfeersuchen zu reagieren.

VORS. WEFERS: Dann kann ich gleich eine Online-Frage anschließen. Frau Bönnighausen, ist in dem Fall ein zweites russisches Rechtshilfeersuchen zum Fall Nawalny bearbeitet und gegebenenfalls weitergeleitet worden?

SEIBERT: Das ist hier mehrfach beantwortet worden. Aber die Kollegin kann es ja noch einmal sagen.

BÖNNIGHAUSEN (BMJV): Das ist auch das, was ich sagen wollte. Es gibt im Vergleich zu Freitag keinen neuen Stand, was die Äußerungen meines Kollegen angeht.

ADEBAHR (AA): Der Stand ist, dass das erste Rechtshilfeersuchen an die Berliner Justizbehörden weitergeleitet wurde und das zweite in Bearbeitung ist und geprüft wird. Insofern befindet sich das erste Rechtshilfeersuchen bei den Behörden, und das zweite ist in Bearbeitung.

FRAGE: Frau Adebahr, Frau Bönnighausen, vielleicht können Sie erklären, warum die Prüfung dieses zweiten Rechtshilfeersuchens so lange dauert. Es gibt durchaus einen Zeitfaktor bei der Aufklärung von Straftaten, die vermutet werden. Das erste ist schon bei den Berliner Justizbehörden, und das zweite liegt seit mehreren Tagen im Justizministerium und wird nicht weitergeleitet. Was ist der Grund dafür?

BÖNNIGHAUSEN: Ich kann nur das sagen, was mein Kollege am Freitag schon gesagt hat, dass über die Weiterleitung noch nicht entschieden worden ist. Über die weiteren Details der konkreten Fälle werden uns wir uns, wie üblich im Rechtshilfeverfahren, nicht weiter äußern.

FRAGE: Ich habe eine Verständnisfrage. Sowohl das Auswärtige Amt als auch der Regierungssprecher haben jetzt mehrmals betont, dass alle Beweise und Zeugen in Russland zu suchen sind. Jetzt befindet sich aber eine der Schlüsselzeugen in Deutschland. Ein mutmaßlich zentrales Beweismittel befindet sich ebenfalls in Deutschland. Bis heute hat sich die Bundesregierung nicht dazu geäußert, ob sie bereit ist, diese Beweismittel russischen Behörden auszuhändigen. Wenn Russland bei der OPCW nachfragt, wird es nach Deutschland verwiesen. Deutschland wiederum verweist auf die OPCW. Mich würde trotzdem interessieren, wieso die Bundesregierung insistiert, dass alle Beweise in Russland sind, wenn, wie ich schon ausgeführt habe, elementare Beweise in Deutschland liegen. Um Beispiele zu nennen: Es gibt sowohl diese besagten Nowitschok-Flaschen als auch die zentrale Zeugin.

SEIBERT: Über die Kontakte Russlands mit der OVCW kann ich logischerweise keine Auskunft geben. Das wäre mit der OVCW zu besprechen.

Wir haben von Anfang an gesagt ‑ und dieser Stand gilt ‑, dass Russland über alles Notwendige verfügt, um selbst Untersuchungen bzw. Ermittlungen durchzuführen, vor allem die Proben von Herrn Nawalny.

ADEBAHR: Wenn ich das noch anfügen darf: Sie äußern Ihre Meinung zu mutmaßlichen Beweisstücken, zu mutmaßlichen Schlüsselzeugen. Ich glaube, Herr Seibert hat für uns das gesagt, was zu sagen ist. Die Rechtshilfeersuchen liegen ‑ zumindest schon einmal das Erste ‑ bei der Berliner Justiz, die sich mit diesen Fragen des Ersuchens befassen wird.

FRAGE: Ist nicht aber dennoch die Flasche, bei der deutsche und andere Untersuchungen Nowitschok festgestellt haben, ein Beweismittel, über das zumindest Russland derzeit nicht verfügt? Das scheint zumindest ein objektiver Sachverhalt zu sein. Wenn es sich so verhält, wird die Bundesregierung dann dieses Beweismittel, über das Russland zurzeit offenbar nicht verfügt, Russland gegebenenfalls für die weitere Aufklärung zur Verfügung stellen?

SEIBERT: Ich trage einfach noch einmal den ersten Satz der Erklärung der Pressemitteilung, die wir am 2. September herausgegeben haben, vor:

„Auf Veranlassung der Charité ‑ Universitätsmedizin Berlin ‑ hat ein Speziallabor der Bundeswehr eine toxikologische Untersuchung anhand von Proben Alexej Nawalnys durchgeführt.“

Das ist meine Beantwortung Ihrer Frage.

ZUSATZFRAGE: Dass Proben von Alexej Nawalny untersucht wurden, das haben Sie beantwortet.

Es gab aber auch eine Berichterstattung, die nicht dementiert worden ist, dass an einer Wasserflasche, die aus dem Hotel in Tomsk stammt, Nowitschok festgestellt worden sei. Das würde ich nicht als eine Probe Nawalnys sehen, sondern als eine Probe aus dem Umfeld Nawalnys. Wenn dies ein Beweismittel ist, wenn eine solche Flasche existiert, an der Nowitschok festgestellt wurde, ist das ein zusätzliches Beweismittel jenseits der Körperflüssigkeiten von Herrn Nawalny. Dann bleibt die Frage ‑ und diese haben Sie nicht beantwortet ‑: Wird die Bundesregierung dieses Beweismittel Russland, wenn es das haben möchte, zur Verfügung stellen?

SEIBERT: Die Rechtshilfeersuchen Russlands sind in Bearbeitung, wie Sie heute schon mehrfach gehört haben. Ich kenne übrigens nicht den Inhalt dieser Rechtshilfeersuchen. Danach wird zu entscheiden sein, was die Berliner Justiz mit diesem Rechtshilfeersuchen macht. Ich habe dem nichts weiter hinzuzufügen.

UN-Sanktionen gegen Iran

FRAGE: Frau Adebahr, die Vereinigten Staaten haben ja am Wochenende die sogenannten „snapback“-Sanktionen, die UN-Sanktionen gegen Iran, wiedereingeführt. Inwiefern wird dieser einseitige Schritt die Lösung des Nuklearkonflikts erschweren?

ADEBAHR (AA): Ich weise zunächst gern darauf hin, dass aus Sicht der europäischen Teilnehmerstaaten des JCPOA sowie der insgesamt 13 von 15 Sicherheitsratsmitgliedern die USA nicht berechtigt sind, diesen sogenannten „snapback“ auszulösen. Warum nicht? Sie sind dazu nicht berechtigt, weil sie im Jahr 2018 das Nuklearabkommen mit dem Iran verlassen haben.

Die Außenminister Frankreichs, Deutschlands und Großbritanniens haben das jetzt erneut in einem Schreiben an den Sicherheitsratsvorsitz und in einer öffentlichen Erklärung am Wochenende zum Ausdruck gebracht. Auch der VN-Generalsekretär verweist in einem Schreiben des Vorsitzes darauf, dass das Generalsekretariat keine Schritte zur Umsetzung der nur nach Meinung der USA wiederaufgelebten Sanktionen treffen wird.

Vielleicht zur Frage: Wie geht es jetzt weiter? - Dazu würde ich gern noch einmal darauf hinweisen, dass die USA bereits 2018, eben nach ihrem Aussteigen aus dem JCPOA, die von sich aus aufgehobenen Sanktionen gegen den Iran wieder in Kraft gesetzt hatten. Seitdem gab es seitens der USA mehrere Runden weiterer Sanktionen gegen den Iran. Insofern bleibt abzuwarten, inwieweit sich die reale Lage jetzt noch verschärfen kann.

Klar ist, dass die europäischen Teilnehmer und in diesem Fall auch Russland und China sich weiter für den Erhalt des JCPOA einsetzen und wir uns gegen die Anwendung extraterritorialer Sanktionen aussprechen.

Genauso klar ist aber auch, dass das VN-Raketenembargo gegen den Iran bis 2023 in Kraft bleibt sowie das umfassende EU-Waffenembargo gegen den Iran. Auch das ist etwas, was wir auf der anderen Seite unterstützen.

ZUSATZFRAGE: Der US-Außenminister hat jetzt wieder betont, dass die Politik des maximalen Drucks gegen Iran weitergeführt wird. Wie steht Ihr Haus zu dieser Politik?

ADEBAHR: Ich glaube, dazu haben Sie vielfach auch Äußerungen des Ministers gehört. Wir haben die Politik des maximalen Drucks gegen den Iran abgelehnt. Wir lehnen sie weiterhin ab. Wir sind der Ansicht, dass Gespräche im Rahmen des JCPOA und ein Erhalt dieses Nuklearabkommens der richtige Weg sind.

„Having said this“ sind wir genauso der Ansicht, dass der Iran seine schwerwiegende Rolle und auch ungute Rolle, die er in der Region zum Teil spielt, aufgeben und überdenken muss und es zu dieser Frage auch Gespräche braucht. Wir sind genauso der Ansicht, dass der Iran schnellstmöglich und voll umfänglich zu seiner Pflichterfüllung im Rahmen des Nuklearabkommens zurückkehren soll. Das heißt, das sind auch zwei Seiten, die uns da im Rahmen des Abkommens beschäftigen.

Mögliche Wiederaufnahme des Dialogs zwischen Griechenland und der Türkei

FRAGE: Kann die Bundesregierung von irgendwelchen Fortschritten in den Bemühungen um die Wiederaufnahme des Dialoges zwischen Griechenland und der Türkei im Hinblick auf das Treffen des Europäischen Rates berichten?

SEIBERT (BReg): Ich habe dazu jetzt nichts zu berichten.

Unsere Aufforderung bleibt: Deeskalation, Dialog fördern, strittige Fragen im direkten Gespräche lösen. Dafür setzt sich die Bundesregierung ein, so wie auch die Bundeskanzlerin persönlich mit Gesprächen, die sie führt.

FRAGE: Was meint die Bundeskanzlerin? Tendiert man in der EU eher in Richtung Sanktionen gegen die Türkei, oder entfernt man sich von dieser Eventualität? Gibt es schon einen Termin für ein Treffen mit den Beratern zwischen Deutschland, Griechenland und der Türkei?

SEIBERT: Was die Bundeskanzlerin meint und wofür sie sich einsetzt, habe ich gerade zu beschreiben versucht. Ich denke, weitere Zwischenstände will ich jetzt nicht geben. Ein Treffen auf Arbeitsebene, also von Beratern, würde ich hier aber ohnehin nicht ankündigen; das tun wir grundsätzlich nicht.

FRAGE: In diesem Zusammenhang: Herr Seibert, es gibt türkische Medienberichte über eine für morgen geplante Videokonferenz zwischen der Bundeskanzlerin, dem türkischen Präsidenten und dem Präsidenten des Europäischen Rates, Herrn Michel. Können Sie so einen Termin bestätigen?

SEIBERT: Ich bestätige keinerlei geplante Termine und spreche über Gespräche, nachdem sie stattgefunden haben.

Status Taiwans

FRAGE: Ich habe eine Frage zu Taiwan und China: Laut der Aussage Taiwans hat China am Wochenende an zwei aufeinanderfolgenden Tagen Taiwan mit 19 Kampfjets und Bombern bedroht. Das waren die größten Überflüge dieser Art, und seit längerer Zeit wird immer häufiger über solche Überflüge berichtet. Gleichzeitig hat der taiwanesische Außenminister in einer neuen Dokumentation der Deutschen Welle die internationale Gemeinschaft dringend um Hilfe gebeten, Taiwans internationale Isolation zu beenden und sein Land zum vollständigen Mitglied der internationalen Gemeinschaft zu machen.

Meine Fragen: Wie bewertet die Bundesregierung diese militärischen Drohungen von China gegen Taiwan? Beabsichtigt sie, Peking aufzufordern, für immer auf einen Angriff auf Taiwan zu verzichten?

Zweitens. Wird sich die Bundeskanzlerin aktiv dafür einsetzen, dass Taiwan ein vollständiges Mitglied in allen relevanten internationalen Einrichtungen werden kann?

ADEBAHR (AA): Unsere Politik gegenüber Taiwan ist Ihnen wahrscheinlich bekannt. Die Bundesrepublik Deutschland hat 1972 diplomatische Beziehungen mit der Volksrepublik China aufgenommen und erkennt im Rahmen ihrer Ein-China-Politik die Volksrepublik China als einzigen souveränen Staat an. Es ist aber so, dass wir eine wirtschaftliche und kulturelle Beziehung zu Taiwan und auch Kontakte mit Taiwan pflegen.

Unsere Politik gegenüber China ist auch darauf ausgerichtet, eine gemeinsame europäische Haltung zu haben, und wir weisen China darauf hin ‑ und zwar nicht nur wir bilateral, sondern auch im Rahmen der Europäischen Union ‑, dass es wünschenswert ist ‑ und wir mahnen das an ‑, dass China seinen völkerrechtlichen Verpflichtungen, die es eingegangen ist, nachkommt. Das ist auch in den jüngsten Treffen, die es mit China gab, der Fall gewesen.

Vielleicht kann ich Sie auch noch zu unserer grundsätzlichen Position auf die Indo-Pazifik-Leitlinien hinweisen, die die Bundesregierung verabschiedet hat, mit denen wir unsere europäische Politik als gestaltender Akteur im indo-pazifischen Raum weiter stärken wollen. Das heißt, unser Ziel ist es auch, unsere Interessen, Prinzipien und Werte dort zu stützen und auch multilaterale Foren zu stützen, die Frieden, Sicherheit und Stabilität im Indo-Pazifik bringen. Auch für Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit treten wir ein, und auch das tun wir immer wieder gegenüber den chinesischen Gesprächspartnern.

Was die Frage Taiwans in internationalen Foren angeht, so ist es der Fall, dass Deutschland eine praktische Mitarbeit Taiwans in internationalen Foren sehr unterstützt, sofern das nicht souveränen Staaten vorbehalten ist. Wir sind aber dafür, dass sich Taiwan in vielen internationalen Bereichen und Foren in Kultur, Bildung, Wissenschaft und Forschung ganz stark engagiert, und das bringen wir auch immer wieder zum Ausdruck.

ZUSATZFRAGE: Diese Positionen sind mir natürlich bekannt. Aber erkennen Sie, dass die Lage sich maßgeblich ändert? Es gab letzte Woche auch einen Ruf von vielen hochrangigen europäischen Stimmen, dass die Taiwan-Politik Europas nicht mehr funktioniere. Erkennen Sie dies, und erkennen Sie, dass die Drohungen Chinas eine andere Qualität erreichen?

ADEBAHR: Ich kann dazu nur sagen, dass wir als Europäische Union und auch als Deutschland darauf hinwirken, dass die Beziehungen die Gestalt annehmen, die ich Ihnen gerade geschildert habe, und dass wir China dazu aufrufen, seine völkerrechtlichen Verpflichtungen und seine Verpflichtungen im Bereich des Friedens, der Rechtstaatlichkeit einzuhalten. Das ist auch etwas, was wir gegenüber den chinesischen Gesprächspartnern immer wieder zum Ausdruck bringen.

FRAGE: Frau Adebahr, wenn das chinesische Militär irgendwo Manöver macht, wo es keine Manöver machen sollte, sind Sie immer die ersten, die dazu etwas sagen. Bei Taiwan höre ich jetzt keine Verurteilungen, keine Sorge heraus. Warum nicht?

Gehört die Souveränität Taiwans zu den deutschen Interessen?

ADEBAHR: Was unsere rechtliche Haltung zu Taiwan angeht, so habe ich das, glaube ich, gerade ausführlich dargelegt. Wenn ich zu konkreten Vorfällen etwas nachreichen kann, dann tue ich das gern noch. Ich habe hier die Gelegenheit genutzt, unsere grundsätzliche Politik gegenüber China und gegenüber Taiwan zu erklären.

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