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Erklärungen des Auswärtigen Amts in der Regierungs­pressekonferenz vom 26.08.2020

26.08.2020 - Artikel

Kabinettssitzung / Verlängerung der Reisewarnung für Drittstaaten

DEMMER (BReg): Zu guter Letzt hat das Kabinett heute beschlossen, die Reisewarnung für nicht notwendige, touristische Reisen für Staaten außerhalb der EU, Schengen-assoziierten Staaten und dem Vereinigten Königreich, die sogenannten Drittstaaten, bis zum 14. September zu verlängern. Bereits am 10. Juni hatte das Kabinett die Verlängerung dieser Reisewarnung bis Ende August beschlossen, die nun bis einschließlich 14. September bestehen bleibt. […]

FRAGE: Ich habe eine Frage an Frau Sasse. Vielleicht können Sie sagen, warum man den 14. September gewählt hat? Man hätte sich auch eine längere oder eine kürzere Frist vorstellen können.

Zweitens. Was sagen Sie zu Forderungen der Reisebranche, dass man statt einer generellen Reisewarnung lieber ein differenzierteres Bild erstellen sollte?

SASSE (AA): Zunächst zu Ihrer ersten Frage: Sie wissen, dass langfristige Vorhersagen zum Pandemieverlauf angesichts der sehr dynamischen Entwicklungen sehr schwierig sind.

Klar ist: Die Lage wird sich zumindest bis Mitte September nicht ausreichend entspannen, um vorher schon die weltweite Reisewarnung aufheben zu können. Wir beobachten in vielen Ländern wieder ansteigende Infektionszahlen. Wir sehen auch, dass der Anstieg der Infektionszahlen oftmals damit zu tun hat, dass Rückkehrer aus dem Ausland die Infektionen nach Deutschland bringen. Sie wissen auch, dass wir für einige Gebiete in Europa bereits eine Reisewarnung verhängen mussten.

Es finden gleichzeitig in Deutschland noch intensive Diskussionen darüber statt, wie man mit den Reiserückkehrern im Hinblick auf Testungen und Quarantäne umgehen soll. Wir haben entschieden, dass nach dem Ende der diesjährigen Sommerreiseperiode die Lage neu bewertet werden soll.

ZUSATZFRAGE: Können Sie zu der Differenzierung noch etwas sagen? Man könnte ja theoretisch einige Länder ausnehmen, in denen es kein großes Infektionsgeschehen gibt.

SASSE: Es gilt unverändert, dass wir die Reisewarnung für einzelne Länder oder auch Regionen aufheben können, wenn das unter den gegebenen Umständen und zu vertretbaren Risiken möglich ist.

Insofern hat sich nichts geändert. Deshalb beobachten unsere Botschaften und Konsulate die Lage gemeinsam mit den deutschen und internationalen Gesundheitsexperten sehr genau. Dazu gehören auch intensive Beratungen mit den Regierungen der jeweiligen Länder und anderen Partnern vor Ort, beispielsweise der World Health Organisation. Eine Aufhebung der Reisewarnung für Drittstaaten ist angesichts der Pandemiegefahr aber nur dann möglich, wenn das Gesamtbild stimmt.

Die Reisewarnung, die Bewertung von Risikogebieten und die im Kreise der EU beschlossenen Einreisebeschränkung für Reisende aus Drittstaaten müssen wir gemeinsam betrachten.

Informelles Treffen der Außenminister der Mitgliedstaaten der EU in Berlin

SASSE (AA): Wir haben noch einen aktiven Punkt. Wir möchten Ihnen gern ankündigen, dass morgen und übermorgen hier in Berlin das informelle Treffen der EU-Außenminister stattfinden wird, das sogenannte Gymnich-Treffen. Gastgeber ist Außenminister Maas, und den Vorsitz wird ‑ wie immer in diesen Fällen ‑ der EU-Außenbeauftragte Herr Borrell führen. Das Treffen bietet den EU-Außenministern die Gelegenheit, außen- und sicherheitspolitische Fragen von strategischer Bedeutung für die EU in einem informellen Rahmen zu erörtern.

Das Treffen wird morgen früh mit einer Arbeitssitzung zu Belarus beginnen. Die Minister werden die neuesten Entwicklungen im Land und das weitere Vorgehen der EU einschließlich der bereits angekündigten restriktiven Maßnahmen erörtern. Danach werden sie eine umfassende Debatte über die Beziehungen zwischen der EU und der Türkei führen. Dabei wird natürlich auch die aktuelle Situation im östlichen Mittelmeer Thema sein.

Der zweite Tag des Treffens, Freitag, wird mit einer Arbeitssitzung zu den Beziehungen zwischen der EU und Russland beginnen und mit einem Arbeitsmittagessen zu den geopolitischen Auswirkungen von Corona und der strategischen Reaktion der EU enden.

Die Pressestatements der Außenminister zu Beginn des Treffens und die abschließende Pressekonferenz können Sie auf der Website und den Social-Media-Kanälen des Auswärtigen Amtes im Livestream verfolgen.

FRAGE: Frau Sasse, können Sie uns, da es ein informelles Treffen ist, sagen, ob geplant ist, dass trotzdem Beschlüsse gefasst werden, oder wird es einfach keine geben? Können Sie uns das Format sagen?

SASSE: Zu Ihrer ersten Frage: Da es sich um ein informelles Treffen handelt, sind keine formellen Beschlüsse vorgesehen.

ZUSATZFRAGE: Sind Gäste von außerhalb der EU geladen, also etwa der türkische Außenminister oder der chinesische Außenminister, der ja durch Europa tourt?

SASSE: Auf Einladung von Außenminister Maas kommt morgen der israelische Außenminister Aschkenasi zunächst zu einem bilateralen Besuch nach Berlin. Morgen Mittag wird es vor Beginn des aktuellen Gymnich-Treffens ein Arbeitsmittagessen der EU-Außenministerinnen und ‑minister geben, an dem traditionellerweise ein externer Gast teilnehmen wird. In diesem Falle wird dies der israelische Außenminister sein.

Reise des Bundesaußenministers nach Griechenland und der Türkei

FRAGE: […] Der Minister hat gestern in Griechenland und der Türkei ja versucht zu verhandeln und zu mahnen, direkte Gespräche aufzunehmen. Ist er darüber enttäuscht, dass zumindest die türkische Seite jetzt wieder neue Maßnahmen ergriffen hat, die in Athen als Provokation gelten?

SASSE ( AA): Was Ihre Frage zur Türkei angeht, so stehen die Äußerungen des Außenministers auf seiner Reise nach Ankara und Athen für sich.

Darüber hinaus kann ich Ihnen nur sagen, dass die Aussprache zur Türkei morgen die EU-Türkei-Beziehungen in ihrer Gesamtheit behandeln wird. Der informelle Charakter erlaubt es den Ministern, Themen wie dieses auch mit etwas Abstand vom tagespolitischen Geschäft mit einer übergreifenden strategischen Perspektive zu diskutieren. Natürlich wird der Außenminister aber auch über seine Gespräche berichten, die er in Athen und Ankara geführt hat.

FRAGE: Gehörte zu den Gesprächsthemen jenseits dessen, was berichtet worden ist, auch das Thema der sogenannten „Push-Backs“ durch die griechische Regierung? Es wird immer wieder berichtet, dass Flüchtlinge sozusagen außerhalb der griechischen Hoheitsgewässer von griechischen Schiffen, häufig in Sichtweite deutscher Marineschiffe, ausgesetzt werden. Das wäre ja auch nicht direkt völkerrechtskonform. War das zum Beispiel in Athen ein Gesprächsthema?

SASSE: Ich kann Ihnen sagen, dass die Gespräche sehr umfassend waren und alle aktuellen Themen beinhaltet haben. Die Antwort darauf, ob konkret das Thema von „Push-Backs“ behandelt wurde, müsste ich Ihnen nachreichen.

Behandlung des russischen Oppositionspolitikers Alexej Nawalny in der Berliner Charité

FRAGE: Ich würde gern über Alexej Nawalny sprechen. Wissen Sie etwas Neues über seinen Gesundheitszustand? Wann ist mit einem Ergebnis der Untersuchung der Substanz, mit der er vermutlich vergiftet wurde, zu rechnen?

DEMMER (BReg): Die Bundesregierung hofft, dass Alexej Nawalny baldmöglichst und vollständig genesen wird.

Wir nehmen die klinischen Befunde der Charité, nach denen es Hinweise auf eine Vergiftung von Herrn Nawalny gibt, sehr ernst. Wie Sie wissen, haben die Bundeskanzlerin und der Außenminister am Montagabend eine gemeinsame Erklärung hierzu herausgegeben und die russischen Behörden eindringlich dazu aufgerufen, die Tat transparent und bis ins Letzte aufzuklären. Die Verantwortlichen müssen ermittelt und zur Rechenschaft gezogen werden.

Bezüglich einzelner Ergebnisse muss ich Sie an die Charité verweisen.

ZUSATZFRAGE: Russland hat die Ärzte der Charité für eine voreilige Schlussfolgerung kritisiert. Wie sieht die Bundesregierung dies? Hat sie Russland geantwortet?

DEMMER: Einzelne Äußerungen werde ich jetzt nicht kommentieren. Ganz grundsätzlich fußt die Reaktion der Bundesregierung auf den klinischen Befunden der behandelnden Ärzte. Selbstverständlich werden diese Befunde ohne jede politische Einflussnahme getätigt.

FRAGE: Spätestens mit den Äußerungen von Herrn Peskow hat es ja auch die politische Ebene erreicht. Würde es die Bundesregierung für sinnvoll halten oder begrüßen, wenn sozusagen beide Seiten ihre medizinischen Ergebnisse veröffentlichten und möglicherweise in einer Joint Commission oder Ähnlichem diskutierten? Denn im Moment haben wir ja die Situation, dass Politiker, die keine qualifizierten Mediziner sind, weitreichende Interpretationen vornehmen. Das geht ja eigentlich gar nicht.

DEMMER: Ich würde gern noch einmal auf die Erklärung der Bundeskanzlerin und des Außenministers verweisen, die doch für sich steht. Die Bundesregierung erwartet von den russischen Behörden transparente und zügige Aufklärung und hat vollstes Vertrauen in die Arbeit des Ärzteteams, das Herrn Nawalny in der Charité behandelt.

ZUSATZFRAGE: Ja, und Gleiches sagt die russische Regierung von ihren Ärzten. Deswegen ja die Frage: Halten Sie es, um eine Versachlichung und Objektivierung der Debatte zu erreichen, für sinnvoll, wenn medizinische Ergebnisse veröffentlicht und fachlich transparent offen diskutiert werden?

DEMMER: Ich kann hier nur noch einmal wiederholen, dass es vonseiten der Bundesregierung vollstes Vertrauen in die Arbeit der Ärzte an der Charité gibt.

Berichte über sogenannte „Push-Backs“ an der türkisch-griechischen Grenze

FRAGE: Das Verteidigungsministerium hat in der Vergangenheit bestätigt, dass die Deutsche Marine die Übergänge von Schlauchbooten mit Personen an Bord von der griechischen an die türkische Küstenwache dokumentiert habe. Können Sie einen weiteren solchen Fall am 15. August bestätigen?

An das Auswärtige Amt: Wie bewertet die Bundesregierung bzw. Ihr Haus solche „Push-Backs“? Hat der Minister das bei seinem Gespräch in Athen und in Ankara thematisiert?

ROUTSI (BMVg): Ich kann Ihnen bestätigen, dass am 15. August der Einsatzgruppenversorger „Berlin“, der innerhalb der Ägäismission vor Ort ist, Kenntnis von einem Schlauchboot östlich der Insel Lesbos erhalten hat. Bei Eintreffen waren bereits sowohl griechische als auch türkische Einheiten der Küstenwache vor Ort, um ihre hoheitlichen Befugnisse wahrzunehmen. Die Personen wurden durch die türkische Küstenwache angenommen.

Mir ist wichtig zu sagen ‑ ich habe den Eindruck, dass das manchmal ein bisschen vermengt wird ‑: Die Deutsche Marine hat vor Ort keine hoheitlichen Befugnisse. Ein Eingreifen der „Berlin“ war auch auf Grundlage des Seerechtsübereinkommens weder erforderlich noch möglich.

SASSE (AA): Die Frage schließt an die Frage von Herrn Jessen an. Ich kann dazu nur sagen, dass der Außenminister sowohl in Athen als auch in Ankara eine Pressekonferenz gegeben und darin auch, soweit möglich, über den Inhalt der Gespräche gesprochen hat. Mehr kann ich zum Inhalt der Gespräche über das hinaus, was der Außenminister in diesen beiden Pressekonferenzen gesagt hat, nicht sagen.

FRAGE: Bedeutet das, dass die Nachlieferung, die Sie vorhin angekündigt haben, nicht stattfinden wird?

SASSE: Wir melden uns bei Ihnen.

[…]

FRAGE: Ich habe eine Nachfrage zu dem Thema Push-Backs: An dem besagten 15. August befanden sich die Migranten bereits in griechischen Gewässern. Dann war es also ein Push-Back?

FRAGE: Frau Sasse, sehen Sie in diesem Push-Back einen Bruch des Völkerrechts?

SASSE: Zur letzten Frage in Bezug auf die Push-Backs habe ich eine Nachreichung angekündigt. Diese werden wir übermitteln.

ROUTSI: Ich habe keine eigenen Erkenntnisse dazu.

Medienberichte über die Erteilung des Agréments für den neuen deutschen Botschafter in Polen

FRAGE: Ich möchte weg vom Thema Gesundheit und nach Polen schauen. Dort dauert die Akkreditierung des deutschen Botschafters mehr als ungewöhnlich lange. Es gab dafür schon eine Reihe von Begründungen. Gibt es eine aktuelle veränderte Begründung?

Wie ist die Bewertung der Bundesregierung? Diese Frage richtet sich auch an Frau Demmer. Wird man irgendwann einmal reagieren müssen?

Was bedeutet das für das deutsch-polnische Verhältnis, wenn die Polen sich weigern, einen designierten Botschafter einreisen zu lassen und zu akkreditieren?

SASSE (AA): Es entspricht den diplomatischen Gepflogenheiten, dass wir uns bis zur Erteilung eines Agréments nicht zu diesem laufenden Vorgang und auch nicht zu der Person des künftigen Botschafters äußern. Deswegen muss ich es dabei belassen.

ZUSATZFRAGE: Aber Sie dementieren ja nicht, dass es ungewöhnlich lange dauert, irgendjemanden, dessen Namen Sie hier jetzt nicht in den Mund nehmen wollen, dort als Botschafter zu akkreditieren. Stimmt das?

SASSE: Ich sage dazu nichts - außer, dass es den diplomatischen Gepflogenheiten entspricht, sich nicht zu den laufenden Vorgängen zu äußern.

ZUSATZFRAGE: Was wäre denn gemäß der diplomatischen Gepflogenheiten ein Punkt, an dem man sagen würde, dass man jetzt gegenüber der polnischen Seite reagieren muss oder möglicherweise eine andere Person nominiert? Wie geht man dabei diplomatisch vor? Das können Sie mir ja besser erklären, als ich mir das ausdenken kann.

SASSE: Die Frage, die Sie stellen, ist eine hypothetische Frage. Es bleibt bei meiner bisherigen Antwort, dass wir uns, was diesen laufenden Vorgang angeht, weder zu Inhalten noch zur Agrémenterteilung noch zur Person des möglichen künftigen Botschafters äußern.

FRAGE: Frau Demmer, wie findet denn Frau Merkel, dass man das so lange hängen lässt?

DEMMER (BReg): Sie haben die Kollegin gehört. Wenn es zu den diplomatischen Gepflogenheiten gehört, sich im laufenden Verfahren nicht zu dem Verfahren zu äußern, werden Sie von mir hier natürlich keine Einordnung hören. Es entspricht natürlich den engen und freundschaftlichen deutsch-polnischen Beziehungen, dass auch in diesem Verhältnis diese Regeln natürlich eingehalten werden.

ZUSATZFRAGE: Sind die denn eng und freundschaftlich?

DEMMER: Wie gesagt, wir pflegen enge und freundschaftliche deutsch-polnische Beziehungen, und diese brauchen eine funktionierende Diplomatie. Diese Diplomatie folgt Regeln, wie sie die Kollegin Sasse gerade ausgeführt hat, und an diese Regeln halten wir uns.

FRAGE: Lernfrage: Frau Sasse, können Sie uns sagen, wie lange die übliche „range“ ist, die man für die Akkreditierung eines Botschafters erwarten darf? Können Sie einen Durchschnittswert oder eine Bandbreite nennen? Ab wann würde es unnormal werden?

SASSE: Dazu kann ich Ihnen keine Angaben machen. Das ist eine rein spekulative Frage, die ich so nicht beantworten kann.

FRAGE: Wie ist man denn in der Vergangenheit mit ähnlich gelagerten Fällen umgegangen? Das ist ja nicht der erste Fall.

DEMMER: Wir werden hier in der Bundespressekonferenz ja immer einmal wieder nach vergleichbaren Fällen und Vergleichen gefragt. Wir als Bundesregierung schauen uns jeden Fall einzeln an. Es ist immer eine Einzelsituation, die es zu bewerten gilt. Insofern möchten wir gar keine Vergleiche zu anderen, vielleicht in der Vergangenheit stattgefundenen Fällen ziehen.

FRAGE: Sie sagten, das sei eine spekulative Frage gewesen. Das ist es nicht, sondern es war die Frage nach der üblichen Bandbreite bei Akkreditierungen. Das ist eine simple empirische Frage, die Sie beantworten können. Sie kennen ja die Zeiträume. Spekulativ war daran gar nichts.

WOLF (Vorsitz): Das war jetzt aber keine Frage, sondern Sie haben das einfach wiederholt, oder?

ZUSATZ: Ja. Aber wenn eine Frage sozusagen falsch verstanden wird, dann wiederhole ich sie. Ich bitte einfach um eine Antwort ‑ sie kann gerne nachgeliefert werden ‑, in welcher zeitlichen Bandbreite sich in der Regel Akkreditierungen bewegen.

SASSE: Ich kann Ihnen auf diese Frage sofort eine Antwort geben, und zwar diejenige, dass in Bezug auf solche Fälle keine Statistik geführt wird.

DEMMER: Es ist ja letztlich auch wieder die Frage nach dem Vergleich. Alle Fälle, über die wir hier sprechen, nehmen wir so ernst, dass sich eine Einzelbetrachtung gebietet.

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