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Erklärungen des Auswärtigen Amts in der Regierungs­pressekonferenz vom 27.07.2020

27.07.2020 - Artikel

Waffenstillstand in der Ostukraine

DEMMER (BReg): Ich möchte etwas zu dem Waffenstillstand in der Ostukraine sagen. Die Bundesregierung begrüßt die Einigung der trilateralen Kontaktgruppe, bestehend aus Vertretern der Ukraine, Russland und der OSZE, auf Unterstützungsmaßnahmen, die seit heute Nacht gelten. Dazu zählen konkret etwa das Verbot von Scharfschützen, Drohnen und Sabotageoperationen, ein Koordinierungsmechanismus bei Waffenstillstandsverletzungen und der besondere Schutz von zivilen Objekten. Wir rufen alle Seiten auf, den Waffenstillstand umfassend einzuhalten sowie ihre weiteren Verpflichtungen aus den Minsker Vereinbarungen einzuhalten. Vor diesem Hintergrund begrüßen wir, dass die Staatspräsidenten Putin und Selensky die neue Einigung in einem Telefonat gestern ausdrücklich gewürdigt haben. Deutschland wird die Umsetzung der Minsker Vereinbarung gemeinsam mit dem französischen Partner weiter unterstützen.

[…]

FRAGE: Die Ukraine strebt anscheinend ein neues Normandie-Treffen an. Wie sehen zurzeit die Verhandlungen aus? Könnte ein Ministertreffen oder ein Gipfel noch vor September stattfinden?

BURGER (AA): Frau Demmer hat zu dem Themenkomplex zu Beginn der Regierungspressekonferenz ja schon vorgetragen und die Entwicklungen, die es bei der Umsetzung der Minsker Vereinbarungen aktuell gibt, eingeordnet. Ich kann jetzt ergänzend keine neuen Termine ankündigen, aber die Arbeit in diesem Format geht natürlich weiter.

DEMMER: Auch ich kann keine Termine auf Chefebene ankündigen.

Nord Stream 2

FRAGE: Ich habe eine Frage an Frau Demmer und Herrn Burger vom Auswärtigen Amt zum Thema „Nord Stream 2“. Die Bundesregierung hat mehrfach betont, dass sie Sanktionen für rechtswidrig halte. Nun gibt es Berichte der „Welt am Sonntag“, nach denen sich einzelne Firmen in Videokonferenzen mit offiziellen Repräsentanten der US-Regierung befunden hätten, in denen ihnen weitreichende Konsequenzen angedroht worden seien.

Haben Sie eigene Erkenntnisse über eine solche Herangehensweise an konkrete Unternehmen, speziell an deutsche Unternehmen? Wie und auf welcher Ebene wird die Bundesregierung darauf reagieren?

DEMMER (BReg): Vielleicht kann ich noch einmal ganz allgemein die Haltung der Bundesregierung zu Nord Stream 2 bekräftigen. Daran hat sich nichts geändert. Nach wie vor gilt, dass es sich im Kern natürlich um ein Projekt der Wirtschaft handelt. Es gibt die politische Dimension, zu der wir uns wiederholt geäußert haben. Für die Bundesregierung war und ist zentral, dass die Ukraine auch mit Nord Stream 2 Gastransitland bleiben muss. Mit dem in Wien unterzeichneten Transitvertrag haben Russland und die Ukraine genau dafür die Weichen gestellt und ein wichtiges Signal für die Gewährleistung der europäischen Gasversorgungssicherheit gesetzt.

Die Bundesregierung hat auch immer wieder deutlich gemacht, dass sie derartige unilaterale, gegen deutsche und europäische Unternehmen gerichtete extraterritoriale Sanktionen, wie sie von den Vereinigten Staaten verhängt und jüngst auch durch die Änderung der Durchführungsvorschriften zum Countering America’s Adversaries Through Sanctions Act verschärft wurden, ablehnt.

Uns ist bekannt, dass die USA Gespräche mit deutschen Unternehmen führen, um die Anwendung der verschärften eben genannten Durchführungsvorschrift zu erläutern. Die Bundesregierung ist hierzu mit den Unternehmen auch in Kontakt.

Darüber hinaus kann ich Ihnen über interne Kommunikationsstränge hier nichts mitteilen.

BURGER (AA): Frau Demmer hat jetzt alles gesagt, was auch ich dazu gesagt hätte.

ZUSATZFRAGE: Wie und auf welcher Ebene will die Bundesregierung darauf reagieren?

BURGER: Wir nutzen natürlich alle uns zur Verfügung stehenden diplomatischen Kanäle, um über dieses Thema mit der US-Seite zu sprechen. Wir haben hier in der Vergangenheit auch schon darüber gesprochen, dass es dazu auch Gespräche mit Vertretern der amerikanischen Legislative durch unsere Botschaft in Washington gegeben hat. Natürlich finden solche Gespräche auch auf den diplomatischen Kanälen hier in Berlin statt.

FRAGE: Frau Demmer, schätze Sie Gespräche mit den Unternehmen als Druck auf die Projektteilnehmer und Einmischung in die inneren Angelegenheiten ein?

DEMMER: Ich bewerte hier jetzt nicht die einzelnen Gespräche. Ich habe für die Bundesregierung die Haltung zu den extraterritorialen Sanktionen deutlich zum Ausdruck gebracht. Wie gesagt, darüber hinaus stehen wir selbst auch mit den Unternehmen in Kontakt.

FRAGE: Herr Burger, Deutschland hat aktuell den Vorsitz des Sicherheitsrats. Man ist nicht ständiges Mitglied im Sicherheitsrat. In Artikel 96 Satz 1 der UN-Charta kann man lesen:

„Die Generalversammlung oder der Sicherheitsrat kann über jede Rechtsfrage ein Gutachten des Internationalen Gerichtshofs anfordern.“

Warum tut die Bundesrepublik Deutschland das in diesem konkreten Fall der US-Sanktionen in Sachen Nord Stream nicht?

BURGER: Ich muss zugeben, dass ich mir die UN-Charta vor dieser Regierungspressekonferenz nicht noch einmal im Einzelnen durchgelesen habe und deswegen auch den Wortlaut des Artikels nicht präsent habe, den Sie mir gerade vorgelesen haben. Aber wenn ich richtig zugehört habe, ist dort davon die Rede, dass der Sicherheitsrat die Möglichkeit hat, dem IGH eine Frage vorzulegen, und nicht der Vorsitz des Sicherheitsrates. Das heißt, der Sicherheitsrat müsste zunächst einmal eine Entscheidung treffen. Der Vorsitz des Sicherheitsrates ist eine wichtige Funktion, aber der Vorsitz des Sicherheitsrates kann nicht sozusagen in eigener Herrlichkeit die Funktionen wahrnehmen, die der Sicherheitsrat als solcher nach der UN-Charta hat.

ZUSATZFRAGE: Das wollte ich nicht suggerieren, aber Sie könnten das ja einbringen, damit der Sicherheitsrat das beschließt; denn warum sollten die Amerikaner, die sich ihrer Sache ja sehr sicher sind, dagegen sein? Warum tun Sie das nicht? Die andere Möglichkeit wäre ja, Gegensanktionen von deutscher Seite zu machen, aber das wäre ja hanebüchen. Warum gehen Sie nicht den UN-Weg, den Weg des Völkerrechts?

BURGER: Wenn Sie uns das sozusagen als Anregung mitgeben, dann nehme ich das gerne mit. Die Haltung der Bundesregierung zu diesem Thema, und wie wir auf diplomatischen Kanälen damit umgehen, haben Frau Demmer und ich ja gerade mitgeteilt.

Behinderung der Arbeit eines Teams der Deutschen Welle durch die Polizei bei den Unruhen in Minneapolis

FRAGE: Die Bundesregierung fordert seit fast zwei Monaten eine Erklärung der US-Behörden dazu, warum ein Team der Deutschen Welle bei den Protesten in Minneapolis von der Polizei beschossen worden ist. Wurde der Vorfall inzwischen untersucht? Haben Sie eine Antwort bekommen?

BURGER (AA): Dazu muss ich die Antwort nachliefern.

Corona-Situation in Spanien und Österreich

FRAGE: Mit Verweis darauf, wie Großbritannien mit Reiserückkehrern aus Spanien umgeht und sie in Quarantäne schickt: Wie schätzt die deutsche Regierung die Situation in Spanien derzeit ein? Sind spezifische Maßnahmen für Reisende aus Spanien im Gespräch?

BURGER (AA): Es ist so, dass wir in allen Ländern der Welt die Lage und das Infektionsgeschehen genau verfolgen. Klar ist: Wenn die Lageentwicklung es erfordert, dann werden wir auch in Ländern, für die die Reisewarnung aufgehoben ist, eine solche Reisewarnung wieder aussprechen und auch für Länder, die derzeit nicht als Risikogebiet eingestuft sind, gemeinsam mit den Ressorts BMI und BMG eine solche Einstufung vornehmen. Das ist im Moment innerhalb der Europäischen Union nur für Luxemburg der Fall. Das kann aber je nach Situation auch kurzfristig oder regional auf bestimmte Landesteile eingeschränkt passieren. Wichtig ist, dass wir im Kampf gegen das Virus keine Risiken eingehen. Deshalb überprüfen wir diese Einstufungen laufend und passen sie der Realität an.

FRAGE: Ist die Bundesregierung besorgt angesichts der Coronavorfälle am Wolfgangsee, der ja ein beliebtes Urlaubsziel der Deutschen ist? Sind mit Blick auf Österreich Maßnahmen geplant?

BURGER: Das, was ich gerade gesagt habe, gilt mit Blick auf alle Länder der Welt, natürlich insbesondere für die Länder innerhalb Europas, für die die Reisewarnung aufgehoben wurde und bei denen wir deswegen jetzt wieder einen besonders starken Reiseverkehr haben.

Ich glaube, man muss, wenn man die Entwicklung der Infektionszahlen in der Welt betrachtet, insgesamt leider sehen, dass das Infektionsgeschehen weltweit betrachtet nicht abnimmt, wie wir uns das möglicherweise in der Vergangenheit, im Juni, gewünscht hatten, sondern es nimmt tendenziell weiter zu. Deswegen müssen wir auch ständig überprüfen, ob die Einstufung der Risikogebiete und der Stand der Reisewarnungen auch dem aktuellen Stand entsprechen.

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