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Erklärungen des Auswärtigen Amts in der Regierungs­pressekonferenz vom 12.06.2020

12.06.2020 - Artikel

Nachbesetzung des Botschafterpostens in Slowenien / Gleichberechtigung im Auswärtigen Amt

FRAGE: Ich habe zwei Fragen an das Auswärtige Amt. Es geht um die neuen Botschafter für die deutsche Botschaft in Slowenien. Können Sie erklären, wie die Entsendung funktionieren wird? Wo sieht das Auswärtige Amt die Vorteile einer solchen Entsendung?

Dann noch die zweite Frage: Über Gleichberechtigung wird in der deutschen Politik viel gesprochen. Wie funktioniert sie im Auswärtigen Amt? Wie hoch ist der Anteil von Botschafterinnen, und wie wird sie gefördert?

ADEBAHR (AA): Wir freuen uns, dass Frau Kauther und Herr Pollmann erstmals in der 150-jährigen Geschichte des Auswärtigen Amtes als Botschafterehepaar einen Botschafterposten gemeinsam ausüben werden.

Ich möchte dazu sagen: Es gibt im Auswärtigen Amt dieses Jobsharing-Modell auf hohen Positionen schon jetzt ‑ das ist uns wichtig zu betonen ‑, und zwar an Auslandsvertretungen, im Generalkonsulat in Montreal und als stellvertretende Botschafter in Stockholm und Ottawa. Auch diese Botschaften und das Generalkonsulat sind derzeit auf diesen Posten mit Ehepartnern besetzt, die sich den Job in dem klassischen Jobsharing teilen.

Frau Kauther und Herr Pollmann haben sich überlegt ‑ da waren sie in der Ausgestaltung frei ‑, dass jeder von ihnen ein Dreivierteljahr den Botschafterposten übernehmen will. Dann wechseln sie, und dann kommt der andere an die Reihe.

Ich kenne die beiden. Das sind ganz tolle Botschafter, die dorthin gehen. Für sie war auch das Argument, dass dadurch die Vereinbarkeit von Familie und Beruf gegeben sein wird, ausschlaggebend, um sich dieses Modell zu überlegen.

Zur generellen Frage der Gleichberichtigung und wie es im Auswärtigen Amt aussieht: Das Auswärtige Amt, insbesondere der Bundesaußenminister, fühlt sich diesem Ziel verpflichtet. Wir streben bis 2025 eine paritätische Besetzung der Führungspositionen an.

Zur Wahrheit gehört auch: Die Ausgangslage dafür war bzw. ist im Auswärtigen Amt nicht ganz leicht. Das Diplomatengeschäft war häufig klassisch männlich dominiert. Das hängt auch mit der Einstellungspraxis in das Auswärtige Amt in den vergangenen Jahrzehnten zusammen. Die Frauen, die man in den 80er- und 90er-Jahren nicht eingestellt hat, hat man heute nicht auf solchen Posten. Wir sind aber da dran und versuchen jetzt, bei der Einstellungspraxis strikt auf die Parität zu achten. Wir konnten in den letzten fünf Jahren den Frauenanteil in Führungspositionen schon ziemlich gut steigern. Im Inland machen Frauen in Führungspositionen etwas mehr als ein Drittel aus. Im Ausland werden 42 Vertretungen von Frauen geleitet; das sind knapp 20 Prozent. Das ist okay, aber nichts, worauf wir uns ausruhen wollen. Das muss noch viel, viel mehr werden.

Wir haben im Auswärtigen Amt ein ganzes Bündel von Maßnahmen aufgesetzt, um eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu erreichen: flexible Arbeitszeiten, Jobsharing-Modelle im In- und Ausland und ‑ das ist mein persönlicher Eindruck ‑ das Homeoffice, das wir in den letzten Monaten kennengelernt haben. Ich hoffe, davon werden wir viel hinübernehmen und uns weiter flexibilisieren. Es gab vorher Teleheimarbeit, und jetzt reden alle, glaube ich, nur noch von Homeoffice. Ich hoffe, wir werden weiter zu einem Ausbau dieses Modells kommen.

Es gibt seit dem letzten Jahr ‑ auch das ist eine Initiative des Außenministers ‑ eine Anlaufstelle für Chancengleichheit und Geschlechtergerechtigkeit im Auswärtigen Amt. Wir versuchen, uns darum ganz doll zu kümmern.

Berichte über die Behinderung der EU-Marinemission IRINI durch türkische Kriegsschiffe

FRAGE: Wie kommentiert die Bundesregierung die Berichte, dass türkische Kriegsschiffe die Kontrolle eines Frachtschiffs im Rahmen der EU-Marinemission IRINI behindert haben?

ADEBAHR (AA): Die Medienberichte über diesen Zwischenfall sind uns bekannt. Nach den uns vorliegenden Informationen wollte ein Schiff der Operation IRINI im Rahmen seines Auftrags am Mittwoch ein Frachtschiff kontrollieren und ist von türkischen Schiffen davon abgehalten worden. Das sind die Berichte, die wir im Moment kennen.

Was passiert jetzt? Die Leitung der Operation IRINI wird Informationen zu diesem Vorfall sammeln, zusammentragen und diese Unterlagen ‑ so ist es in den Regularien der Sicherheitsratsresolution und der Operation IRINI vorgesehen ‑ zur Bewertung an einen Experten oder an das zuständige Expertenpanel der Vereinten Nationen übermitteln. Dort wird dann eine Bewertung der Sache vorgenommen werden, die ich hier heute “obviously” nicht vornehmen kann, weil das eine Sache ist, die gerade noch im Anlaufen ist.

Was ich gerne tue, ist, in diesem Zusammenhang noch einmal erneut an die Zusagen von allen Beteiligten der Berliner Libyen-Konferenz, die damals dabei waren, zu erinnern und den Appell an alle beteiligten Staaten zu erneuern, die Zufuhr von Waffen und Kämpfern nach Libyen zu unterbinden und die einschlägigen Sicherheitsratsresolutionen dazu zu respektieren.

Lage in Libyen

FRAGE: Frau Adebahr, zwei Fragen zu dem Komplex Libyen. Der deutsche Botschafter hat mit Herrn Haftar gesprochen. Können Sie dazu Näheres sagen?

Das Treffen fand vor dem Hintergrund statt, dass vor Kurzem mehrere Massengräber mit hunderten von Toten in Gebieten, die bis vor Kurzem unter der Kontrolle der Truppen von Herrn Haftar waren, entdeckt worden sind. Gibt es dazu eine Stellungnahme?

Kann Herr Haftar vor diesem Hintergrund überhaupt noch Teil einer politischen Lösung für Libyen sein?

ADEBAHR (AA): Was die Massengräber angeht: Wir teilen die Sorge der Vereinten Nationen und der UN-Mission UNSMIL über diese Massengräber. Diese befinden sich in der von der Zentralregierung vor Kurzem wieder eingenommenen und zuvor von der LNA und den verbündeten Milizen gehaltenen Stadt Tarhuna. Wie die Vereinten Nationen begrüßen auch wir die Einsetzung eines Ausschusses durch das Justizministerium der Regierung der Nationalen Einheit, mit denen die Identität der Opfer festgestellt und vor allen Dingen auch die Hintergründe dieses Fundes aufgeklärt werden. Das ist uns, wie auch den Vereinten Nationen, ein sehr großes Anliegen. Das sollte möglichst schnell geschehen.

Zur Frage in Bezug auf Herrn Haftar: Ja, es ist richtig: Der deutsche Botschafter für Libyen hat in den letzten Tagen in Ost- und West-Libyen Gespräche mit einer ganzen Reihe von Akteuren geführt. Auch das gehört zu unserem Engagement als Follow-up des Berliner Prozesses dazu.

So viel kann ich aus den vertraulichen Gesprächen berichten: Ja, wir haben bei allen Seiten eine Bereitschaft festgestellt und hoffen, an den 5+5-Gesprächen, die ja hier schon viele Male Thema waren, teilzunehmen. Auf diesen Weg arbeiten wir in diesen vertraulichen Gesprächen diplomatisch hin. Wir sind nach wie vor der Ansicht, dass es jetzt sehr schön wäre, wenn diese ohne Verzögerung unter der Leitung der Vereinten Nationen fortgesetzt werden könnten.

FRAGE: Frau Adebahr, ich würde ganz gerne auf das Waffenembargo zurückkommen. Die Türkei hat in den letzten Wochen massiv Waffen nach Libyen geliefert. Russland hat Kampfflugzeuge nach Libyen verlegt. Es ist ja nicht so, dass die Appelle der Bundesregierung und anderer erhört worden wären. Deswegen noch einmal konkret die Frage: Was kann man tun? Glauben Sie, dass IRINI das wirklich stoppen kann?

Eine andere Frage: Die amerikanische Seite hat vorgeschlagen, künftig zwei Libyen-Beauftragte zu haben, wenn ich das richtig sehe: einen UN Special Envoy sowie einen Beauftragten für den innerlibyschen Prozess. Ist das eine Vorstellung, die die Bundesregierung teilt?

ADEBAHR: Zur Frage des Waffenembargos und des Unterlaufens: Sie haben, glaube ich, gehört ‑ und haben den Zusammenhang, in dem ich das gesagt habe, wahrgenommen ‑, dass wir noch einmal an alle appellieren, dass dieses Waffenembargo eingehalten und umgesetzt wird. Glauben wir, dass IRINI dazu einen Beitrag leistet? Ja, klar. Wir haben sehr dafür geworben, dass diese Mission auf EU-Ebene entsteht. Wir werden uns für ihre gute und planmäßige Operation sehr einsetzen und diese unterstützen.

Ich will Sie gerne noch einmal auf die Erklärung hinweisen, die die Außenminister Deutschlands, Italiens und Frankreichs gemeinsam mit Herrn Borrell vor, glaube ich, zwei oder drei Tagen abgegeben haben, in der wir auch noch einmal darauf gedrungen haben, jetzt die 5+5-Militärkommission tagen zu lassen, um Verhandlungen über einen Waffenstillstand herbeizuführen, indem wir noch einmal aufgerufen haben, sämtliche militärische Operationen sofort einzustellen und dies auf der Grundlage des Waffenstillstandsabkommens vom 23. Februar zu tun. Denn es ist ja nicht so, dass es nichts gibt. Wir arbeiten weiter für die Umsetzung der Beschlüsse der Berliner Konferenz. Die politischen Gespräche, die es in dem Zusammenhang gibt, und auch die Einigkeit und diese Erklärung, die Sie dort sehen, sind klare Stellungnahmen und Positionierungen, die wir vornehmen.

Zur Frage des Special Envoy: Es gibt ‑ das wurde hier, glaube ich, schon von Herrn Burger ausgeführt ‑ unterschiedliche Vorstellungen zur Ausgestaltung des Engagements der Vereinten Nationen in Libyen. Wir beteiligen uns in New York ganz intensiv daran, dazu unter den Mitgliedern des Sicherheitsrats einen Konsens zu finden. Man muss ehrlich hinzufügen: Das Ganze kostet Zeit. Das ist eigentlich Zeit, die wir gerade nicht haben, weil wir vorankommen wollen. Insofern sind wir da dran, sind guten Mutes, haben Hoffnung und setzen uns sehr dafür ein, dass es dafür bald eine Lösung gibt.

Ich nehme jetzt nicht zu einzelnen Vorschlägen, die in der Diskussion sind, Stellung. Uns leitet in dieser Debatte das Ziel, Frieden für die Menschen in Libyen und schnell eine handlungsfähige Mission der Vereinten Nationen hinzubekommen. Das ist das Ziel, an dem sich hoffentlich auch alle orientieren. In diesem Geiste sind wir in den Gesprächen aktiv.

FRAGE: Zwei Lernfragen und eine Verständnisfrage.

Frau Adebahr, mit welchen Akteuren hat der deutsche Botschafter für Libyen in den letzten Tagen neben Herrn Haftar geredet? Sie sagten, es seien mehrere Akteure gewesen. Können Sie diese benennen?

Habe ich Sie richtig verstanden, dass Sie Sorge über die Massengräber geäußert haben?

ADEBAHR: Ich glaube, ich brauche das, was ich zu den Massengräbern gesagt habe, nicht zu wiederholen.

Zu den Gesprächen, die der Botschafter geführt hat, habe ich gesagt: Er hat in Ost- und in Westlibyen Gespräche geführt. Dabei würde ich es in diesem Forum gerne belassen.

ZUSATZFRAGE: Ist geheim, mit wem er dort geredet hat? Wollen Sie das nicht öffentlich machen?

ADEBAHR: Das hatten wir auch schon oft: Das sind vertrauliche diplomatische Gespräche mit Vertretern in Ost- und in Westlibyen.

ZUSATZFRAGE: Herr Seibert, wie bewertet die Bundesregierung das Seerechtsübereinkommen zwischen Griechenland und Italien, das eine griechisch-italienische Wirtschaftszone erweitert hat, was auch Auswirkungen auf Libyen und die Ölverbindung zwischen Libyen und Italien hat?

SEIBERT (BReg): Dazu müsste ich Ihnen etwas nachreichen.

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