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Erklärungen des Auswärtigen Amts in der Regierungs­pressekonferenz vom 08.06.2020

08.06.2020 - Artikel

Aufhebung des Importverbots für Produkte aus Serbien durch den neuen Ministerpräsidenten der Republik Kosovo

SEIBERT (BReg): […] Das Eine betrifft die Beziehung zwischen Kosovo und Serbien. Die Bundesregierung begrüßt, dass die neue Regierung der Republik Kosovo unter Ministerpräsident Hoti beschlossen hat, die sogenannten reziproken Beschränkungen für die Einfuhr von Produkten aus Serbien aufzuheben. Damit entfällt eines der Haupthindernisse für die Wiederaufnahme des Normalisierungsdialogs, den die EU ja vermittelt. Nun ist es wichtig, dass unter Führung des Hohen Vertreters Josep Borrell und des EU-Sonderbeauftragten Miroslav Lajčak Serbien und Kosovo an den Verhandlungstisch zurückkehren, um auf eine umfassende Normalisierung der Beziehungen ihrer beiden Staaten hinzuarbeiten. Diese Bemühungen des Auswärtigen Dienstes, besonders des Sonderbeauftragten Lajčak, wird die Bundesregierung natürlich auch aktiv unterstützen.

[…]

FRAGE: Diese neue Regierung ist ja mit sehr knapper Mehrheit gewählt worden. Deutschland und Frankreich versuchen derzeit aktiv, den Dialog zwischen Kosovo und Serbien zu unterstützen. Wie beurteilen Sie die Fähigkeit der jetzigen Regierung, das Kosovo durch die Verhandlungen mit Serbien zu führen?

Zweite Frage. Die letzte Regierungskrise ist ja aufgrund einer etwas undiplomatischen Einmischung des US-amerikanischen Botschafters Grenell entstanden. Gibt es inzwischen Versuche, die Haltung der EU und der USA bezüglich Kosovo zu koordinieren, und werden die EU und die USA auch in Zukunft um den größten Einfluss im Kosovo wetteifern?

BURGER (AA): Ich hatte dazu am Freitag hier schon kurz ausgeführt, dass sich die Bundesregierung natürlich auf die Zusammenarbeit mit der neuen Regierung des Kosovo freut und wir mit dieser Regierung eng zusammenarbeiten wollen. Aus unserer Sicht ist es wichtig, dass diese Regierung vor allem die ambitionierte Rechtsstaatsagenda der Vorgängerregierung sowie den Kampf gegen Korruption und organisierte Kriminalität konsequent fortsetzt, auch als Schlüsselfaktor für die weitere Heranführung des Landes an die EU und an die wirtschaftliche Entwicklung.

Herr Seibert hat in seinen Ausführungen ja schon die Bedeutung des von der EU geleiteten Normalisierungsdialogs zwischen Serbien und Kosovo herausgestellt. Das ist aus unserer Sicht wirklich der Schlüssel zur nachhaltigen Verbesserung der Stabilität in der Region und für eine weitere Annäherung beider Länder an die EU. Denn aus unserer Sicht ist die Perspektive sowohl von Kosovo als auch von Serbien klar in Europa. Natürlich stimmen wir uns in unseren Bemühungen mit unseren Partnern, auch mit den amerikanischen Partnern, ab.

FRAGE: Herr Burger, noch einmal zum Thema Kosovo. Vielleicht können Sie uns noch einmal ‑ das ist ja eben schon angesprochen worden ‑ eine Einschätzung über die diplomatischen Bemühungen der US-Regierung und vor allem des früheren US-Botschafters abgeben, wie hilfreich oder schädlich sie eigentlich für diesen Prozess gewesen sind. Denn die Amerikaner hatten ja eine Zeitlang einen Landtausch zwischen Serbien und Kosovo ins Gespräch gebracht, den ja die Bundesregierung abgelehnt hatte. Glauben Sie, das ist jetzt überwunden? Hat das den Weg für die von Ihnen erwähnte Annäherung beider Länder an die EU freigemacht?

BURGER: Ich kann nur noch einmal hervorheben, dass aus unserer Sicht der entscheidende Prozess der von der EU vermittelte Normalisierungsdialog zwischen Serbien und Kosovo ist. Er ist eben nicht zufällig institutionell so angelegt, wie er zwischen der EU, Serbien und Kosovo angelegt ist. Aus unserer Sicht ist die europäische Perspektive des Westbalkans ein ganz entscheidendes Element für die Stabilitätsperspektive in der Region und auch für die Perspektive beider Länder, für Wohlstand und wirtschaftliche Entwicklung. Insofern gilt unsere Unterstützung. Wir haben uns schon im Vorfeld der Ernennung des EU-Sonderbeauftragten Miroslav Lajčak intensiv dafür eingesetzt.

FRAGE: Eine ganz allgemeine Verständnisfrage: Der Status des Kosovo gilt ja immer noch als umstritten. Kosovo ist ja nach wie vor nicht Mitglied der Vereinten Nationen. Da würde mich einfach interessieren: Wie bewertet denn aktuell das Auswärtige Amt den Status des Kosovo aus völkerrechtlicher Perspektive?

BURGER: Wir haben mit dem Kosovo diplomatische Beziehungen.

ZUSATZFRAGE: Wie ich schon ausgeführt habe, ist der Kosovo zum Beispiel nicht Mitglied der Vereinten Nationen. Es gibt ja sonst nur wenige Nationen, mit denen Deutschland in Kontakt steht, die nicht von der UN anerkannt sind. Deswegen wollte ich einfach nur wissen, wie das Auswärtige Amt ‑ ‑ ‑

BURGER: Genau. Sie haben ja nach der Auffassung der Bundesregierung gefragt, und die Auffassung der Bundesregierung ist, dass der Kosovo ein unabhängiger Staat ist und wir mit ihm voll umfängliche diplomatische Beziehungen pflegen. Teil dessen, was Ziel des Normalisierungsdialogs zwischen Serbien und Kosovo ist, ist natürlich, dass es in dieser Hinsicht eine größere internationale Einigkeit geben soll.

FRAGE: Eine ganz kurze Nachfrage, weil es immer wieder hochkommt. Sind denn dem Auswärtigen Amt oder der Bundesregierung diese angeblichen Landtauschpläne bekannt, von denen immer gesprochen wird, dass also die US-Regierung oder Herr Grenell angeblich versucht hätten, einen Landtausch zwischen Serbien und Kosovo hinzubekommen? Gab es diese? Oder geistern sie nur immer durch die Gegend?

BURGER: Ich sehe mich jetzt nicht als denjenigen berufen, der hier über mögliche Pläne der USA, die existieren oder nicht existieren, Auskunft gibt. Ich glaube, das müssten Sie bei den amerikanischen Stellen erfragen.

ZUSATZFRAGE: Ob sie Ihnen bekannt waren, wissen Sie doch?

BURGER: Es ist darüber jedenfalls öffentlich diskutiert worden. Es ist ja auch keine ganz neue Diskussion. Ich glaube, wir haben unsere Auffassung zu solchen Vorstellungen hier in der Vergangenheit sehr deutlich gemacht.

Reise des Bundesaußenministers nach Israel und Jordanien

BURGER (AA): Ich habe Ihnen heute eine Reise des Außenministers anzukündigen, und zwar seine erste außerhalb von Europa seit Beginn der Coronakrise.

Am Mittwoch wird Außenminister Maas nach Israel und nach Jordanien fliegen. In Israel hat die neue Regierung erst im Mai ihr Amt angetreten. Das ist jetzt die erste Gelegenheit zu einem persönlichen und intensiven Austausch mit dieser neuen israelischen Regierung. Wir freuen uns deshalb sehr, dass es trotz der ungewöhnlichen Umstände so schnell möglich ist und wir die ersten europäischen Besucher nach Ausbruch der Coronapandemie in Israel sind.

Deutschland und Israel haben sich auch während der Pandemie eng ausgetauscht und zum Beispiel im Rahmen der Rückholaktionen eng kooperiert. Das zeigt: Deutschland und Israel haben außerordentlich enge und breit gefächerte Beziehungen, und nach mehr als anderthalb Jahren ‑ so lange ist der letzte Besuch von Außenminister Maas in Israel her ‑ gibt es auch viel zu besprechen. Daher wird es in Gesprächen von Außenminister Maas vor Ort um die gesamte Bandbreite der bilateralen und regionalen Themen gehen, darunter natürlich auch um die Zukunft des Nahost-Friedensprozesses.

Außenminister Maas wird vor Ort mit dem neuen israelischen Außenminister Gabi Aschkenasi sowie mit dem israelischen Premierminister Benjamin Netanjahu und dem alternierenden Premierminister Benny Gantz zusammentreffen.

In Jordanien trifft Außenminister Maas mit dem jordanischen Außenminister Ayman Safadi zusammen. Jordanien und Deutschland arbeiten bei einer Vielfalt von regionalen und internationalen Themen eng zusammen. Jordanien kommt zudem im Nahostfriedensprozess als Nachbarland und als Hüter der heiligen muslimischen Stätten in Jerusalem eine besondere Rolle zu.

Wir sind mit der palästinensischen Seite zudem im Gespräch über eine Videokonferenz von Außenminister Maas und seinem jordanischen Amtskollegen mit dem palästinensischen Premierminister Schtajjeh zu den letzten Entwicklungen im Nahostdossier.

[…]

FRAGE: Ich würde gerne wissen, welche Druckmittel der Außenminister im Rucksack hat, um in Israel die israelische Seite von der völkerrechtswidrigen Annexion von Teilen des Westjordanlands abzubringen. Wird er Mahnungen, Appelle, Forderungen vortragen?

BURGER: Was die Themen dieses Besuchs sind und dass sie sehr breit aufgestellt sind, habe ich in meiner Reiseankündigung dargestellt. Das Thema, das Sie ansprechen, ist natürlich eines, was in Israel zurzeit diskutiert wird. Ich glaube, man verrät nicht zu viel, wenn man sagt, dass das sicherlich auch Teil der Gespräche sein wird.

Ich will im Übrigen den Gesprächen jetzt aber nicht weiter vorgreifen. Ich glaube, wir haben hier in den letzten Wochen ausführlich unsere Position zur Annexionsfrage dargestellt. Diese hat sich seither nicht verändert.

ZUSATZFRAGE: Die Position ist ja klar. Es geht ja darum, dass Deutschland freundschaftlichen Kontakt zur israelischen Regierung hat. Man ist enger Partner. Man will ja nicht, dass annektiert wird. Wie versucht der Außenminister vor Ort, die israelische Seite davon abzubringen?

BURGER: Wie gesagt, ich möchte jetzt den Gesprächen im Einzelnen nicht weiter vorgreifen. Wie wir dieser Frage insgesamt gegenüberstehen, haben hier, glaube ich, vorletzte Woche Herr Seibert und Frau Adebahr ausführlich dargestellt.

FRAGE: Herr Burger, ich möchte noch einmal die Frage des Kollegen aufgreifen. Wie besorgt ist die Bundesregierung über diese Annexionspläne?

Muss Israel irgendwelche Konsequenzen fürchten, oder würden Sie diese völkerrechtswidrige Aktion, wie so viele andere Aktionen Israels, tolerieren?

BURGER: Ich darf auf die Regierungspressekonferenz vom 29. Mai verweisen, wo all diese Fragen ausführlich besprochen wurden. Seither gibt es, wie gesagt, dazu keine neue Haltung.

FRAGE: Herr Burger, die Durchführung solcher Reisen hat ja immer symbolischen Wert. Wenn ich das richtig verstehe, wird der Außenminister nicht in die besetzten und demnächst eventuell annektierten Gebiete reisen, sondern es wird wohl probiert, eine Videokonferenz durchzuführen. Warum verzichtet man auf einen physischen Besuch?

BURGER: Wir stehen mit der palästinensischen Führung in einem engen Austausch. Der Außenminister hat sich vor Kurzem auch erst mit dem palästinensischen Premierminister im Rahmen des deutsch-palästinensischen Lenkungsausschusses ausgetauscht. Es ist nun aber so, dass wir in besonderen Zeiten unter besonders erschwerten Bedingungen durch die Coronapandemie reisen. Vor diesem Hintergrund ist dieses Mal die Reiseroute zu erklären.

ZUSATZFRAGE: Bedeutet das, dass Sie konkret befürchten, dass die Ansteckungs- und Infektionsgefahr in den besetzten Gebieten höher ist als in den anderen Reisezielen? Das wäre ja eigentlich der alleinige Grund, warum man auf einen physischen Besuch verzichtet, wenn man sowieso in der Region ist.

BURGER: Das Gespräch mit der palästinensischen Seite ist uns wichtig. Deswegen versuchen wir, diesen Kontakt während der Reise und im Rahmen der Reise von Jordanien zu ermöglichen.

Wie gesagt, die besonderen Einschränkungen, die wir alle im Rahmen der Maßnahmen, die es in jedem einzelnen Land zur Coronaprävention gibt, kennengelernt haben, bedingen es in diesem Fall, dass die Reiseroute so verläuft, wie sie verläuft.

ZUSATZFRAGE: Entschuldigung, wenn ich nachfrage. Meine Frage ist nicht beantwortet. Haben Sie konkrete Hinweise oder Befürchtungen, dass ein erhöhtes Infektionsrisiko bei einem physischen Besuch in den besetzten Gebieten besteht?

BURGER: Ich fürchte, ich kann nur noch einmal wiederholen, dass Reisebeschränkungen, die ja in vielen Ländern bestehen, die Grenzmaßnahmen und die besondere Auflagen, die zum Infektionsschutz in verschiedenen Ländern zu erfüllen sind, dieses Mal dazu führen, dass die Reise so gelegt wird, wie sie gelegt wird. Es ist uns, wie gesagt, sehr wichtig, dass das Gespräch mit der palästinensischen Seite auch im Rahmen dieser Reise stattfinden kann.

FRAGE: Ist das eine Entscheidung, die auf Ihren Erkenntnissen zur Coronapandemie basiert? In den besetzten Gebieten ist die Pandemie ja nicht so sehr ausgeprägt wie auf der israelischen Seite. Oder hat Ihnen die palästinensische Seite davon abgeraten?

Können Sie Angaben zum Reisetross des Ministers machen? Wer wird ihn begleiten?

Herr Seibert, hat sich die Kanzlerin mittlerweile in den Prozess eingeschaltet, um die Annexion zu verhindern?

BURGER: Was die Delegation angeht, kann ich Ihnen sagen, dass die Delegation aus Gründen, die mit der Coronapandemie und den Maßnahmen, die überall auf der Welt getroffen werden, um das Infektionsrisiko zu minimieren, minimiert ist. Das heißt, der Außenminister wird nur von einer Kerndelegation begleitet.

ZURUF: Wer ist das?

BURGER: Das sind seine wichtigsten Berater.

Ansonsten habe ich, was die epidemiologische Einschätzung zur Lage in beiden Gebieten angeht, nichts weiter hinzuzufügen.

SEIBERT (BReg): Ich kann nur sagen: Es ist gut, dass der Außenminister nach Israel reist, um dort das erste ausführliche Gespräch mit der neuen Regierung zu führen. Das entspricht der Bedeutung der deutsch-israelischen Beziehungen. Die Haltung der Bundesregierung zu gerade auch den kritischen Themen wird er dort natürlich vorbringen, so wie wir sie hier ja auch schon mehrfach öffentlich vorgetragen haben.

Es entspricht der deutsch-israelischen Freundschaft und der Tiefe unserer Beziehungen, dass bei diesen Gesprächen Offenheit herrscht und dass man da, wo es Meinungsverschiedenheiten gibt, offen miteinander spricht, weil die Israelis wissen, dass wir unsere Haltung auf der Basis eines ganz klaren Eintretens für Israels Sicherheit und Israels Staatlichkeit vertreten.

FRAGE: Mich würde interessieren, ob die Palästinensische Autonomiebehörde in irgendeiner Form artikuliert hat, ob sie einen direkten Besuch von Herrn Maas vorzieht.

BURGER: Ich habe ja gesagt, dass wir mit der palästinensischen Führung in einem engen Austausch stehen. Mehr kann ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht sagen.

FRAGE: Die israelische Seite will bestimmt das Thema Iran thematisieren. Wie reagiert die deutsche Regierung auf den letzten Bericht der Internationalen Atomenergiebehörde, wonach der Iran die internationale Vereinbarung sehr stark verletzt?

BURGER: Ohne den Gesprächen des Außenministers in Israel vorgreifen zu wollen, kann ich Ihnen sagen, dass der Quartalsbericht der IAEO, der am Freitag erschienen ist, zeigt, dass Iran weiter systematisch seine Verpflichtungen aus dem JCPOA verletzt. Darüber sind wir sehr besorgt. Wir rufen Iran auf, wieder voll umfänglich zur Einhaltung seiner Verpflichtungen zurückzukehren.

Besonders besorgt macht uns die hohe Menge von niedrig angereichertem Uran und die fortlaufenden iranischen Forschungs- und Entwicklungsarbeiten mit fortschrittlichen Zentrifugen. Wir sind weiter auf allen Ebenen und in unterschiedlichen Formaten in intensiven Gesprächen mit allen Partnern der Wiener Nuklearvereinbarung, um zu einer Lösung in diesen Fragen zu kommen. Mit diesem Thema hat sich ja auch die letzte Joint Commission befasst.

Medienberichte über eine Reduzierung der Zahl der in Deutschland stationierten US-Soldaten

FRAGE: Ich habe noch eine Frage zum angedrohten US-Truppenabzug. Es ist ja jetzt schon ein bisschen her, dass es Berichte aus Washington gab, nach denen Donald Trump das plane. Hat die Regierung, Herr Seibert oder Herr Burger, in irgendeiner Form mit Washington Kontakt aufgenommen, um herauszubekommen, was an diesen Drohungen dran ist? Wie ernst nehmen Sie diese Drohungen heute?

SEIBERT (BReg): Was es gibt, sind unbestätigte Medienberichte. Zu denen gebe ich keine Stellungnahme ab. Wir warten, bis es dazu offizielle Informationen aus Washington gibt. Wenn es die geben wird, dann werden Sie die Bundesregierung auch Stellung nehmen hören.

FRAGE: Ich fand es interessant, dass Herr Maas am Wochenende gesagt hat, dass die Stationierung von US-Truppen in Deutschland im Interesse beider Länder sei. Es gab ja auch eine entgegengesetzte Berichterstattung. Zum Beispiel hat in der „New York Times“ der ehemalige Commander Hodges gesagt: “The reason we have troops overseas in Germany is not to protect Germans, everything we have is for our benefit.” Er sagt also: Wir sind da nicht wegen der Deutschen. Wir schützen da nicht die Deutschen. Das ist alles nur in unserem eigenen Interesse.

Nehmen Sie diese Aussagen wahr? Sagt Ihnen die US-Seite das auch so? Warum behaupten Sie, dass das im Interesse beider Länder sei?

BURGER (AA): Ich kann vielleicht einmal eine Äußerung des Außenministers vom letzten NATO-Außenministertreffen im November zitieren. Da hat er gesagt:

„Die NATO ist seit 70 Jahren die Lebensversicherung Europas. Damit das so bleibt, müssen wir unser Bündnis auf aktuelle Herausforderungen einstellen und vermehrt europäische Verantwortung in der Sicherheitspolitik übernehmen, und wir dürfen nicht vergessen, was die NATO 70 Jahre lang stark gemacht hat: ihr unerschütterlicher Zusammenhalt über den Atlantik hinweg. Wir müssen die NATO aber auch konzeptionell und politisch weiterentwickeln.“

Ich glaube also, es herrscht insofern große Einigkeit innerhalb der Bundesregierung darüber, dass die enge Zusammenarbeit innerhalb der NATO auch mit den Vereinigten Staaten und eben natürlich auch mit den anderen NATO-Partnern ganz unmittelbar maßgeblich für Deutschlands Sicherheit ist.

ZUSATZ: Aber die Frage war ja, ob Sie die amerikanische Haltung kennen. Das ist ja jetzt kein US-Präsident, der verrückt twittert, sondern ein ehemaliger Chef der US-Truppen in Europa, der sagt „Wir sind wegen uns hier, nicht wegen euch“.

BURGER: Diese einzelne Äußerung werde ich jetzt hier nicht kommentieren. Ich habe Ihnen die Haltung der Bundesregierung genannt, dass die Zusammenarbeit mit den amerikanischen Streitkräften und mit den USA insgesamt im sicherheitspolitischen Bereich für die Sicherheit Deutschlands und für die Sicherheit in Europa natürlich ganz wichtig ist.

FRAGE: Herr Seibert, ich hätte gerne noch einmal nachgefragt. Wenn Sie sagen, dass Sie keine unbestätigten Presseberichte kommentieren, interpretiere ich das so, dass Sie von der US-Seite keine Bestätigung dieser Berichte bekommen haben. Gab es also Kontakte?

Herr Burger, an Sie hätte ich die Frage ganz gerne wiederholt: Hat der Außenminister denn auf direktem Wege mit seinem Amtskollegen irgendeine Klärung dieses Sachverhaltes hinbekommen, ob wir nun vor einer Truppenreduzierung stehen oder nicht?

BURGER: Wir stehen natürlich bezüglich Fragen unserer gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik in Kontakt mit der amerikanischen Seite, mit unseren amerikanischen Partnern, und zwar auf verschiedenen Ebenen. Über Inhalte solcher vertraulichen Gespräche kann ich Ihnen hier wie üblich nicht weiter Auskunft geben.

SEIBERT: Ich habe Herrn Burger da nichts hinzuzufügen.

ZUSATZ: Aber wenn Sie von unbestätigten Berichten sprechen, dann heißt das doch in der logischen Konsequenz, dass es keine Information der Bundesregierung über diesen Sachverhalt gibt!

SEIBERT: Na ja, eine offizielle öffentliche Bestätigung gibt es ja auch nicht. Deswegen nehmen wir jetzt zu Medienberichten keine Stellung, sondern wir warten auf Informationen. Wenn es Informationen offizieller Art gibt, dann kann man dazu Stellung nehmen.

Unsere Grundhaltung, was den Nutzen und den Wert der amerikanischen Soldaten angeht, die in Deutschland seit Jahrzehnten im Rahmen des Bündnisses stationiert sind, ist bekannt.

FRAGE: Wie bewerten denn das Auswärtige Amt und die Kanzlerin die augenscheinliche Tatsache, dass die Bundesregierung in diese Entscheidung oder zumindest diese Überlegung bezüglich des Truppenabzugs nicht einbezogen wurde?

BURGER: Ich glaube, Herr Seibert und ich haben jetzt alles zu dem Sachverhalt gesagt, was wir zum heutigen Zeitpunkt dazu zu sagen haben.

ZUSATZFRAGE: Sie haben ja jetzt noch einmal die Bedeutung der US-Truppenpräsenz in Deutschland betont. Sieht die Bundesregierung denn nicht auch eine Chance darin, wenn etwa Soldaten aus Ramstein als Dreh- und Angelpunkt des völkerrechtswidrigen Drohnenkriegs oder auch die US-Atomwaffen abgezogen werden?

BURGER: Ich habe dem nichts hinzuzufügen.

ZUSATZFRAGE: Das war ja eine Frage. Da gibt es ja nichts hinzuzufügen, sondern zu beantworten! - Sieht die Bundesregierung in dem Abzug von US-Soldaten auch eine Chance für mehr Sicherheit in Deutschland und Europa?

BURGER: Auch diese Frage bezieht sich auf das, was Herr Seibert „unbestätigte Presseberichte“ genannt hat, und wie Herr Seibert gesagt hat, wird man dann zu einer Bewertung kommen, wenn es offizielle belastbare Informationen geben wird.

FRAGE: Ich habe eine Frage an das Verteidigungsministerium mit der Bitte um eine Einschätzung: Was bedeuten die amerikanischen Soldaten, die hier sind, für die Sicherheit Deutschlands?

Können Sie uns Informationen darüber geben, wer die US-Truppen eigentlich bezahlt? Wir hatten diese Diskussion ja schon einmal 2019 geführt. Vielleicht können Sie uns darüber aufklären.

COLLATZ (BMVg): Im Grunde kann ich den Worten meiner beiden Vorredner inhaltlich nichts deutlich hinzufügen. Die Zusammenarbeit mit den amerikanischen Kräften sowohl im Einsatz als auch bei der Ausbildung innerhalb des NATO-Rahmens ist gut, sicher, eng und vertrauensvoll. Ich weiß aus den Beziehungen zu den amerikanischen Soldaten und ihren Familien, die wir zahlreich pflegen, dass sie sich in Deutschland wohl fühlen, und ich gehe davon aus, dass das auch in Zukunft so sein wird.

Was die Fragen der Finanzierung angeht, wäre das weit jenseits dessen, was in die Bundeswehrzuständigkeit fällt. Deswegen kann ich diesbezüglich dann auch nichts hinzufügen.

ZUSATZFRAGE: Dann würde ich die Frage nach der Finanzierung weitergeben. Ich weiß nicht, ob das das Finanzministerium oder das Auswärtige Amt betrifft.

BURGER: Letztlich, glaube ich, kann ich auch zu dieser Frage zum jetzigen Zeitpunkt nur sagen: Eine Bewertung des ganzen Sachverhalts wird man dann vornehmen können, wenn es offizielle belastbare Informationen darüber geben wird.

ZUSATZFRAGE: Entschuldigung, das war ein Missverständnis. Es geht um die Finanzierung der jetzt in Deutschland anwesenden Truppen. Deutschland übernimmt doch, wenn ich das richtig verstehe, einen Teil dieser Kosten. Da hätte ich ganz gerne gewusst, wie viel das ist.

BURGER: Okay. Wenn das tatsächlich in der Federführung des Auswärtigen Amtes liegt, muss ich Ihnen das nachliefern.

FRAGE: Sie haben uns ja gesagt, dass Sie auf Informationen warten. Halten Sie diesen Vorgang denn für so wichtig, dass Sie sich selbst aktiv um Klärung bemühen? Haben Sie das vielleicht sogar schon eingeleitet?

BURGER: Ich habe ja gesagt, dass wir bezüglich Fragen unserer gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik mit den amerikanischen Partnern in intensivem Kontakt stehen.

ZUSATZFRAGE: Auch bezüglich dieser Frage? Haben Sie dazu eine Frage gestellt? Man kann sich nämlich schon fragen, ob es akzeptabel ist, dass das jetzt immer in diesem Hauruckverfahren und auf diese Art und Weise abläuft. Bei Afghanistan oder bei Syrien war es ja auch nicht unähnlich. Das ging ja auch alles sehr ad hoc, auch wenn das eine kleinere Dimension war.

BURGER: Ich weiß nicht, ob ich mir die Parallelen zu eigen machen möchte. Ich kann nur noch einmal wiederholen: Wir stehen mit der amerikanischen Seite auf verschiedenen Ebenen in Kontakt bezüglich aller Fragen, die sich im Rahmen des Komplexes unserer gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik stellen. Über Inhalte dieser Gespräche kann ich hier wie üblich keine Auskunft geben.

FRAGE: Meine Frage geht in eine ähnliche Richtung. „Wir stehen in Kontakt“ – das ist so ein vager Begriff, der wenig über die Gesprächsdynamik aussagt. Wenn Sie ‑ das haben wir jetzt dreimal gehört ‑ „unbestätigte Pressemitteilungen“ darüber lesen, dass ein größerer Truppenabzug geplant sei, dann, würde ich naiv sagen, erkundigt man sich doch einmal bei der Regierung und fragt: Was ist da dran? Bitte gebt uns Bescheid. Was sind eure Pläne? – Ist eine solche konkrete Nachfrage im Hinblick auf diese unbestätigten Pressemitteilungen von Ihnen proaktiv gestellt worden?

BURGER: Wie gesagt, sind wir mit den USA auf verschiedenen Ebenen in intensivem Kontakt zu allen Fragen, die sich im Rahmen unserer gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik stellen. Die einzelnen Gesprächskontakte ‑ das ist so auch völlig üblich ‑ unterliegen der Vertraulichkeit. Deswegen werde ich darüber jetzt nicht im Einzelnen Auskunft geben.

ZUSATZ: Sie können jetzt im Moment also nicht sagen: Ja, selbstverständlich haben wir nach dem konkreten Inhalt oder der Wahrheit oder dem Realitätsgehalt dieser unbestätigten Presseberichte im Hinblick auf das US-amerikanische Regierungshandeln gefragt. ‑ Das können Sie so ‑ ‑ ‑

BURGER: Ja, selbstverständlich stehen wir in engem Kontakt mit den amerikanischen Partnern zu allen Fragen, die sich im Rahmen der gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik stellen.

FRAGE: Ich verstehe, dass Sie keine unbestätigten Meldungen kommentieren. Aber können Sie nachvollziehen, dass sich deutsche Parlamentarier dazu besorgt und angespannt geäußert haben? Herr Burger, können Sie verstehen, dass Fritz Felgentreu von der SPD sagt, es wäre eine Schwächung der NATO, wenn Personen in diesem Umfang, also knapp 10 000 Personen von 35 000 hier in Deutschland stationierten, abgezogen würden?

Herr Seibert, können Sie Roderich Kiesewetter von der CDU verstehen, der sagt: „Wir würden gern besser informiert für den Fall, dass da etwas kommt“?

SEIBERT: Ich denke, es ist grundsätzlich nicht unsere Aufgabe als Sprecher der Bundesregierung, hier Noten zu verteilen oder Kommentare zu dem abzugeben, was frei gewählte deutsche Abgeordnete sagen.

Ich kann nur wiederholen: Selbstverständlich steht die Bundesregierung auf verschiedenen Ebenen mit der amerikanischen Regierung zu all diesen Fragen im Kontakt. Wenn es offizielle Informationen gibt, dann können wir dazu auch Stellung nehmen. Reine Medienberichte sind für uns kein Anlass.

Die grundsätzliche Haltung zum jahrzehntelangen Aufenthalt von US-Truppen hier in Deutschland im Rahmen des Bündnisses, das unsere Sicherheit gewährleistet, haben wir genannt.

G7-Gipfel

FRAGE: Ich habe eine Nachfrage an Herrn Seibert, um einen Sachverhalt zu klären, der zumindest in der amerikanischen Berichterstattung damit in Verbindung gebracht wird. Es könnte sich nämlich um eine Racheaktion für die Absage der Teilnahme am G7-Gipfel durch die Kanzlerin handeln.

Deswegen möchte ich konkret nachfragen: Hat die Kanzlerin ihre Teilnahme am G7-Gipfel im Juni eigentlich offiziell abgesagt, oder hatte sie noch nicht zugesagt?

SEIBERT (BReg): Auch das alles haben wir hier ja besprochen. Die Kanzlerin hatte gesagt, dass sie für die Einladung zum G7-Gipfel ‑ damals war die Einladung ja noch auf Ende Juni bezogen ‑ danke, dass sie sich aufgrund der pandemischen Gesamtlage aber ‑ Stand: zu dem Zeitpunkt ‑ nicht in der Lage sehe, ihr persönliches Erscheinen, ihre persönliche Reise nach Washington zuzusagen.

Nun haben wir aus den USA gehört ‑ auch Sie haben es ja gehört ‑, dass kein G7-Gipfel Ende Juni mehr geplant wird, sondern dass die Planungen jetzt in eine andere Richtung gehen. Nun warten wir auf Informationen durch die USA, die ja der Gastgeber und die Präsidentschaft in diesem Jahr sind, wann und wie sie sich den Gipfel 2020 vorstellen.

Nord Stream 2

FRAGE: Laut Medienberichten gehen diese Drohungen auch auf Nord Stream 2 zurück. Wie sieht die Bundesregierung das? Wie ist Ihre Haltung, sollte es wirklich dazu kommen, also in Bezug auf Sanktionen?

Meine Frage geht an das Auswärtige Amt oder den Sprecher der Bundesregierung.

SEIBERT (BReg): Ich denke, dass wir zu den Medienberichten alles gesagt haben und dass Sie verstanden haben, dass wir dazu keine Stellungnahme abgeben.

Zum ganzen Themenkomplex Nord Stream 2 ist hier über viele Stunden berichtet worden. Unsere Haltung dazu ist bekannt. Sie ist auch unseren amerikanischen Partnern bekannt.

FRAGE: An das BMWi und an Herrn Seibert: Der Gesetzentwurf mit Sanktionen gegen Nord Stream 2 ist jetzt laut Republikaner Ted Cruz im US-Senat gelandet. Der Gesetzentwurf sieht vor, dass alle an dem Projekt beteiligten Unternehmen sanktioniert werden können. Das beträfe nicht nur Gazprom, sondern auch einige europäische Konzerne.

Was unternimmt die Bundesregierung in dem Fall? Mit welcher Sanktionsentwicklung rechnet die Bundesregierung?

EICHLER (BMWi): Auch ich kann dem, was Herr Seibert gesagt hat, nicht viel hinzufügen. Es ist klar, dass wir die Entwicklung in den USA verfolgen. Wir kommentieren das aber nicht.

Unsere grundsätzliche Haltung in dieser Sache ist auch klar: Wir lehnen extraterritoriale Sanktionen ab.

FRAGE: Am Freitag gab es die ausdrückliche Aufforderung deutscher Unternehmen des Ost-Ausschusses an die deutsche Bundesregierung, deutsche Firmen gegen diese möglichen US-Sanktionen in Schutz zu nehmen.

Wenn Sie das jetzt nicht kommentieren, heißt das, dass Sie nicht dafür kämpfen, dass deutsche Firmen nicht von diesen Sanktionen belegt werden, oder was tun Sie? Wie reagieren Sie auf die Forderungen?

EICHLER: Das heißt es nicht. Ich kommentiere das jetzt nicht, auch nicht die Forderungen der Unternehmen. Wie ich es gesagt habe, beobachten wir die Lage ständig und befinden uns auch im Austausch dazu. Mehr kann ich im Moment dazu nicht sagen.

FRAGE: Können Sie uns sagen, für wie bald Sie ein Inkrafttreten dieser Sanktionen erwarten?

EICHLER: Auch dazu kann ich Ihnen keine näheren Erkenntnisse mitteilen.

Initiative des ägyptischen Staatspräsidenten zur Befriedung Libyens

FRAGE: Herr Burger, der ägyptische Staatspräsident Al-Sisi hat eine neue politische Initiative zur Befriedung Libyens vorgestellt. Können Sie dazu eine Reaktion abgeben?

BURGER (AA): Wir begrüßen das ägyptische Engagement für einen Waffenstillstand. Wir rufen schon lange beide Seiten dazu auf, eine Waffenruhe einzuhalten und an den Verhandlungstisch zurückzukehren. Wenn das jetzt gelänge, wäre dies ein großer Fortschritt.

Das Treffen in Kairo hat unterstrichen, dass die Wiederaufnahme des durch die Vereinten Nationen geleiteten Dialogprozesses unbedingt notwendig ist. Dazu gehören zunächst die sogenannten 5-plus-5-Gespräche mit beiden Konfliktseiten über einen nachhaltigen Waffenstillstand.

Wir sehen aber gleichzeitig mit großer Sorge, dass sich die militärische Lage am Wochenende erneut in Richtung einer weiteren Eskalation bewegt hat. Das gilt es zu stoppen. Deswegen rufen wir alle Verantwortlichen in Libyen dazu auf, jetzt von der militärischen Logik auf eine politische Logik umzuschalten und die Zukunft des gesamten Landes zu betrachten und nicht nur einzelne Geländegewinne.

SEIBERT (BReg): Ich möchte hinzufügen, dass unter genau dieser Überschrift „Wir müssen von der militärischen zur zivilen Logik, zur politischen Verhandlungslogik kommen“ die Bundeskanzlerin am Freitag mit dem libyschen Präsidenten As-Sarradsch telefoniert hat. Sie hat begrüßt, dass sich die Konfliktparteien zur Wiederaufnahme dieser UN-geführten Gespräche über einen Waffenstillstand entsprechend dem, was in Berlin vereinbart worden war, bereitgefunden haben. Sie hat das Erfordernis hervorgehoben, parallel dazu den politischen Gesprächsprozess wiederzubeleben. Zur Unterstützung dessen bleibt Deutschland bereit. Gleichwohl ‑ das hat Herr Burger sehr richtig gesagt ‑ entwickelt sich die militärische Lage sehr dynamisch.

ZUSATZFRAGE: Herr Burger, Sie haben gerade die militärische Lage angesprochen. Wie sehen Sie grundsätzlich die Chancen dafür, dass es jetzt zu einer Befriedung kommen kann? In der Vergangenheit gab es seit der Berliner Konferenz ja mehrfach Versuche zu einem Waffenstillstand, die gescheitert sind. Wie sehen Sie jetzt die Chancen dafür, dass es zu einem anhaltenden Waffenstillstand kommen kann?

BURGER: Wir arbeiten dafür. Das Gespräch der Bundeskanzlerin, das Herr Seibert gerade genannt hat, ist ein Beispiel dafür. Wir sind auch in intensivem Kontakt mit den internationalen Unterstützern beider Seiten, die wir auch dazu aufrufen, das Aufrüsten zu beenden und ihren Einfluss auf die Konfliktparteien geltend zu machen, damit endlich wieder verhandelt wird.

Wir begleiten das gleichzeitig auch im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen, in dem es Ende vergangener Woche gelungen ist, übrigens unter deutscher Federführung, die Resolution, die die völkerrechtliche Grundlage für die Operation „Irini“ ist, einstimmig zu verlängern. Diese Mission ist inzwischen angelaufen. Insbesondere die Informationsweitergabe und die Koordinierung mit dem Expertenpanel der Vereinten Nationen, das ja die Überwachung des Waffenembargos zur Aufgabe hat, funktionieren bereits gut.

FRAGE: Die Bundesregierung unterstützt bekanntlich die Regierung der nationalen Versöhnung, während Paris den ehemaligen General Haftar unterstützt. Bedeutet dies einen Kampf um Einfluss zwischen Berlin und Paris?

BURGER: Ich würde mir Ihre Darstellung der Unterstützung für einzelne Seiten hier sicherlich nicht zu eigen machen. Unsere Aufforderung, sich an eine Waffenruhe zu halten und an den Verhandlungstisch zurückzukehren, gilt, wie ich das gesagt habe, für alle Seiten. Alle Seiten tragen Verantwortung dafür, dass es jetzt gelingt, wie ich das vorhin gesagt habe, von der militärischen auf die politische Logik umzuschalten.

FRAGE: Herr Burger, Sie haben gerade gesagt, Sie würden nicht irgendeine Seite unterstützen. Aber aus Ihrer Sicht ist die Sarradsch-Regierung weiterhin eine legitime Regierung, habe ich das richtig verstanden?

BURGER: An der Beschlusslage der Europäischen Union und auch im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen hat sich dazu ja nichts geändert; insofern hat sich auch an der Haltung der Bundesregierung diesbezüglich nichts geändert. Trotzdem haben wir ‑ das ist ja auch schon im Berliner Prozess Arbeitsgrundlage gewesen ‑ selbstverständlich die Erwartung an alle Konfliktparteien, sich daran konstruktiv zu beteiligen.

ZUSATZFRAGE: Ist es aus Ihrer Sicht eine legitime Regierung, die Sie so, wie sie jetzt ist, anerkennen?

BURGER: Wie gesagt, an der völkerrechtlichen Ausgangslage, an der Beschlusslage innerhalb der Europäischen Union und des Sicherheitsrats, die es in der Vergangenheit gegeben hat, hat sich insofern ja nichts geändert.

Rassismus in den USA

FRAGE: Zwei Dutzend UN-Rechtsexperten haben am 5. Juni ein Dokument veröffentlicht, in welchem sie ‑ ich zitiere ‑ eine moderne Form von Rassenterror und ein straffreies Lynchregime in den USA verurteilen und auch eine grundlegende Reform des US-Rechtssystems fordern. Da würde mich interessieren: Ist dem Auswärtigen Amt dieses Dokument bekannt, und wenn ja, unterstützen Sie diese Forderung?

BURGER (AA): Mir ist das derzeit nicht bekannt. Ob es dem Auswärtigem Amt bekannt ist oder nicht, müsste ich Ihnen nachliefern.

ZUSATZFRAGE: Zeitgleich haben 45 UN-Menschenrechtsexperten ein weiteres Statement verfasst, in welchem sie ein Ende des systematischen Rassismus in den USA fordern und erklären ‑ ich zitiere erneut ‑, das Problem seien nicht nur ein paar faule Äpfel, sondern wie das gesamte wirtschaftliche, soziale und politische Leben in den USA strukturiert sei. Liegt Ihnen dieser Aufruf, der ebenfalls am 5. Juni auf der Webseite der UN veröffentlicht wurde, vor, und teilen Sie diese Einschätzung?

BURGER: Auch das werde ich Ihnen gerne nachliefern.

Aufarbeitung der deutschen Kolonialverbrechen mit Namibias Regierung

FRAGE: Herr Burger, zum Stichwort Namibia: Der dortige Präsident hat gesagt, die Einigung zum Thema Herero und Nama stehe jetzt unmittelbar bevor und Deutschland würde sich auch entschuldigen. Das hat man ja schon mal so ungefähr gehört. Was ist im Moment der konkrete Stand? Stimmt die Aussage, dass wir da bald mit einem Abschluss der langen Verhandlungen unter anderem mit Herrn Polenz rechnen können?

BURGER (AA): Ich habe hier schon am Freitag genau zu dieser Frage geantwortet, deswegen möchte ich es ganz kurz machen: Die Bundesregierung führt mit der Regierung von Namibia Gespräche über eine zukunftsgerichtete Aufarbeitung der gemeinsamen Kolonialgeschichte. Die Gespräche verlaufen im gegenseitigen Vertrauen und konstruktiv. Beide Seiten haben Vertraulichkeit vereinbart, und deswegen kommentieren wir hier Verlauf und Inhalt der Gespräche nicht. Ich kann aber noch einmal wiederholen, was wir hier in der Vergangenheit schon dargestellt haben, nämlich dass es Ziel der Gespräche ist, dass am Ende eine Bitte um Entschuldigung steht, aber dann eben auch in einer Form, in der diese von der namibischen Seite als solche gewährt werden kann.

ZUSATZFRAGE: Es war ja schon länger bekannt, dass im März oder April ein Treffen hier in Berlin zu diesem Thema mit Regierungsvertretern hätte stattfinden sollen; das ist wahrscheinlich wegen Corona jedenfalls physisch nicht zustande gekommen. Hat das in irgendeiner Form stattgefunden, und wenn es nur virtuell ist?

BURGER: Wie gesagt, zum konkreten Verhandlungsstand kann ich Ihnen hier keine Auskunft geben. Was Gesprächstermine angeht, werde ich gern prüfen, ob wir dazu etwas nachreichen können.

FRAGE: Der namibische Präsident hat die Vertraulichkeit ja schon einmal gebrochen, indem er gesagt hat, Deutschland sei bereit, sich zu entschuldigen. Kann das Auswärtige Amt diese Äußerung bestätigen, dass Sie bereit wären, sich zu entschuldigen?

BURGER: Ich habe, glaube ich, hier gerade schon gesagt, wie unsere Haltung zu diesem Thema ist. Das möchte ich jetzt eigentlich nicht wiederholen.

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