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Erklärungen des Auswärtigen Amts in der Regierungs­pressekonferenz vom 25.05.2020

25.05.2020 - Artikel

Aufnahme von ausländischen Patienten in deutschen Krankenhäusern

FRAGE: Es geht um die mögliche Aufnahme von ausländischen Patienten in deutschen Krankenhäusern, explizit aus Russland. Es haben sich ja am Wochenende zwei Bundesländer bereit erklärt, Patienten aus Russland aufzunehmen, Sachsen und Berlin. Herr Seibert, sind solche regionalen Initiativen auf Bundesebene in irgendeiner Form abgesprochen?

Frage an das Bundesgesundheitsministerium: Wie viele Patienten aus dem Ausland könnte Deutschland denn nach heutigem Stand theoretisch aufnehmen?

Wie funktioniert die Bezahlung? Wer übernimmt die Kosten für die Behandlung?

Die letzte Frage geht an das Auswärtige Amt: Wie weit sind Ihre Gespräche mit den Kollegen in Moskau über einen möglichen Transport von russischen Patienten nach Berlin oder nach Deutschland gediehen? Haben Sie überhaupt mit Gesprächen angefangen?

GÜLDE (BMG): Dann fange ich gerne einmal an. Die Initiativen zur Behandlung von ausländischen Patienten ‑ insbesondere denen aus Russland ‑ kommen aus den Ländern selbst. Insofern sind auch die Länder für diesbezügliche Fragen verantwortlich.

Was die Frage der Übernahme der Kosten der Behandlung anbelangt: Die müssen dann halt eben auch tatsächlich die Krankenhäuser, die diese Verträge abschließen, beantworten.

Was die Kapazitäten anbelangt, muss ich ganz, ganz ehrlich sagen: Da müsste ich jetzt passen. Wir haben zwar im Intensivregister festgelegt, dass die Zahl der freien Behandlungsplätze, also der Beatmungsbetten, gemeldet werden muss. Wie viele davon Patientinnen und Patienten aus dem Ausland zur Verfügung gestellt werden könnte, kann ich jetzt nicht sagen. Das müssten dann tatsächlich die Krankenhäuser klären.

ZUSATZFRAGE: Ist das so zu verstehen, dass jedes einzelne Bundesland frei über seine Kapazitäten und darüber entscheidet, ob man diese Kapazitäten eingeflogenen ausländischen Patienten zur Verfügung stellt?

GÜLDE: Das ist korrekt. Ja, die Krankenhausplanung liegt in der Zuständigkeit der Bundesländer.

FRAGE: Die Fragen wurden ja vom Kollegen gestellt. Ich würde schon gern die Antwort vom Auswärtigen Amt oder der Bundesregierung zu möglichen Gesprächen mit Moskau hören.

ADEBAHR (AA): Mir ist nicht bekannt, ob unsere Botschaft in dieser Sache schon Gespräche geführt hat. Ich weiß nicht genau, wie konkret der Plan ist. Wenn das der Fall sein sollte und ich dazu etwas berichten kann, dann würde ich das gern tun oder reiche es nach.

ZUSATZFRAGE: Herr Seibert, würden auch Sie es begrüßen, wenn ein Land, das von Corona jetzt so hart getroffen ist wie Russland, Patienten in einzelne deutsche Krankenhäuser schicken und man Solidarität mit den Nachbarn im Osten zeigen könnte?

SEIBERT (BReg): Dem, was der Kollege gerade gesagt hat, habe ich keine Informationen hinzuzufügen. Mir liegen dazu jetzt keine weiteren Informationen vor. Ich denke, die Tatsache, dass in deutschen Krankenhäusern Patienten aus Frankreich, Italien und auch anderen Ländern behandelt wurden und dass man das unbürokratisch und mit Blick auf den Menschen getan hat, war ein sehr schönes Beispiel europäischer Solidarität. Das ist die grundsätzliche Aussage.

Die Entscheidungen darüber fallen je nach Vorhandensein von Kapazitäten in den Bundesländern. Wenn es dazu jetzt Initiativen gibt, dann muss man schauen, wie man damit vorankommt. Ich kann dazu jetzt wirklich nichts beitragen.

Dialog des Bundesaußenministers mit Zielländern

FRAGE: Indirekt geht es um die Lufthansa. Es geht um die Tourismusdestinationen, die sich mittlerweile für deutsche Urlauber bereitmachen. Zum Beispiel fordert man auf Sardinien einen sogenannten Gesundheitspass, den Reisende mitbringen sollen. Allerdings ist unklar, wie das vonstattengehen und wer das anerkennen soll. Auch beispielsweise in Kroatien fordert man eine Art von Immunitätsnachweis.

Deshalb meine Frage: War das Bestandteil der Verhandlungen zwischen Außenminister Maas und den verschiedenen Ländern, den Zielländern deutscher Reisender? Sollte das dann vielleicht auch eine Bedingung für Flüge mit der Lufthansa sein?

ADEBAHR (AA): Außenminister Maas hat vergangene Woche in einem Dialog mit Zielländern, darunter zum Beispiel auch Italien, und vergangenen Mittwoch mit den Außenministerkollegen unserer Nachbarländer gesprochen. Am Montag wurde auch eine gemeinsame Erklärung verabschiedet, in der man sich noch einmal dazu bekannte, dass man in den nächsten Wochen gemeinsame Kriterien festlegen will, nach denen man es, wenn das Infektionsgeschehen dies zulässt, schrittweise ermöglichen will, dass Reisen im Sommer möglich sein werden.

Natürlich stellen sich genau die Fragen, die Sie ansprechen: Wie sieht die Organisation in den Hotels vor Ort aus? Wie funktioniert das alles? ‑ Das sind ganz wichtige Fragen, die natürlich in Gesundheitskonzepte werden einfließen müssen und die geregelt sein müssen, damit auch die Bundesregierung da hinkommen kann, für Europa Reisehinweise aufzustellen, die den Bürgern die Möglichkeit geben, zu wissen, was denn ist, wenn man beispielsweise nach Sardinien fliegt.

Das Ganze passiert unter der Ägide oder den Leitlinien der Europäischen Kommission, die sie aufgestellt hat und die all die Fragen, die Sie ansprechen, aufwirft. Deutschland will sich daran natürlich beteiligen. Als zentrales Land in der Mitte Europas sind wir zu den Fragen, welche Kriterien es sind, in einem Dialog und wollen das mit Brüssel dann zusammenziehen, sodass aus Brüssel koordiniert auch die Feststellung kommt, was das Gesundheitskonzept in diesem und jenem Land ist, wobei auch Daten vorgehalten werden, sodass man sich dann informieren kann. Insofern kann ich jetzt einzelne Vorschläge, die im Moment aus den Ländern kommen, nicht kommentieren.

Die Bundesregierung und der Außenminister wollen, dass eine klare Informationslage für die Bürger herrschen wird und dass sicheres Reisen unter Coronabedingungen, soweit es die Pandemie zulässt, möglich wird. Dafür sind all solche Fragen zu klären. Das passiert in Richtung auf den 15. Juni. Eine gewisse Strecke ist noch zu gehen und auch viel Arbeit zu tun, um da hinzukommen, dass wir das erklären können und dass das klar ist.

Geplantes Sicherheitsgesetz für Hongkong

FRAGE: Herr Seibert und Frau Adebahr, wie ist die Haltung der Bundesregierung zu den geplanten Sicherheitsgesetz, das Peking in Hongkong durchsetzen will?

SEIBERT (BReg): Wir haben die Meldungen über dieses angekündigte Sicherheitsgesetz für Hongkong, das ja im Rahmen des nationalen Volkskongresses letzte Woche angekündigt wurde, zur Kenntnis genommen.

Ich möchte an dieser Stelle noch einmal an die grundlegende Haltung der Bundeskanzlerin und der Bundesregierung erinnern, die sie letztes Jahr auch nach einem Gespräch mit dem chinesischen Ministerpräsidenten Li öffentlich gemacht hatte. Da hat sie gesagt: Es gilt der Grundsatz „ein Land, zwei Systeme“. Auf der Grundlage des Abkommens, das 1984 beschlossen wurde, ist dann ja auch das sogenannte Basic Law entwickelt worden. Dieses Basic Law gibt den Bürgerinnen und Bürgern Hongkongs Rechte und Freiheiten, und die müssen natürlich auch weiter gewährleistet werden. Dieses Abkommen gilt weiter. Es eröffnet eine ganze Reihe von bürgerlichen Freiheiten, und diese müssen auch in Anspruch genommen werden können.

Auch die Europäische Union hat in einer ersten Reaktion eine einheitliche Stellungnahme dazu veröffentlicht und hat noch einmal daran erinnert, dass wir genau dem, also der Bewahrung des hohen Grades an Autonomie, den Hongkong gemäß des Basic Laws und im Rahmen des Grundsatzes „ein Land, zwei Systeme“ genießt, eine hohe Bedeutung beimessen.

Die jetzt schon aufgekommene Diskussion und auch Kritik an diesem chinesischen Vorhaben nehmen wir ernst, und wir sind der Meinung, dass sie Fragen aufwirft, die China auch klären sollte.

ZUSATZFRAGE: Welche Fragen wären das?

SEIBERT: Es sind genau die Fragen, die sich darauf beziehen, inwieweit das Basic Law und das, was es den Bürgerinnen und Bürgern Hongkongs gewährleistet, damit in Übereinstimmung zu bringen ist.

ZUSATZFRAGE: Hat Europa bzw. hat die Bundesregierung überhaupt eine Chance, diesbezüglich in Dialog mit China einzutreten und positiv im Sinne der EU und der Bundesrepublik einzuwirken?

ADEBAHR (AA): Dazu kann ich vielleicht anfügen, dass die EU-Vertretung in Peking ‑ und das sind alle EU-Mitgliedstaaten, die dort vertreten sind ‑ mit dem chinesischen Außenministerium in den letzten Tagen zu vielen Themen, aber auch zu dem geplanten Gesetzesvorhaben, im Gespräch war. Das heißt, wir haben dort auf Ebene der EU-Delegation ‑ in diesem Fall beim chinesischen Außenministerium ‑ auch schon das Gespräch zu diesen Fragen gesucht, die Herr Seibert angesprochen hat.

Transatlantische Beziehungen

FRAGE: Frau Adebahr, der scheidende US-Botschafter Richard Grenell hat auf seinem Lieblingskanal Twitter davon gesprochen, dass der Druck Amerikas auf Deutschland aufrechterhalten bleiben würde, auch wenn er jetzt nicht mehr Botschafter hier ist. Fühlt die Bundesregierung sich von Amerika unter Druck gesetzt? Wie nimmt man so eine Äußerung auf?

ADEBAHR (AA): Ich kommentiere die Äußerung des Botschafters auf Twitter nicht. Wir sind mit den amerikanischen Partnern ‑ das wissen Sie ‑ zu ganz, ganz vielen Themen im Gespräch. Es gibt Themen, bei denen wir in tiefer transatlantischer Freundschaft miteinander sprechen und zusammen arbeiten. Es gibt andere Themen, bei denen es verschiedene Ansichten geben mag. Das wird in einer langen Partnerschaft mit vielen Partnern auf der US-Seite in Washington, im Außenministerium, im Weißen Haus auch so bleiben und so weitergehen.

Ausstieg der USA aus dem Open-Skies-Abkommen

FRAGE: Ich drehe den Druck einmal um: Herr Maas hat sich zum Ausstieg der USA aus dem Open-Skies-Militärabkommen geäußert und gesagt, er werde sich dafür einsetzen, dass die US-Regierung noch einmal überdenkt. Auch das hört sich nach „Druck machen“ an. Wie wollen Sie das denn schaffen?

ADEBAHR (AA): Abrüstung und Rüstungskontrolle ist übrigens eines der Themen, mit denen wir mit der amerikanischen Seite im Gespräch sind. Wir sind ‑ und da gibt es ganz viele Kanäle: da haben wir Botschaften, da haben wir Gesprächsforen, da haben wir politische Kontakte ‑ mit der amerikanischen Seite im Gespräch ‑ übrigens auch in der NATO ‑, um unsere Position darzulegen, dass wir diesen Vertrag als wichtig ansehen und dass die verbleibenden Vertragspartner im Sinne der Transparenz weitermachen werden. Wir werden dafür werben ‑ so drücke ich es einmal aus ‑, dass diese Argumente gehört werden. Die Kündigung der USA wird in sechs Monaten wirksam, das heißt, es gibt eine gewisse Zeit, in der man noch miteinander reden kann und schauen kann, was die Beweggründe der jeweils anderen Seite sind, und noch einmal darlegen kann, warum wir als Bundesregierung und die anderen Vertragspartner das als einen wichtigen Pfeiler der Transparenz und der Rüstungskontrolle ansehen und da weitermachen wollen.

ZUSATZFRAGE: Gute Argumente sind ja das Eine, aber welche Druckmittel wollen Sie denn einsetzen?

ADEBAHR: Ich finde, gute Argumente sind ein echt cooles Druckmittel.

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