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Erklärungen des Auswärtigen Amts in der Regierungs­pressekonferenz vom 20.05.2020

20.05.2020 - Artikel

18. Konferenz der Leiterinnen und Leiter der deutschen Auslandsvertretungen

BREUL (AA): Ich möchte auf die Botschafterkonferenz hinweisen, die kommenden Montag beginnt und auch am Dienstag noch andauern wird. Dieses ist die 18. Konferenz der Leiterinnen und Leiter unserer Auslandsvertretungen.

Die Tatsache, dass die Konferenz in diesem Jahr schon im Mai stattfindet, hat ausnahmsweise keinen Coronahintergrund, sondern ist vor dem Hintergrund der anstehenden EU-Ratspräsidentschaft zu sehen. Das ist dementsprechend ein Themenschwerpunkt für die Botschafterinnen und Botschafter. Der zweite Themenschwerpunkt umfasst natürlich die praktischen und strategischen Fragen im Zusammenhang mit der Coronaepidemie.

Wegen der geltenden Einschränkungen wird die Botschafterkonferenz zum ersten Mal überhaupt als Videokonferenz durchgeführt. Aus drei Studios werden 20 Veranstaltungen zum Teil parallel gestreamt. Bundesaußenminister Maas wird selbstverständlich teilnehmen. Daneben gibt es Videobotschaften der Bundeskanzlerin und des Hohen Vertreters der EU für Außen- und Sicherheitspolitik, Josep Borrell.

An den Paneldiskussionen werden, wie gehabt, Gäste teilnehmen, unter anderem die Generalsekretärin des Europäischen Auswärtigen Dienstes, Helga Schmidt, sowie die Generaldirektorin im Generalsekretariat der Europäischen Kommission, Frau Johansson. Außerdem wird der Künstler Ólafur Elíasson das interaktive Kunstwerk „earth speaker“ für die deutsche Ratspräsidentschaft per Video vorstellen.

Leider fällt die presseöffentliche Auftaktveranstaltung auch den Umständen zum Opfer. Wir werden aber rechtzeitig zu Beginn der virtuellen Botschafterkonferenz am Montag entsprechend die Rede des Außenministers und des Ehrengastes, Herrn Borrell, als Text und auch als Video verteilen.

Nahost-Friedensprozess

FRAGE: Palästinenserpräsident Mahmud Abbas hat gestern ein Ende aller Vereinbarungen mit Israel und den USA wegen der Annexionspläne Israels im besetzten Westjordanland erklärt. Wie kann die Bundesregierung diese Deklaration kommentieren? Palästina stößt solche Drohungen ja von Zeit zu Zeit aus. Aber denken Sie nicht, dass es jetzt das Risiko gibt, dass diesmal die Gefahr einer Eskalationsspirale seriös ist?

BREUL (AA): Ja, das ist keine einfache Zeit für den Nahost-Friedensprozess. Wir haben die Ankündigung von Präsident Abbas mit Sorge zur Kenntnis genommen. Ob und wie diese Ankündigungen jetzt umgesetzt werden, bleibt abzuwarten. Wir hoffen, dass beide Seiten wie bisher an einer Zusammenarbeit festhalten. Wir erwarten gleichzeitig, dass sich beide Seiten ihrer Verantwortung in dieser Situation bewusst sind. Fest steht: Einseitige Schritte, und zwar egal von welcher Seite, werden beide Seiten dem Frieden nicht näherbringen. Wir werden uns weiterhin dafür einsetzen, dass beide Seiten wieder in direkt Verhandlungen miteinander einsteigen.

Dafür befinden wir uns im Gespräch mit den Palästinensern. Der Außenminister hatte gestern die Gelegenheit, mit dem palästinensischen Premierminister am Rande der Sitzung des deutschen-palästinensischen Lenkungsausschusses zu sprechen. Was die Israelis angeht: Auch mit seinem neuen israelischen Kollegen wird der Außenminister heute telefonieren, aber auch mit den USA, mit europäischen und mit regionalen Partnern.

Deutsch-französische Wiederaufbauinitiative

FRAGE: Herr Seibert, nach dem deutsch-französischen Vorschlag für einen Wiederaufbaufonds oder ein Konjunkturprogramm auf europäischer Ebene mit einem Volumen von 500 Milliarden Euro hat sich in der EU eine intensive Debatte entsponnen. Es gibt auch Widerstand, zum Beispiel aus Österreich und von anderen Nettozahlerstaaten. Ich hätte ganz gerne von Ihnen eine Einschätzung erhalten, ob Sie bisher zufrieden sind und eine Reihe von Unterstützern für diesen deutsch-französischen Vorschlag gefunden haben.

SEIBERT (BReg): Dieser deutsch-französische Vorschlag ist genau das, von dem Sie sprachen: ein Vorschlag, der die Europäische Kommission auch bei ihrem Auftrag unterstützen soll, bis zum 27. Mai einen Vorschlag an alle europäischen Mitgliedstaaten zu machen. Die Bundeskanzlerin hat ja in der gemeinsamen Pressekonferenz mit dem französischen Präsidenten auch gesagt: Es ist uns ganz bekannt, dass es dazu in Europa auch durchaus unterschiedliche Vorstellungen gab und gibt. Wir als deutsche und als französische Regierung machen hier einen gemeinsamen Vorschlag ‑ aus einer europäischen Verantwortung heraus ‑, mit dem wir den Weg zu einem gemeinsamen Beschluss erleichtern wollen. Aber dass es dabei unterschiedliche Haltungen gibt und dass dafür noch Arbeit und auch Gespräche nötig sind, ist in Europa etwas durchaus Normales.

ZUSATZFRAGE: Darf ich noch einmal nachfragen? Einige Kritiker sehen ja in der Anleihenaufnahme der EU-Kommission einen Einstieg in eine ganz andere Funktionsweise der EU, nämlich in dauerhafte Schulden, die die Kommission aufnehmen kann. Gleichzeitig hat der Finanzminister heute in der „ZEIT“ angedeutet, dass er sich auch eigene Einnahmequellen für die EU vorstellen kann, also Steuern. Unterstützt die Bundeskanzlerin diesen Vorstoß? Sieht sie das wirklich als eine einmalige Aktion an, oder wird die EU-Kommission unter außergewöhnlichen Umständen auch künftig Kredite aufnehmen können?

SEIBERT: Deutschland und Frankreich haben einen Vorschlag gemacht, der sich auf diese ganz und gar außergewöhnliche und außergewöhnlich herausfordernde Situation der Coronapandemie bezieht, die alle Mitgliedstaaten in Europa trifft und für die niemand irgendwelche Verantwortung trägt. Die Pandemie ist über Europa gekommen, wenn Sie so wollen. Für diesen außergewöhnlichen Fall soll die Europäische Kommission eben von den Mitgliedstaaten dazu ermächtigt werden, in klar definiertem Umfang Mittel an den Märkten aufzunehmen und sie sozusagen im Zusammenhang mit den geltenden europäischen Haushaltsregeln den Ländern zur Verfügung zu stellen, die stark unter der Coronapandemie leiden. Dann gibt es eben auch einen ganz verbindlichen Rückzahlungsplan. Das ist ausdrücklich etwas anderes als eine gemeinsame Schuldenaufnahme. Das sind eben auch nicht, wie mancher sagt, sozusagen Eurobonds in anderem Gewand. Das ist etwas Eigenes. Es ist etwas, das auf einer sicheren Rechtsgrundlage in Europa steht, weil es sich eben auch auf das europäische Haushaltsrecht und auf die Verträge bezieht, und das eben auch hier in Deutschland wegen der umfassenden Beteiligungsrechte des Deutschen Bundestags und der Wahrung seiner Haushaltsautonomie eine Rechtsgrundlage hat. Das sind ganz wichtige Unterschiede zu dem, was in der Vergangenheit immer einmal wieder diskutiert wurde.

ZUSATZFRAGE: Die eigene Einnahmequelle, also eigene Steuern?

SEIBERT: Dann soll sich vielleicht der Kollege aus dem Bundesfinanzministerium dazu äußern. Ich kann jetzt nur das verteidigen, darlegen bzw. erklären, was die deutsch-französische Wiederaufbauinitiative am Montag erarbeitet und vorgestellt hat.

ZUSATZFRAGE: Genau, das war ja die Antwort auf die erste Frage. Die zweite Frage war gewesen, ob die Kanzlerin diesen Vorschlag von Herrn Scholz in Bezug auf klassische Eigenmittel wie eigene Steuereinnahmen unterstützt oder nicht.

SEIBERT: Die Kanzlerin hat ja auch in dieser Pressekonferenz gesagt: Was Deutschland und Frankreich hier vorlegen, ist eine Antwort auf die jetzt und in der nächsten Zeit drängenden Probleme. – Das muss dann allerdings natürlich vom Europäischen Rat auf Kommissionsvorschlag hin beschlossen werden.

Sie hat auch gesagt, dass dann noch weitere Diskussionen folgen werden. Diese europäische Zukunftskonferenz, über die immer wieder gesprochen wurde, nimmt also eine neue Bedeutung ein. Bei der werden wir über Formen des noch engeren Zusammenarbeitens sprechen müssen, und zwar auch auf Basis der Erfahrungen, die wir jetzt in dieser ganz außergewöhnlichen Herausforderungssituation machen.

VORS. FELDHOFF: Wollen Sie das noch ergänzen, Herr Kolberg?

KOLBERG (BMF): Ich habe nichts zu ergänzen. Sie haben ja auf das Interview Bezug genommen. Darin hat sich der Minister geäußert, und das kann jeder nachlesen.

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