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Erklärungen des Auswärtigen Amts in der Regierungs­pressekonferenz vom 18.05.2020

18.05.2020 - Artikel

Regierungsbildung in Israel

DEMMER (BReg): […] Auch zur Regierungsbildung in Israel möchte ich gern noch ein Wort verlieren. Die Bundeskanzlerin hat bereits gestern Premierminister Netanyahu zur Bildung der neuen Regierung sowie zu seiner fünften Amtszeit als Premierminister Israels gratuliert. Wir freuen uns, dass nach fast anderthalb Jahren und drei Wahldurchgängen nun eine handlungsfähige Regierung in Israel gebildet worden ist. In diesem Zusammenhang möchten wir auch dem neuen Vizepremierminister Benny Gantz zu seinem neuen Amt gratulieren. Er hatte maßgeblichen Anteil am Zustandekommen der jetzigen Regierungskoalition. Wir wollen die enge, vertrauensvolle und partnerschaftliche Zusammenarbeit mit der Einheitsregierung von Netanyahu und Gantz fortsetzen, gerade auch mit Blick auf den Jahrestag der Aufnahme der diplomatischen Beziehungen, der sich gerade zum 55. Mal jährt.

Es liegt eine ganze Reihe von großen Aufgaben und Herausforderungen vor der neuen Regierung Israels, innenpolitisch wie außenpolitisch. Dafür wünschen wir Premierminister Netanyahu und Vizepremier Gantz eine glückliche Hand.

Regierungsbildung in Afghanistan

ADEBAHR (AA): Ich habe noch eine Mitteilung zu Afghanistan zu machen. Es gab eine Einigung zwischen Staatspräsident Ghani und Herrn Abdullah. Die Einigung auf eine Regierung und einen Rat zur Steuerung der innerafghanischen Verhandlungen zwischen Staatspräsident Ghani und Abdullah begrüßt die Bundesregierung. Diese Einigung bietet die Möglichkeit zur Überwindung der politischen Blockade und damit auch die Möglichkeit zur Überwindung der Auswirkungen, die diese Blockade bisher auf die Handlungsfähigkeit der afghanischen Regierung gehabt hat.

Aus unserer Sicht kommt es jetzt darauf an, dass alle Beteiligten wirklich eng und konstruktiv zusammenarbeiten. Welche Felder, auf denen man zusammenarbeiten sollte, meinen wir? ‑ Es geht zuallererst um Fortschritte im Friedensprozess, die Fortführung von Reformen auf dem Weg hin zu guter Regierungsführung, Rechtsstaatlichkeit, den Schutz von Menschenrechten und insbesondere von Frauen und Minderheiten sowie die Korruptionsbekämpfung, aber in diesen Zeiten natürlich auch um die Bewältigung der COVID-19-Krise.

Notwendige Verbesserungen in all diesen Bereichen und eine überzeugende Regierungsarbeit haben natürlich Einfluss auf die künftige Ausrichtung der internationalen finanziellen Unterstützung für Afghanistan. Darum soll es im Herbst auf einer Geberkonferenz in Genf gehen. Jetzt ist die Gelegenheit, in diese Regierung zu starten. Wir wünschen der afghanischen Regierung dafür viel Erfolg.

[…]

FRAGE: Zum Thema Afghanistan: Frau Adebahr, Sie hatten die Regierungsbildung bzw. die Machtteilung in Afghanistan begrüßt. Es geht jetzt aber auch um Menschenrechte, und die fallen jetzt angesichts von Ghanis politischem Überlebenswillen ja unter den Tisch; denn diese neue Regierung soll ja auch von einem sogenannten hohen Staatsrat beraten werden, und da ist nicht nur der Expräsident Karzai Mitglied, sondern da sind auch mehrere „Warlords“ Mitglied. Wie finden Sie das?

ADEBAHR: Sie sagen das immer so, als seien Dinge so, und man muss dann immer widersprechen.

Die Menschenrechte sollen nicht unter den Tisch fallen. Dafür werden die Bundesregierung und auch andere internationale Partner arbeiten.

Die Frage, wie die Gremien, die dort gegründet wurden, zu besetzen sind und besetzt werden, ist eine afghanische Entscheidung. Wir sind Realist genug, um zu verstehen, dass es an der einen oder anderen Stelle in diesem ganzen Regierungsgefüge Kompromisse geben soll. Nichtsdestotrotz – oder vielleicht gerade deswegen – mahnen wir Menschenrechte, Frauenrechte, Rechtsstaatlichkeit und dergleichen an und machen das auch der afghanischen Regierung klar.

ZUSATZFRAGE: Sind Sie denn der Meinung, dass die Menschenrechte durch diese Einigung und auch durch diese Beratungsfunktion von Warlords in Afghanistan gestärkt werden?

ADEBAHR: Ich bin der Meinung – und damit antworte ich wieder nicht genau auf Ihre Frage, weil Sie wieder eine Annahme ist ‑ ‑ ‑

ZURUF: Das sind Fakten!

ADEBAHR: Das ist eine Annahme für die Zukunft, die Sie jetzt treffen.

Wir hoffen, dass die nun gebildete Regierung in ordentlichen und guten Gremien mit guten Strukturen für die Themen Menschenrechte, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit arbeitet. Natürlich ist das etwas, was überprüfbar sein muss. Natürlich sind wir auch der Ansicht, dass die afghanische Justiz unabhängig von dieser Regierungsarbeit ihre Aufklärungsarbeit zu Kriegsverbrechen und Verbrechen, die vielleicht begangen worden sind, fortführen muss. Aber genau darum geht es ja, nämlich um die Stärkung rechtsstaatlicher Strukturen.

FRAGE: Die Bundesregierung hat früher schon einmal angeboten, dass man möglicherweise in Deutschland eine Afghanistankonferenz abhalten könnte, um diesen Friedensprozess zu unterstützen. Diese innerafghanische Absprache geht mit dieser Vereinbarung einen Schritt weiter. Ich hätte ganz gerne gewusst, ob die Bundesregierung an diesen Plänen oder dem Angebot festhält, dass man in Berlin oder wo auch immer eine Friedenskonferenz für Afghanistan abhält.

ADEBAHR: Meinem Eindruck nach beschreiben Sie das Angebot so, wie Sie es beschreiben, etwas konkreter oder anders, als es vielleicht war. Ich denke, wir haben gesagt: Wir könnten uns in Deutschland eine Konferenz am Ende eines abgeschlossenen Friedensprozesses – um das Ergebnis hier noch einmal festzuhalten: der steht ‑ vorstellen. Seit dieser letzten Diskussion und heute ist viel passiert. Deswegen will ich heute und an dieser Stelle dazu gar keine Aussage treffen, was wir uns wann wie vorstellen könnten.

Fakt ist ‑ und das wird so bleiben ‑, dass die Bundesregierung für das Land und in dem Land engagiert bleibt, den kommenden politischen Prozess aktiv unterstützt und gestalten will und hofft, dass die Friedensgespräche nach den Rückschlägen und auch den Anschlägen, die es in den letzten Wochen gab – wir haben ja darüber gesprochen –, vorangehen und dass wir natürlich als Partner an der Seite Afghanistans stehen. Wir schauen einmal, auf welche Weise wir das im Laufe dieses Weges genau tun.

FRAGE: Frau Adebahr, habe ich Sie richtig verstanden, dass Sie eine Friedenskonferenz veranstalten wollen, wenn es schon Frieden gibt?

Frau Demmer, wann hat die Kanzlerin zuletzt mit Herrn Ghani in Kontakt gestanden?

DEMMER (BReg): Das müsste ich nachreichen.

Ich kann hier auch noch einmal betonen, dass Deutschland ganz sicher weiterhin bereit ist, den innerafghanischen Friedensprozess nach Kräften zu unterstützen und die Bundesregierung sich in Zukunft weiterhin gemeinsam mit den Partnern für eine friedliche und dauerhafte Lösung des Konflikts in Afghanistan einsetzen wird.

ADEBAHR: Ich glaube, Sie haben meine Aussage verkürzt dargestellt und das Wort „Prozess“, das in meiner Aussage irgendwo vorkam ‑ ich weiß, es ist langweilig diplomatisch, aber es war wichtig ‑, unterschlagen.

Videokonferenz des Außenministers mit Außenministern von in Deutschland beliebten Reiseländern

FRAGE: Außenminister Maas tagt ja heute per Videoschalte mit den Außenministern aus beliebten Reiseländern. Warum ist Frankreich nicht dabei?

ADEBAHR (AA): Weil Frankreich nicht nur ein beliebtes Reiseland der Deutschen, sondern auch unser Nachbar ist! Am Mittwoch wird der Nachbarschaftsdialog weitergehen. Dazu wird sich der Außenminister mit allen neun Nachbarstaaten treffen, und dabei wird Frankreich dann dabei sein.

Nahostkonflikt

FRAGE: Frau Demmer, hat die Kanzlerin im Gespräch mit Herrn Netanjahu, in dem sie ihm eine glückliche Hand gewünscht hat, die Annexionspläne für das Westjordanland gemeint? Wie hat sie mit ihm darüber gesprochen, was hat sie ihm da mitgegeben?

Was tut die Bundesregierung jetzt auf EU-Ebene oder vielleicht auch bilateral, damit es zu dieser Annexion, zu dieser völkerrechtswidrigen Handlung, nicht kommt? Das ist ja zum ersten Mal in der israelischen Geschichte sogar offiziell im Koalitionsvertrag festgelegt.

DEMMER (BReg): Herr Jung, Sie kennen die Haltung der Bundesregierung zum Thema Siedlungspolitik der israelischen Regierung genauso wie zu den möglichen Annexionsbestrebungen; die ist hier mehrfach dargelegt worden. Wir appellieren an die israelische Regierung, auf Schritte zu verzichten, die eine Zweistaatenlösung erschweren. Die Bundesregierung steht fest zu den international vereinbarten Prinzipien einer verhandelten Friedenslösung, und das bringt sie gegenüber dem Partner Israel auch auf allen Ebenen im Gespräch immer wieder zum Ausdruck.

ZUSATZFRAGE: Das passt ja zu den Äußerungen des Außenministers von Jordanien, der genau das anprangert, also dass Sie es immer nur bei Worten belassen und keine Taten folgen lassen. Auch der luxemburgische Außenminister Asselborn hat daran erinnert, dass bei der Annexion der Krim ganz anders gehandelt wurde, und zwar mit Sanktionen usw. usf. Da wurde Russland nicht nur gebeten, das nicht zu machen. Wollen Sie daran festhalten? Es ist ja klar, wie das dann endet.

DEMMER: Ich glaube, Sie fragen Frau Adebahr.

ADEBAHR (AA): Der Außenminister hat auf die die Ausführungen von Jean Asselborn auch schon geantwortet ‑ am Freitag war das Ganze ‑ der Antritt der neuen israelischen Regierung, mit der wir zusammenarbeiten wollen ‑, ja Thema beim Rat der Außenminister. Die Prinzipien, auf deren Grundlage die Bundesregierung das tut, hat Frau Demmer hier jetzt noch einmal sehr deutlich klar gemacht. Wir sind als Europäische Union und auch als Deutschland mit der israelischen Regierung im Gespräch, und das werden wir auch mit der neuen israelischen Regierung sein.

Sie reden im Übrigen über eine Sache, die noch nicht passiert ist, so, als sei sie schon passiert. Wir konzentrieren uns jetzt darauf, mit der israelischen Regierung gut zusammenzuarbeiten und gut zu starten. Die Themen, die wir miteinander beraten und besprechen wollen, liegen auf der Hand, und unsere Haltung ist klar.

FRAGE: An Frau Adebahr zur Frage nach möglichen Sanktionen: Es stimmt zwar, dass dieser Schritt noch nicht vollzogen ist, aber er steht ja im Koalitionsvertrag, wenn ich das richtig sehe. Es gibt ja auch bestimmte EU-Länder, die schon gefordert haben, dass man Israel ankündigen muss, dass es, wenn es diesen Schritt wirklich umsetzt, mit EU-Sanktionen rechnen muss. Nun gibt es Berichte, dass Deutschland in den EU-Abstimmungen dagegen votiert. Können Sie bestätigen, dass das so ist? Können Sie uns auch einen Grund dafür nennen, wenn das so sein sollte?

ADEBAHR: Ich verweise hier auf das, was der Außenminister diesbezüglich öffentlich am Freitag zur deutschen Haltung gesagt hat. In der EU gehen sicherlich die Beratungen darüber, wie man mit Israel und mit der neuen Regierung ins Gespräch kommt und wie man sich da positioniert, weiter. Das ist jetzt eine Abstimmung, die in den nächsten Monaten voranschreitet. Es gibt zum Beispiel eine sehr große Einigkeit darüber, dass man solche Annexionspläne als völkerrechtswidrig ansehen würde, und es gibt Einigkeit darüber, dass man an einer verhandelten Zweistaatenlösung festhält. Das sind schon zwei Grundkonstanten, die man in der EU, glaube ich, sehen kann. Wie da weitere Gespräche jetzt vorangehen, werden wir in den nächsten Wochen und Monaten zu sehen haben.

FRAGE: Noch eine grundsätzliche Verständnisfrage: Betrachtet die Bundesregierung die Westbank und Gaza völkerrechtlich nach wie vor als von Israel besetzte Gebiete?

ADEBAHR: An unserer völkerrechtlichen Haltung auch zu diesen Gebieten hat sich nichts geändert.

Deutsche EU-Ratspräsidentschaft

FRAGE: Am 1. Juli übernimmt Deutschland die EU-Ratspräsidentschaft. Sind für die Zeit auch Besuche von Ministern und Staats- und Regierungschefs in Berlin geplant? In welcher Form wird das Besuchsprogramm der aktuellen Coronalage angepasst?

DEMMER (BReg): Das ist das Stichwort: Das Besuchsprogramm wird der aktuellen Coronalage angepasst. Da es bis dahin noch ein bisschen hin ist, kann ich Ihnen dazu noch keine konkrete Auskunft geben; ich kann also nicht sagen, ob wir da von Videokonferenzen oder physischen Treffen reden. Das wird vielmehr immer im Lichte der aktuellen Lage in der Coronapandemie zu bewerten sein.

VORS. FELDHOFF: Können Sie das ergänzen, Frau Adebahr?

ADEBAHR (AA): Das ist eine Aufgabe, mit der sich die Bundesregierung in ihren internen Beratungen beschäftigt, und wir tun das so intensiv und gut, wie wir können.

Rekrutierung von Söldnern in Deutschland durch eine private US-Söldnerfirma

FRAGE: Bei der gescheiterten Militärintervention in Venezuela waren sowohl die zwei beteiligten US-Söldner als auch der Drahtzieher der Operation, [Goudreau], jahrelang in Deutschland tätig. Einer der gefangenen US-Söldner lebt seit Jahrzehnten in Deutschland, hat bis 2024 einen gültigen deutschen Aufenthaltstitel und wurde nachweislich in Deutschland rekrutiert. Mich würde interessieren: Verfügt die Bundesregierung über Informationen, ob die US-Söldner-Firma Silvercorp USA versucht hat, noch mehr Söldner in Deutschland zu rekrutieren? Die Frage richtet sich sowohl an das AA als auch an das BMI.

ADEBAHR (AA): Ich möchte nichts dazu sagen, ob ich diese Annahme mit der Bewertung so teilen würde. Für die Rekrutierung von Söldnern im Inland bin ich im Moment nicht zuständig.

GRÜNEWÄLDER (BMI): Ich kann Ihnen dazu nichts berichten.

ZUSATZFRAGE: Der entsprechende Vertrag von Silvercorp USA mit der venezolanischen Opposition wurde der „Washington Post“ zugestellt und auch von ihr verifiziert. Dort wird Juan Guadió als „Commander in Chief“ bezeichnet und hat auch den Vertrag unterzeichnet. Liegt dem Auswärtigen Amt dieser Vertrag vor? Wie bewerten Sie das entsprechende Agieren der von ihr unterstützten venezolanischen Opposition?

ADEBAHR: Das müsste ich Ihnen nachreichen.

ZUSATZFRAGE: Verstehe ich es richtig, dass Sie von diesem Vertrag zwischen dem US-Söldnerunternehmen und der venezolanischen Opposition keine Kenntnis haben?

ADEBAHR: Nein, das habe ich nicht gesagt. Ich habe gesagt: Wenn ich das kann, werde ich Ihnen auf Ihre Frage etwas nachreichen.

ZUSATZ: Ich danke.

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