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Erklärungen des Auswärtigen Amts in der Regierungs­pressekonferenz vom 06.05.2020

06.05.2020 - Artikel

Mandatsverlängerungen für MINUSMA, EUTM-Mali, UNIFIL und KFOR

DEMMER (BReg): Die Bundesregierung hat heute die Fortsetzung der Beteiligung einiger Mandate für die Bundeswehr beschlossen. Dazu gehören die Stabilisierungsmission der Vereinten Nationen in Mali, MINUSMA, die EU-Trainingsmission zur Ausbildung malischer Streitkräfte, EUTM-Mali, außerdem noch die United Nations Interim Force in Lebanon, kurz UNIFIL genannt, und die Sicherheitspräsenz im Kosovo, KFOR. Alle Mandate stehen selbstverständlich unter dem Vorbehalt der konstitutiven Zustimmung des Deutschen Bundestages. Ich würde gerne zu den einzelnen Mandaten ein bisschen was erzählen.

Zunächst zu MINUSMA und EUTM-Mali: Die Sicherheitslage in Mali, aber auch in weiten Teilen der übrigen Sahelregion ist besorgniserregend. Immer häufiger erreichen die Bundesregierung Meldungen von gewaltsamen Angriffen sowohl auf die Sicherheitskräfte der Sahelstaaten und die internationalen Missionen, aber auch in großem Umfang auch auf Zivilsten. Verantwortlich hierfür sind Dschihadisten und Milizen, die sich in weitgehend rechtsfreien Räumen der Sahelregion ausbreiten, lokale Spannungen schüren und sich diese dann zunutze machen. Neben Mali sind hiervon Burkina Faso und in zunehmendem Maße auch Niger betroffen. Hier droht ein Korridor zu entstehen, in dem sich Terrorismus und organisierte Kriminalität ausbreiten. Das kann dann ganz Westafrika destabilisieren. MINUSMA ist vor diesem Hintergrund und gerade angesichts der instabilen Sicherheitslage in Mali weiterhin erforderlich, um ein ausreichend sicheres Umfeld zu schaffen für die Aktivitäten staatlicher und nicht staatlicher Organisationen, zur Unterstützung des Stabilisierungsprozesses und zum Schutz der Zivilbevölkerung.

Im Rahmen einer vom VN-Generalsekretär geforderten Anpassung von MINUSMA wird der deutsche Beitrag dabei zielgerichtet weiterentwickelt. Mit einer erhöhten Bereitstellung von unbemannter luftgestützter Aufklärung durch die Aufklärungsdrohne Heron 1 hat Deutschland angeboten, die Anstrengungen der Vereinten Nationen wirkungsvoll zu unterstützen.

Bis zum 31. Mai 2021 können unverändert bis zu 1100 deutsche Soldatinnen und Soldaten bei MINUSMA eingesetzt werden.

Neben MINUSMA ist die Ausbildungsmission der Europäischen Union, EUTM-Mali, ein wesentlicher Beitrag zur Stabilisierung der Region. Aufgabe und Ziel ist es weiterhin, die malischen Streitkräfte zu befähigen, eigenständig für Sicherheit sorgen zu können. Im Lichte der negativen Entwicklungen der Sicherheitslage im Sahel in den letzten Jahren ist die Mission einer intensiven Überprüfung unterzogen worden.

Um der Bedrohung durch den länderübergreifenden Terrorismus besser entgegentreten zu können, wurde das Mandatsgebiet auf alle G5-Sahelstaaten ‑ Mauretanien, Mali, Burkina Faso, Niger und Tschad ‑ ausgeweitet, wobei der Schwerpunkt weiterhin in Mali bestehen bleiben wird. Dies bietet auch die Grundlage, die bisherige bilaterale Military Assistance Mission GAZELLE in Niger in die aktuelle Mandatierung mit einzubeziehen.

Zur Verbesserung der operativen Fähigkeiten der malischen Streitkräfte wird die Bundeswehr künftig militärische Beratung und Ausbildung, einschließlich einsatzvorbereitender Ausbildung, sowie eine Begleitung ohne Exekutivbefugnisse der malischen Kräfte bis zur taktischen Ebene, ein sogenanntes Mentoring, an gesicherten Orten durchführen. Die Bundeswehr wird auf Ersuchen der malischen Streitkräfte auch den Aufbau und den Betrieb eines Ausbildungszentrums in Zentralmali wesentlich unterstützen. Eine Beteiligung an Kampfeinsätzen durch die Missionsmitglieder wird es aber weiterhin nicht geben.

Das Mandat wird bis zum 31. Mai 2021 verlängert. Bis zu 450 Soldatinnen und Soldaten können künftig eingesetzt werden.

Zu UNIFIL: Das strategische Interesse Deutschlands an der Schaffung eines dauerhaften Friedens und an Stabilität im Nahen Osten besteht fort. Dabei spielt der Libanon eine zentrale Rolle. Der Beitrag der Mission der Vereinten Nationen bleibt zur Deeskalation von Spannungen und zum Erreichen dieses Ziels unerlässlich. UNIFIL ist ein elementarer Beitrag zur Sicherheit und Stabilität in dieser fragilen Region. Der Schwerpunkt des deutschen Engagements liegt weiterhin auf der Ausbildung der libanesischen Marine.

Das Mandat läuft am 30. Juni 2020 aus und soll bei gleichbleibender Personalobergrenze ‑ das sind 300 Soldatinnen und Soldaten ‑ um ein Jahr, ebenfalls bis zum 30. Juni 2021, verlängert werden.

Zu KFOR: Die Lage in der Republik Kosovo ist weiterhin überwiegend ruhig und stabil. Allerdings verbleibt nach wie vor auch hier ein Konflikt- und Eskalationspotenzial, insbesondere im Norden des Kosovo. Auch für die Zukunft kann hier nicht ausgeschlossen werden, dass ein unerwarteter Zwischenfall oder fortgesetzte politische Instabilitäten zu einer Anspannung der Lage vor Ort führen könnten.

Die Beteiligung deutscher Streitkräfte an KFOR wurde in den vergangenen Jahren entlang der NATO-Planungen schrittweise verringert. Derzeit sind es noch 400 Soldatinnen und Soldaten. Diese Obergrenze wird beibehalten. Damit wird sichergestellt, dass die Bundeswehr bei einer unerwarteten Verschlechterung der Sicherheitslage schnell und auch flexibel reagieren kann.

Mit der fortgesetzten und konstanten Beteiligung an KFOR unterstreicht die Bundesregierung ihr Engagement zur Stabilisierung von Frieden und Sicherheit in der Region.

[…]

FRAGE: Ich habe eine Frage zu den Mandatsverlängerungen, zum einen zum Kosovo und zum anderen zu Mali: Frau Demmer, wie lange soll die Ausbildungsmission in Mali noch gehen?

DEMMER: Bitte? Ich habe nicht zugehört; denn ich würde da das Wort an die beiden zuständigen Ressorts geben.

ZUSATZFRAGE: Wer auch immer darauf antworten kann. - Mich würde interessieren, wie lange die Bundesregierung plant, in Mali noch auszubilden. Bleibt es jetzt mit dem neuen Mandat bei einer reinen Ausbildungsmission, oder geht die Bundeswehr dann auch gemeinsam mit zum Beispiel malischen Soldaten in einen Einsatz?

DEMMER: Ich glaube, das habe ich gesagt. Das Letzte stimmt nicht, trifft nicht zu; das habe ich ausdrücklich gesagt. Zu allem Weiteren würde ich die zuständigen Ressorts bitten.

BURGER (AA): Ich möchte einleitend die Gelegenheit nutzen, Sie auf den Perspektivbericht zu Mali hinzuweisen, den die Bundesregierung dem Deutschen Bundestag vorgelegt hat. Der ist als Bundestagsdrucksache 19/18080 auch öffentlich zugänglich. Darin findet sich sehr viel von unserer Einschätzung und zur Einbettung der Einsätze in Mali in unseren gesamtpolitischen Ansatz für diese Region.

An unserer Einschätzung hat sich im Grundsatz nichts geändert. Die terroristische Gefahr, die zu ethnischen Spannungen und sozialen Problemen hinzukommt und diese teils instrumentalisiert, stellt eine starke Bedrohung für die lokale Bevölkerung, für die Stabilität ganz Westafrikas und dann mittelbar auch für Europa dar. Eine derartig komplexe Lage ist natürlich mit rein militärischen Mitteln nicht zu lösen. Deshalb erfolgt die Unterstützung der Bundesregierung im Rahmen des vernetzten Ansatzes aus ziviler und militärischer Unterstützung, humanitärer und Entwicklungshilfe sowie flankierender Stabilisierungsmaßnahmen. Diese Maßnahmen stützen einander und ermöglichen eine nachhaltige Wirksamkeit.

Ich möchte auch darauf hinweisen, dass wir uns in der Region nicht nur mit Soldaten engagieren, sondern auch mit Polizisten und zivilen Kräften, beispielsweise im Rahmen der zivilen GSVP-Missionen EUCAP Sahel Niger und EUCAP Sahel Mali. Da haben wir Experten für den Aufbau der Sicherheitssektoren, für Grenzmanagement und für die Bekämpfung von Terrorismus und organisierter Kriminalität entsandt.

Unser Einsatz in den internationalen Missionen geht auch Hand in Hand mit humanitärer Hilfe und Entwicklungszusammenarbeit. Da engagieren wir uns in den G5-Sahelstaaten mit insgesamt 2,7 Milliarden Euro, weil viele Menschen dort auf humanitäre Hilfe angewiesen sind und Deutschland einer der größten humanitären Geber ist.

Dazu gehört auch die deutsch-französische Initiative Partnerschaft für Sicherheit und Stabilität in der Sahelzone, P3S, mit der wir gemeinsam mit den europäischen Partnern die nationalen Sicherheitskräfte stärken möchten, damit sie selber in der Lage sind, die notwendigen Voraussetzungen an Sicherheit und Stabilität für ihre Bevölkerung zu schaffen, damit all das, was wir im Bereich Entwicklungspolitik, Stärkung von Institutionen und auch wirtschaftlichen Entwicklungsperspektiven leisten möchten, überhaupt erst möglich ist.

ZUSATZFRAGE: Ich wollte einen realistischen Zeitrahmen haben, wie lange Sie glauben, die Ausbildungsmission in Mali noch abhalten zu müssen.

BURGER: Die Verlängerung des Mandats ist jetzt, soweit ich weiß, ein Jahr.

ZUSATZFRAGE: Sie müssen ja wissen, ob sie noch 5, 10 oder 20 Jahre dauern könnte.

BURGER: Ich habe Ihnen ja gesagt, was die Zielsetzung dieses Einsatzes ist, nämlich die malischen Kräfte und die Sicherheitskräfte im Sahel in die Lage zu versetzen, ihre Sicherheit in ihren Ländern so weit selbst herstellen zu können, dass die anderen Maßnahmen, die wir dort ergreifen, und auch die eigenen Entwicklungsmaßnahmen der Regierungen vor Ort in Sicherheit erfolgen können. An den Fortschritten bei der Stabilisierung und bei der Erreichung von Sicherheit in der Region muss sich natürlich auch bemessen, inwieweit die Mission verlängert werden muss, inwieweit sie angepasst werden kann, inwieweit sie vielleicht in ihrem Gehalt verändert oder reduziert werden kann. Das muss sich natürlich nach den Erfolgen in diesen verschiedenen Politikbereichen richten.

HELMBOLD (BMVg): Ich kann das, was bislang gesagt wurde, im Wesentlichen nur unterstützen. Das Mandat wird erst einmal um ein Jahr verlängert. Gleichzeitig müssen wir sagen, dass wir natürlich ausgesprochen deutliche Herausforderungen in der Sahelregion haben und dass wir deswegen auch nicht davon ausgehen, dass wir innerhalb von sehr kurzer Zeit die schwierige Sicherheitslage im Sahel, die auch in den letzten Monaten nicht einfacher geworden ist, sondern eher schwieriger ‑ ‑ ‑ dass das tatsächlich ein langfristiges Engagement sein wird. Entsprechend haben sich auch verschiedene Regierungsvertreter bislang eingelassen.

Was ich noch hinzufügen möchte, ist, wie stark der Rückhalt ist, den wir vor allem in den Bevölkerungen vor Ort und auch von der Regierungsseite haben. Das bedeutet, unser Einsatz ist nicht nur etwas, was wir im EU-Rahmen und ressortgemeinsam sehr stark abstimmen, sondern das ist ein Einsatz, der, gerade auch bezogen auf das deutsche Engagement, sowohl in Mali als auch in Niger hochwillkommen ist, und zwar sowohl was die Regierungsseite als auch das Feedback, das unsere Soldatinnen und Soldaten vor Ort von der Bevölkerung bekommen, angeht.

FRAGE: Meine Frage bezieht sich auf KFOR. Da hätte ich gern die Gelegenheit genutzt, bei Frau Demmer und dem Auswärtigen Amt nachzufragen, weil es um den Westbalkan geht und wir ja heute auch einen EU-Westbalkan-Gipfel haben, ob Sie uns dazu eine Einschätzung geben können. Frau Demmer, Sie haben eben schon gesagt, dass eine Eskalation zu einem späteren Zeitpunkt nicht ausgeschlossen werden kann und dass man vorbereitet sein muss. Für wie stabil halten Sie im Moment die Westbalkan-Region, und warum ist der EU-Westbalkan-Gipfel heute so wichtig?

DEMMER: Dass dieses Thema der Bundesregierung grundsätzlich wichtig ist, kann man an der ganzen Reihe der schon stattgefundenen Gipfel zu diesem Thema ablesen. Ich kann jetzt dem Gipfel nicht vorgreifen. Ich habe aber eben hier schon bei der Mandatierung zu KFOR gesagt, dass die Lage derzeit stabil ist. Ansonsten bitte ich noch das Auswärtige Amt, etwas dazu zu sagen.

BURGER: Man muss einfach grundsätzlich festhalten, dass wir mit dem Westbalkan auf das Engste verbunden sind, dass die Entwicklung im Westbalkan zu Europa von ganz entscheidender Bedeutung ist und dass wir deswegen auf ganz vielen Ebenen im Westbalkan engagiert sind.

Wir haben die erfreuliche Entwicklung verfolgt, dass es in diesem Jahr gelungen ist, die Beitrittsperspektive mit der Aufnahme von Beitrittsverhandlungen für Albanien und Nordmazedonien im Rahmen der EU zu vereinbaren, weil für uns das Signal sehr wichtig ist, dass die Zukunft dieser Region in der Europäischen Union ist.

Wir haben jetzt konkret für den Westbalkan-Gipfel heute natürlich sehr stark die Lage in Bezug auf die Coronapandemie im Fokus. In den letzten Wochen ist viel darüber diskutiert worden, wie Europa oder auch verschiedene andere Akteure in der Westbalkan-Region Unterstützung leisten. Da ist immer wieder die Rede von einem Wettbewerb oder einer Konkurrenz der Hilfsleistungen gewesen. Ich glaube, man muss heute einfach einmal festhalten, dass sich die EU mit einem Unterstützungspaket im Gesamtumfang von 3,3 Milliarden Euro wirklich sehr signifikant für die Stabilität und für die Bewältigung der Coronakrise in den Ländern des Westbalkans engagiert. Dazu gehören zum einen makrofinanzielle Hilfen und zum anderen Hilfen, die die EU schon angekündigt hat, konkret für die Unterstützung der Gesundheitssysteme, in der Größenordnung von 400 Millionen Euro. Dabei geht es aber auch um Maßnahmen wie die Unterstützung bei der Beschaffung von medizinischen Gütern. Auch gibt es von deutscher Seite konkrete Angebote der Beratung durch Experten des Robert-Koch-Instituts.

Für uns ist wichtig, dass die Region des Westbalkans, weil sie uns so nahe liegt, gut durch diese Krise kommt; denn wenn das nicht gelänge, hätten wir ein Problem unmittelbar vor unserer Haustür, wie es der Außenminister letzte Woche formuliert hat. Deswegen ist das einer der Schwerpunkte unseres Engagements.

Speziell zum Kosovo vielleicht auch noch der Hinweis: Die Europäische Union hat vor Kurzem einen Sonderbeauftragten, Herrn Lajčák, ernannt, dessen Mandat insbesondere auch ist, den Normalisierungsdialog zwischen Serbien und Kosovo wieder in Gang zu bekommen. Auch da ist aus unserer Sicht die gemeinsame europäische Perspektive für die Länder des Westbalkans ein ganz entscheidender Faktor für die Stabilität in der Region.

ZUSATZFRAGE: Das Kosovo haben Sie eben erwähnt. Dort hatte sich ja die amerikanische Regierung in der Zwischenzeit sehr engagiert. Sie hatte sich von einem früheren Premierminister auch den Vorwurf eingehandelt, dass sie für den Sturz der damaligen Regierung mitverantwortlich sei. Teilen Sie die Einschätzung, dass die USA da eine eher ungute Rolle gespielt haben?

Zu den anderen Staaten: Sie haben jetzt Russland und China nicht erwähnt, aber darauf angespielt. Ist es nicht so, dass die EU da eigentlich sehr langsam reagiert und ja auch erst zu einem sehr späten Zeitpunkt die Westbalkan-Staaten mit in die Bemühungen für Ausrüstung mit medizinischen Schutzgütern einbezogen hat?

BURGER: Das Wirken von anderen Ländern möchte ich jetzt nicht im Einzelnen bewerten. Ich habe ja darauf hingewiesen: Aus unserer Sicht ist für das Verhältnis zwischen Serbien und Kosovo der EU-geführte Normalisierungsdialog ein ganz ausschlaggebender Prozess, weil die gemeinsame europäische Perspektive für diese Länder ein wichtiger Orientierungspunkt und auch eine wichtige Motivation ist, Probleme, die es gibt, zu überwinden.

Was Ihre zweite Frage angeht, teile ich Ihre Einschätzung ausdrücklich nicht. Ich glaube, die schiere Größenordnung dessen, was die Europäische dort an Hilfen zur Verfügung stellt, spricht eigentlich für sich.

FRAGE: Ich habe eine kurze Verständnisfrage: Ist davon auszugehen, dass es auch im Jahr 2022 noch kein Exitszenario für die Bundeswehr im Kosovo gibt?

BURGER: Ich glaube, wir haben jetzt bei allen diesen Mandatsdiskussionen immer wieder gesagt: Diese Mandate sind ja kein Selbstzweck, sondern die Einsätze der Bundeswehr dienen bestimmten politischen Zielsetzungen, nämlich Stabilität zu erreichen. Ich glaube, es wäre nicht sehr seriös, wenn ich hier Jahreszahlen in den Raum stellen würde. Entscheidend ist doch die Frage, ob es gelingt, in diesen Regionen, für deren Stabilität wir uns einsetzen, die Fortschritte zu erreichen, die die Bevölkerung dort braucht, nämlich dass es Frieden, Stabilität und Sicherheit gibt, damit die Menschen ein ganz normales Leben führen können. Dem dienen unsere Einsätze.

Von der Frage, ob das gelingt oder nicht und ob wir den Eindruck haben, dass unser Einsatz dort weiter einen positiven Beitrag dafür leisten kann oder nicht und ob er dafür tatsächlich noch gebraucht wird oder nicht, muss doch die Entscheidung abhängen, ob sich die Bundeswehr an diesen Einsätzen beteiligt oder nicht, nicht an Zahlen, die wir jetzt hier in dem Raum stellen.

ZUSATZFRAGE: Der Öffentlichkeit sagen Sie seit 22 Jahren, was Sie im Kosovo machen wollen, in Afghanistan seit 19 Jahren. Aber Sie kommen ja nicht zum Ziel. Deswegen müssen Sie ja irgendwann einmal die Reißleine ziehen oder das Ziel ändern.

BURGER: Schauen Sie sich einmal an, wie sich die Mission im Kosovo seit ihrem Beginn gewandelt hat. Frau Demmer hat unter anderem auf die Mandatsobergrenzen hingewiesen. Wir sind da inzwischen bei einer Zahl von 400. Das ist eine Mission, die nicht nur in ihrem Umfang, sondern auch in ihrem Charakter völlig anders ist, als das zu Beginn dieses Einsatzes der Fall war. Es ist also nicht so, dass dieser Einsatz ohne Ende und ohne Perspektive wäre, sondern er wandelt sich und passt sich den veränderten Bedingungen an. Zurzeit ist unser Eindruck nach wie vor, dass dies ein wichtiger Stabilitätsfaktor ist und dass es sinnvoll ist, in dieser stark reduzierten, aber eben noch immer vorhandenen Form dort präsent zu sein.

HELMBOLD: Hier möchte ich gerne ergänzen, weil wir auch gerade beim Kosovo im Auge behalten müssen, woher wir da kommen und was wir in der Zwischenzeit erreicht haben.

Als wir im Frühjahr 1999 im Kosovo waren, waren dort 1,4 Millionen Menschen vertrieben oder flüchteten. Der größte Teil der 1,8 Millionen Kosovo-Albaner war obdachlos. Über das Kosovo hinaus galt die gesamte Region Westbalkan als instabil.

Die Bundeswehr hat 1999 im Kosovo begonnen. Damals waren wir auf vier Feldlager im Land verteilt. Im ersten Jahr unseres Einsatzes gab es die maximale Stärke von 6440 Soldatinnen und Soldaten. Heute, mehr als 20 Jahre später, ist Deutschland mit rund 70 Soldatinnen und Soldaten im Land vertreten, alle davon im Hauptquartier Priština. Das alles sind Zahlen, die recht eindeutig belegen, dass die NATO es mit dem KFOR-Einsatz geschafft hat, ein sicheres Umfeld für Menschen im Kosovo zu schaffen, zu bewahren und auch lokale Sicherheitsstrukturen nachhaltig aufzubauen.

Die NATO hat in den vergangenen Jahren schrittweise ihre Kräfte reduziert. Die Situation in der Republik Kosovo ist heute überwiegend ruhig und stabil. Allerdings verbleibt ein Konflikt- und Eskalationspotenzial vor allem im überwiegend serbisch besiedelten Norden des Landes.

Die Mandatsobergrenze von 400 Soldatinnen und Soldaten trägt auch der Entwicklung Rechnung, dass wir reaktionsfähig sein wollen für den Fall, dass dort andere, neue Entwicklungen stattfinden. Im Moment haben wir rund 70 Soldatinnen und Soldaten vor Ort. Alleine das Verhältnis von 6440 Soldaten maximaler Stärke zu 70 Soldatinnen und Soldaten Stärke heute gibt eigentlich eine ganze Menge Antworten auf die Frage, die Sie gestellt haben.

Teilnahme des Bundesaußenministers an einer virtuellen Sitzung des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen

BURGER (AA): Ich darf Ihnen ankündigen, dass Außenminister Maas am Freitag an einer virtuellen Sitzung des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen im sogenannten Arria-Format teilnehmen wird. Dabei wird es um das Gedenken an den 75. Jahrestag des Endes des Zweiten Weltkrieges auf europäischem Boden gehen. Diese Debatte soll die Vergangenheit beleuchten und aus der Erfahrung mit der nach dem Krieg entstandenen Weltordnung Schlüsse für die Zukunft ziehen und außerdem auf aktuelle Bedrohungen für Frieden und Sicherheit eingehen. Vom Format her wird das eine Videokonferenz mit den 15 aktuellen Mitgliedern des Sicherheitsrats unter Vorsitz des estnischen Außenministers, weil Estland im Mai den Vorsitz des Sicherheitsrats innehat, und einer großen Anzahl weiterer Redner sein. Insgesamt werden über 40 Außenminister erwartet. Die Sitzung wird auf der Internetseite der Vereinten Nationen live übertragen.

Festsetzung eines deutschen Rettungsschiffs durch italienische Behörden

FRAGE: An das Bundesinnenministerium: Die italienische Regierung hat das deutsche Rettungsschiff „Alan Kurdi“ festgesetzt. Steht die Bundesregierung deswegen in Kontakt mit der italienischen Regierung? Was können Sie über die Hintergründe sagen? Setzen Sie sich für eine Freigabe des Schiffes ein?

KUSHNEROVICH (BMI): Wir kennen die Medienberichte dazu, dass das Schiff durch die italienischen Behörden festgesetzt wurde. Ich kann jetzt allerdings keine genauen Hintergründe dazu erläutern, auf welcher Rechtsgrundlage das Schiff möglicherweise festgesetzt wurde; ich kenne lediglich die Medienberichte dazu.

Aber ganz grundsätzlich noch einmal dazu angeführt: Die Tatsache, dass das Schiff jetzt in Italien festgesetzt ist, wird die Verteilung der Menschen, die das Schiff gerettet hat, nicht beeinflussen, weil die Menschen ja schon vom Schiff sind.

FRAGE: Vielleicht kann Herr Burger für das Auswärtige Amt etwas zum Fall der „Alan Kurdi“ sagen? Sind Sie mit der Crew in Kontakt? Was wissen Sie und was tun Sie?

BURGER (AA): Aktuell zu der von den italienischen Behörden veranlassten Inspektion kennen wir auch nur die Medienberichte; wir haben keine eigenen Erkenntnisse zu der italienischen Prüfung. Man kann, glaube ich, an dieser Stelle auch noch einmal anmerken, dass wir Italien dankbar sind, dass es trotz der Coronanotlage den Transfer der aus Seenot Geretteten auf ein italienisches Fährschiff durchgeführt hat und nach Abschluss der Quarantäne die Geretteten am Montag in Palermo an Land gehen lassen hat.

ZUSATZFRAGE: Aber was werden Sie jetzt für die Crew tun? Gibt es da jetzt einen Ablaufplan?

BURGER: Ich kann Ihnen über das hinaus, was der Kollege vom Innenministerium gesagt hat, im Moment keine weiteren Erkenntnisse dazu vortragen.

Notstandsgesetze und geplante Gesetze gegen die Geschlechtergleichstellung in Ungarn

FRAGE: An das Auswärtige Amt zum Thema Ungarn: Wie bewerten Sie aus rechtsstaatlicher Sicht die Notstandsgesetze, die dort im Rahmen der Coronapandemie verabschiedet wurden?

Zum anderen zum Einsatz für die Rechte von LGBTI-Personen, der ja einen Schwerpunkt der deutschen Menschenrechtspolitik darstellt: Warum hat die Bundesregierung bisher noch keinen offiziellen Protest gegen Pläne der ungarischen Regierung eingelegt hat, ein Gesetz zu verabschieden, das es Trans-Menschen verbieten soll, ihren Geschlechtseintrag zu ändern. Das ist ja eine sehr LGBT-feindliche Politik, durch die die Zeit zurückgedreht werden soll. Was sagt die Bundesregierung dazu?

BURGER (AA): Zu der letzten Frage muss ich Ihnen die Antwort nachreichen.

Zu der ersten Frage kann ich Sie auf Äußerungen des Außenministers verweisen, der darauf hingewiesen hat, dass natürlich in der Coronapandemie alle Regierungen, auch die deutsche Regierung, weitreichende Maßnahmen ergriffen haben, mit denen auch einschneidende Veränderungen des öffentlichen Lebens und Eingriffe in Grundrechte verbunden sind. Wichtig ist bei all diesen Maßnahmen aber: Wenn sie rechtsstaatlich sein sollen, dann müssen sie angemessen und verhältnismäßig sein, und dazu gehört eben auch, dass sie nicht dauerhaft sein können.

ZUSATZFRAGE: Das ist jetzt Ihre indirekt Kritik an diesen Notstandsgesetzen? Das gibt es bei uns ja nicht; das sind ja wahre Notstandsgesetze dort in Ungarn, mit offenem Ende. Dieses offene Ende kritisieren Sie, richtig?

BURGER: Das ist jetzt Ihre Interpretation dessen, was ich hier vorgetragen habe. Ich würde Sie auf die Äußerungen des Ministers dazu verweisen.

Berichterstattung über Pläne der US-Regierung zu einer Gesetzgebung betreffend Bergbau auf dem Mond

FRAGE: Laut „Guardian“ arbeitet die US-Regierung an einem rechtlichen Entwurf für den Bergbau auf dem Mond im Rahmen eines neuen, von den USA gesponsorten internationalen Abkommens namens „Artemis“. Ist das der Bundesregierung bekannt, und wie bewertet die Bundesregierung diese Pläne?

DEMMER (BReg): Mir persönlich ist der Sachverhalt nicht bekannt, deswegen kann ich das an dieser Stelle jetzt nicht kommentieren.

BURGER (AA): Auch ich muss die Antwort nachreichen.

VORS. DETJEN: Kann das Wirtschaftsministerium etwas dazu sagen ‑ Bergbau auf dem Mond?

WAGNER (BMWi): Mir ist das auch nicht bekannt. Wir würden, falls wir etwas sagen können, gegebenenfalls etwas nachreichen.

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