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Erklärungen des Auswärtigen Amts in der Regierungspressekonferenz vom 04.05.2020
Reisebeschränkungen
FRAGE: Zum Thema Auslandsurlaub: Was macht die Bundesregierung, wenn andere EU-Länder, zum Beispiel Österreich oder Kroatien, die Grenze für deutsche Urlauber öffnen? Die geltende Reisewarnung ist ja kein Ausreiseverbot, aber schließt die Bundesregierung für die Zukunft aus, ein Verbot der Ausreise zu touristischen Zwecken zu verhängen?
BURGER (AA): Das ist, glaube ich, eine sehr hypothetische Frage. Mir ist zu solchen Überlegungen nichts bekannt. Im Zweifelsfall wäre das Auswärtige Amt auch nicht dasjenige, das so ein Verbot aussprechen könnte. Mir wäre dafür im Übrigen auch keine Rechtsgrundlage bekannt. Insofern ist das nichts, womit wir uns derzeit beschäftigen.
Ursprung des Coronavirus
FRAGE: Mir geht es um die Vorwürfe seitens der Amerikaner, dass der Coronavirus in einem chinesischen Labor hergestellt worden sei. Herr Pompeo, der Außenminister, spricht sogar davon, dass man Beweise hätte, dass es geheimdienstliche Absprachen usw. gebe. Die Bundesregierung hat vor ein paar Wochen noch gesagt, dass sie nicht davon ausgeht und dass sie auch keine entsprechenden Erkenntnisse oder Kenntnisse hätte. Gilt das immer noch?
BURGER (AA): Ich würde Sie gerne auf eine Äußerung des Außenministers in einem Zeitungsinterview, das heute erschienen ist, aufmerksam machen. Dort hat er gesagt:
„Die ganze Welt hat ein Interesse, dass der genaue Ursprung des Virus geklärt wird. Fundierte Antworten darauf muss aber die Wissenschaft geben, nicht die Politik. China kann hier unter Beweis stellen, wie transparent es mit dem Virus tatsächlich umgehen will.“
Ansonsten ergänzend zu Ihrer Frage: Ich kenne die Grundlage nicht, auf der entsprechende Äußerungen von Regierungen anderer Staaten getätigt worden sind. Wir als Bundesregierung setzen uns, wie gesagt, dafür ein, dass es eine wissenschaftliche Aufklärung all der wissenschaftlichen Fragen gibt, die sich im Zusammenhang mit diesem Virus stellen, weil das für den weiteren Umgang mit dem Virus wichtig ist. Wir unterstützen auch die Aufforderung der WHO an China, bei der Klärung noch offener Fragen mitzuwirken. Unter anderem wäre eine Einladung Chinas an die WHO, an den Untersuchungen in China mitzuwirken, ein wichtiges Signal. So hat das auch das Emergency Committee der WHO am Freitag in seinen Empfehlungen an die WHO vorgeschlagen.
ZUSATZFRAGE: Wie bewerten Sie diese bizarren Aussagen von der Trump-Regierung diesbezüglich? Fragen Sie nach, ob man die Beweise sehen kann, die es angeblich geben soll? Fordern Sie die ein, oder halten Sie das nur noch für unseriös?
BURGER: Ich kommentiere hier die Äußerungen von ausländischen Regierungsvertretern ja in aller Regel nicht, und das werde ich auch in diesem Fall so halten.
FRAGE: Diese Vorwürfe werden nicht nur von Trump, sondern auch in einem Dossier der „Five Eyes“ erhoben. Die Frage ist, ob die Bundesregierung eigene entsprechende Erkenntnisse über die Vorgänge in China hat.
BURGER: Erkenntnisse in diesem Sinne sind mir nicht bekannt.
Anschlag in Afrin
FRAGE: Bei einem Terroranschlag mit einem Öltanker in der nordsyrischen Stadt Afrin wurden gestern mehr als 40 Menschen getötet, darunter viele Kinder. Wie bewertet die Bundesregierung diesen Anschlag, die der Terrororganisation PKK bzw. der YPG zugeschrieben wird und im heiligen Monat Ramadan verübt wurde?
BURGER (AA): Mir liegen zur Urheberschaft eines solchen Anschlags keine eigenen Erkenntnisse vor. Aber selbstverständlich gilt ganz grundsätzlich, dass die Bundesregierung Terror und Gewalt gegen Zivilisten in jeder Form ablehnt und dementsprechend natürlich auch einen solchen Anschlag verurteilt.
Forderungen nach einem Abzug von US-Atomwaffen aus Deutschland
FRAGE: Am Wochenende haben sowohl der Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion als auch der Vorsitzende der SPD-Bundespartei die Forderung erhoben, dass die US-amerikanischen Atomwaffen aus Deutschland abgezogen werden sollen. Frage an den Regierungssprecher und an das Auswärtige Amt: Entspricht das der Politik der Bundesrepublik Deutschland? Was würde das im Falle der Umsetzung bedeuten, sowohl für das NATO-Bündnis als auch für andere internationale Vereinbarungen?
SEIBERT (BReg): Wir haben mehrfach Gelegenheit gehabt, darüber zu sprechen, und die Haltung, die ich jetzt gerne noch einmal vortrage, hat sich auch nicht verändert. Das ist die grundsätzliche Haltung der Bundesregierung zu diesem Thema. Wir bleiben als Bundesregierung dem Ziel einer nuklearwaffenfreien Welt in Frieden und Sicherheit verpflichtet. Dieses sogenannte Global Zero ist seit Langem das Ziel der Bundesregierung, also die vollständige, nachprüfbare weltweite Abschaffung von Nuklearwaffen. Dieser Begriff findet sich nicht nur bei uns im Koalitionsvertrag. Er findet sich zum Beispiel auch in den einschlägigen NATO-Dokumenten. Das ist also nicht nur ein Ziel Deutschlands. Wir sind uns dabei transatlantisch und mit den europäischen Partnern einig.
Aber ‑ das muss man eben erkennen, gerade mit Blick auf das veränderte Sicherheitsumfeld der letzten Jahre ‑ es gibt einige Staaten, die weiterhin nukleare Waffen als Mittel militärischer Auseinandersetzung betrachten. Solange das so ist, besteht nach unserer Überzeugung die Notwendigkeit zum Erhalt einer nuklearen Abschreckung fort. Diese nukleare Abschreckung leistet für uns Deutsche die NATO. Insofern bekennt sich die Bundesregierung zur nuklearen Teilhabe der NATO als wichtigem Bestandteil einer glaubwürdigen Abschreckung im Bündnis. In diesem Rahmen wird die Bundesregierung auch sicherstellen, dass da ein angemessener Beitrag zum Erhalt dieser Fähigkeiten der NATO durch Deutschland geleistet wird. Insofern kann ich das nur noch einmal so bekunden und auf den Koalitionsvertrag, der dazu ja auch klare Worte findet, verweisen
BURGER (AA): Vielleicht ergänze ich das gleich noch mit einer kurzen Passage aus dem Koalitionsvertrag, den dazu zu hören, glaube ich, ganz interessant ist. Darin steht:
„Solange Kernwaffen als Instrument der Abschreckung im Strategischen Konzept der NATO eine Rolle spielen, hat Deutschland ein Interesse daran, an den strategischen Diskussionen und Planungsprozessen teilzuhaben. Erfolgreiche Abrüstungsgespräche schaffen die Voraussetzung für einen Abzug der in Deutschland und Europa stationierten taktischen Nuklearwaffen.“
Zu diesem Prinzip, dass es diese erfolgreichen Abrüstungsgespräche gibt, steht der Außenminister nicht nur, sondern er setzt sich auch ganz tatkräftig dafür ein. Dabei steht im Zentrum der Nukleare Nichtverbreitungsvertrag. Im Rahmen der Stockholm-Initiative im Rahmen des UN-Sicherheitsrats und im Rahmen unseres Vorsitzes bei einer Konferenz zum Teststoppvertrag haben wir in den letzten Monaten das Thema der nuklearen Abrüstung auf die internationale Tagesordnung gesetzt. Im Juni 2019 haben wir im Rahmen unseres Vorsitzes im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen zum ersten Mal seit sieben Jahren das Thema der nuklearen Nichtverbreitung wieder auf die Agenda des Sicherheitsrates gebracht. Im Februar hat Außenminister Maas 16 Mitglieder der Stockholm-Initiative nach Berlin eingeladen, um konkrete Schritte dafür zu besprechen, wie wir den Nichtverbreitungsvertrag stärken können. Die reichen von der Offenlegung der Nuklearbestände über den Dialog hinsichtlich Militärdoktrinen bis hin zu einer Reduzierung nuklearer Arsenale. Diese Schritte haben wir hinterher bei einer Sondersitzung des UN-Sicherheitsrats in New York vorgestellt.
Beim Thema der Nichtverbreitung kommt es eben auch auf den Dialog zwischen Nuklear- und Nicht-Nuklear-Staaten an. Deswegen arbeiten wir beispielsweise mit Frankreich an Methoden, mit denen die Vernichtung von Nuklearwaffen überprüft werden kann; denn nur durch überprüfbare Abrüstung können wir Vertrauen herstellen und letztlich Sicherheit schaffen.
ZUSATZFRAGE: Kann ich dem entnehmen, dass der Bundesaußenminister die Forderung seines Parteichefs und des Fraktionschefs ablehnt?
BURGER: Vielleicht auch für die Zuschauer, die dies in der Liveübertragung verfolgen und die keine Journalistinnen und Journalisten sind und deswegen die Gepflogenheiten dieser Regierungspressekonferenz nicht so kennen: Wir erläutern hier ja das Regierungshandeln. Das bedeutet in der Regel, dass wir nicht Diskussionen aus dem parlamentarischen und politischen Raum kommentieren.
Für das Regierungshandeln ist der Koalitionsvertrag maßgeblich, und ich habe Ihnen ja gerade gesagt, dass der Außenminister zu den Vereinbarungen im Koalitionsvertrag steht.
FRAGE: Ist der Außenminister auch weiterhin gegen einen einseitigen Abzug von Atomwaffen aus Deutschland?
Gehört zur nuklearen Teilhabe explizit auch die militärische Beteiligung der Bundeswehr an der Abschreckung mit Atomwaffen?
BURGER: Ich habe Ihnen ja gerade einen Satz aus dem Koalitionsvertrag vorgelesen, der darauf, glaube ich, die Antwort gibt. Da steht: „Erfolgreiche Abrüstungsgespräche schaffen die Voraussetzung für einen Abzug der in Deutschland und Europa stationierten taktischen Nuklearwaffen.“ In dem Sinne hat sich der Außenminister, glaube ich, in der Vergangenheit schon geäußert.
FRAGE: Hat Deutschland durch seine Teilhabe ein Vetorecht in der nuklearen Planungsgruppe?
BURGER: Klar ist, dass wir durch die nukleare Teilhabe in die strategische Diskussion und in Planungsprozesse einbezogen sind.
FRAGE: Ich fand es so schön, dass Sie über Offenheit gesprochen haben. Dann seien Sie einmal offen: Wie viele Atombomben gibt es denn hier in Deutschland?
BURGER: Das weiß ich nicht.
ZUSATZFRAGE: Können Sie das nachreichen?
BURGER: Ich weiß nicht, ob ich das nachreichen kann.
ZUSATZFRAGE: Weiß die Bundesregierung das nicht, oder wissen Sie das nicht, oder weiß das Auswärtige Amt das nicht?
BURGER: Ich kann Ihnen aus dem Kopf nicht sagen, welche Art von Information welcher Form von Geheimhaltung unterliegt.
FRAGE: Herr Burger, nachdem Sie Sätze vorgelesen haben, möchte ich Ihnen auch einen vorlesen, und zwar von Herrn Maas. Bei dem von Ihnen angesprochenen Treffen mit den 16 Staaten der Stockholm-Initiative sagte er: Die nukleare Teilhabe ist ein Teil unserer Sicherheitsarchitektur, und das wird sie auch bleiben. – Gilt dieser Satz weiterhin?
BURGER: Ich habe, glaube ich, gerade nichts gesagt, was dazu im Widerspruch steht. An der Position des Außenministers hat sich nichts geändert.
FRAGE: Ich weiß nicht, ob Herr Seibert die Frage beantworten kann. Die bezieht sich eigentlich auf das Verteidigungsministerium, aber vielleicht können Sie etwas dazu sagen. Vielleicht kann auch das Verteidigungsministerium, wenn es zuhört, etwas nachreichen.
Beteiligung der Bundeswehr an Einsätzen in Mali
Es geht ebenfalls um die Äußerung des SPD-Fraktionsvorsitzenden Mützenich, der kritisiert hat, die Verteidigungsministerin habe einen Entwurf für die Ausweitung des Mali-Mandats vorgelegt, der mangelhaft sei und umgearbeitet werden müsse. Wie sieht die Zeitplanung der Bundesregierung für die Vorlage der Mandate für die Bundeswehreinsätze in Mali aus, zumal diese ja auslaufen?
SEIBERT (BReg): Ich weiß nicht, wie der Kollege aus dem Bundesverteidigungsministerium das jetzt beantworten würde. Ich würde sagen, dass wir uns zu dem Mali-Mandat dann äußern werden, wenn es insoweit kabinettsreif ist, als wir es im Bundeskabinett auch tatsächlich behandeln und dann dem Deutschen Bundestag zuleiten.
Rückholaktion für deutsche Reisende im Ausland
FRAGE: Meine Frage bezieht sich auf das Thema der Rückholaktion. Wie viele gestrandete Urlauber gibt es aktuell noch? Welche Aussichten haben sie? Wie hoch sind die Kosten der gesamten Rückholaktion?
BURGER (AA): Wir gehen davon aus, dass es noch einige Hundert deutsche Reisende gibt, die im Ausland sind, die dort gestrandet sind und noch nicht wieder nach Deutschland zurückkehren konnten, die aus unterschiedlichen Gründen nicht an von uns organisierten Rückholflügen oder anderen Rückreisemöglichkeiten partizipieren konnten, entweder weil sie den Weg zum Flughafen nicht geschafft haben, weil es vor Ort so strenge Ausgangsbeschränkungen gibt, dass sie es schlichtweg nicht geschafft haben, oder weil sie sich in Gegenden befinden, in denen es derzeit schlichtweg überhaupt keine Reisemöglichkeiten gibt.
Um diese Menschen kümmern sich unsere Auslandsvertretungen konsularisch und versuchen natürlich weiterhin, Möglichkeiten zu finden, damit diese Menschen nach Hause zurückkehren können. Das geht in vielen Fällen beispielsweise über Flüge, die wir gemeinsam mit anderen EU-Partnern organisieren. In bestimmten Ländern gibt es auch immer wieder die Möglichkeit, in Absprache mit Fluggesellschaften einzelne kommerzielle Rückflüge zu ermöglichen. Das ist uns zum Beispiel mit Pakistan in der vergangenen Woche gelungen, und daran arbeiten wir, bezogen speziell auf Pakistan, auch noch einmal für diese Woche. In anderen Ländern geht es beispielsweise darum, zusammen mit anderen EU-Staaten Fähren zu organisieren, damit auch Personen mit Wohnmobilen beispielsweise aus Marokko zurückgeholt werden konnten.
Sie sehen, das sind sehr individuelle Problemstellungen, die teilweise auch sehr individuelle Lösungen erfordern.
Es wurde nach den Kosten gefragt. Dazu habe ich Ihnen gegenüber der vergangenen Woche keinen neuen Stand mitzuteilen. Vom Deutschen Bundestag wurde uns zunächst einmal eine Summe in Höhe von 100 Millionen Euro zur Verfügung gestellt, um diese Rückholaktion vorzufinanzieren, damit wir insbesondere die Möglichkeit hatten, Charterflüge in Auftrag zu geben. Es steht aber noch nicht fest, wie hoch die Gesamtkosten für den Bundeshaushalt im Endeffekt sein werden. Denn die Begünstigten, die Betroffenen, die an den Charterflügen teilgenommen haben, würden in der Regel ‑ so sieht es das Konsulargesetz vor ‑ an den Kosten beteiligt. Es gibt auch die Möglichkeit einer Kostenbeteiligung durch die Europäische Union, weil wir auf diesen Flügen auch Angehörige anderer EU-Staaten mitgenommen haben.
Ich hoffe, ich habe keinen Teil der Frage vergessen.