Willkommen auf den Seiten des Auswärtigen Amts

Erklärungen des Auswärtigen Amts in der Regierungs­pressekonferenz vom 17.04.2020

17.04.2020 - Artikel

Videokonferenz des Europäischen Rates

FRAGE: Herr Seibert, Sie hatten den Fonds gerade schon angesprochen. Ist die Bundeskanzlerin denn mit Präsident Macron auf einer Linie, was die Einrichtung eines „european recovery fund“ im EU Haushalt angeht? Wie könnte so etwas gefüllt werden? Wären das also Kredite oder Ermächtigungen der Mitgliedstaaten? Wer sollte über diese Auszahlungen bestimmen? Wäre das die Kommission, oder wären das ebenfalls die Mitgliedstaaten?

SEIBERT (BReg): Da verlangen Sie jetzt von mir, dass ich sozusagen das Ergebnis einer in Europa zu führenden Diskussion vorwegnehme. Deutschland hat sich solidarisch gezeigt und ist bereit, das weiter zu tun. Deswegen finden wir es auch richtig, dass in der kommenden Woche bei der Videokonferenz des Europäischen Rates auch wieder über diese nächsten Schritte gesprochen werden wird. Aber ich kann den Diskussionen jetzt hier nicht schon mit Einzelheiten und Positionsbestimmungen vorgreifen.

Klar ist: Es gibt jetzt die sehr wuchtigen Maßnahmen, die die Finanzminister in der vergangenen Woche beschlossen haben. Die Kanzlerin hat sie einen Meilenstein für eine gemeinsame europäische Reaktion genannt. Außerdem gibt es die Notwendigkeit, eine europäische Initiative, die dann die Wiederbelebung der Wirtschaften im Blick hat, zu starten, und darüber wird zu sprechen sein. Ich möchte da jetzt nicht in die Details gehen.

FRAGE: Wenn wir erst einmal bei diesem EU Aspekt bleiben: Macron hat ja gestern doch sehr deutlich gesagt, dass die Nordländer ‑ ich vereinfache ‑ keine andere Chance hätten, als jetzt bei diesem „recovery fund“ und auch bei den vergemeinschafteten Anleihen, die es dann geben soll, mitzumachen. Wenn das nicht geschähe, würden die populistischen Parteien in den Südländern einen starken Auftrieb erleben. Teilen Sie diese Einschätzung? Was ist die Reaktion der Bundesregierung darauf?

SEIBERT: Ich glaube, es ist ein guter Brauch, dass wir Interviews, die befreundete Staats- und Regierungschefs und -chefinnen von ganz wichtigen Partnerstaaten geben, hier nicht im Einzelnen diskutieren. Die Bundeskanzlerin hat mehrfach zum Ausdruck gebracht ‑ das haben auch andere Vertreter der Bundesregierung wie der Außenminister getan ‑, dass wir natürlich ‑ in der Mitte Europas gelegen, so international vernetzt, wie wir es sind, wirtschaftlich und auch menschlich ‑ nicht gut aus dieser Krise herauskommen werden, wenn es nicht auch in ganz Europa gelingt, gut aus dieser Krise herauszukommen. Das wird natürlich unser Handeln und unsere Bereitschaft, Solidarität zu zeigen, prägen.

ZUSATZFRAGE: Wenn man das etwas allgemeiner formuliert: Fürchten Sie auch einen Auftrieb für Populisten in Euro-Ländern, wenn es diese Solidarität nicht geben sollte?

SEIBERT: Ich denke, es ist immer notwendig, und das ist in der Coronapandemie ganz besonders der Fall, den Bürgern zu zeigen, dass ein multilaterales, gemeinsames, solidarisches europäisches Vorgehen besser ist als jeder Rückfall in Nationalismen.

FRAGE: Befürchtet die Bundesregierung denn einen Aufstieg der Populisten in Deutschland, wenn es zu Solidarität in Europa kommt, Herr Seibert?

SEIBERT: Wir erleben zurzeit, und das ist etwas sehr Positives, dass die Menschen der Politik in Deutschland und auch der Bundesregierung viel Vertrauen hinsichtlich der Bewältigung dieser Pandemie entgegenbringen. Um dieses Vertrauen werden wir jeden Tag neu mit unserer Arbeit werben.

ZUSATZFRAGE: Aber Sie sind ja auch mitverantwortlich für alle Bürger in Europa. Darum noch einmal die Frage: Haben Sie Angst, dass rechtsextreme, rechtspopulistische Parteien in Deutschland Aufwind bekommen, wenn Sie die Solidarität, die jetzt gebraucht wird, zeigen? Das ist ja das umgekehrte Problem wie in den südeuropäischen Ländern.

SEIBERT: Ich finde, dass die Regierungspressekonferenz jetzt nicht der Ort dafür ist, mit Ihnen in solche Betrachtungen einzusteigen. Die gesamte Haltung der Bundesregierung und ihre gesamte Politik sind natürlich darauf angelegt, den Extremismen auf beiden Seiten ‑ insbesondere auch dem Rechtsextremismus ‑ sozusagen keinen Platz zu lassen und keine Unterstützer zuzutreiben. Wir arbeiten für eine moderate, proeuropäische, multilaterale Politik, auch und gerade in dieser Coronapandemie.

FRAGE: […] Dann habe ich aber doch noch einmal eine Frage, im Grunde auch zu dieser Regierungserklärung und insgesamt zur Haltung der Bundesregierung in Sachen „Italien-Hilfe“ und „europäische Solidarität“. Jetzt hat der italienische Ministerpräsident ja zunächst, nachdem er im Grunde genommen diese ESM-Hilfe ‑ diesen Kompromiss, den die Bundeskanzlerin ja auch sehr gelobt hat ‑ erst einmal rundweg abgelehnt hat, gestern, glaube ich, gesagt: „Na ja, vielleicht schaue ich es mir doch noch einmal an. Ich schaue noch einmal, wie die Konditionen eigentlich sind, ob es Konditionen gibt usw.“ Begrüßt die Bundeskanzlerin, dass sich die italienische Regierung das Angebot noch einmal genauer anschaut, bevor sie es komplett ablehnt?

SEIBERT: Ich denke, das ist in der Stellungnahme beantwortet worden, die die Bundeskanzlerin abgegeben hat, nachdem sich die Finanzminister auf diese drei großen Maßnahmen geeinigt hatten. Sie hat das nicht nur einen wichtigen Meilenstein für eine solidarische europäische Antwort genannt, sondern sie hat eben auch gesagt, es sei jetzt wichtig, dass diese drei Maßnahmen zügig oder so schnell wie möglich umgesetzt werden. Dem liegen ja der Wunsch und das Interesse zugrunde, das wir haben, dass diese Maßnahmen nun auch tatsächlich greifen können, dass sie benutzt werden und dass sie in den Ländern der Europäischen Union, die stark von der Coronapandemie betroffen sind, tatsächlich für Besserung sorgen können, für Hilfe in Wirtschaften und Gesellschaften.

Rückholung deutscher Staatsangehöriger aus dem Ausland

FRAGE: An das Auswärtige Amt zur Rückholaktion: Eigentlich gilt die Regelung, dass die Zurückgeholten sich im Rahmen eines Economy-Tickets an den Kosten beteiligen. Nun hat Außenminister Maas heute früh gesagt, man habe die Frage zurückgestellt, ob und wie Menschen sich beteiligen sollen. Können Sie sagen, wann es dazu eine Entscheidung gibt, und den Widerspruch erklären?

ADEBAHR (AA): Wenn ich das richtig im Ohr habe, hat der Minister heute Morgen ‑ wie auch schon früher ‑ gesagt: Da geht es ungefähr um die Kosten eines Economy-Tickets, aber wir haben die Frage der Berechnung dieser ganzen Sache jetzt erst einmal zurückgestellt, weil wir für diese Verwaltungssachen im Moment keine Zeit haben. Es gibt auch noch eine Abstimmung mit der EU. Wie das dann genau mit der Kostenbeteiligung aussieht, werden wir sagen, sobald wir das können und sobald es da Berechnungen und auch noch einmal eine Abstimmung mit Brüssel gegeben hat. Insofern kann ich leider keinen konkreten Zeitplan nennen.

FRAGE: Können Sie sagen, wo die meisten Deutschen noch festsitzen? Ist das in Südafrika, und wo noch?

ADEBAHR: Wir haben ganz viele aus Neuseeland zurückgeholt ‑ dort waren 10.000 ‑, deswegen ist die Gruppe dort jetzt kleiner geworden. In Südafrika ist im Moment in der Tat noch der größte Teil, und da laufen in den nächsten Tagen noch sieben Flüge, mit denen wir die Menschen zurückholen. Ich weiß nicht ganz genau, wie viele das sind, aber es ist ein kleinerer Tausenderbetrag. In Peru haben wir von 3000 fast alle zurückgeholt. In Argentinien waren es 2300; auch da kommen in den nächsten Tagen die Reisenden nach Hause. Das waren die Länder, mit denen wir es in den letzten Tagen noch im Charterflugbereich zu tun hatten.

ZUSATZFRAGE: Wie viele warten jetzt insgesamt noch auf einen Rückflug? Sind das um die 10 000?

ADEBAHR: Das kann ungefähr so sein, wir haben darüber keinen ganz genauen Überblick. Wir haben 240 000 nach Hause holen können. Wie viele jetzt noch zurückreisen möchten und im Ausland sind, ist nicht ganz genau bezifferbar. Es ist im Tausenderbereich, aber wir haben keine genaue Zahl. Das hängt ja auch davon ab, wie die Leute sich registrieren und was sie sagen.

FRAGE: Frau Adebahr, der Minister hat heute Morgen ja gesagt, das werde zurückgestellt und dann werde geklärt, ob und wie eine Kostenerstattung stattfinden soll. Das heißt, es ist auch noch möglich, dass die Bundesregierung am Ende ‑ falls sich herausstellt, dass es zu kompliziert ist ‑ darauf verzichtet, dass die Rückreisenden sich finanziell beteiligen?

ADEBAHR: Unsere Grundannahme ist, dass es eine Beteiligung geben wird. Es gibt aber verschiedene Konstellationen, in denen wir zurückgeholt haben. Insofern ist es tatsächlich so, dass die konkrete Ausgestaltung und die Frage, ob es im Einzelfall auch anders kommen kann, eine Sache ist, die wir uns in den nächsten Tagen anschauen.

ZUSATZFRAGE: Aber es würde dann um Einzelfälle gehen? Prinzipiell halten Sie daran fest, dass es eine Eigenbeteiligung gibt?

ADEBAHR: Ja, das ist mein Stand.

Rolle der WHO / Ursprung des Coranavirus

FRAGE: In dem gestrigen G7-Telefonat ging es ja vorrangig um das Thema Corona. Danach hatten Sie, Herr Seibert, für die Kanzlerin ja ein Statement verbreitet, in dem betont wurde, dass die Bundeskanzlerin die Arbeit der WHO unterstütze und auch in diesem Gespräch unterstützt habe. Später gab es dann vom Weißen Haus eine Pressemitteilung, die hinsichtlich des Gesprächs eine andere Version hatte: Demnach seien sich alle Staatschefs einig gewesen, dass die WHO einen tiefen Reformprozess und einen Review, also eine Untersuchung, benötige. Deckt sich das mit dem Eindruck der Kanzlerin von diesem Gespräch, oder ist das doch eine, sagen wir einmal, sehr trumpsche Sichtweise der Dinge?

SEIBERT (BReg): Wir haben gestern nach der Videokonferenz der G7-Staats- und ‑Regierungschefs eine Pressemitteilung herausgegeben ‑ Sie haben zum Teil ja schon daraus zitiert ‑ die darüber berichtet, was der Bundeskanzlerin in diesem internationalen Austausch wichtig war: Das ist eben eine starke und koordinierte internationale Antwort auf die Pandemie, das ist die Unterstützung der WHO, aber genauso auch von anderen Partnern wie der Impfallianz Gavi oder der Coalition for Epidemic Preparedness Innovations, CEPI. Ich habe unserer Pressemitteilung nichts hinzuzufügen.

FRAGE: Es gibt ja manchmal nach G7-Schalten auch gemeinsame Texte. Ist das Nichtvorhandensein eines gemeinsames Textes ein Anzeichen dafür, dass die westlichen Industrieländer vielleicht doch keinen gemeinsamen Ansatz bei der Pandemiebekämpfung haben? Eben wurde schon das Thema WHO angesprochen, aber es gibt ja auch andere Aspekte. Die Kanzlerin hatte mehr Hilfe für Afrika gefordert; das tauchte sonst auch nirgends auf. Haben Sie das Gefühl, dass man gemeinsam an einem Strang zieht, bzw. wo ist das nicht der Fall?

SEIBERT: Ich finde, das kann man auf keinen Fall daraus schließen. Es gab nach der letzten G7-Videokonferenz vor etwa einem Monat eine gemeinsame Erklärung ‑ da war das verabredet, da hat man das gemacht ‑, die sehr wichtige Punkte genannt hat. Diese Videokonferenz war jetzt eine informelle Beratung. Im Moment haben wir ja einen höheren Takt, sonst treten die G7 ja gar nicht so oft zusammen oder stimmen sich ja gar nicht so oft ab. Wir haben einfach im Moment einen höheren Takt. Da gibt es informelle Beratungen, die nicht immer auch ‑ und daraus ist nichts abzulesen ‑ zu gemeinsamen Positionspapieren führen, sondern manchmal eben auch dazu führen, dass die Teilnehmer danach einige Sätze zur Presse geben.

ZUSATZFRAGE: Noch einmal die Frage: Haben Sie nach der Schalte den Eindruck gehabt, dass die G7 hier an einem Strang ziehen oder gibt es, wie bei dem Thema WHO und bei anderen Themen, nicht erhebliche Differenzen?

SEIBERT: Die Beratungen, auch wenn sie informell sind, sind natürlich vertraulich und bleiben vertraulich. So werde ich sie auch behandeln. Wir haben für die Bundeskanzlerin die Pressemitteilung herausgegeben, die Sie kennen.

Sie haben gerade die Hilfe für Afrika angesprochen. Das ist ein ganz wichtiger Aspekt. Zu diesem Thema haben beispielsweise die Bundeskanzlerin, der französische Staatspräsident, der kanadische Ministerpräsident und die Briten gemeinsam einen Text verfasst. Das heißt, es gibt nicht nur Deutschland, sondern es gibt eine Vielzahl von Ländern, die sich genau in diese Richtung engagieren müssen, weil sie spüren: Wir brauchen eine internationale Antwort. Wenn das Coranavirus in Afrika voranschreitet, ist das etwas, was mit uns verbunden ist und was uns nicht gleichgültig lassen kann. Aus diesem Gefühl heraus haben wir diesen Punkt zum Beispiel betont. Darin liegt ja auch die Bedeutung der WHO; darin liegt die Bedeutung von CEPI und GAVI.

ZUSATZFRAGE: Bei diesem gemeinsamen Text waren zwar die Kanadier und die Europäer dabei, aber eben ein Land nicht, nämlich die USA. Deswegen noch einmal die Frage: Hatten Sie nach der gestrigen Schalte den Eindruck, dass es im Ansatz erhebliche Differenzen zwischen den USA und den anderen G7-Ländern gibt?

SEIBERT: Ich verweise auf unsere Pressemitteilung zu der gestrigen Schalte, in der sich das, was für die Bundesregierung wichtig ist, und was, wie man ja an vielerlei internationalen Aktivitäten sieht, auch von vielen geteilt wird, niederschlägt.

FRAGE: Herr Seibert, hinter dieser ganzen Debatte um die WHO steckt ja eigentlich eine Debatte über die Rolle Chinas. Es gab explizit die Kritik von Präsident Trump, dass die WHO zu chinafreundlich gewesen sei. Nun gibt es in den USA Berichte und offenbar auch Geheimdienstuntersuchungen, die nach dem Ursprung des Virus fragen und zu dem Ergebnis gekommen sind, dass das Virus nicht von einem Markt, sondern aus einem Labor in Wuhan stammt.

Meine erste Frage: War das gestern eigentlich auch Thema in diesem Telefonat? Wir wissen ja, dass der US-Präsident schon bei dem vorigen G7-Telefonat eine sehr spezifische Sicht auf China und seine Rolle in dieser ganzen Krise hatte.

Meine zweite Frage: Gibt es eigentlich auch auf deutscher Seite irgendwelche Erkenntnisse darüber, dass das Virus möglicherweise einen anderen Ursprung hat, als die chinesische Seite bislang angegeben hat?

SEIBERT: Ich denke, zu der gestrigen G7-Videokonferenz habe ich jetzt aus meiner Sicht genug gesagt.

Das Coranavirus ist in China zuerst aufgetaucht. Ich kann Ihnen hier solche Erkenntnisse für die Bundesregierung nicht berichten, wie Sie sie gerade angesprochen haben. China hat unter dem Coranavirus viel gelitten und hat viel gegen die Ausbreitung dieses Virus getan.

Klar ist: Jetzt sind wir in einer Phase, in der die internationale Staatengemeinschaft so eng, so transparent, so offen und so intensiv wie möglich zusammenarbeiten muss. Dann muss sie aus dieser Pandemie lernen, und zwar was die Entstehung, die Verbreitung, die Methoden zur Bekämpfung des Virus betrifft, aber ganz genauso auch die Art und Weise, wie Staaten einander über das Geschehen informiert haben. Wir müssen ja gemeinsam zu einem Punkt oder zu Lehren kommen, die möglichst verhindern, dass wir noch einmal in eine so furchtbare Lage kommen. Jetzt gilt es, nach Kräften zusammenzuarbeiten. Aber diese Phase des Lehrenziehens, des Konsequenzenziehens kommt auch.

FRAGE: Wie bewertet die Bundesregierung die Berichte über den Ursprung des Virus und die Spekulationen dazu?

SEIBERT: Mangels eigener Erkenntnisse bewerte ich sie nicht.

FRAGE: Sie sagten eben, dass die Phase des Konsequenzenziehens auch komme. Konsequenzen aus was genau eigentlich?

SEIBERT: Na ja, aber das ist doch ganz normal. Im Moment ist die ganze Welt ‑ jedes Land für sich, aber auch wir als internationale globale Staatengemeinschaft ‑ in einem unglaublich schwierigen Kampf gegen ein Virus engagiert, das sich ‑ die genaue Zahl kenne ich nicht ‑ durch weit über 150 Länder frisst. Im Moment steht dieser Kampf im Vordergrund. Wie können wir ‑ jeder für sich ‑ das eindämmen? Wie können wir denen, die in ihren Medizin- und Gesundheitssystemen schwächer ausgestattet sind, dabei helfen, dass sie damit zurande kommen, dass es dort nicht noch viel schlimmer wird?

Aber irgendwann ist diese Pandemie besiegt. Dazu werden wir einen Impfstoff brauchen; das ist klar. Ich kann Ihnen nicht sagen, wann dieser Tag sein wird. Aber irgendwann haben wir diese Pandemie ‑ oder jedenfalls das Schlimmste dieser Pandemie ‑ hinter uns. Bis dahin leben wir in der Pandemie und mit dem Virus.

Natürlich müssen sich die Staaten national, aber auch die internationalen Akteure, die multinationalen Organisationen fragen: War unser Vorgehen richtig? Haben wir das optimal gemacht? Welche Lehren haben wir daraus zu ziehen, damit wir beim nächsten Mal klüger sind? Ich glaube, wir sind heute schon klüger und geschickter als vielleicht in früheren Pandemien, weil wir aus ihnen gelernt haben. Das ist das, was ich gemeint habe. Das halte ich für einen ganz normalen Vorgang. Aber die Menschen werden auch fordern, dass wir in dem Sinne Lehren und Konsequenzen ziehen.

ADEBAHR (AA): Wenn ich da kurz einhaken darf: Die WHO hat diese Aufgabe ja schon angenommen.

SEIBERT: Genau.

ADEBAHR: Die Frage der Ursachenforschung, also die Frage, woher das Virus kommt, ist natürlich eine Grundlage dafür, wie wir in Zukunft mit ähnlichen Gefahren umgehen. Wie entwickeln wir Pandemievorsorge? Wie entwickeln wir Impfstoffe? Die WHO hat ja gesagt, dass sie sich dieses Themas annehmen will. Gerade auch deshalb ist es wichtig, dass die WHO auch diesem Teil ihrer Arbeit in Zukunft gut nachkommen kann.

ZUSATZFRAGE: Kann ich das dahingehend zusammenfassen, dass auch die Bundeskanzlerin trotz ihrer derzeitigen Unterstützung für die Arbeit der WHO schon auch die Notwendigkeit sieht, dass man die Arbeit der WHO im Nachhinein noch einmal kritisch untersucht? Ist das so richtig?

SEIBERT: Alle Akteure in dieser Pandemie werden ihre eigene Arbeit im Nachhinein noch einmal betrachten und werden daraus Schlüsse ziehen. Die WHO hat ganz besonders diese Aufgabe. Sie hat sie ja schon angenommen und hat auch in den vergangenen Jahren bereits einiges an Veränderungen durchgemacht. Aber ich glaube, es ist beinahe selbstverständlich, dass sich jeder Akteur in dieser Pandemie fragt: Was hätten wir besser machen können? Wo hätten wir besser kommunizieren können? Wo hätten wir zu welchem Zeitpunkt wie eingreifen können?

Gefangenenaustausch in der Ostukraine

SEIBERT (BReg): […] In der Ostukraine ist gestern, also rechtzeitig vor dem orthodoxen Osterfest und entsprechend den Vereinbarungen des letzten Normandie-Gipfels in Paris, ein weiterer Gefangenenaustausch durchgeführt worden. Insgesamt 39 weitere Gefangene sind ausgetauscht worden. Das ist ein wichtiger Schritt. Wir begrüßen ihn. Das ist wirklich ein wichtiger Schritt bei den andauernden Bemühungen, diesen Konflikt friedlich zu lösen, auf dem mühevollen Weg der Umsetzung der Minsker Vereinbarungen. Wir danken in diesem Zusammenhang insbesondere der OSZE-Sonderbeauftragten, Botschafterin Grau, die sehr wertvolle Vermittlungsarbeit zusammen mit der trilateralen Kontaktgruppe geleistet hat.

ADEBAHR (AA): Der deutsche und der französische Außenminister haben diesen Gefangenenaustausch gemeinsam in einer Erklärung begrüßt. Der Außenminister hat heute mit Frau Grau telefoniert, um sich noch einmal über die Arbeit zu informieren und ihr für die Fazilitierung dieses wichtigen Schritts, wie man so schön sagt, zu danken.

Weitere Informationen

Schlagworte

nach oben