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Erklärungen des Auswärtigen Amts in der Regierungs­pressekonferenz vom 03.04.2020

03.04.2020 - Artikel

Informelle Tagung der Außenminister der EU

ADEBAHR (AA): Ich möchte Ihnen noch mitteilen, dass heute Vormittag, in diesen Minuten, auch der Außenminister am informellen EU-Rat der Außenminister per Videokonferenz teilnimmt. Die Außenminister haben beschlossen, dass sie sich in der aktuellen Krise enger abstimmen wollen. Sie wollen jetzt deshalb in einer engeren Taktung per Videokonferenz tagen. Einziges großes Thema heute auf der Agenda ist die Koordinierung zu Corona und die europäische Abstimmung, wie Europa dabei gemeinsam und solidarisch agieren kann. Folgende Schwerpunkte werden dabei diskutiert: Das eine ist die konsularische Unterstützung für EU-Bürger im Ausland und in Drittstaaten sowie die Kooperation bei der Rückholung. Dann ist es der Umgang mit einer internationalen Reaktion auf die Pandemie, also: Welche Schritte müssen in den internationalen Organisationen und weltweit gegangen werden? Was findet Europa, sollten wir tun? Auch die Frage der Desinformationskampagnen von anderen Akteuren wird heute auf der Tagesordnung stehen.

Außenminister Maas wird um 13.15 Uhr ein Pressestatement geben, was Sie im Livestream auf Facebook und Twitter des Auswärtigen Amtes verfolgen können.

[…]

FRAGE: Frau Adebahr, Sie hatten eben schon ein paar Themen genannt, was die EU tun sollte. Gehört dazu auch eine Diskussion zum Beispiel über die Beschaffung, also dass sich die EU-Länder noch stärker als bisher koordinieren wollen, ob man das vielleicht stärker der EU überlässt? Was können Sie uns dazu sagen?

ADEBAHR: Ich glaube, es soll auch diskutiert werden, dass man Beschaffungsaktivitäten besser koordiniert und sich in europäischer Solidarität da auch gegenseitig hilft. Was genau dazu besprochen wird, müssen wir einmal abwarten. Vielleicht kann der Außenminister um 13.15 Uhr dann mehr sagen.

FRAGE: Frau Adebahr, Sie sprachen von Desinformationskampagnen, wogegen man etwas tun möchte. Können Sie uns da Beispiele nennen und sagen, was Sie dagegen tun wollen?

ADEBAHR: Dazu hat sich Außenminister Maas schon mehrfach geäußert. Es gibt Beispiele auf Twitter. Ich glaube, viele von uns haben das in den letzten Tagen auch gesehen. Da werden Informationen über das Virus verbreitet, die nicht faktenbasiert sind und die nicht zutreffen. Ich will hier keine weitere Verortung dazu machen.

Das, was dagegen hilft und worüber in der EU auch geredet werden wird, ist, dass man in dieser Krise alles daransetzen muss, transparent zu sein, transparent mit Zahlen zu sein, transparent damit zu sein, wie sich das Virus verbreitet, wie es wirkt und welche Maßnahmen dagegen helfen, und dass man gegen Desinformationen Fakten setzt. Ich glaube, darüber wird sicher eine Einigkeit der Außenminister bestehen. Wir werden schauen, ob dazu heute konkrete Projekte beschlossen werden.

SEIBERT (BReg): Was man vielleicht noch kurz hinzufügen könnte, ist, dass der Europäische Auswärtige Dienst in einer europaweit erhobenen Studie dazu sehr viel Material zusammengetragen hat, das auch für jedermann frei zugänglich ist. Es gab auch in der Presse dazu gute Zusammenfassungen. Jeder kann sich da sein eigenes wohlfundiertes Bild machen. Wenn er sich auf die entsprechenden Seiten begibt, dann bekommt er einen ziemlich guten Überblick über das, was da gerade an Desinformationen unterwegs ist.

ZUSATZFRAGE: Herr Grünewälder, beobachten Sie in Deutschland Verharmlosungskampagnen von Leuten, die Fake News verbreiten, die lügen, die verharmlosen usw.? Wenn ja, was beobachten Sie da?

GRÜNEWÄLDER (BMI): Das BMI beobachtet auch im Inland solche Desinformationsversuche. Wir sind da im Austausch in der Bundesregierung allgemein. Ich schließe mich Frau Adebahr an, was Maßnahmen angeht: Transparenz, Information und mit Fakten dagegenhalten. Beispielsweise gibt es bei Twitter eine Einrichtung, eine bestimmte Gruppe, in der vertrauenswürdige Twitterkanäle eingerichtet sind. Dazu gehören auch die Kanäle der Bundesregierung. Wer sich informieren möchte, tut gut daran, das aus verlässlichen Quellen zu tun und nicht auf Quellen zu vertrauen, die nicht faktenbasiert arbeiten.

FRAGE: Frau Adebahr, würden Sie sagen, dass die Informationskampagnen der Chinesen und der Russen, was Hilfe über medizinische Ausrüstung für Europäer angeht, auch zu diesen Desinformationskampagnen gehören?

ADEBAHR: Da würde ich gern darauf verweisen, was Außenminister Maas gestern in seinem Statement vor dem NATO-Außenministertreffen gesagt hat. Ich paraphrasiere das jetzt einmal: Grundsätzlich ist natürlich in einer Krise jede Hilfe gut. Aber wir alle tun gut daran, diese Hilfe eben als Hilfe zu leisten und daraus nicht Kapital zu schlagen. Wenn das eine oder andere Land das tun sollte, um sich in besserem Lichte darzustellen, dann wäre das nicht der richtige Grund und nicht der richtige Weg, um Hilfe darzustellen.

ZUSATZFRAGE: Ist das im Falle Chinas und Russlands Ihrer Meinung nach der Fall?

ADEBAHR: Ich will jetzt hier keine weiteren Bewertungen vornehmen. Jeder kann sich, glaube ich, sein eigenes Bild auch auf der Grundlage machen, die Herr Seibert beispielsweise genannt hat.

FRAGE: Da der Kollege nach Russland und China gefragt hat, frage ich nach den USA: Sehen Sie die Pressekonferenzen des US-Präsidenten als Desinformationskampagnen?

ADEBAHR: Ich bewerte die Pressekonferenzen des US-Präsidenten nicht. Ich glaube, auch da wird sich jeder sein eigenes Bild von der Lage machen. Es ist nicht meine Aufgabe, da Noten zu verteilen.

ZUSATZFRAGE: Hält die Bundesregierung auch mit Fakten dagegen, wenn der US-Präsident Lügen verbreitet, oder darf er das?

ADEBAHR: Die Bundesregierung arbeitet daran ‑ ganz grundsätzlich ‑, in der Krise faktenbasiert und möglichst transparent über das, was wir tun, auf allen möglichen Kanälen zu informieren. Da legen wir alle, glaube ich, sehr hohe Standards an uns selbst an, in der Qualität, in der Transparenz und auch in dem, wie wir kommunizieren. Das ist das, was wir tun. Ich glaube, darum geht es uns.

SEIBERT: Wir weisen immer wieder darauf hin, dass es eine Reihe von offiziellen und seriösen Plattformen gibt, auf denen sich jede Bürgerin und jeder Bürger verständlich und ständig aktualisiert informieren kann: bundesgesundheitsministerium.de, bundesregierung.de, natürlich für die einzelnen Fachfragen auch die Seiten der einzelnen Ministerien und das Robert-Koch-Institut. Neben dem Qualitätsjournalismus, den wir Gott sei Dank in Deutschland auch noch in einer breiten Vielfalt haben, gibt es jede Möglichkeit, sich fundiert, aktuell und verständlich zu informieren.

GRÜNEWÄLDER: Ich darf noch ergänzen, dass selbstverständlich auch die Sicherheitsbehörden dieses Thema auf dem Schirm haben. Insbesondere der Verfassungsschutz beschäftigt sich auch mit dem Thema Desinformation von ausländischen Stellen in Deutschland. Das taucht regelmäßig in den Verfassungsschutzberichten als Thema auf. Da empfehle ich zum Beispiel die Lektüre von Seite 287 des Verfassungsschutzberichts 2018. Auch in dem Bericht für 2019, der Mitte des Jahres vorgestellt wird, wird dieses Thema sicher vorkommen.

Corona-Pandemie

FRAGE: Wie viele Personen müssen insgesamt aus dem Ausland noch zurückgeholt werden? Um wie viele Länder geht es? Was ist mit den Ländern, in denen sich so wenige Deutsche aufhalten, dass sich Charterflüge mit großen Passagiermaschinen nicht lohnen würden?

ADEBAHR (AA): Zu Corona und dem Stand der Rückholaktion: Wir haben, Stand heute, im Rahmen der Aktion 194 000 Personen aus 56 Ländern nach Deutschland zurückgeholt. Auch ungefähr 3600 Staatsangehörige europäischer Mitgliedstaaten haben wir mitnehmen können; das freut uns. Seit gestern läuft die Aktion in Neuseeland an. Wir haben jetzt hoffentlich auch für das Kreuzfahrtschiff „Zaandam“ eine Lösung gefunden. Das Schiff konnte anlegen.

Die großen Brocken, die wir im Moment noch sehen, sind diese: Neuseeland. Dort sind wir dabei, die 12 000 Menschen nach und nach auszufliegen. Ein paar Maschinen sind schon raus. Aber es sind noch immer 10 000 Menschen dort. Wir denken, dass in Südafrika ungefähr 7000 Deutsche noch nach Hause wollen, in Thailand 4000, in Indien 2700 und in Peru 2000. In Australien sind 5000 Deutsche. Dort gibt es aber kommerzielle Flüge. Die Ausreisewünschenden fliegen mit diesen kommerziellen Flügen nach Hause.

Wir haben anfangs einmal geschätzt, dass vielleicht etwas über 200 000 Menschen nach Hause wollen. Es ist schwierig, eine genaue Zahl zu nennen. Das ist auch jetzt noch unser Stand.

Was machen wir mit den Ländern, die weiter weg sind, die kleiner sind und in denen es kleinere Gruppen gibt? ‑ Wir versuchen, uns da europäisch zu koordinieren. Das ist auch das, was der Außenminister macht. Es gibt auch immer Gruppen von EU-Staatsangehörigen in kleineren Ländern. Vielleicht fliegen in einem Land die Franzosen, weil sie dort ein größeres Kontingent haben, in einem anderen Land vielleicht die Spanier. Wenn Briten dort sind, klappt das auch wunderbar. Insofern können wir uns da koordinieren und auf kleinere Flüge umsteigen. Es ist ja auch nicht so, dass eine Chartermaschine immer groß sein muss. Sie kann auch Propeller haben; auch das haben wir schon gehabt. Das heißt, man kann auch mit kleineren Maschinen fliegen.

Ansonsten versuchen wir, tatsächlich weltweit, so gut die Botschaften es können, in den einzelnen Ländern durch Synergien und Betreuung - im Einzelfall bis in den Amazonas hinein ‑ Lösungen zu finden. Das dauert manchmal, und das wird auch noch weiter schwierig werden. Wir müssen manche Reisenden nach wie vor um Geduld bitten. Wir rechnen damit, dass wir noch mindestens nächste und übernächste Woche damit beschäftigt sind, uns da weiter voranzutasten und die Reisenden nach Hause zu holen.

FRAGE: Einmal zu der Rückholaktion und dann zu dem informellen Außenministertreffen. Erst einmal zu der Rückholaktion: Es gab ja auch Kritik, dass es keine Gesundheitskontrollen der zurückkehrenden Deutschen gibt. Könnten Sie uns bitte etwas dazu sagen, wie das gehandhabt wird? Sind die verpflichtet, zwei Wochen in Quarantäne zu gehen? Wird das irgendwie kontrolliert? Werden die in einzelnen Fällen doch gecheckt, je nachdem, woher sie kommen?

ADEBAHR: Wir informieren die Reisenden beim Einstieg nach den RKI-Kriterien. Der Umgang mit den Ankommenden hier obliegt den Gesundheitsämtern vor Ort. Ich glaube, dazu wäre das BMI der richtige Ansprechpartner.

GRÜNEWÄLDER (BMI): Entschuldigung, können Sie die Frage bitte wiederholen?

ZUSATZFRAGE: Die Frage war: Es hat Kritik gegeben, dass es keine Gesundheitskontrollen bei den zurückkehrenden Deutschen gibt. Wenn das BMI zuständig ist, dann bitte von Ihnen eine Antwort, ob das stimmt und warum das so ist.

GRÜNEWÄLDER: Diese Frage richtet sich nach dem Infektionsschutzgesetz, für dessen Ausführung die Länder zuständig sind. Die Bundespolizei und damit das BMI unterstützen hierbei gerne. Aber grundsätzlich müssten Sie Fragen hierzu an das BMG richten.

Was ich dazu noch ergänzen kann: Es gibt auch Bemühungen der Länder, da voranzukommen. Es gibt eine Verordnung des Landes Hessen und, seit heute gültig, auch eine Verordnung des Landes Berlin mit Quarantäneanordnungen für Zurückkehrende nach Deutschland. Aber Einzelheiten müssten Sie bitte an anderer Stelle erfragen.

WACKERS (BMG): Ich kann das, was der Kollege gesagt hat, nur verstärken. Die Quarantänemaßnahmen werden in der Tat vor Ort festgelegt, also von den Gesundheitsämtern der Städte, in denen sich die Flughäfen befinden.

ZUSATZFRAGE: Können Sie da vielleicht noch eine Einordnung geben, nachdem 194 000 Menschen jetzt zurückgekehrt sind und jetzt Länder wie Berlin eine solche Anordnung treffen, ob diese Abfolge aus gesundheitspolitischen Gesichtspunkten eigentlich sinnvoll ist, also erst 194 000 Menschen zurückkehren zu lassen und dann verschärfte Maßnahmen zu beschließen?

WACKERS: Wie gesagt: Das ist die Aufgabe der Gesundheitsbehörden vor Ort. Die haben auch die Möglichkeit zu differenzieren. Sie müssen ja auch schauen, aus welchem Land die Rückkehrer kommen. Es gibt sicherlich Länder mit höheren und welche mit niedrigeren Inzidenzen. Das alles sind Entscheidungen, die vor Ort getroffen und bewertet werden können.

FRAGE: Ich habe eine Frage an das BMG: Haben Sie einen Überblick, welche unterschiedlichen Quarantäneanordnungen es jetzt gibt und auf welche Länder sich das bezieht?

WACKERS: Den kann ich Ihnen jetzt hier nicht zur Verfügung stellen.

[...]

ZUSATZFRAGE: Wenn es freie Kapazitäten gibt, wären Sie dann dafür, dass mehr Patienten aus anderen EU-Ländern in Deutschland versorgt werden? Ich glaube, die aktuelle Zahl liegt bei 123 Patienten. Man könnte sich ja vorstellen, dass man die Zahl verdoppelt oder verdreifacht.

WACKERS: Dazu kann ich Ihnen auch nichts sagen. Der Minister hat sich schon einmal dazu geäußert und hat gesagt, dass ausbalanciert werden muss und dass es ein wichtiges Zeichen der Solidarität ist, dass wir ausländische Patienten in Deutschland versorgen. Da das nicht zentral organisiert wird – zumindest nicht durch uns, sondern auf Bemühungen und Engagement der Krankenhäuser zurückgeht ‑, kann ich hierzu auch nichts sagen.

ZUSATZFRAGE: Ich möchte die Frage an Herrn Seibert und Frau Adebahr weitergeben. Sollte man das zentral organisieren? Das Auswärtige Amt hatte einmal eine Übersicht erstellt, in der alle Angebote der Bundesländer oder der Städte zusammengestellt wurden. Sollten deutsche Kliniken mehr Plätze für Patienten aus anderen EU-Ländern zur Verfügung stellen?

ADEBAHR: Ich will die Kapazitätsfrage als Sprecherin des Auswärtigen Amtes nicht beantworten. Das kann ich einfach nicht einschätzen.

Zu der Frage, wie zentral oder dezentral so etwas organisiert ist: Natürlich ist es ein Ziel der Bundesregierung, dass man sich möglichst gut koordiniert und sich transparent miteinander austauscht, wo es Bedarf gibt, wo es Angebote oder Plätze usw. gibt. Auf der anderen Seite ist es schön – das zeigt ja auch unsere Vielfalt ‑, dass es einzelne Bundesländer, einzelne Krankenhäuser gibt ‑ das wird vielfach an unsere Botschaften im Ausland herangetragen ‑, dass es einfach Menschen und Gruppen gibt, die sagen: „Hey, wir wollen hier etwas organisieren.“ Dann versuchen wir zu helfen und zu unterstützen. Das sind Aktionen aus der Mitte der Gesellschaft heraus. Es ist ein schönes Zeichen der Solidarität zwischen den Menschen, das man hier sieht. Man kann überall bestimmt noch besser koordinieren und das Ganze noch besser organisieren. Das will die Bundesregierung auch tun. Aber an sich ist es doch schon einmal gut, dass es so etwas gibt.

SEIBERT: Das will ich unbedingt unterstreichen. Ich denke nicht, dass das etwas ist, was eine Bundesregierung zentral sozusagen anordnen kann. Die Krankenhäuser und auch die Gesundheitsbehörden in den Regionen wissen am allerbesten, welche Kapazitäten sie frei haben, was sie leisten können. Das verändert sich dynamisch. Das, was man jetzt kann, kann man vielleicht nächste Woche nicht mehr. Deswegen ist es sinnvoll, dass so etwas genau so abläuft, wie Frau Adebahr es gerade beschrieben hat.

Noch einmal: Es ist ein wirklich gutes Zeichen von menschlicher Verbundenheit, von Verbundenheit der Völker miteinander, die es in Europa über die Grenzen hinweg gibt, dass es immer wieder solche Übernahmen von schwer betroffenen Patienten gibt. Fast jeden Tag werden Menschen in deutsche Kliniken verlegt.

FRAGE: Wie viele ausländische Patienten wurden bisher mit MedEvac-Flügen nach Deutschland gebracht?

ADEBAHR: Das BMVg ist heute nicht da.

SEIBERT: Das BMVg könnte das beantworten.

ZUSATZFRAGE: Wie viele Soldaten sind bisher im Corona-Einsatz?

VORS. SZENT-IVÁNYI: Vielleicht kann die Pressestelle das nachliefern.

FRAGE: Ich habe jeweils eine Frage an BMI und BMG.

Meine erste Frage bezieht sich auf die Binnengrenzkontrollen. Erwarten Sie, dass diese auch über Ostern hinaus aufrechterhalten werden? Wenn ja, wie lange? Erwarten Sie mit Blick auf die EU-Außengrenzschließungen, dass der Rahmen von 30 Tagen noch einmal verlängert wird?

Die Frage an das BMG: Könnten Anordnungen, die iranische Rückkehrer betreffen, in naher Zukunft auch noch Rückkehrer aus anderen Ländern betreffen?

GRÜNEWÄLDER (BMI): Die Binnengrenzkontrollen dienen ja dazu, die Infektionsketten nach Deutschland zu unterbrechen. Ein Kriterium dabei ist, ob es sich bei der Grenzsicherung um ein Risikogebiet handelt oder nicht. Aus Sicht des BMI gibt es hier im Moment keinen Änderungsbedarf. Wir müssen schauen, dass die Maßnahmen wirken. Das gilt auch für die europäischen Maßnahmen.

ZUSATZ LUDWIG: Die Frage war, ob Sie erwarten, dass über Ostern hinaus verlängert wird.

GRÜNEWÄLDER: Aus meiner Sicht gibt es im Moment keine Änderungen. Ich kann Ihnen nicht sagen, ob morgen eine andere Entscheidung getroffen wird. Es ist so, dass die Maßnahmen der Bundesregierung ‑ auch die Grenzkontrollen ‑ immer wieder neu bewertet werden und gesehen wird, ob die Erfordernisse noch gegeben sind. Wie gesagt, die Grenzkontrollen dienen dazu, die Infektionsketten zu unterbrechen. Das funktioniert nach unserer Auffassung sehr gut. Es gibt im Moment keine Veranlassung, das zu ändern.

FRAGE: Herr Grünewälder, sehen Sie, was das Grenzregime an den Flughäfen angeht, den Bedarf nachzusteuern? Bisher gibt es keine Quarantänepflicht. Ist diesbezüglich perspektivisch eine Änderung geplant?

GRÜNEWÄLDER: Sie sind ein bisschen später gekommen. Das Thema haben wir schon zu Beginn behandelt.

ZUSATZ: Danach haben Sie ja eine neue Info bekommen, die die Grundlage für diese Frage war.

GRÜNEWÄLDER: Die Beurteilung, was die Situation für Einreisen nach Deutschland und die Quarantäneanordnung betrifft, richtet sich nach dem Infektionsschutzgesetz, das die Länder umsetzen. Dazu haben wir vorhin schon die Antwort gegeben.

ZUSATZFRAGE: Stand jetzt ist nicht beabsichtigt, dass das BMI oder das BMG diesbezüglich etwas ändern oder gemeinschaftlich beschließen, dass man an den Zuständigkeiten und der Verpflichtung etwas ändern soll?

GRÜNEWÄLDER: Wie gesagt, die Bundespolizei unterstützt gerne bei solchen Maßnahmen. Zuständig sind die Gesundheitsämter vor Ort bzw. die Länder. An der Antwort von eben hat sich also nichts geändert.

ZUSATZ (ohne Mikrofon; akustisch unverständlich)

WACKERS: Ich kann Ihnen dazu nichts sagen. Wir bewerten das fortlaufend und werden dann die Entscheidung treffen. Das ist der Stand dazu.

[...]

FRAGE: Stimmen die Berichte, dass Herr Scholz mindestens 200 Milliarden Euro für europäische Programme für nötig hält, die sich so zusammensetzen: 100 Milliarden Euro für ESM-Kredite, 50 Milliarden Euro für die Investitionsbank und 50 Milliarden bis 100 Milliarden Euro für eine europäische Arbeitslosenrückversicherung?

Wäre die Bundesregierung oder das Finanzministerium bereit, das Kapital des ESM aufzustocken? Das würde für Deutschland einen Betrag von etwa 22 Milliarden Euro bedeuten.

KOLBERG (BMF): Der Minister hat im Interview gestern noch einmal ausführlich zu dieser Frage Stellung genommen. Ihm ist wichtig, dass es eine solidarische und starke Antwort auf europäischer Ebene gibt, um Arbeitsplätze und Unternehmen zu schützen, damit wir gemeinsam gut durch diese Krise kommen.

Er hat in dem Interview auch noch einmal darauf hingewiesen, dass es starke und verfügbare Instrumente gibt, um schnell und effektiv Hilfe an diejenigen europäischen Staaten zu bringen, die sie jetzt besonders dringend brauchen. Wir sind jetzt zusammen mit den Finanzministern der Eurogruppe in der Vorbereitung, um den Staats- und Regierungschefs einen Vorschlag zu machen, wie man die Maßnahmen, die ohnehin schon ergriffen wurden, jetzt noch weiter stärkt. Er hat darauf hingewiesen, dass die Europäische Investitionsbank mit Kreditvergaben eine wichtige Rolle dabei spielen kann, dass der ESM mit der vorsorglichen Kreditlinie zur Verfügung steht, und dass die Kommission einen Vorschlag für einen Fonds zur Unterstützung von Kurzarbeitergeld gemacht hat, den wir grundsätzlich begrüßen. Die Gespräche dazu laufen jetzt.

Ganz viele Maßnahmen sind also auf dem Weg. Die Kommissionspräsidentin hat betont, dass derzeit Maßnahmen in Höhe von 2,7 Billionen Euro im Gespräch oder bereits umgesetzt sind, und gesagt, das sei die größte Reaktion der EU in der Geschichte auf eine Krise.

Man sieht also: Eine solidarische Antwort Europas ist schon gegeben worden und ist weiterhin auf dem Weg. Die Finanzminister arbeiten mit Hochdruck an weiteren Vorschlägen. Sobald diese vorliegen, werden wir sie hier vorstellen. Am Dienstag treffen sich die Finanzminister. Dann wird auch der Minister ausführlich Stellung zu den Ergebnissen nehmen, die dabei gemeinsam in Solidarität gefunden wurden.

ZUSATZFRAGE: Darf ich die Frage noch einmal wiederholen? Ich hatte konkret gefragt, ob die Zahl von über 200 Milliarden Euro, die nach Meinung des Ministers nötig sein sollen, stimmt und ob das Finanzministerium für eine Kapitalaufstockung des ESM ist.

KOLBERG: Der Minister hat sich gestern ausführlich zu seinen Vorschlägen geäußert. Jetzt sind wir in den Gesprächen mit unseren europäischen Partnern. Sobald es weitere Details über das, was der Minister gestern ohnehin schon gesagt hat, hinaus gibt, werden wir uns hier ausführlich dazu äußern.

FRAGE: Wie schätzt die Bundesregierung die Chancen dafür ein, dass man kommende Woche tatsächlich zu einer Einigung kommt, auch angesichts des doch immer noch anhaltenden Widerstandes auch aus Italien?

KOLBERG: Wir sind in guten Gesprächen mit unseren italienischen Partnern, um in der Gruppe der Finanzminister den Staats- und Regierungschefs eine gute Lösung vorzulegen, wie wir uns gemeinsam gegen die Krise stemmen können. Die Gespräche laufen. Jetzt sind noch weitere Punkte zu klären. Wir haben einen guten Vorschlag gemacht, und andere haben ihre Vorschläge eingebracht. Darüber werden wir uns jetzt konstruktiv austauschen.

[...]

FRAGE: Herr Kolberg, gegebenenfalls Herr Seibert, Eurobonds aufzulegen dauert jetzt ja zu lange. Aber gibt es innerhalb der Bundesregierung Pläne, die Eurobonds nach der Krise anzugehen, um die dann durch die Krisenbewältigung belasteten Staatshaushalte in den anderen Staaten vor Spekulanten zu schützen?

KOLBERG: Wie ich hier gesagt habe: Für uns ist wichtig, dass es jetzt eine schnelle, solidarische und starke Antwort in Europa auf die Krise gibt. Daran arbeiten wir jetzt, das steht jetzt für uns im Vordergrund.

ZUSATZFRAGE: Das wissen wir alle, das haben wir jetzt schon öfter gehört. Aber es geht ja darum, dass es andere europäische Staaten gibt, die gerade blockieren können und auch tatsächlich blockieren. Es würde ja helfen, zum Beispiel Italien zu sagen: Okay, wir gehen das danach an, damit die Blockade aufhört.

KOLBERG: Wir arbeiten an einer solidarischen Antwort und sind zuversichtlich, dass die bald kommt. Das ist der Stand, den ich Ihnen im Moment mitteilen kann.

FRAGE: Wird schon an einer Nachfolgeregelung für die Saisonarbeiter gearbeitet?

GRÜNEWÄLDER: Ich kann dazu gerne kurz Stellung nehmen. BMEL und BMI, also die Minister Seehofer und Klöckner, haben gestern ein Konzeptpapier vorgestellt, das beschreibt, wie es unter strengen Auflagen möglich ist, eine gewisse Anzahl von Saisonarbeitern nach Deutschland zu bringen, die hier dann arbeiten können. Ich weiß nicht, ob die Frage darauf anspielt. Das wurde gestern jedenfalls dem Kabinett vorgestellt und wird nun in Zusammenarbeit mit dem Bauernverband und der Bundespolizei umgesetzt. Nähere Einzelheiten kann vielleicht das BMEL noch ergänzen.

LENZ (BMEL): Es wäre gut, wenn die Frage noch ein bisschen präzisiert werden könnte, aber ansonsten kann ich mich dem Kollegen vom BMI natürlich anschließen und sagen, dass Frau Klöckner und Herr Seehofer gestern im Kabinett ein Konzept vorgestellt haben, wie man eben genau diese beiden Punkte, über die wir auch am Mittwoch hier an dieser Stelle schon gesprochen hatten, zusammenbringen kann: auf der einen Seite die Erntesicherung und auf der anderen Seite eben die sehr strengen Vorgaben des Infektions- und Gesundheitsschutzes. Das ist mit dem Konzept, das vorgelegt wurde, gelungen.

ZUSATZFRAGE: Es geht um die weiteren Monate bis Oktober. Ist da schon irgendetwas in Planung?

LENZ: Im Moment geht es in dem Konzept erst einmal um die Monate April und Mai, und dann müssen wir schauen, wie die Lage ist, müssen das zum nächsten Zeitpunkt bewerten und dann weitersehen. Im Moment geht es aber erst einmal um die Monate April und Mai.

FRAGE: In der Diskussion um die Erntearbeiter hat sich ja herausgestellt, dass es einen beträchtlichen Anteil von Leuten gibt, die ohne Papiere, also als illegale Ausländer, bei uns arbeiten. Jetzt gibt es verstärkte Sorgen, dass dort irgendeine Infektion ausbrechen könnte und ausgerechnet diese Leute ohne Papier aus Angst nicht zu den Behörden bzw. zu den Ärzten gehen. Hat die Bundesregierung das Problem im Griff? Gibt es irgendwelche Pläne, diese Problematik anzugehen?

LENZ: Ich kann jetzt nur über das Konzept sprechen, das vorgelegt wurde, und da geht es, wie gesagt, um den Infektions- und Gesundheitsschutz und die Vorgaben, die da gelten. Da ist natürlich völlig klar, dass diese Personen legal einreisen, dass bestimmte Bedingungen gelten und dass es bei der Einreise einen Gesundheitscheck gibt. Über diejenigen ohne Papiere kann ich hier jetzt für das Landwirtschaftsministerium keine Auskunft geben.

ZUSATZFRAGE: Gibt es jemanden, der mir da helfen könnte?

(Die Frage wurde nicht beantwortet.)

Notstandsgesetze in Ungarn

FRAGE: Zum Stichwort Ungarn: Martin Schulz fordert den Stopp aller EU-Gelder an Ungarn. Welche Reaktion hält die Bundesregierung für richtig?

SEIBERT (BReg): Deutschland gehört ja zu den 13 europäischen Mitgliedstaaten, die eine Stellungnahme unterschrieben und abgegeben haben. Das ist, glaube ich, ein wichtiges Zeichen, dass da gesetzt worden ist. Ich kenne jetzt nicht die konkrete Forderung von Herrn Schulz, deswegen müsste ich mir das erst noch einmal anschauen. Ganz klar ist aber unsere Haltung, dass auch und gerade in Zeiten der Krise die Stunde des Rechtsstaats schlägt und dass wir auch mit allen krisenbewältigenden Maßnahmen, allen Maßnahmen, die natürlich die einzelnen Mitgliedstaaten ergreifen müssen, um sich dieser gigantischen Herausforderung zu stellen, doch innerhalb der europäischen Grundsätze und Werte bleiben müssen, das heißt, Achtung der Menschenwürde, Freiheit, Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und auch Presse- und Meinungsfreiheit. Das ist im Wesentlichen der Inhalt des Schreibens der 13 europäischen Mitgliedstaaten, veröffentlicht durch das niederländische Außenministerium, dem wir auch zustimmen.

ADEBAHR (AA): Ich kann vielleicht noch ergänzen, dass sich bei diesem Statement über Nacht noch Entwicklungen ergeben haben: Es sind jetzt 18 Mitgliedstaaten, die das gezeichnet haben ‑ ganz klassische Gründungsmitgliedstaaten, aber auch Mitgliedstaaten, die erst jüngst ‑ etwa aus dem Baltikum ‑ oder in der jüngeren Geschichte der EU beigetreten sind. Ungarn hat sich heute Nacht auch entschieden, diesem Statement selbst beizutreten. Insofern ist das jetzt eine große Gruppe von 18 Staaten. Das führt uns zu der Annahme, dass sich auch in der EU eine große Gruppe von Staaten damit einverstanden erklärt, dass man sich gemeinsam über die Achtung der Grundrechte und der Rechtsstaatlichkeit unterhält und dieses Thema auf der Tagesordnung bleibt.

FRAGE: An Herrn Seibert und Frau Adebahr: Würden Sie denn sagen oder bestätigen, dass mit dieser Erklärung Ungarn und Polen gemeint waren, also dass mit der Aufforderung, sich an die Rechtsstaatlichkeit zu halten, genau diese beiden Länder gemeint waren?

ADEBAHR: Na ja, das richtet sich ja an uns alle, und zwar immer wieder. Ich glaube, die Medieninterpretation erfolgt auch nicht immer ganz zu Unrecht.

FRAGE: Herr Seibert, gab es in den letzten Tagen Kontakte zwischen Frau Merkel und Herrn Orbán? Wenn nein, wieso nicht?

SEIBERT: Ich habe da keine Informationen für Sie, kann Ihnen über solche Kontakte jetzt also nicht berichten. Ich bin mir sicher, dass zumindest beim nächsten Europäischen Rat, der wieder in Form einer Videokonferenz durchgeführt wird, beide anwesend sein werden.

ZUSATZFRAGE: Aber jetzt wird die Demokratie in Ungarn abgeschafft. Ist das für die Kanzlerin nicht Anlass, sich mit Herrn Orbán zu verständigen?

SEIBERT: Das war ja Anlass für sehr klare Äußerungen hier in der Bundespressekonferenz vorgestern durch Frau Demmer, und das war Anlass für die Bundesregierung in Gestalt des Auswärtigen Amtes, dieser wichtigen Erklärung beizutreten.

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