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Erklärungen des Auswärtigen Amts in der Regierungspressekonferenz vom 21.02.2020

21.02.2020 - Artikel

Anschlag in Hanau

DEMMER (BReg): Auch wenn der Anschlag in Hanau hier schon eine Stunde lang ein Thema war und die Kanzlerin sich gestern auch persönlich geäußert hat, möchte ich hier noch einmal für die Bundesregierung tiefe Bestürzung über diese abscheuliche und durch nichts zu rechtfertigende Gewalttat zum Ausdruck bringen und sie auf das Schärfste verurteilen. Die Bundesregierung und alle staatlichen Institutionen stehen für die Rechte und die Würde eines jeden Menschen in unserem Land. Wir unterscheiden Bürger nicht nach Herkunft oder Religion. Wir stellen uns denen, die versuchen, Deutschland zu spalten, mit aller Kraft und Entschlossenheit entgegen.

[…]

FRAGE: Ich habe noch ein paar offene Fragen von vorhin. Der Minister Horst Seehofer sprach unter anderem von einer Durchsuchung und Beschlagnahmung von Mengen von Sprengstoff, Handgranaten und Kalaschnikows. Das hat jetzt nichts mit Hanau, soweit ich weiß, zu tun. Könnten Sie das vielleicht etwas quantifizieren? Um welchen Fall handelt es sich dort? Um wie viele Mengen und welche Art von Sprengstoff handelt es sich da?

KUSHNEROVICH (BMI): Ich kann Ihnen Informationen dazu nachliefern, eventuell schon im Laufe der RegPK. Wir kümmern uns gerade darum, dass die Details zusammengetragen werden.

ZUSATZFRAGE: Zusätzlich würde mich interessieren, vielleicht vom Familienministerium: Nach dem Anschlag in Halle gab es ja auch Forderungen von Franziska Giffey, das sogenannte Demokratiefördergesetz auf den Weg zu bringen. Können Sie uns dazu eine aktuelle Einschätzung geben? Ist das jetzt, sozusagen durch diese Vorfälle, noch einmal Thema bei Ihnen im Haus? Wird das noch einmal politisch avisiert?

KEMPE (BMDSFJ): Lassen Sie mich zunächst einmal sagen, dass auch wir, dass auch die Ministerin entsetzt und fassungslos über das ist, was in Hanau geschehen ist. Sie spricht den Angehörigen der Opfer ihre tiefe Anteilnahme aus und wünscht den Verletzten schnelle Genesung.

Wir denken natürlich auch an die vielen Menschen, die jetzt Angst haben, selbst Opfer von rechtem Terror zu werden, zum Beispiel wegen ihres Aussehens, ihrer Herkunft oder Religion. Unsere Botschaft muss sein: Wir stehen als Gesellschaft eng zusammen und weichen keinen Millimeter vor Extremisten und Terroristen zurück, die unsere Demokratie zerstören wollen.

Aus unserer Sicht gibt es nicht die Antwort auf die Frage, was gegen die Gefahr von rechts getan werden muss. Klar aber ist, dass wir neben dem entschlossenen Vorgehen der Sicherheitsbehörden auch die Prävention stärken und unsere vielfältige Demokratie aktiv verteidigen müssen.

Wir tragen dazu unseren Teil durch Demokratieförderung und Präventionsarbeit bei, vor allem im Rahmen des Bundesprogramms „Demokratie leben“. Dieses Programm ist das umfangreichste und mit 150,5 Millionen Euro jährlich das finanzstärkste Programm auf diesem Gebiet und einzigartig in Europa.

Prävention und Demokratieförderung sind deswegen auch so wichtig. Es ist kein Projekt, sondern eine Daueraufgabe. Insofern müssen wir auch hier noch einmal sagen, dass wir es für erforderlich halten, dass wir ein Demokratiefördergesetz bekommen, das für stabile Strukturen sorgt und die Finanzierung garantiert. Wie Sie richtig sagen: Darauf hat die Ministerin mehrfach hingewiesen. Wir bleiben dran. Wir finden, dafür ist es höchste Zeit.

FRAGE: Nur eine kurze Nachfrage an das Innenministerium: Der Herr Innenminister hatte gesagt, dass er sehr bestürzt über die sehr große Menge an Handgranaten und Kalaschnikows gewesen sei. Er habe auch mit der Kanzlerin darüber gesprochen. Sie kennen diesen Vorgang noch nicht genau, verstehe ich. Können Sie schon sagen, ob das etwas mit den Durchsuchungen bei den zwölf mutmaßlichen Rechtsterroristen zu tun hat? Hat das etwas mit diesem Fall zu tun, oder ist das wieder ein ganz anderer Fall?

KUSHNEROVICH: Wir kennen den Vorgang natürlich. Wie gesagt: Ich kann Ihnen das bestätigen, was der Minister gesagt hat. Die Ausführungen dazu haben Sie ja gehört. Weitere Details dazu kann ich Ihnen gegebenenfalls nachliefern.

FRAGE: Gleicher Themenkomplex: Der „SPIEGEL“ hat zum Thema „Gruppe S.“ berichtet, dass der eine terrorverdächtige Polizeimitarbeiter vor einigen Jahren an der Vergabe von Waffenscheinen beteiligt gewesen sein soll. Er soll unter anderem kontrolliert haben, wer einen Waffenschein bekommt. Können Sie erklären, wie das möglich ist und wie man das in Zukunft vermeiden kann?

KUSHNEROVICH: Auch dieser Aspekt ist uns natürlich bekannt. Aber an dieser Stelle kann ich zu den laufenden Ermittlungen nichts ausführen. Ganz grundsätzlich wäre in diesem Zusammenhang ‑ zu dem zweiten Teil Ihrer Frage bezüglich dessen, was wir vorhaben oder was dagegen zu tun ist ‑ auf die Einrichtung eines Referats im Bundesverfassungsschutz hinzuweisen, das sich genau mit solchen Fragestellungen, nämlich mit rechten Umtrieben im öffentlichen Dienst, befassen soll. Die Gründung dieser Einheit hat ja bereits 2019 stattgefunden. Damit begegnen wir dieser Problemstellung und werden da in Zukunft sehr aktiv werden.

FRAGE: Ich war gestern in Hanau. Da waren sehr viele Menschen aus Deutschland ‑ Bürger, Politiker, der Bundespräsident. Aber es gab auch sehr viel internationale Aufmerksamkeit. Ich glaube, aus der gesamten Welt sind Kollegen dahin gereist. Dieser Komplex, was passiert ist, ist nicht ganz neu. Das sieht man schon einige Jahre. Viele Leute haben sofort an Mölln und Solingen gedacht und auch an andere Attentate, die es gegeben hat.

Meine Frage ist: Sorgt sich die Bundeskanzlerin in Anbetracht dieses Komplexes auch um das internationale Image von Deutschland, wenn jetzt diese Attentate in immer kürzeren Distanzen stattfinden und wenn Ausländer in Deutschland einfach abgeknallt werden? In diesem Fall muss man das so sagen.

DEMMER: Die Bundeskanzlerin hat ja gestern deutliche Worte gefunden. Ich kann hier nur noch einmal wiederholen: Die Bundesregierung und die Bundeskanzlerin stellen sich klar und entschieden gegen jede Form von Hass und Fremdenfeindlichkeit. Es ist unsere Aufgabe, sich dem entgegenzustellen und für die Werte einzustehen, die uns wichtig sind.

Es ist also innenpolitisch ein wichtiges Thema. Sie haben hier die Pressekonferenz des Bundesinnenministers und der Justizministerin verfolgt. Ich glaube, Sie waren sogar da. Grundsätzlich geht es darum, diese Probleme hier zu lösen.

ZUSATZFRAGE: Ich verstehe das sehr gut. Ich habe gut zugehört, und ich denke auch, dass Sie alles Mögliche machen. Nur wenn diese Dinge stattfinden, dann stelle ich mir die Frage ‑ deshalb noch einmal die Wiederholung der Frage ‑, ob Sie besorgt sind, dass das internationale Image von Deutschland Schaden nehmen könnte, wenn Menschen aus anderen Ländern, die hierhin kommen, die hier arbeiten und wohnen, getötet werden. Das ist ja auch ein Bild von Deutschland, das in diesen Tagen um die Welt geht.

DEMMER: Ich würde gern ‑ ich merke schon, der Kollege möchte gern sprechen ‑ noch einmal betonen, dass es für die Bundesregierung zuvorderst wichtig ist, durch konkrete Politik und konkrete Entscheidungen dafür zu sorgen, dass der Zusammenhalt hier in Deutschland größer und nicht kleiner wird und dass der Zusammenhalt aller, die dauerhaft in Deutschland leben, egal ob mit oder ohne Migrationshintergrund, hier funktioniert, und zwar angstfrei. Das ist uns wichtig. Das ist zuvorderst wichtig.

BREUL (AA): Ich kann vielleicht nur kurz ergänzen: Ich denke, der Bundespräsident hat in Yad Vashem eine sehr bewegende Rede gehalten, die diesen Aspekt noch einmal betont. Er hat auch erwähnt, dass wir uns natürlich bewusst sind, dass wir international unter Beobachtung stehen und gerade solche Vorfälle im Ausland besonders aufmerksam verfolgt werden. Das ist selbstverständlich.

Frau Demmer hat gerade richtig gesagt: Das nehmen wir ernst, das nehmen wir wahr. Wir brauchen das aber nicht um zu erkennen, wie ernst dieses Problem ist. Wir bekämpfen den Rechtsextremismus in Deutschland nicht aus der Überzeugung heraus, dass wir glauben, er schade unserem Bild im Ausland. Diesen Punkt würde ich gern unterstreichen.

Ich möchte hinzufügen: Wir möchten uns ‑ das hat der Außenminister gestern auch schon getan ‑ ausdrücklich für die vielen Botschaften aus aller Welt der Anteilnahme und Solidarität im Kampf gegen solche Taten bedanken. Davon gab es gestern und heute noch einmal sehr viele. Dafür sind wir unendlich dankbar.

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