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Erklärungen des Auswärtigen Amts in der Regierungspressekonferenz vom 03.02.2020

03.02.2020 - Artikel

Coronavirus

FRAGE: Einen schönen guten Morgen! Ich würde gern von der Bundesregierung wissen, ob denn ‑ wie andere Länder auch ‑ die Bundesregierung Einreisebeschränkungen plant, und, wenn ja, wie sie aussehen.

GÜLDE (BMG): Ich würde vielleicht einmal anfangen, und gegebenenfalls können die anderen Ressorts ergänzen.

Herr Minister Spahn hat ja bereits gestern angekündigt, dass er ein gemeinsames Vorgehen der G7-Staaten als auch der Europäischen Gemeinschaft anstrebt, was den Reiseverkehr anbelangt, den Virus weiter einzudämmen. Dieser Verständigungsprozess läuft gerade. Ich kann natürlich jetzt die Ergebnisse nicht vorwegnehmen.

FRAGE: Eine Frage an das Auswärtige Amt. Wir lesen bei der „AFP“, dass das chinesische Außenministerium angibt, der eigene Bedarf an Atemmasken, Schutzanzügen und Schutzbrillen sei nicht aus eigener Landesproduktion zu decken und man wolle sich deswegen an Europa, Japan und die USA wenden. Gibt es da Kontakte zwischen den beiden Staaten, also zur Bundesrepublik, was entsprechende Hilfszusagen angeht?

BURGER (AA): Ja. Sie haben vielleicht am Wochenende mitbekommen, dass in dem Flugzeug der Luftwaffe, mit dem der Evakuierungsflug durchgeführt wurde, auf dem Hinflug schon auf Bitten der chinesischen Regierung entsprechendes Verbrauchsmaterial mitgebracht wurde, nämlich 10 000 Schutzanzüge. Der Außenminister hat am Samstag auch mit seinem chinesischen Amtskollegen telefoniert und sich noch einmal für die Unterstützung der chinesischen Behörden bei dieser Evakuierungsaktion bedankt. Da war auch noch einmal Thema das Angebot der Bundesregierung an die chinesischen Behörden, weiterhin nach Kräften bei der Eindämmung des Virusausbruchs zu helfen. Dazu gehört natürlich auch, dass wir prüfen, wo wir mit entsprechenden Materiallieferungen unterstützen können.

FRAGE: Zum Rückflug hätte ich eine Frage an das Verteidigungsministerium und an das Auswärtige Amt. Konnten Sie schon mit Ihren russischen Partnern klären, was die Ursache für eine verweigerte Zwischenlandung in Moskau war oder gewesen sein könnte?

BURGER: Sie haben ja vielleicht am Wochenende auch die Äußerung der Verteidigungsministerin dazu gesehen. Wir sind natürlich, wie es nach so einer Aktion üblich ist, jetzt auch noch dabei, uns intern zu besprechen, wie diese Aktion funktioniert hat, welche Lehren man daraus auch ziehen kann, was man administrativ verbessern kann.

Ich kann Ihnen sagen: Wir haben derzeit keine Anzeichen dafür, dass es irgendeinen politischen Hintergrund für diese russische Entscheidung gegeben hat. Aus unserer Sicht standen natürlich die ganze Zeit, auch in der Nacht, die Bemühungen im Vordergrund, den Flug trotzdem erfolgreich durchführen zu können. Daran haben wir alle gemeinsam in der Nacht gearbeitet. Das ist ja dann auch erfolgreich geschehen.

COLLATZ (BMVg): Vielleicht kann ich das ergänzen. Ich habe mich mit der Luftwaffe darüber unterhalten. Für sie ist das nicht ein Normalvorgang, aber durchaus üblich, dass ein Flughafen einmal signalisiert: Wir haben gerade Kapazitätsgrenzen. ‑ Darauf ist jeder, der Flugplanung macht, eingestellt. Insofern hat die Luftwaffe sehr gut reagiert und sofort die Wechselbesatzung umdirigiert.

Wie das ja eben auch schon dargestellt worden ist: Am Wochenende stand im Vordergrund, dass wir die Abholung einwandfrei realisieren. Das hat sehr gut geklappt ‑ trotz dieses kleinen Hindernisses, das wirklich nur klein war und fast ein übliches Verfahren ist.

ZUSATZFRAGE: Sie haben die administrativen Verbesserungen erwähnt. Welche sind das konkret?

BURGER: Ich habe gesagt, dass es üblich ist, dass man sich nach einer gemeinsamen Aktion zusammensetzt, eine Art Manöverkritik macht und bespricht, was man aus so einer Aktion lernen kann und wie die Zusammenarbeit funktioniert hat. Das wird sicherlich in den nächsten Tagen fortgesetzt. Das ist ein ganz normaler Vorgang. Ich kann jetzt keine spezifischen Ergebnisse vorausmelden.

SEIBERT (BReg): Wenn ich das ganz kurz sagen darf: Ich denke, es ist eine gute Gelegenheit, allen Beteiligten an diesem Rückholflug noch einmal ganz ausdrücklich zu danken - vom fliegenden Personal zu den Pflegern, Ärzten und Beteiligten in den Ministerien, die das alles organisiert haben. Das war unter schwierigen Bedingungen eine sehr gute Leistung. Dafür gebührt allen unser Dank.

FRAGE: Ich habe zwei Fragen an das Gesundheitsministerium. Ohne dass Sie Presseschelte betreiben sollten, aber haben Sie den Eindruck, dass in der generellen Berichterstattung die tatsächliche Gefährlichkeit des Virus und seiner Auswirkungen angemessen dargestellt wird? Wenn Sie es zum Beispiel mit Sterblichkeitsraten bei der Grippe vergleichen, dann sind da, glaube ich, die Risiken doch noch höher. Ich will jetzt nicht das Wort Panikmache von Ihnen abverlangen. Aber haben Sie den Eindruck, dass die Darstellung korrekt ist? Oder wird sie übertrieben?

GÜLDE: Sie werden mich nicht dazu treiben, jetzt hier Medienschelte zu betreiben. Wir erkennen natürlich ein besonderes Medieninteresse an diesem Thema ‑ das nehmen wir wahr ‑ und antworten so transparent wie möglich.

ZUSATZFRAGE: Dann habe ich eine zweite Frage an Sie: Der Gesundheitsminister hat gesagt: Nach wie vor fühle man sich gut vorbereitet. Im Zweifelsfall werde man alle Kräfte auf die Bekämpfung des Virus und seiner Auswirkungen konzentrieren. Was haben wir darunter zu verstehen?

GÜLDE: Er wurde in diesem konkreten Fall darauf angesprochen, welche Maßnahmen greifen würden, wenn es tatsächlich zu einer Pandemie in Deutschland käme. Da hat er gesagt, dass in diesem Fall dann sämtliche Prozesse und natürlich auch Kräfte in den Kliniken auf diese Behandlung konzentriert würden.

Aber, wie gesagt: Das sind völlig hypothetische Fälle: Er ist genau auf dieses Thema angesprochen worden. Bislang sprechen wir von zehn Infizierten in Deutschland, alle weitgehend symptomfrei oder symptomarm. Wir können aktuell nicht von einem größeren Ausbruch ausgehen.

FRAGE: Bewerten Sie denn diesen Virus als gefährlicher als die Grippe oder die Masern?

GÜLDE: Zu einer abschließenden Bewertung ist es, denke ich, zum gegebenen Zeitpunkt noch zu früh. Wir wissen einfach zu wenig über den Virus selbst.

Was die Sterblichkeitsrate und die Verbreitungsrate anbelangt, kann man natürlich immer wieder Vergleiche zu anderen Viren, beispielsweise dem SARS-Virus, ziehen. Aber nochmals: Zu einer abschließenden Bewertung ist es noch viel zu früh.

ZUSATZFRAGE: Aber ist davon auszugehen, dass in den letzten Tagen mehr Menschen an Masern oder Grippe als an dem Coronavirus in Deutschland gestorben sind? Haben Sie da Zahlen?

GÜLDE: Zu aktuellen Todesfällen durch Masern liegen mir jetzt keine Erkenntnisse vor. Mir ist nicht bekannt, dass es da in den vergangenen Tagen oder Wochen Todesfälle gegeben hat. Gleiches gilt für den Coronavirus.

Noch einmal: Wir sprechen zurzeit von einem Virus, das noch weitgehend unbekannt ist. Wir können da jetzt keine Bewertung vornehmen. Wir nehmen auch kein Ranking vor, also nach dem Motto: Das ist jetzt gefährlicher als die Masern.

Wenn man jetzt die Infektionsfälle weltweit betrachtet, dann haben wir es auch mit anderen gefährlichen Viren ‑ Sie haben es angesprochen, etwa die Masern ‑ zu tun. Wir haben es beispielsweise auch mit der Grippe zu tun. Da haben wir wesentlich mehr Todesfälle. Das ist keine Frage. Aber wir unternehmen jetzt keine Abstufungen. Wir sehen, dass das Virus durchaus ernst zu nehmen ist. Wir sehen die Verläufe in China. Wir sehen sie aber auch auf der europäischen Ebene. Wie gesagt: Wir bewerten die Lage jeden Tag neu.

Heuschreckenplage in Ostafrika

FRAGE: Ich habe eine Frage zum Thema Heuschreckenplage am Horn von Afrika an das Auswärtige Amt und an das Entwicklungsministerium. Ich würde gern wissen, ob die Bundesregierung die FAO bei den Bemühungen unterstützen wird, die Ausbreitung der Schädlinge zu bekämpfen und warum die Bundesregierung nicht früher auf die Hilferufe der FAO reagiert hat, die es ja schon im September und im November gegeben hat.

BURGER (AA): Für meinen Teil müsste ich Ihnen die Antwort dazu nachreichen. Ich weiß nicht, ob das BMZ mehr parat hat.

KAPPES (BMZ): Wir verfolgen die Lage sehr genau. Wir sind auch mit der FAO in Kontakt. Wir haben verschiedene Handlungsoptionen, die wir aber noch nicht genau geprüft haben. Wir haben also noch keine Entscheidung getroffen. Aber wir werden auf jeden Fall Ostafrika unterstützen.

Aufhebung des Landminenverbots für das US-Militär

FRAGE: Ich würde gern zur Aufhebung des Landminenverbots für das US-Militär kommen. Herr Seibert, wie bewertet das die Bundesregierung? Herr Burger, gibt es eine Stellungnahme des AA? Ich weiß ja, Staatsminister Annen hat dazu schon etwas gesagt. Aber gibt es auch vom Minister oder von jemand anderem einen Kommentar dazu?

SEIBERT (BReg): Die Bundesregierung bedauert diese Entscheidung des amerikanischen Präsidenten. Wir sehen darin einen Rückschlag für die internationalen Bemühungen, einen weltweiten Bann von Landminen zu erreichen. Deutschland ist Mitglied der Ottawa-Konvention und setzt sich als solches aktiv gegen den Einsatz, die Herstellung, die Lagerung sowie die Weitergabe von Antipersonenminen und Streumunition ein. Außerdem unterstützen wir schon seit vielen Jahren, seit Beginn der Neunzigerjahre, Projekte der Minen- und Kampfmittelräumung. Das ist der doppelte Ansatz, den wir als Bundesregierung auch weiterhin vertreten werden.

BURGER (AA): Für das Auswärtige Amt ‑ Sie haben es schon richtig wahrgenommen ‑ hat sich ja der Staatsminister im Auswärtigen Amt, Niels Annen, dazu geäußert. Er hat gesagt:

„Präsident Trumps Entscheidung, das Verbot zum Einsatz von Landminen zu ignorieren, ist ein schwerer Rückschlag für die langjährigen internationalen Bemühungen, diese tödliche Waffe zu ächten. Die USA wären gut beraten, ihre Entscheidung zu überdenken. Denn mit den Folgen des Einsatzes von Landminen haben die betroffenen Staaten oft noch viele Jahre nach Ende von Feindseligkeiten zu kämpfen. Auch deshalb bleibt Deutschland im Bereich des Minenräumens in vielen Staaten engagiert.“

ZUSATZFRAGE: Danke, das kannte ich. Ich wollte nur wissen, ob er damit für das Auswärtige Amt gesprochen hat.

Herr Seibert, Sie sagen, Sie bedauern das? Das heißt, Sie fordern die Amerikaner nicht auf, zu dieser Vereinbarung zurückzukehren?

SEIBERT: Staatsminister Annen hat natürlich für das Auswärtige Amt gesprochen. Sie haben jetzt gerade gehört, dass die Haltung der Bundesregierung und die Haltung des Auswärtigen Amtes in dieser wichtigen Frage identisch sind. Das ist ja auch nicht verwunderlich, weil wir zur gleichen Bundesregierung gehören. Ich habe Ihnen das gesagt, was ich dazu heute sagen kann.

FRAGE: Das heißt, eine proaktive Verurteilung oder ‑ wie mein Kollege auch schon angefragt hat ‑ den US-Partner zu bitten, diesen Schritt zurückzunehmen, ist nicht Teil der aktuellen Agenda der Bundesregierung in diesem Themenkontext?

SEIBERT: Sie haben meine Stellungnahme gehört. Sie haben auch die Stellungnahme des Staatsministers gestern gehört.

Abschlussbericht der OPCW zum angeblichen Giftgasangriff in Duma

FRAGE: Herr Burger, ich hatte in der letzten Woche Ihre Kollegin Maria Adebahr zu den Aussagen von Ian Henderson, Mitglied der Fact-Finding Mission in Duma, gefragt, der vor dem UN-Sicherheitsrat ausgesagt hatte, dass der Abschlussbericht der OPCW massiv gefälscht wurde und in keinster Weise die Ergebnisse der Vor-Ort-Mission widerspiegelt. Ihre Kollegin hatte dazu noch keinen Kenntnisstand und wollte etwas nachreichen. Das ist nicht erfolgt. Deswegen würde ich Sie bitten ‑ denn ich denke, nach einer Woche wird das dem AA bewusst sein ‑, dazu Stellung zu nehmen.

Meine Fragen, damals wie heute, sind: a) War ein Vertreter der Bundesregierung bzw. der Bundesrepublik bei dieser Sitzung des UN-Sicherheitsrats anwesend? b) Wie bewertet die Bundesregierung diese Vorwürfe des renommierten Chemiewaffenexperten in Bezug auf die Manipulation des Abschlussberichts?

BURGER (AA): Falls eine Nachreichung angekündigt wurde und sie noch nicht erfolgt ist, dann tut mir das leid. Dann werden wir das so schnell wie möglich nachholen.

Ich kann Ihnen grundsätzlich sagen, dass wir der Auffassung sind, dass die Berichte nach den Regeln der OVCW erstellt worden sind und wir überhaupt keinen Anlass sehen, an deren Richtigkeit und fachgemäßen Erstellung zu zweifeln.

ZUSATZFRAGE: Aber die Bundesregierung, insbesondere das Auswärtige Amt, sollten ja zumindest in der Lage sein, mir zu sagen: Ja, ein Vertreter der Bundesrepublik war bei dieser Sitzung des UN-Sicherheitsrats anwesend.

BURGER: Wie gesagt: Wenn es da etwas nachzureichen gibt, wenn wir eine Nachreichung zugesagt haben, dann hole ich das gern nach.

Es ist nun auch nicht ganz neu, dass es seit langem Versuche gibt, die Arbeit der OVCW zu diskreditieren. Wir haben uns von Anfang an dagegen gewandt.

Unsere Bemühung dient dem Ziel, die OVCW als die multilaterale Institution, die das Mandat der internationalen Staatengemeinschaft hat, um das Verbot von Chemiewaffen durchzusetzen, institutionell zu stärken. Das geschieht unter anderem dadurch, dass wir ihr Mandat stärken, Chemiewaffeneinsätze, wo sie stattfinden, zu untersuchen und auch der Urheberschaft dieser Chemiewaffeneinsätze nachzugehen. Denn wir sind der Auffassung, dass das Verbot von Chemiewaffen eine so fundamentale Errungenschaft der internationalen Rüstungskontrollpolitik in den letzten Jahren ist, dass Verstöße dagegen nicht unbeantwortet bleiben können.

ZUSATZFRAGE: Ich hatte mich aber jetzt nicht auf externe Kritik bezogen, sondern auf interne Fachexperten der OPCW, die zu Whistleblowern geworden sind, weil sie sagen: Da gibt es ganz massive fachliche Mängel. Diese Aussagen wurden ja auch nicht irgendwo getroffen, sondern vor dem UN-Sicherheitsrat. Deswegen würde ich Sie trotzdem noch einmal fragen: Das heißt, das Auswärtige Amt hat bis heute keinen Kenntnisstand zu diesen Aussagen, die auch eine relativ große mediale und politische Bombe waren, wenn ich das einmal so formulieren darf?

BURGER: Ich stimme Ihnen in Ihrer Bewertung nicht zu.

Aber ich kann Ihnen sagen, dass unser Botschafter bei den Vereinten Nationen, Herr Heusgen, im Sicherheitsrat anwesend war.

[…]

BURGER: Ich darf die von Ihnen nachgefragte Nachreichung, die Frau Adebahr in Aussicht gestellt hatte, jetzt der guten Form halber vortragen.

Die Kritik, dass in dem Abschlussbericht der Organisation für das Verbot von Chemiewaffen OVCW zu den Vorfällen in Duma vom 01.03 2019 nicht alle verfügbaren Informationen einbezogen worden seien, trifft nicht zu und wurde bereits wiederholt durch den Generaldirektor der OVCW zurückgewiesen. Die Ergebnisse des Berichts der Fact-Finding Mission basieren neben ballistischen Analysen auf umfassenden Vor-Ort-Untersuchungen, umwelt- und biomedizinischen Proben, toxikologischen Analysen sowie Zeugenbefragungen kommen in der Gesamtbewertung zu dem Schluss, dass es hinreichende Gründe zur Annahme eines Einsatzes von chemischen Waffen gibt. In der von Russland am 20.01 2020 einberufenen Sicherheitsratssitzung wurden keine neuen Erkenntnisse vorgetragen, die diese Bewertung in Frage stellen würden. Die Bundesregierung hat vollstes Vertrauen in die technische Expertise, Professionalität, Unabhängigkeit und Überparteilichkeit der Organisation für das Verbot chemischer Waffen.

ZUSATZ: Ich hatte es vorhin auch schon ausgeführt: Es gibt ja mehrere Whistleblower aus dem Expertenpool der OPCW, die auch in Duma anwesend waren. Deren Hinterfragen des Berichts ‑ das ist ja auch mit Fakten untermauert worden ‑ wird von der Bundesregierung in keiner Weise in Betracht gezogen, sondern nur die Aussagen der Führungsebene der OPCW, die ja just von diesen Whistleblowern dafür kritisiert wird, dass sie diesen Bericht manipuliert haben sollen.

BURGER: Wie gesagt: Die internationale Staatengemeinschaft hat sich darauf geeinigt, Chemiewaffen zu verbieten, weil sie eine grausame und unmenschliche Kriegswaffe sind. Sie hat, um dieses Verbot durchzusetzen, eine Organisation geschaffen, die OVCW. Wir lehnen alle Versuche, die Glaubwürdigkeit der OVCW infrage zu stellen und zu diskreditieren, ab.

ZUSATZ: Jetzt gibt es aber ‑ Sie haben ja schon auf die internationale Staatengemeinschaft hingewiesen, und die ist ja recht divers ‑ auch mehrere Stimmen ‑ das ist ja auch nicht nur Russland ‑, die darauf verweisen, dass sich die OPCW gerade dadurch selbst untergräbt, dass sie halt wie im Fall von Duma sehr fragwürdige Abschlussberichte veröffentlicht. Diese Einschätzung teilen Sie also in keiner Weise.

BURGER: Die OVCW hat sich für diese Untersuchungen klare Arbeitsregeln gegeben. Dabei geht es darum, wie Beweise zu beurteilen und zu bewerten sind. Nach unseren Erkenntnissen ist die Berichterstattung nach den Regeln, die sich die OVCW dafür gegeben hat, erfolgt, und deshalb halten wir sie für glaubwürdig.

Follow-up-Treffen zur Berliner Libyen-Konferenz

FRAGE: Ich habe eine Frage zum Thema Libyen an Herrn Burger. Vor ein paar Wochen hat Herr Minister Maas ein neues Treffen zum Thema Libyen in Berlin auf der Außenministerebene angekündigt. Aber heute hat er gesagt, dass das Treffen anstatt im Februar im März stattfinden soll. Ich möchte fragen, warum der Termin verlegt wird.

BURGER (AA): Ja, das Treffen ist tatsächlich für Mitte Februar geplant. In dem Fernsehinterview gestern Abend hat sich der Außenminister an dieser Stelle versprochen.

ZUSATZFRAGE: Es bleibt also alles so wie gehabt?

Appell mehrerer ehemaliger Bundesminister zur Freilassung von Julian Assange

FRAGE: Diesen Donnerstag werden hier in diesem Raum in der Bundespressekonferenz die ehemaligen Bundesminister Sigmar Gabriel, Däubler-Gmelin und Gerhard Baum einen Appell vorstellen, der zur Freilassung von Julian Assange aufruft. Da würde mich interessieren: Teilt denn die Bundeskanzlerin dieses Bemühen der Bundesminister a. D. um die Freilassung von Julian Assange?

SEIBERT (BReg): Erstens haben die drei den Appell, den Sie schon kennen, noch gar nicht vorgestellt. Das werden sie jetzt tun. Das ist ja auch ihr gutes Recht als Bürger dieses Landes.

Die Haltung der Bundesregierung in dieser Frage ist unverändert. Ich glaube, sie wird auch nach der Vorstellung dieses Appells unverändert sein. Aber jetzt warten wir das einmal ab.

ZUSATZFRAGE: Julian Assange sitzt ja jetzt im Hochsicherheitsgefängnis wegen des Vorwurfs eines Kautionsverstoßes ein. Mich würde interessieren: Wie sieht denn in Deutschland die Höchststrafe aus? Er wurde ja in Großbritannien zu einer Haft von 50 Wochen verurteilt. Was steht denn bei Kautionsverstößen in der Bundesrepublik Deutschland als höchstes Strafmaß an?

LEBER (BMJV): Dazu kann ich jetzt gerade nichts berichten. Das müsste ich gegebenenfalls nachliefern.

FRAGE: Herr Burger, ist das Amt erstaunt darüber, dass der ehemalige Bundesaußenminister jetzt diese Initiative so vorantreibt, oder war es schon zu Amtszeiten von Herrn Gabriel sozusagen mit ähnlicher Energie ein Ansinnen des Auswärtigen Amtes, die Freilassung so, wie die Initiative das offenbar will, aktiv zu betreiben?

BURGER (AA): Ich werde mich hier jetzt nicht zum Wirken des früheren Außenministers äußern. Das sehe ich hier nicht als meine Aufgabe an.

ZUSATZ: Ich habe auch nicht nach einer Bewertung des Wirkens des früheren Außenministers gefragt, sondern gefragt, ob sich das Auswärtige Amt ‑ sagen wir, vor drei Jahren ‑ sehr intensiv für die Freilassung Julien Assanges eingesetzt hat.

BURGER: Ich glaube, unsere Position dazu ist unverändert.

ZUSATZFRAGE: Das ist keine Antwort, Herr Burger. Hat sich das Auswärtige Amt vor drei Jahren intensiv für die Freilassung von Julian Assange eingesetzt?

BURGER: Wie gesagt: Meiner Kenntnis nach ist die Haltung der Bundesregierung dazu unverändert. Wenn es da etwas nachzutragen gäbe, dann würde ich das gerne tun.

FRAGE: Können Sie die Haltung einmal explizit vortragen?

BURGER: Das haben wir hier ja letzte Woche ausführlich getan. Das können Sie gerne nachlesen.

ZUSATZFRAGE: Das habe ich ja jetzt auch vor mir. Das ist ja keine Haltung, sondern einfach nur ein „Wir verfolgen das aufmerksam“. Sie haben ja auch gesagt, dass Sie den Bericht von Herrn Melzer von der UN kennen. Gleichzeitig sagten Sie in der Nachreichung vom Montag: Wir haben keinen Grund, am rechtsstaatlichen Vorgehen der britischen Justiz und der Einhaltung internationaler Mindeststandards bei den Haftbedingungen zu zweifeln. – Wie passt das denn zusammen, wenn der Herr Melzer unter anderem von Folter spricht? Glauben Sie also diesem Bericht von Herrn Melzer nicht? Ansonsten könnten Sie ja das andere nicht sagen.

BURGER: Ich glaube, Sie haben die Haltung der Bundesregierung letzte Woche von uns erläutert bekommen, und daran hat sich nichts geändert.

ZUSATZFRAGE: Das passt jetzt aber nicht zu dem, was ich gerade gefragt habe. Wie passen Ihre nicht vorhandenen Zweifel mit den Erkenntnissen des UN-Sonderberichterstatters zusammen, die Sie kennen?

BURGER: Just über diese Frage haben wir uns hier wirklich schon ausführlich in mehreren Sitzungen unterhalten, und an unserer Haltung dazu hat sich seither nichts verändert.

FRAGE: Ich bin jetzt ein bisschen verwundert, weil ich ja öfter nachgefragt hatte. Daraufhin hieß es zuerst, die Berichte seien nicht zur Kenntnis genommen worden. Dann hat ihr Kollege gesagt, diese Berichte gebe es gar nicht. Wenn ich Sie jetzt richtig verstehe, räumt das Auswärtige Amt mittlerweile ein, dass der UN-Sonderberichterstatter für Folter entsprechende Berichte über Assange veröffentlicht hat.

BURGER: Wissen Sie, darüber haben Sie schon viel geschrieben und darüber haben wir hier in der Vergangenheit viel gesprochen. Die Semantik des Wortes Bericht kann jeder, den es interessiert, nachlesen. Dazu habe ich nichts Weiteres zu sagen.

ZUSATZFRAGE: Aber die Aussage Ihres Kollegen hier war ja klar. Darin hieß es, es gebe lediglich zwei Pressemitteilungen. Würden Sie zumindest sagen „Nein, das war falsch; es gibt mehr als zwei Pressemitteilungen von Herrn Melzer“ und „Ja, es gibt auch Berichte oder ‚communications‘“, oder bleiben Sie bei der Haltung, die Sie hier vor rund zwei Monaten vertreten haben, dass es ausschließlich zwei Pressemitteilungen vom UN-Sonderberichterstatter für Folter zur Causa Assange gibt?

BURGER: Dass ist vor zwei Monaten alles ausführlich erklärt worden. Dem habe ich jetzt wirklich nichts hinzuzufügen.

FRAGE: Mit wem hatte sich Herr Melzer denn im November im Auswärtigen Amt getroffen?

BURGER: Wie bitte?

ZUSATZFRAGE: Mit wem hatte sich Herr Melzer im Auswärtigen Amt im November getroffen?

BURGER: Das haben wir damals auch bekannt gegeben. Ich habe es jetzt gerade nicht präsent. Das kann ich Ihnen gerne nachreichen, aber das können Sie bestimmt auch nachlesen.

ZUSATZFRAGE: Mit dem Minister?

BURGER: Wie gesagt: Das können Sie bestimmt in den Protokollen von damals nachlesen.

ZURUF: Sie sollten es ja besser wissen!

[…]

LEBER: Sie hatten sich nach der Aussetzung des Vollzugs der Untersuchungshaft im deutschen Recht erkundigt. Das ist in § 116 der Strafprozessordnung geregelt. Das Gericht kann den Vollzug des Haftbefehls unter anderem bei Leistung einer angemessenen Sicherheit aussetzen, wenn dies im Einzelfall in Betracht kommt. Dies kommt nur dann in Betracht, wenn dadurch die Fluchtgefahr ausgeräumt wird und keine weiteren Haftgründe wie zum Beispiel Verdunkelungsgefahr bestehen.

BURGER: Ich muss mich korrigieren. Wir hatten zu der Frage, wer im Auswärtigen Amt Herrn Melzer empfangen hat, zwar kommuniziert, aber nicht hier in der Regierungspressekonferenz. Deswegen reiche ich das hiermit gern nach. Es waren die Referatsleiterin für Menschenrechtspolitik im Auswärtigen Amt und die Referatsleiterin des Länderreferats, das unter anderem für Großbritannien zuständig ist.

Nahost-Friedensplan der USA

FRAGE: Herr Seibert, Herr Burger, hat sich die Bundesregierung mittlerweile ein eigenes Bild bzw. eine eigene Bewertung des sogenannten Friedensplans der US-Regierung gemacht? Die Arabische Liga hat jetzt am Wochenende ja auch vor der Umsetzung gewarnt und lehnt den Plan ab.

BURGER (AA): Ich habe Ihnen dazu keinen grundsätzlich neuen Stand mitzuteilen. Wir hatten ja gesagt, dass wir uns im Rahmen der Europäischen Union mit den anderen Partnern intensiv darüber austauschen werden und dass diese Gespräche laufen. Der Außenminister hat letzte Woche auch verschiedene Telefonate darüber geführt, unter anderem mit seinem jordanischen und seinem ägyptischen Amtskollegen, sowie auch mit dem Hohen Vertreter der EU für Außen- und Sicherheitspolitik gesprochen. Sie haben es ja selbst angesprochen: Es gibt inzwischen auch eine Reihe von Wortmeldungen aus der Region und von anderen europäischen Staaten zu dem Thema. Dieser Gesprächsprozess dauert an.

ZUSATZFRAGE: Ich würde gerne wissen, wie lange dieser innereuropäische Diskussionsprozess dauern soll. In Israel oder in den Palästinensischen Gebieten werden ja Fakten geschaffen. Die israelische Regierung will auf Anraten der US-Regierung jetzt schon annektieren. Müssen Sie sich dann nicht beeilen?

BURGER: Sie können davon ausgehen, dass wir solche Beratungen natürlich mit dem Ziel führen, uns auf gemeinsame Bewertungen zu verständigen. Und da sind wir dran.

VORS. FELDHOFF: Herr Seibert, wollen Sie dem etwas hinzufügen?

SEIBERT (BReg): Das entspricht dem, was ich auch gesagt hätte.

FRAGE: Herr Burger, der palästinensische Präsident Mahmud Abbas hat mit dem Abbruch der Beziehungen zu den USA und Israel gedroht. Nehmen Sie diese Drohung ernst?

SEIBERT: Wenn ich das kurz sagen darf: Wir haben diese Meldungen über die Reaktionen des palästinensischen Präsidenten Abbas zur Kenntnis genommen. Unsere Haltung bleibt ‑ und das möchte ich noch einmal betonen ‑, dass wir zu dieser Haltung stehen und eine Rückkehr zu Verhandlungen fordern. Das gilt natürlich für beide Seiten.

Es bleibt dabei: Nur eine mit beiden Seiten ausgehandelte, von beiden Seiten akzeptierte verhandelte Lösung über zwei Staaten kann einen dauerhaften Frieden bringen. Insofern: Unabhängig von ablehnenden und kritischen Äußerungen, die wir aus vielerlei Richtungen hören, bleiben wir dabei, alle Seiten aufzufordern, einen Impuls, wenn es einen gibt, als so etwas zu sehen, als einen Versuch, einen Prozess wieder in Gang zu bringen und sich an Verhandlungen zu beteiligen.

FRAGE: Herr Seibert, besteht für die Bundesregierung die Möglichkeit, über den Appell hinaus, den Sie jetzt noch einmal sehr deutlich bekräftigt haben, in irgendeiner Weise operativ initiativ zu werden? Es gibt ja nicht mehr so arg viele Player, die auf beiden Seiten mindestens noch gehört und respektiert werden. Die Bundeskanzlerin gehört sicherlich schon mit dazu. Gibt es über Appelle hinaus etwas, wo Sie sagen können „Da wird die Bundesregierung, vielleicht auch die Bundeskanzlerin mit ihrem Renommee von sich aus aktiv tätig, um zu verhindern, dass diese Spaltung, diese Nichtkommunikation fortgesetzt wird“ oder bleibt es beim Appell?

SEIBERT: Ich glaube, man muss auch realistisch mit der Einschätzung der eigenen Möglichkeiten umgehen. Es gibt diesen amerikanischen Vorschlag, der eine Möglichkeit ist, einen Impuls zu setzen, um diesen festgefahrenen Prozess wieder in Gang zu bringen. Wir sind mit allen Seiten, ganz besonders natürlich mit der israelischen Seite und der Palästinensischen Behörde, im Kontakt, und zwar im engen Kontakt. Die Bundeskanzlerin hatte ja in der vergangenen Woche die Gelegenheit, hier in Berlin mit dem israelischen Staatspräsidenten zu sprechen. Es gibt aber natürlich auch andere Kontakte, so natürlich auf der Ebene des Außenministeriums. Diese nutzen wir, um unsere Haltung, abgestimmt mit den europäischen Partnern, auch dort klarzumachen.

ZUSATZFRAGE: Wenn man sich das von außen anschaut, sind im Moment diejenigen, über deren Köpfe hinweg Schritte gegangen werden, die Palästinenser. Gibt es auch so etwas wie einen direkten Kontakt ‑ etwa ein Telefongespräch mit Mahmud Abbas ‑, oder können Sie darüber nichts sagen?

SEIBERT: Es gibt Kontakte mit beiden Seiten, natürlich auch mit der palästinensischen. Das versteht sich.

ZUSATZFRAGE: Aber nicht persönlich von Chef zu Chef?

SEIBERT: Wenn ich Ihnen darüber etwas zu berichten habe, werde ich das tun.

Lage in Bolivien

FRAGE: Am Freitag wurde die Anwältin und Bevollmächtigte von Evo Morales festgenommen, als sie versucht hat, Evo Morales für die kommende Parlamentswahl einzuschreiben. Sie ist schwanger, wurde nichtsdestoweniger in sechsmonatige Präventivhaft genommen. Der Vorwurf lautet auf Aufruhr und Terrorismus, weil sie versucht hat, Evo Morales für die Parlamentswahlen einzuschreiben.

Wie bewertet das Auswärtige Amt diesen Vorfall und auch allgemein die aktuelle rechtsstaatliche Lage unter der De-facto-Regierung von Áñez?

BURGER (AA): Die Antwort darauf müsste ich Ihnen nachreichen.

ZUSATZFRAGE: Dann habe ich noch eine Frage, die vielleicht partiell auch an das Wirtschaftsministerium geht. Die De-facto-Regierung hat das Lithiumabkommen mit der deutschen Firma ACI ja endgültig aufgekündigt.

Dazu würde mich zum einen die Haltung des Wirtschaftsministeriums interessieren ‑ der Vertrag wurde ja explizit auch von Herrn Steinmeier unterzeichnet ‑ und zum anderen, ob eine Interimsregierung, die eigentlich nur die Aufgabe hat, Wahlen zu organisieren, nach Einschätzung des Auswärtigen Amtes tatsächlich auch die Befugnis hat, solche Verträge aufzukündigen.

BARON (BMWi): Es ging um eine Vereinbarung der alten Regierung mit dem deutschen Unternehmen ACI. Es war also eine Vereinbarung zwischen diesen beiden Partnern.

Wir waren natürlich sehr überrascht über die Ankündigung der Annullierung und sind weiter im Austausch mit der deutschen Botschaft vor Ort und mit allen Behörden vor Ort, um weiter Sachverhaltsaufklärung zu betreiben. Aber es ist leider nicht einfach, den Gesprächsfaden aufrechtzuerhalten und gesicherte Informationen zu bekommen. Aber dieser Austausch läuft weiter.

ZUSATZFRAGE: Und was antwortet das Auswärtige Amt?

BURGER: Ich habe keinen darüber hinausgehenden Stand.

ZUSATZFRAGE: Der deutsche Botschafter in Bolivien hat die definitive Aufkündigung in zumindest im diplomatischen Kontext sehr harschen Worten kritisiert. Teilen Sie diese Kritik des deutschen Botschafters in Bolivien an der Aufkündigung?

BURGER: Ich habe Ihnen ja eine Nachlieferung zum Thema Boliviens angekündigt. Ich nehme das gern mit auf.



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