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Erklärungen des Auswärtigen Amts in der Regierungspressekonferenz vom 24.01.2020
Empfang des albanischen Ministerpräsidenten durch die Bundeskanzlerin
DEMMER (BReg): Einen schönen guten Tag auch von mir! Zum Wochenauftakt wird die Bundeskanzlerin am Montag den Ministerpräsidenten der Republik Albanien, Edi Rama, empfangen. Im Mittelpunkt der Unterredung werden die bilateralen Beziehungen, die Situation in Albanien nach dem Erdbeben im November 2019, der albanische OSZE-Vorsitz, regionale Fragen und der Stand der Beitrittsperspektive Albaniens zur Europäischen Union stehen. Vor dem Gespräch sind für 10.15 Uhr Pressestatements der Bundeskanzlerin und des albanischen Ministerpräsidenten vorgesehen.
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FRAGE: Der Premierminister von Albanien wird Deutschland wahrscheinlich um Geld für den Wiederaufbau nach den Schäden durch das Erdbeben bitten. Gibt es schon einen Plan der Bundesregierung, wie sie sich daran beteiligen möchte?
Gestern gab es den Bericht von Transparency International. Danach ist Albanien wieder nach unten gerutscht. Unter anderem findet die Verwendung der Gelder hinter verschlossenen Türen statt. Das ist der Vorwurf von Transparency International. Wird die Bundesregierung darauf achten, dass die Gelder dieses Mal transparent verwendet werden?
DEMMER: Zu Gesprächsinhalten kann ich Ihnen jetzt nicht mehr sagen als das, was ich gesagt habe.
ADEBAHR (AA): Ich weiß nicht, ob das BMI in Bezug auf eine Hilfe nach dem Erdbeben etwas weiß. Ich denke, wir sind natürlich grundsätzlich bereit, dort zu helfen, und stehen sicher auch mit unserer Botschaft in engem Kontakt. Ich kann Ihnen eventuell nachreichen, ob es da Gespräche gab und was wir, wenn, dann dort anbieten. Es ist klar: Hilfsbereit sind wir in jedem Fall.
Mir sagt der Bericht von Transparency International nichts. Ich habe ihn leider bisher nicht gelesen. Grundsätzlich kann man sagen, dass wir uns wünschen, dass Albanien einen demokratischen Weg geht und dass Albanien auf dem Weg nach Europa die Reformen umsetzt, die dafür nötig sind. Dazu gehört natürlich auch das Verwenden von Mitteln, das europäischen Standards entspricht. Wie gesagt: Ich kann den Bericht jetzt nicht kommentieren. Aber unsere grundsätzliche Position ist diese.
KUSHNEROVICH (BMI): Ich kann zu den Hilfen vielleicht so viel ergänzen, dass es in solchen Fällen zumindest theoretisch möglich ist, dass das THW unterstützt. Allerdings ist mir jetzt kein aktueller Sachstand bekannt, ob dazu bei uns eine Anfrage eingegangen ist. Ich würde das nachreichen.
Seegrenzenabkommen zwischen der Türkei und Libyen / Berliner Libyen-Konferenz
FRAGE: Die Wissenschaftlichen Dienste des Bundestages haben ein Gutachten erstellt, wonach ‑ ich zitiere ‑ das Seegrenzenabkommen der Türkei mit Libyen gegen das völkergewohnheitsrechtliche Seerecht verstoße und im Ergebnis als unzulässiger Vertrag zulasten Dritter erscheine. Meine Frage an Frau Adebahr und an Frau Demmer ist: Wie kommentiert die Bundesregierung dieses Gutachten? Wird dieses Thema den weiteren Prozess bezüglich Libyen beeinflussen?
ADEBAHR (AA): Wir kommentieren hier Gutachten des Deutschen Bundestages nicht. Wir legen aber gerne unsere Meinung dar. Die hat der Kollege Breul zu diesem Thema hier schon mehrfach gesagt. Ich verweise Sie gerne auf die Schlussfolgerungen des Europäischen Rates am 13. Dezember 2019. Dort ist festgehalten:
„Die Vereinbarung zwischen der Türkei und Libyen über die Abgrenzung der seerechtlichen Zuständigkeitsgebiete im Mittelmeer verletzt die Hoheitsrechte dritter Staaten, ist nicht mit dem Seerecht vereinbar und kann keine Rechtswirkung für dritte Staaten entfalten.“
Das ist eine Position, an der wir natürlich mitgewirkt haben, in der wir uns vollumfänglich wiederfinden und der wir uns anschließen. Wenn ich die öffentlich bekannt gewordenen Passagen aus dem Gutachten richtig sehe, deckt sich das in diesem Fall damit.
ZUSATZFRAGE: Wird das den Prozess beeinflussen?
ADEBAHR: Wie meinen Sie das?
ZUSATZFRAGE: Wird dieses Thema den weiteren Prozess mit Libyen beeinflussen?
ADEBAHR: Meinen Sie das Follow-up zur Berliner Konferenz?
ZUSATZ: Ja.
ADEBAHR: Die Berliner Konferenz und auch das Follow-up, das wir jetzt angehen, haben zum Ziel, den Frieden in Libyen unter der Ägide der Vereinten Nationen in den sogenannten 5+5-Gesprächen über einen Waffenstillstand und in kommenden Gesprächen über den politischen Prozess aufs Gleis zu setzen. Das heißt, das ist groß genug, aber doch ein umrissenes Sujet, das dieser Prozess hat. Deshalb konzentrieren wir uns in diesem Prozess darauf. Wir wissen natürlich, dass viele Staaten wichtige Partner dafür sind. Aber in diesem Follow-up besprechen wir mit den Partnern das, worum es in Libyen geht.
Wir nehmen natürlich trotzdem den Streit um dieses Abkommen zur Kenntnis, und wir haben dazu eine ganz klare Position, die wir auch schon öffentlich sehr oft geäußert haben. Insofern gibt es natürlich das eine. Der Fokus im Rahmen des Berliner Prozesses ist aber ein anderer.
FRAGE: Herr Erdoğan hat die EU aufgerufen, das türkische militärische Engagement in Libyen zu unterstützen. Wie ist die deutsche Position zu diesem Thema?
ADEBAHR (AA): Die können Sie im Abschlusskommuniqué der Konferenz nachlesen. Wir arbeiten darauf hin, dass diese Waffenruhe, die es im Moment gibt, hält und dass sie in einen Waffenstillstand überführt wird. Gleichzeitig arbeiten wir daran, das Waffenembargo durchzusetzen. Daran sehen Sie, dass wir ganz grundsätzlich ‑ das betrifft ja alle Parteien, die in Libyen auf irgendeine Weise engagiert sind ‑ wollen, dass die Waffen schweigen, dass die Situation nicht weiter angeheizt wird und dass wir zu einem politischen Prozess kommen. Insofern ist das unser Ziel, und daran arbeiten wir.
FRAGE: Frau Demmer, will die Bundeskanzlerin nach dieser Feststellung des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages heute dieses Thema beim Gespräch mit Präsident Erdoğan ansprechen?
DEMMER: Ich kann den Gesprächen jetzt nicht vorgreifen. Libyen ist natürlich ‑ das hat Herr Seibert hier auch schon angekündigt ‑ grundsätzlich ein Thema, das in einem solchen Gespräch angesprochen wird. Aber die Kanzlerin wird sich sicherlich gleich in der Pressekonferenz nach dem Gespräch zu dem Gespräch äußern.
Ausbruch des Coronavirus in Wuhan
FRAGE: Wahrscheinlich an das Innenministerium und das Gesundheitsministerium zu der Lungenkrankheit in China, also dem Coronavirus: In China sind jetzt ja mehrere Millionenstädte abgeriegelt worden, was die Verkehrsverbindungen angeht. Prinzipiell gefragt: Gibt es in Deutschland Notfallpläne, die so etwas auch vorsehen würden? Wäre es vorstellbar, dass man in Deutschland ganze Städte abriegelt?
An das Auswärtige Amt: Frau Adebahr, haben Sie inzwischen vielleicht neue Erkenntnisse, ob deutsche Staatsbürger irgendwie betroffen oder infiziert sind?
WACKERS (BMG): Vielen Dank für die Frage. Die ist jetzt natürlich ziemlich spekulativ, und ich kann die so auch nicht beantworten. Es gibt in Deutschland Pandemiepläne, und Maßnahmen des Infektionsschutzes werden von den Gesundheitsbehörden vor Ort getroffen. Sie können jedenfalls davon ausgehen, dass immer die adäquaten Maßnahmen getroffen werden.
KUSHNEROVICH (BMI): Ich schließe mich an und kann nichts hinzufügen.
ADEBAHR (AA): Nein, nach unserer Kenntnis sind bislang keine Deutschen erkrankt. Wir bitten aber alle Reisenden, gerade auch Reisende in die abgeriegelten Städte oder nach China, vorher unsere ständig aktualisierten Reise- und Sicherheitshinweise in Betracht zu ziehen und zu lesen. Unsere Botschaft und unser zuständiges Generalkonsulat halten auch die in China ansässigen oder aufhältigen Deutschen gerne über ganz aktuelle Entwicklungen auf dem Laufenden. In China stehen in den nächsten fünf Tagen ja große Feiertage an; dann wird es vom Reiseverkehr her etwas ruhiger werden. Danach wird es aber eine Rückreisewelle geben. Insofern ist unser Appell an alle, die dort irgendwie in Berührung kommen könnten: Lesen Sie sich genau durch, was wir an Verhaltensregeln für solche Reisen vorschlagen.
Bestellung von Sigmar Gabriel in den Aufsichtsrat der Deutschen Bank
FRAGE: Frau Demmer, Herr Wagner, Sigmar Gabriel wird in den Aufsichtsrat der Deutschen Bank gehen. Sehen Sie die Gefahr von Interessenkonflikten?
WAGNER (BMWi): Ich kann anfangen. Zunächst gilt wie immer, dass Aufsichtsräte von den Unternehmen, von den Gesellschafterversammlungen etc. bestellt werden, die die Entscheidung treffen. Ich glaube, es ist gute Praxis, dass wir das im Einzelnen nicht kommentieren.
Daneben gibt es für ehemalige Regierungsmitglieder Regelungen zur Karenzzeit, die dabei selbstverständlich eingehalten werden müssen. Die sehen im Einzelnen vor ‑ das wird vom Kanzleramt betreut ‑, dass in einer bestimmten Zeitperiode danach die Aufnahme der Tätigkeit vorher anmeldet werden muss. Ich habe, ehrlich gesagt, jetzt keinen Überblick darüber, wie viel Zeit in dem Fall vergangen ist. Das sind alles Sachen, die im Einzelfall geprüft werden müssten. Das ist sozusagen die abstrakte Regelung.
DEMMER (BReg): Es gibt die Karenzzeitregelung, um die von Ihnen angesprochenen Interessenkonflikte ja gerade zu vermeiden, auszuschließen. Die Karenzzeit für Sigmar Gabriel ist am 14. September 2019 abgelaufen.
ZUSATZFRAGE: Trotzdem noch einmal die konkrete Nachfrage: Die Deutsche Bank ist nicht irgendetwas. Wir haben nicht mehr die Deutschland AG. Aber trotzdem stellt sich die Frage von Interessenkonflikten noch einmal in besonderer Form. Auch für Sie?
WAGNER: Frau Demmer und ich haben gerade ausgeführt, dass es dazu extra eine gesetzliche Regelung gibt, nämlich das Karenzzeitgesetz. Das ist der Maßstab, nach dem sich solche Vorgänge richten.
FRAGE: Das BMF hatte sich gewünscht, dass es eine große deutsche starke Bank gibt. Hilft diese Personalie denn bei Ihrem Wunsch?
Frau Adebahr, wie bewertet Ihr Haus den Wechsel Ihres Ex-Ministers? Ist das hilfreich für Demokratiewerbung und Korruptionsbekämpfung?
Frau Demmer, wie bewertet die Kanzlerin diesen Schritt? In der Bevölkerung gibt es immer mehr Misstrauen gegenüber der herrschenden Politik. Korruptionsvorwürfe – das ist ja jetzt ein Geschenk für alle Kritiker, oder?
DEMMER: Ich teile die Ihrer Frage zugrundeliegende Analyse so nicht. Ich weise noch einmal daraufhin, dass es ja gerade diese Karenzzeitregelung gibt, um Interessenkonflikte auszuschließen. Nach dieser Regel ist die Karenzzeit im September vergangenen Jahres ausgelaufen.
ADEBAHR (AA): Ich kann mich dem, was Frau Demmer gesagt hat, nur anschließen.
KUHN (BMF): Den ersten Teil Ihrer Aussage weisen wir zurück.
Zu der Besetzung von Herrn Gabriel hat mein Kollege aus dem Wirtschaftsministerium alles gesagt. Das ist eine Entscheidung der Aktionäre.
Zu Karenzzeiten haben die Kollegen hier alles gesagt. Dem habe ich nichts hinzuzufügen.
FRAGE: Frau Demmer, Sie hatten die abgelaufene Karenzzeit angesprochen. Folgt daraus, dass die Bundesregierung mit diesem Vorgang gar nicht befasst war oder gab es vielleicht vorab eine Information vorab an die Bundesregierung, die nicht der Anzeigepflicht unterlag?
DEMMER: Die Karenzzeit ist abgelaufen. Damit ist auch das Gremium, das sonst damit eigens immer befasst wird ‑ die Entscheidung trifft ja die Bundesregierung nicht selbst ‑, gar nicht befasst worden.
FRAGE: Frau Demmer, ich habe noch nicht ganz verstanden, was die Kanzlerin davon hält, dass der ehemalige Vizekanzler, Bundesaußenminister, Bundeswirtschaftsminister jetzt in den Aufsichtsrat einer Bank wechselt, der es wirtschaftlich nicht so besonders gut geht. Findet sie das in Ordnung, oder findet sie das nicht gut? Ist da möglicherweise ein Geschmäckle dran, auch wenn die Karenzzeit von 18 Monaten natürlich längst vorbei ist?
DEMMER: Ich bewerte die Fortsetzung der Lebenswege einzelner Kabinettsmitglieder hier jetzt nicht.
FRAGE: Frau Demmer, können Sie sagen, wie viele Entscheidungen das Gremium seit dem Inkrafttreten des Gesetzes getroffen hat?
DEMMER: Das müsste ich nachreichen.
ZUSATZ: Danke.