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Erklärungen des Auswärtigen Amts in der Regierungspressekonferenz vom 01.12.2025
Teilnahme des Bundesaußenministers am Treffen der Außenminister der NATO-Staaten in Brüssel
Deschauer (AA)
Ich darf eine Reiseankündigung für den Außenminister anschließen, der am Mittwochfrüh, den 3. Dezember, zum NATO-Außenministertreffen nach Brüssel reisen wird. Auf der Agenda stehen vor allem die Stärkung der Abschreckungs- und Verteidigungsfähigkeit der Allianz insbesondere vor dem Hintergrund des russischen Aggressionskriegs gegen die Ukraine sowie die fortgesetzte Unterstützung der Alliierten für die Ukraine. Es wird auch um die Nachbereitung des NATO-Gipfels im Juni 2025 in Den Haag gehen.
Verstärkung der US-amerikanischen Truppenpräsenz vor der venezolanischen Küste
Frage
Meine Frage richtet sich an Frau Deschauer oder Herrn Kornelius. Es geht um die Entwicklung rund um Venezuela. Die USA verstärken ihre Truppenpräsenz mit Schiffen vor der Küste. Wie bewertet die Bundesregierung die Entwicklung dort?
Deschauer (AA)
Ich denke, wir waren dazu hier schon mehrfach im Austausch. Ich würde auf das verweisen wollen, was ich und auch meine Kollegen hier in der Vergangenheit schon gesagt haben. Wir beobachten entsprechende Entwicklungen. Eigene Erkenntnisse der konkreten Lage vor Ort kann ich Ihnen nicht mitteilen. Sie liegen mir in der Form nicht vor. Wir kennen auch die jüngsten Äußerungen aus dem politischen Raum in den Vereinigten Staaten von Amerika. Es ist klar, dass es eine Angelegenheit ist, die insbesondere zwischen den Vereinigten Staaten von Amerika und Venezuela besprochen werden muss. Genau so hat sich der Außenminister schon mehrfach öffentlich eingelassen. Das ist weiterhin die Haltung der Bundesregierung.
Zusatzfrage
Sie verweisen darauf, dass Sie sich schon geäußert hätten, was ja richtig ist, aber es scheint jetzt doch langsam eine Eskalation zu geben. Herrn Maduro wurde offenbar nahegelegt, das Land zu verlassen.
Können Sie nachvollziehen, dass die USA einen so starken Druck aufbauen?
Deschauer (AA)
Ich denke, es geht nicht darum, was ich nachvollziehen kann, sondern es geht darum ‑ das haben wir schon betont, und das hat der Außenminister gesagt ‑, dass es insbesondere eine Lage ist, in der es offenkundig Spannungen zwischen diesen beiden Ländern gibt, dass aber für die gesamte Bundesregierung ein großes Interesse daran besteht, dass es zu keiner weiteren Verschärfung der Situation und der Spannungen kommt, und dass es insbesondere eine Thematik ist, die zwischen diesen beiden Ländern besprochen werden müsste.
Frage
Frau Deschauer, bei anderen, auch militärischen Konflikten zwischen Staaten hat die Bundesregierung durchaus nicht nur beobachtet, sondern auch Stellung genommen, zumindest insofern, dass sie gesagt hat, sie betrachte mit Sorge, ob die getroffenen Maßnahmen die Verhältnismäßigkeit einhielten. Das könnten Sie doch hier auch tun. Sie wissen ja relativ genau, wie die USA vorgehen. Bereitet Ihnen diese materielle Eskalation Sorge?
Deschauer (AA)
Ich denke, es ist sehr guter Usus hier, dass wir verschiedene Fragestellungen nicht miteinander vermengen und nicht vergleichen. Insofern betrachten wir jedes Feld und jeden Einzelfall für sich. So wie ich es gesagt habe: Es ist natürlich im Interesse ‑ das hat der Außenminister, glaube ich, am Rande des G7-Treffens in Kanada gesagt ‑, dass es zu keiner Verschärfung der Lage kommt. Insofern ist die Haltung hier sehr klar.
Sie vernehmen aus der Berichterstattung wahrscheinlich auch, dass sich in den Vereinigten Staaten von Amerika der Kongress dazu geäußert hat und entsprechende Überlegungen zu Untersuchungen anstellt. Das nehmen wir zur Kenntnis. Das werde ich jetzt hier nicht weiter vertiefen und bewerten.
Zusatzfrage
Etwas zu vergleichen, das wäre etwas anderes als etwas gleichzusetzen. Vergleichen darf man schon; gleichsetzen ist etwas anderes. Deswegen wiederhole ich die Frage: Bereitet Ihnen die Verschärfung, die es materiell und objektiv ist, Sorge, oder nehmen Sie das nur zur Kenntnis?
Deschauer (AA)
Ich habe mich ausführlich geäußert.
Frage
Frau Deschauer, ich würde es trotzdem ganz gern verstehen: Wie viele Bundesbürger befinden sich ihres Wissens momentan in Venezuela? Wie kommen Deutsche, die in Venezuela sind, überhaupt noch aus dem Land heraus, nachdem seitens US-Behörden jetzt wieder NOTAM ausgegeben wurden, also sozusagen Flugwarnungen oder Bewegungswarnungen?
Deschauer (AA)
Ich liefere Ihnen Zahlen im Laufe dieser Sitzung nach, sobald ich sie bekomme. Ich würde mich später dazu melden.
Zusatzfrage
Und was ist mit den Ausreisemöglichkeiten?
Deschauer (AA)
Das verbinde ich dann damit.
Frage
Frau Deschauer, ist es völkerrechtlich überhaupt zulässig, dass ein Staat den Luftraum über einem anderen Staat einfach für geschlossen erklärt?
Deschauer (AA)
Sie beziehen sich auf Medienberichterstattungen, die ich ebenfalls zur Kenntnis genommen habe. Darüber hinaus kenne ich aber keine weiteren Details. Insofern würde ich mich jetzt nicht mit einer weitergehenden Wertung beteiligen wollen.
Zusatzfrage
Aber es ist ja eine grundsätzliche Frage. Wäre das völkerrechtlich zulässig?
Deschauer (AA)
Ich bleibe dabei.
Frage
Nur als Anmerkung: Den geschlossenen Luftraum hat der US-Präsident verkündet. Das war keine Medienberichterstattung.
Frau Deschauer, sprechen Sie über die angespannte Situation auch mit Venezuela oder nur mit der US-Seite?
Deschauer (AA)
Wir sind natürlich auf den Ebenen, auf denen wir in Kontakt sind, mit allen Stellen und Beteiligten grundsätzlich im Gespräch. Wir haben eine Botschaft vor Ort in Venezuela. Über weitere Details kann ich im Moment keine Auskunft geben.
[…]
Deschauer (AA)
Um die Sitzung hier als Punktlandung zu beenden und sie möglicherweise zu einem hocheffizienten Abschluss zu führen, eine kurze Nachreichung zu Venezuela; Sie hatten sich ja für Zahlen von deutschen Staatsangehörigen interessiert.
Zur Größenordnung: Sie wissen, dass sind Personen, die sich selber freiwillig in unser ELEFAND-System eingetragen haben. Das können auch Personen sein, die gar nicht mehr vor Ort sind. Es sind knapp 200 deutsche Staatsangehörige ‑ so exakt, wie die Zahl angesichts der Umstände sein kann.
Dann hatten Sie auch die Frage nach Ausreisemöglichkeiten gestellt, also nach Möglichkeiten, sich aus dem Land wegzubewegen. Unserer Kenntnis ist der Flugverkehr reduziert; aber es gibt noch einen. Insofern gibt es die Möglichkeit, kommerzielle Flüge zu nutzen.
Sehr grundsätzlich kann ich sagen, dass das Auswärtige Amt seit längerem dringend von Reisen nach Venezuela abrät. Das können Sie unseren Reise- und Sicherheitshinweisen entnehmen. Sie können ihnen auch entnehmen, wenn wir die aktualisieren. Das haben wir Ende November gemacht, um auf eingeschränkten Flugverkehr hinzuweisen, und wir warnen vor Reisen in die unmittelbaren Grenzgebiete zu Kolumbien und Brasilien.
Das ist die aktuelle Lage ‑ und das ist auch die Lage, wie wir deutsche Staatsangehörige regelmäßig informieren. Die Bundesregierung macht Krisenschalten, auch ressortübergreifend, und wir beobachten die Lage intensiv weiter.
Russischer Angriffskrieg gegen die Ukraine
Frage
An den Regierungssprecher: Im Zuge der jüngsten Korruptionsskandale ist Selenskyjs Stabschef zurückgetreten. Sehen Sie die Position der ukrainischen Regierung gerade auch im Hinblick auf die laufenden Verhandlungen geschwächt?
Kornelius (BReg)
Nein, wir sehen die Position der ukrainischen Regierung nicht geschwächt. Die ukrainische Regierung ist mit einer Verhandlungsdelegation im Geschäft. Diese ist momentan in den USA und tauscht sich dort mit der amerikanischen Regierung aus. Wir erwarten, dass sich diese Form der Pendeldiplomatie noch eine Weile hinzieht und werden dabei auch unseren Beitrag leisten, auch mit den Akteuren in der Ukraine, die diese Gespräche führen, auch mit Präsident Selenskyj selbst.
Zusatzfrage
Wie Sie sagten, laufen die Verhandlungen zurzeit noch. Was können Sie zum aktuellen Stand sagen? Wie werden Sie über Fortschritte informiert? Werden Sie über Fortschritte informiert?
Kornelius (BReg)
Wir werden sehr eng über Fortschritte informiert bzw. stehen im engen Austausch mit der ukrainischen Regierung, der Bundeskanzler am Wochenende und wahrscheinlich auch im Laufe des Tages auf verschiedenen Ebenen. Genaueres möchte ich Ihnen vorab nicht sagen. Aber wir werden Sie selbstverständlich unterrichten, sobald weitere Kontakte stattgefunden haben. Gerade finden die Gespräche in den USA statt. Wir kennen die weitere Reiseplanung auf der amerikanischen Verhandlungsseite. Soweit sie eintritt, gehen wir davon aus, dass wir in dieser Woche weitere Entwicklungen beobachten und auch bewerten können.
Frage
Frau Deschauer, der Außenminister hat gestern gesagt, er sei vorsichtig optimistisch. dass man sich bei den Ukrainegesprächen einem Waffenstillstand nähern könne. Worauf beruht dieser Optimismus?
Deschauer (AA)
Ich denke, Sie haben mitbekommen, dass es auch in der öffentlichen Kommunikation ernsthafte Bemühungen um ein Annähern an einen möglichen Waffenstillstand gegeben hat, ernsthafte Gespräche, die sich mit den Optionen vertieft auseinandersetzen. Insofern ist das ein Eindruck, den der Außenminister aus eigener Erkenntnis gewonnen hat, aber möglicherweise auch Sie. Darauf begründet sich die Einschätzung, die der Außenminister gestern Abend in einem Interview im deutschen Fernsehen abgegeben hat.
Zusatzfrage
Herr Kornelius, ist es nicht schon ein Zugeständnis an russische Forderungen, wenn man sagt, dass die Gespräche über Gebiete in der Ukraine entlang der Waffenstillstandslinie geführt werden müssten? Denn damit ist klar, dass diese Debatten nicht an der Grenze beginnen und man damit schon halb akzeptiert hat, dass Russland diese Gebiete besetzt hat und möglicherweise behält.
Kornelius (BReg)
Ich denke, dieses Verhandlungselement ist schon seit vielen Wochen oder Monaten im Gespräch. Wir reden von einem Einfrieren des Krieges. Wir reden davon, dass es einen Waffenstillstand geben muss. Damit ist über die völkerrechtliche Situation und vor allem über eine Veränderung von Grenzen keine Aussage getroffen. Bei dieser Haltung bleibt die Bundesregierung.
Frage
Der ukrainische Präsident ist gerade in Paris. Ist der Kanzler oder jemand in der Bundesregierung heute in einen direkten diplomatischen Austausch involviert, vielleicht mit dem polnischen Premierminister oder auch mit dem französischen und dem ukrainischen Präsidenten?
Kornelius (BReg)
Die Bundesregierung steht im engen Austausch auch mit dem französischen Präsidenten. Wenn weitere Entwicklungen stattfinden, werden wir Sie darüber informieren.
Frage
Meine Frage geht vermutlich an Frau Deschauer. Der Korruptionsskandal hat nun ja den engeren Führungszirkel um Selenskyj herum erreicht. Beeinträchtigt das in irgendeiner Weise die Verlässlichkeit der ukrainischen Regierung oder die Möglichkeiten, mit ihr seriös über komplizierte Themen zu verhandeln?
Deschauer (AA)
Ich würde es so sagen: Dass Korruptionsbekämpfung bzw. Korruptionsaufklärung ein entscheidendes Element in der Zusammenarbeit der Bundesregierung mit allen Staaten ist, aber insbesondere natürlich auch mit den Staaten, die sich in einem Annäherungsprozess auf dem Weg in die Europäische Union befinden, ist völlig klar. Das hat die Bundesregierung immer zum Ausdruck gebracht. Das betrifft explizit auch die Ukraine. Insofern unterstützen wir die Ukraine in ihren Reformprozessen. Wir sind auch schon einen Weg auf dem Weg zur Korruptionsbekämpfung gegangen. Wichtig ist insbesondere die Arbeit der Antikorruptionsbehörden. Sie heißen NABU und SAPO; es gibt auch noch weitere Behörden. Das ist dem Außenminister besonders wichtig. So hat er auch Vertreter dieser Behörden auf seiner letzten Ukrainereise gesprochen und steht im engen Austausch. Gerade die Tatsache, dass die Ermittlungen jetzt stattfinden, um Korruption aufzudecken, unterstreicht die Bedeutung und Wichtigkeit der Arbeit und die Wichtigkeit unabhängig agierender Antikorruptionsinstitutionen. Es ist klar, dass wir als Bundesregierung erwarten, dass Vorwürfe umfassend aufgeklärt werden.
Zusatzfrage
Nun ist zu hören und zu lesen, dass die Arbeit der Antikorruptionsbehörden, die Sie ja noch einmal gelobt haben, zum Teil aus Selenskyjs engstem Umkreis heraus behindert worden sei. Deswegen noch einmal die Frage: Beeinträchtigt diese Korruptionsaffäre in irgendeiner Weise die Seriosität und die Möglichkeiten komplizierter politischer Gespräche und Beratungen zwischen der Bundesregierung und der ukrainischen Regierung?
Deschauer (AA)
Die Bundesregierung steht fest an der Seite der Ukraine, die sich seit mehr als drei Jahren ‑ es werden leider bald vier Jahre ‑ gegen eine russische Aggression verteidigt. Russland hat ungerechtfertigt das Nachbarland überfallen. Das ist die Position der Bundesregierung. Selbstverständlich bedeuten der Bundesregierung auf dem Weg Richtung Europäischer Union, aber auch im Wege der Unterstützung gegen den russischen Angriffskrieg alle Ermittlungen gegen Korruptionsvorwürfe sehr viel. Wir legen großen Wert darauf, dass eingehalten wird, dort Aufklärung vonstatten gehen zu lassen, wo es notwendig ist.
Frage
Herr Kornelius, ich hätte gern noch einmal nach den eingefrorenen russischen Staatsvermögen gefragt. Der Kanzler hat ja auch letzte Woche mehrfach beteuert, wie wichtig es sei, dass man auf dem EU-Gipfel zu einer Lösung kommt. Der Widerstand Belgiens ist aber ungebrochen. Ich wollte jetzt fragen, ob es zu diesem Punkt direkte Gespräche des Kanzlers mit dem Premierminister gegeben hat oder gibt.
Kornelius (BReg)
Bis zu diesem Moment hat es diese Gespräche nicht gegeben. Wir haben den Brief des belgischen Ministerpräsidenten zur Kenntnis genommen. Den kommentieren wir momentan nicht. Die Position Belgiens ist uns aber bekannt. Wir beobachten und unterstützen gleichzeitig die Gespräche, die die Kommission auch mit der belgischen Regierung führt, um diese Bedenken auszuräumen.
Zusatzfrage
Gibt es einen Plan B, wenn dieser Plan nicht umzusetzen ist, weil klar ist, dass die Ukraine weiter finanziert werden muss?
Kornelius (BReg)
Die Bundesregierung ist vom Plan A so überzeugt, dass sie ihn zunächst weiterverfolgt.
Frage
Herr Kornelius, die Polen beklagen seit einigen Wochen, dass sie bei den ganzen Ukraineverhandlungen nicht mehr in ausreichendem Maße eingebunden sind, gerade zuletzt. Sind die heutigen Regierungskonsultationen Anlass dafür, Polen bei den europäischen Partnern wieder enger unmittelbar, was die Ukraineverhandlungen anbelangt, einzubinden?
Kornelius (BReg)
Ich würde Ihrem Eindruck widersprechen wollen. Die polnische Regierung und die deutsche Bundesregierung pflegen einen sehr engen Austausch, auch zur Ukraine, auch in der Information und in der Unterrichtung zu den jeweiligen Gesprächssituationen und den Formaten, in denen sie stattfinden, sei es nach dem G20-Gipfel oder auf anderen Ebenen. Auch die militärische Zusammenarbeit ist, wie Sie wissen, ausgesprochen eng, vor allem nach dem Drohnenvorfall vor einigen Wochen. Die deutsch-polnischen Konsultationen heute bieten eine sehr, sehr gute Gelegenheit, das noch einmal zu vertiefen, sich dort auch über den jüngsten Stand auszutauschen und auch die gegenseitigen Interessen abzugleichen. Ich kann Ihnen versichern, dass die deutschen und die polnischen Interessen in dieser Frage geradezu deckungsgleich sind und auch deswegen von beiden Regierungen verfolgt werden. Ich glaube, dass dieses Gespräch des polnischen Premierministers mit dem Bundeskanzler gerade heute eine ideale Gelegenheit bietet, da ein sehr starkes deutsch-polnisches Signal zu setzen.