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Erklärungen des Auswärtigen Amts in der Regierungspressekonferenz vom 05.11.2025

05.11.2025 - Artikel

Rückführungen aus Deutschland nach Syrien

Frage

Herr Giese, ich habe zunächst eine Frage an Sie (hinsichtlich Rückführungen nach Syrien). Die letzten Tage waren ja ein wenig turbulent. Der Außenminister ist ja auch der Chefdiplomat. Die Frage ist: Haben Sie den Eindruck, dass er das Problem in den vergangenen Tagen auch diplomatisch gelöst hat, und hat er noch Rückhalt in der Fraktion?

Herr Kornelius, noch eine Frage an Sie zu dem Komplex: Ist der Kanzler denn damit zufrieden, wie der Außenminister das Ganze in den vergangenen Tagen geregelt hat?

Kornelius (BReg)

Der Kanzler ist sehr zufrieden damit, wie das Thema auch in der Fraktion transportiert wurde. Der Außenminister, aber auch die anderen zuständigen Vertreter der Bundesregierung haben die Position klargemacht. Es geht wirklich darum, dass wir hierbei von zwei Seiten einer Medaille sprechen. Wir reden über den Wiederaufbau in Syrien. Wir reden darüber, wie in Syrien die Voraussetzungen geschaffen werden, um eine geordnete Rückkehr der Kriegsflüchtlinge zu ermöglichen.

Sie wissen, dass es sich um ein komplexes rechtsstaatliches Verfahren handelt. Das lässt sich nicht mit zwei Äußerungen wegwischen. Auch wenn hier Erwartungen gezüchtet werden, muss ich Ihnen sagen, dass es sich um ein längeres Verfahren handelt. Dazu müssen die Voraussetzungen geschaffen werden. Der Außenminister hat im Kabinett ausführlich darüber gesprochen, welche Maßnahmen er in Syrien besprochen hat, um diese Voraussetzungen auch umzusetzen. Wir sprechen davon, dass wir wieder eine geregelte Beziehung zu Syrien aufbauen. Wir reden darüber, dass es Hilfen gibt und dass Syrien selbst in die Lage versetzt wird, das Land wieder aufzubauen, die Infrastruktur, die Elektrifizierung des Landes, ganz banale Grundlagen, die ein Leben dort leichter machen. All diese Voraussetzungen haben Auswirkungen auf die Entscheidung in Asylverfahren und die Anerkennungsgrundsätze für Bürgerkriegsflüchtlinge aus Syrien, und diese Verfahren können wir nicht beschleunigen, indem wir hysterisch darüber schreiben oder sie kommentieren, sondern die müssen rechtsstaatlich abgewickelt werden, und das passiert.

Zusatzfrage

Die Frage an Herrn Giese ist noch offen.

Giese (AA)

Ja, aber ich glaube, die Frage ist beantwortet.

Frage

Meine Frage geht an Herrn Kornelius: Gibt es denn Pläne für einen Syriengipfel im Kanzleramt, um mit Syrern, die in Deutschland leben, direkt ins Gespräch zu kommen, wie das Olaf Scholz als Kanzler noch gemacht hat?

Kornelius (BReg)

Nein, die gibt es nicht.

Zusatzfrage

Möchten Sie ausführen, warum es daran kein Interesse gibt?

Kornelius (BReg)

Es gibt ein Interesse an dem Austausch mit Betroffenen, aber auch an den gesetzgeberischen Verfahren und an der politischen Situation insgesamt. Das Kanzleramt arbeitet intensiv an dem Dossier, aber dazu muss nicht ein Gipfel stattfinden.

Frage

Herr Giese, es gibt ja bisher eine Einschätzung zu Syrien, in der die Worte ungefähr lauten, dass dort eine unübersichtliche Lage herrscht. Bleibt diese Einschätzung bestehen bzw. wann wird die überarbeitet, oder ist man gerade auch dabei, die zu überarbeiten?

Giese (AA)

Ich versuche jetzt einfach einmal zu schlussfolgern, auf was Sie anspielen. Es gibt einen vertraulichen Asyllagebericht, der aber tatsächlich vertraulich ist. Deswegen würde ich über die Inhalte nicht sprechen. Ich habe zur Kenntnis genommen, dass das geleakt worden ist. Aber, wie gesagt, das ist vertraulich.

Das ist mit einem Datum versehen. Das habe ich am Montag schon gesagt. Der Bericht wird periodisch überarbeitet. An der nächsten periodischen Überarbeitung wird jetzt gerade gearbeitet. Der wird dann vorgelegt werden, wenn er fertig ist.

Sie haben es richtig gesagt: Die Lage ist dynamisch, entwickelt sich dynamisch weiter. Das weiß jeder, der die Nachrichtenlage verfolgt. Insofern werden auch diese Berichte natürlich immer nur eine Momentaufnahme sein. Insofern ‑ das würde ich Ihnen jetzt auch raten ‑ belassen wir es dabei. Der wird überarbeitet, und das ist eine vertrauliche Angelegenheit. Den deutschen Gerichten wird der allerdings zur Verfügung gestellt, und die werden dann entsprechend auch ihre Entscheidungen daran festmachen. Aber das ist nichts, was für die Öffentlichkeit gedacht ist, und das war es auch nicht.

Frage

Das hat sich jetzt schon fast erledigt. Herr Giese, wie lange dauert es, bis so ein Bericht erstellt ist? Das würde mich interessieren, auch wenn Sie zum Inhalt nichts sagen können. Wie aktuell sind diese Berichte also?

Giese (AA)

Wie gesagt, ich bin durch das Leak in der ein bisschen unglücklichen Situation, dass ich hier Inhalte oder Verfahrensweisen in Bezug auf vertrauliche Dokumente zu erklären habe. Aber vielleicht sage ich ganz grundsätzlich: Das ist, wie gesagt, ein periodischer Bericht. Wir erstellen den für sehr, sehr vielen Ländern, und die Kolleginnen und Kollegen, die daran arbeiten, versuchen das so genau und so gut und so gründlich zu machen, wie es möglich ist. Deswegen wird das jetzt nicht jeden Monat neu aufgelegt. Üblicherweise beträgt der Zeitraum ein Jahr, aber das ist nicht bei allen Ländern und in allen Situationen so.

In Bezug auf Syrien, ohne dass ich mich auf diesen Bericht inhaltlich beziehen will: Sie sehen ja alle, wie die Lage dort ist, und deswegen kann es durchaus sein, dass das häufiger geschieht. Aber da möchte ich mich jetzt nicht festlegen.

Wie gesagt, das soll gründlich sein, und das soll eine der Entscheidungsgrundlagen ‑ nicht die einzige ‑ für gerichtliche Entscheidungen sein. Deswegen muss das auch, wie gesagt, gründlich gemacht werden. Dabei würde ich es belassen.

Zusatzfrage

Ich würde noch gerne eine Zusatzfrage an den Regierungssprecher stellen. Herr Kornelius, wenn Sie „hysterisch beschreiben und kommentieren“ sagen, war das dann jetzt Ihr Eindruck dessen, was in der Presse berichtet wird, oder worauf bezieht sich das?

Kornelius (BReg)

Ich glaube, diese Interpretation überlasse ich Ihnen. Ich habe eine allgemein verdichtete Wahrnehmung dieser Situation in der Öffentlichkeit wahrgenommen, von politischer, aber auch von medialer Seite.

Zusatzfrage

Aber gestatten Sie mir den Hinweis, dass das ja Ihre Interpretation war. Jetzt müsste ich Ihre noch einmal interpretieren.

Kornelius (BReg)

Ich glaube, ich muss das hier nicht erklären. Ich habe ja gesagt: Ich habe eine verdichtete öffentliche Wahrnehmung festgestellt.

Frage

Herr Kornelius, könnten Sie denn angesichts der kräftigen Kritik in der Fraktion an den Äußerungen von Außenminister Wadephul bis hin zu verdeckten Rücktrittsforderungen noch einmal klarstellen, ob der Bundeskanzler noch vollumfänglich hinter seinem Außenminister steht?

Kornelius (BReg)

Ich muss das wirklich einmal klarstellen. Das ist eine etwas seltsame Wahrnehmung. Selbstverständlich steht der Bundeskanzler hinter dem Außenminister. Aus der Fraktionssitzung, an der ich als Begleiter des Bundeskanzlers teilgenommen habe, an der Sie, glaube ich, nicht teilgenommen haben, habe ich diese Wahrnehmung nicht entwickeln können.

Noch einmal: Es ist vielleicht eine etwas verdichtete Wahrnehmung, die hier stattfindet. Wir reden in der versachlichten Situation darüber, dass es bei dem Thema Syrien momentan darum geht, die Lage in Syrien zu stabilisieren, um die Rückführung möglich zu machen, um die freiwillige Rückkehr von Flüchtlingen möglich zu machen. Das ist ein Prozess, an den viele rechtliche Voraussetzungen geknüpft sind, an dem die Bundesregierung arbeitet. Natürlich hat die Bundesregierung ein Interesse an der Stabilisierung Syriens. Sie hat ein Interesse daran, dass Syrer ihr Land wiederaufbauen, dass sie dazu in ihr Land zurückkehren und sie deswegen auch diese Rückkehr fördern. Aber dazu müssen die rechtlichen Voraussetzungen, auch die materiellen Voraussetzungen, geschaffen sein.

Frage

Herr Kornelius, hat denn dann auch der Bundespräsident eine seltsame Wahrnehmung? Er hat ja in doppelt ungewöhnlicher Weise ‑ erstens als Bundespräsident, zweitens aus dem Ausland ‑ deutlich die Art der Debatte um Rückkehr bzw. Rückführung von Flüchtlingen nach Syrien kritisiert. Wie wird diese Kritik ‑ der Mann war immerhin zwei Legislaturperioden lang auch Außenminister ‑ in der Bundesregierung zur Kenntnis genommen? Spielt sie irgendeine Rolle bei der weiteren Behandlung?

Kornelius (BReg)

Wie Sie wissen, spreche ich hier nicht für den Bundespräsidenten. Insofern müssten Sie die Frage dort adressieren und fragen, wen der Bundespräsident gemeint hat. Ich vermute, der Bundespräsident hat auch eine sehr verdichtete öffentliche Debatte darüber wahrgenommen.

Zusatzfrage

Die Äußerung des Bundespräsidenten war eigentlich relativ klar. Falls sie Ihnen nicht präsent ist, sage ich das gern noch einmal; er hat gesagt: Wenn jemand auf den Trümmern eines Krieges steht und sein Erschrecken äußert, dann müsse dieses Erschrecken auch eine Weile so stehen können, ohne dass sofort die Debatte um Rückführung oder so geführt wird. ‑ Das ist sehr eindeutig eine Kritik an denen, die diese Debatte forciert haben, der Kanzler vorweg.

Kornelius (BReg)

Das kann ich nicht so wahrnehmen. Ich glaube, es ist ein Beitrag zur Versachlichung dieser Debatte. Der Kanzler hat auch zur Versachlichung der Debatte beigetragen, weil seine Äußerung dazu auch eindeutig war. Sie haben das in Schleswig-Holstein mitbekommen. Ich kann das nicht so wahrnehmen. Wie gesagt: Zur konkreten Interpretation dieser Aussage müssten Sie sich bitte an das Bundespräsidialamt wenden.

Frage

Eine Frage zu der Rückführung von syrischen Geflüchteten bzw. derjenigen, die hier gegen das Gesetz verstoßen haben. Wie kann es sein ‑ das ist meine Frage an das Justizministerium bzw. an das BMI; wer sich zuständig fühlt ‑, dass Fernsehkameras dabei sein können, dass die Gesichter von diesen Menschen erkannt werden? Ist das nicht ein Problem des Datenschutzes?

Bowinkelmann (BMI)

Ich muss leider sagen: Ich weiß nicht, auf was Sie sich da genau beziehen.

Zusatzfrage

Es gibt mehrere Aufnahmen von syrischen Menschen, beispielsweise von „SPIEGEL TV“, die kurz vor der Rückführung stehen, die sich im Eingangsbereich des Flughafens beziehungsweise im Wartebereich austauschen. Die Gesichter konnte man ganz genau sehen. Meine Frage ist: Gibt es nicht Bedenken in Bezug auf den Datenschutz, dass diese Menschen einfach nicht geschützt werden?

Bowinkelmann (BMI)

Der von Ihnen geschilderte Fall oder entsprechende Berichte sind mir nicht bekannt. Das kann ich nicht bewerten.

Zusatzfrage

Sie kennen also nicht die Bilder der syrischen Menschen, die kurz vor der Rückführung sind, die im Wartebereich des Flughafens warten?

Bowinkelmann (BMI)

Mir persönlich sind die angesprochenen Bilder jetzt nicht bekannt. Das kann ich nicht verifizieren. Dazu kann ich mich nicht äußern.

Dr. Hosemann (BMJ)

Ich kann da nichts ergänzen.

Vorsitzende Buschow

Vielleicht sollten Sie das ‑ ‑ ‑ ‑

Dr. Hosemann (BMJ)

Ich glaube, es ist gar nicht maßgeblich, ob wir diese Bilder kennen, sondern ob wir hier dazu etwas einordnend sagen können.

Zuruf

Das Thema Datenschutz ist schon ‑ ‑ ‑

Kornelius (BReg)

Können Sie sagen, um welche Rückführung es sich handeln soll? ‑ Mir ist von Rückführungen momentan nichts bekannt. Ich glaube, den Fall müsste man konkret klären. Jetzt abstrakt darüber zu sprechen, hilft wenig weiter.

Zuruf

Das ist in der letzten Woche bei „SPIEGEL TV“ gesendet worden.

Kornelius (BReg)

Wir können nicht dauernd „SPIEGEL TV“ gucken, so gern wir das täten.

Vorsitzende Buschow

Ich fürchte, das führt nicht weiter. Vielleicht sollten Sie das bilateral mit den Bildern noch einmal im Anschluss versuchen. Im Moment kommen wir hier zumindest nicht weiter.

Frage

Noch einmal zum Punkt sachliche Debatte, Herr Kornelius. Ist denn der Kanzler der Ansicht, dass Frieden in Syrien herrscht?

Kornelius (BReg)

Der Kanzler hat auf die Rechtslage verwiesen. Der Krieg in Syrien ist beendet ‑ das hat er gesagt ‑, und der Schutzgrund ist damit entfallen.

Zusatzfrage

Das war jetzt nicht die Frage. Niemand, den ich kenne, der sich da auskennt, spricht davon, dass dort Frieden herrscht. Herr Giese wird uns bestätigen, dass dort immer wieder Kämpfe aufflammen, dass es immer wieder insbesondere Attacken auf Minderheiten in Syrien gibt. Dementsprechend wäre es hilfreich zumindest zu wissen, dass die Bundesregierung anerkennt, dass in Syrien kein Frieden herrscht, obwohl ‑ ‑ ‑

Kornelius (BReg)

Die Einordnung unterliegt dem Asyllagebericht. Dem kann ich jetzt nicht vorweggreifen; außerdem ist er verschlossen. Aber der Krieg ist beendet, der Bürgerkrieg ist beendet.

Giese (AA)

Das ist ganz klar, und das ist auch die Haltung des Auswärtigen Amts dazu.

Frage

Herr Kornelius, teilt denn der Bundeskanzler auch die Einschätzung des Außenministers, dass die Lage in Syrien jetzt nach dem Krieg schlimmer als die in Deutschland 1945 ist? Das war laut Teilnehmern gestern auch eine der Argumentationen. Es widerspricht ja ein bisschen dem Argument von vielen, die sagen: Na ja, die Syrer müssen jetzt ‑ im Grunde ähnlich wie damals die Deutschen ‑ zurückkehren, um ihr Land wieder aufzubauen.

Kornelius (BReg)

Der Bundeskanzler beteiligt sich nicht an diesen ideologischen Einordnungen. Der Außenminister hat die Äußerung im Stadtteil Harasta gemacht. Sie haben alle Augen und konnten sehen ‑ das wurde in allen Kanälen übertragen, auch in „SPIEGEL TV“ ‑, wie in Harasta die Zustände sind. Aber einen Vergleich stellt der Bundeskanzler jetzt nicht an. Ich würde auch darauf hinweisen, in welcher Situation die Äußerung des Außenministers gefallen ist, nämlich in diesem Straßenzug in Harasta, den Sie alle kennen, wenn Sie schon einmal dort waren.

Zusatzfrage

Die andere Äußerung zu 1945 fiel gestern in der Fraktion.

Kornelius (BReg)

Ja, das sind Äußerungen in der Fraktion. Das sind vertrauliche Sitzungen; die kann ich nicht kommentieren. Es ist hier auch nicht die Aufgabe der Bundesregierung, das zu tun.

Frage

Es bezieht sich auf den gleichen Sachverhalt. Ich muss jetzt doch zu Ihrer Antwort gerade nachhaken, Herr Regierungssprecher, dass es sich dabei um ideologische Vergleiche handelt. Was ist daran ideologisch?

Kornelius (BReg)

Nein, ich habe die Einordnung dieses Vergleichs von manchen Kreisen als ideologisch bezeichnet. Ich glaube, dass es jetzt dem Bundeskanzler nicht ansteht, einen historischen Vergleich anzustellen. Ich habe noch einmal gesagt: Die Bilder aus Harasta haben Sie alle gesehen. Sie wissen, wie es in großen Teilen Syriens aussieht. Welche Analogie einem dazu einfällt, ist anheimgestellt. Der Bundeskanzler hat dazu keinen Kommentar abgegeben.

Frage

Ich wollte die Frage ein bisschen anders stellen, jetzt einmal jenseits der Bedingungen in Syrien. Steht die Bundesregierung denn grundsätzlich dazu, dass Migranten, die hier sind und keinen Aufenthaltsstatus haben, also jenseits von Straftätern und Menschen mit schon doppelter Staatsbürgerschaft, das Land verlassen müssen?

Kornelius (BReg)

Sie wissen, dass jede Rückführung eine Einzelfallentscheidung ist, die gerichtlich überprüfbar ist. Wenn der Asylgrund nicht mehr vorliegt oder der Fluchtgrund beendet ist, nämlich der Krieg, dann wird nach dem Gesetz verfahren. Das kann auch die Rückkehr der entsprechenden Geflüchteten zur Folge haben.

Bundesaufnahmeprogramm Afghanistan

Frage

Eine Frage an das BMI: Wie vielen Personen oder Familien wurde Geld angeboten, damit sie die Programme verlassen? Nach welchen Programmen haben diese Personen jetzt Aufnahmezusagen?

Bowinkelmann (BMI)

Ich kann dazu gerne etwas „unter drei“ sagen.

--- TEIL UNTER 3 ---

Wir sind ab jetzt wieder „unter eins“.

Bowinkelmann (BMI)

Zu Ihrer Frage: Es gibt Angebote im Rahmen eines freiwilligen Rückkehrprogramms nach Afghanistan oder für eine Ausreise in einen anderen Drittstaat mit dem Ziel, den Personen eine Perspektive einzuräumen, die nicht mit einer Aufnahme in Deutschland rechnen können.

Frage

Herr Bowinkelmann, kurz noch einmal zu dieser Mail: Was ist denn eigentlich, wenn jemand dieses Angebot in dieser Zwei-Wochen-Frist jetzt nicht annimmt? Es wird ja sehr klar in der Mail gesagt, es würden mit hoher Wahrscheinlichkeit in dieser Frist gar nicht alle Fälle bearbeitet. Läuft diese Person dann Gefahr, quasi das Geld nicht zu nehmen und aus Pakistan ausgewiesen zu werden?

An das Auswärtige Amt, an Herrn Giese, hätte ich die Frage: In dieser Mail kommt diese Frist bis Jahresende so ein bisschen gottgegeben daher. Aber das ist ja eine Frist der Pakistaner. Gab es irgendwelche Bemühungen, diese Frist zu verlängern, um diese Fälle doch noch zu bearbeiten?

Bowinkelmann (BMI)

Ich verweise auf das, was ich gerade gesagt habe. Zu der Situation der Personen vor Ort haben wir uns häufig geäußert; die gilt unverändert. Mehr habe ich momentan dazu nicht zu ergänzen.

Zusatzfrage

Das war aber keine Antwort auf meine Frage. Ich habe ja eine andere Frage gestellt als der Kollege eben.

Ich hatte gefragt: Droht diesen Leuten die Gefahr, dass sie dann zeitlich nicht mehr in dieses Verfahren kommen? Wenn sie dieses Geld abgelehnt haben, dann haben sie kein Geld und werden aus Pakistan zurückgewiesen.

Bowinkelmann (BMI)

Ich habe mich gerade zu den Angeboten geäußert, auf die sich wahrscheinlich Ihre Frage bezieht. Wir haben uns auch wiederholt zu der Situation der Menschen vor Ort geäußert und inwieweit sie auch durch einen Dienstleister betreut werden. Da kann ich von meiner Seite aus jetzt leider nichts mehr ergänzen.

Zusatzfrage

Aber das ist doch jetzt eine ganz andere Situation; dieses Angebot ist von gestern.

Bowinkelmann (BMI)

Ich verweise auf die gegebene Antwort.

Zuruf

Die keine war.

Giese (AA)

Sie sprechen die Frist bis zum Jahresende an. Das ist eine Nachfrist, die wir mit der pakistanischen Regierung verhandelt haben. Das war sehr schwierig; Sie wissen um die Spannungen zwischen Afghanistan und Pakistan. Es gab Berichterstattungen von Zusammenstößen. Wir können nicht damit rechnen ‑ das möchte ich ganz klar sagen ‑, dass diese Frist noch einmal verlängert wird. Darauf besteht keinerlei Aussicht.

Zusatzfrage

Haben Sie sich denn auf diplomatischem Weg bemüht?

Giese (AA)

Wie gesagt, das ist eine Nachfrist, die da erreicht worden ist. Das ist das Maximale, was erreichbar war.

Frage

Herr Bowinkelmann, haben dieses Angebot, das jetzt in Rede steht, auch Personen bekommen, die eine eigentlich verbindliche Zusage für eine Aufnahme in Deutschland bekommen haben, oder nur Leute, die auf irgendwelchen Listen stehen und darauf hoffen, in dieses Verfahren zu kommen?

Bowinkelmann (BMI)

Ich verweise auf die Antwort, die ich dazu gegeben habe. Ziel ist es, den Personen eine Perspektive einzuräumen, die nicht mit einer Aufnahme in Deutschland rechnen können.

Zusatzfrage

Herr Giese, als im September die Programme wieder aufgenommen wurden, hat Ihr Minister ja sehr vehement gefordert, dass das jetzt zügig gemacht wird. Herr Bowinkelmann sagte gerade, dass diese Prüfungen mit Hochdruck laufen. Ist das auch Ihr Eindruck? Ich habe irgendwie gelesen, dass in letzter Zeit nur zwei der Berechtigten aus Pakistan nach Deutschland ausreisen konnten.

Giese (AA)

Das Auswärtige Amt arbeitet da sehr eng mit dem BMI zusammen. Allen ist klar, dass die Frist abläuft und dass die Fälle bis dahin abgearbeitet werden müssen. Das wird unter Hochdruck gemacht.

Bowinkelmann (BMI)

Nur kurz dazu: Allein die Tatsache, dass gestern auch wieder ein Flug gelandet ist mit 31 afghanischen Staatsangehörigen aus dem Bundesaufnahmeprogramm für Afghanistan, zeigt, dass die Verfahren derzeit mit Hochdruck bearbeitet werden.

Frage

Meine Frage geht auch an das BMI. Können Sie sagen, wie viele Afghanen das Angebot bisher angenommen haben und wie viele Sie damit erreichen zu können denken?

Bowinkelmann (BMI)

Ich kann nur auf das verweisen, was ich dazu gesagt habe. Mehr kann ich dazu nicht sagen.

Frage

Meine Frage bezieht sich auf eine Berichterstattung, die vermutlich auch Sie kennen. Danach sei die pakistanische Regierung unzufrieden mit der Bundesregierung. Diese habe sich zu spät auf das pakistanische Angebot gemeldet, die Rückholung von 210 nach Afghanistan Abgeschobenen einzuleiten. Wie reagieren Sie auf diese Kritik? Unterstützen Sie die pakistanische Regierung bei dieser Option?

Vorsitzende Buschow

Ist das eine Frage an das Innenministerium oder an das Auswärtige Amt? Wem stellen Sie die Frage?

Zusatz

Dem Innenministerium, weil ich denke, dass es am ehesten mit der pakistanischen Regierung im Gespräch ist.

Bowinkelmann (BMI)

Ich verfüge von meiner Seite aus jetzt über keinen Stand, den ich Ihnen mitteilen könnte.

Zusatzfrage

Es wurde in der „FAZ“ als Kritik veröffentlicht. Vielleicht können Sie das doch noch zur Kenntnis nehmen und eine Antwort nachliefern.

Bowinkelmann (BMI)

Nur allgemein: Sie wissen, dass wir uns zu Medienberichten nicht äußern und sie nicht kommentieren.

Vorsitzende Buschow

Will das Auswärtige Amt dazu etwas ergänzen? ‑ Nein.

Frage

Noch einmal, zum Verständnis; es war hier hinten sehr schlecht zu hören: Die Menschen, die eine rechtsverbindliche Zusage der alten Bundesregierung haben, haben diesen Brief nicht bekommen, richtig?

Bowinkelmann (BMI)

Die Frage nach der rechtsverbindlichen Zusage steht ja vorrangig zu der Prüfung. Ich habe diesbezüglich keinerlei Einschränkung gemacht. Ich habe gesagt, dass es Angebote an Personen, die sich in diesem Programm befinden, gibt, mit dem Ziel, den Personen, die nicht mit einer Aufnahme in Deutschland rechnen können, eine Perspektive einzuräumen.

Zusatz

Wenn man 12 500 Euro als Unterstützung bekommt und dann dahin gehen soll, wo man unter Lebensbedrohung stehen würde, in diesem Falle also zurück, dann gibt es irgendwo einen Missing Link. Das verstehe ich nicht.

Bowinkelmann (BMI)

Zu den Details der Unterstützung habe ich mich nicht geäußert. Vor allen Dingen sind die Unterstützungsmaßnahmen individuell. Sie sind davon abhängig, für wie viele Personen sie sind und in welcher Lage sich die Person befindet. Es gibt auch einen Austausch mit den Personen, und zwar darüber, was für die Personen überhaupt infrage und in Betracht kommt und welche Bedürfnisse die Betroffenen haben.

Frage

Eine Verständnisfrage, Herr Bowinkelmann: Es geht ja insbesondere um Ortskräfte, die Deutschland geholfen haben und deswegen durch die Taliban in Lebensgefahr sind. Sie sollen aus Sicht des BMI am besten zurück nach Afghanistan. Wenn die Bundesregierung mit den Taliban über Rückführungen und Abschiebungen aus Deutschland nach Afghanistan verhandelt, sind dann auch Sicherheitszusagen für diese Ortskräfte Teil dieser Verhandlungen?

Bowinkelmann (BMI)

Den ersten Teil weise ich zurück. Die Bundesregierung hat kein Bestreben bezüglich dessen, wohin die betroffenen Personen reisen oder zurückreisen. Es geht um eine Aufnahme in Deutschland; das steht zur Debatte.

Zum Stand der Absprachen und Verhandlungen mit der pakistanischen Regierung haben wir uns hier jetzt geäußert und zur Genüge auch in der Vergangenheit.

Zusatzfrage

Aber spielen in den direkten Gesprächen mit den Taliban auch Sicherheitszusagen für Afghanen eine Rolle, die sich in Lebensgefahr befinden, weil sie unter anderem für Deutschland gearbeitet haben?

Bowinkelmann (BMI)

Sie sprechen jetzt, denke ich, die technischen Gespräche an, um Rückführungen nach Afghanistan zu ermöglichen.

Zusatz

Ja.

Bowinkelmann (BMI)

Zu den Details dieser Gespräche äußern wir uns nicht. Primär werden sie natürlich dazu geführt, Rückführungen nach Afghanistan zu ermöglichen.

Zusatzfrage

Ja, aber sie sollen dort doch in Sicherheit, oder?

Bowinkelmann (BMI)

Die Menschen, die nach Afghanistan zurückgeführt werden? ‑ Natürlich soll jeder Mensch an jedem Ort in der Welt in Sicherheit leben.

Frage

Laut Berichterstattung wurden 165 Mails verschickt. Können Sie diese Zahl bestätigen?

Geht diese Mail auch an Frauen und queere Menschen, die ja qua Geschlecht und sexueller Orientierung kaum eine persönliche Perspektive in Afghanistan haben?

Bowinkelmann (BMI)

Ich kann Schriftform, Anzahl und Personenzielgruppe, die Sie entsprechend eingeschränkt haben, weder bestätigen noch dementieren. Das, was ich dazu gesagt habe, habe ich dazu gesagt.

Vorsitzende Buschow

Ist die Frage noch zwingend? Dann bitte kurz und knapp. Die Liste ist lang und wir haben noch 20 Minuten Zeit.

Frage

Ich weiß. Aber Sie hatten gesagt, Sie nähmen mich noch auf die Liste, und das möchte ich wahrnehmen. ‑ Herr Bowinkelmann, es ist ein Unterschied, ob Sie Presseberichterstattung kommentieren sollen oder ob Sie nach den Inhalten von Presseberichten gefragt und gebeten werden, zu sagen, ob diese stimme oder nicht. Als ich vorhin nach Inhalten einer Berichterstattung fragte, haben Sie gesagt, Sie wollten das nicht kommentieren.

Vorsitzende Buschow

Ich hatte tatsächlich um eine kurze Frage gebeten, weil ich vermeiden wollte, dass Sie eine Diskussion zu diesem Thema beginnen.

Zusatz

Nein. Ich möchte ‑ ‑ ‑

Vorsitzende Buschow

… (akustisch unverständlich) Ihre Frage stellen.

Zusatz

Nein. Es ist nur der Wunsch, dass sich Herr Bowinkelmann an die Gepflogenheiten der Auskunft hält, wie sie hier seit Jahren üblich sind.

Treffen die Inhalte dieser Berichterstattung zu?

Bowinkelmann (BMI)

Ich halte mich sehr gern an die Gepflogenheiten. Das beinhaltet aber auch, dass Sie mir eine konkrete Frage bezüglich dieser Inhalte stellen müssen. Falls ich sie tatsächlich überhört haben sollte, stellen Sie sie gern noch einmal. Das täte mir leid.

Zusatzfrage

Wie reagiert die Bundesregierung auf den berichteten Inhalt, dass die pakistanische Regierung kritisiere, dass die Bundesregierung nicht dabei helfe, dass nach Afghanistan abgeschobene Geflüchtete zurückgeholt würden?

Bowinkelmann (BMI)

Aussagen von Regierungen oder Regierungssprechern ‑ Sie haben sie ja über Medienberichte wahrgenommen ‑ kommentieren wir ebenfalls grundsätzlich nicht.

Waffenlieferungen an Israel

Frage

Aus einer Stellungnahme des Verteidigungsministeriums an das Verwaltungsgericht Köln geht hervor, dass die Bundesregierung ihre Aussagen zu Waffenlieferungen an Israel in dem Verfahren vor dem IGH wegen mutmaßlicher Beihilfe zum Völkermord im Gazastreifen in Rücksprache und Einvernehmen mit Israel getätigt hat. Entsprechende Dokumente liegen unter anderem dem „Stern“ und „Drop Site News“ vor. Da würde mich zunächst interessieren: Wie und wieso hat die Bundesregierung ihre Aussagen vor dem IGH mit der Kriegspartei Israel abgestimmt? Die Frage geht an das BMVG und das AA.

Müller (BMVg)

Sie waren vielleicht nicht da und haben das vielleicht nicht mitbekommen ‑ ‑ ‑

Zusatzfrage

Doch, ich habe das Protokoll gelesen. Da haben Sie aber nichts dazu gesagt.

Müller (BMVg)

Genau. ‑ Wir haben auch dazu nichts zu sagen, weil das Verfahren, das Sie angesprochen haben, noch läuft. Deswegen kann ich hierzu keine Aussage treffen.

Giese (AA)

Das wird überall so gehalten, auch im Auswärtigen Amt.

Zusatzfrage

Die Dokumente des BMVg lassen nach Einschätzung von konsultierten Völkerrechtsexperten Zweifel aufkommen, dass das Auswärtige Amt vor dem IGH im April 2024 vollständig und vollumfänglich ausgesagt hat, was die Art der Waffenlieferungen an Israel angeht. Sie mögen sich erinnern: Die AA-Vertreterin hat damals dargelegt, dass aus Bundeswehrbeständen über die sogenannten Länderabgaben ausschließlich medizinische Hilfsgeräte und Helme geliefert würden. Können das Auswärtige Amt und das BMVg nach heutigem Kenntnisstand vollumfänglich ausschließen, dass die Bundeswehr 2023 auch Waffen oder Munition aus Bundeswehrbeständen an Israel geliefert hat?

Müller (BMVg)

Wir hatten das Thema Waffenlieferungen hier schon häufig. Sie wissen, wie unsere Kommunikation dazu ist, nämlich dass immer eine Einzelfallprüfung stattfindet, die dann auch die Belange des Bundesicherheitsrats betrifft, und dass wir dazu auch nur eingestufte Informationen haben. Insofern können Sie das so oft wiederholen, wie Sie wollen, aber darüber hinaus wird hier keine weitere Einordnung erfolgen und werden keine Aussagen dazu getätigt werden. Ihre erste Frage bezog sich auf ein Verfahren, das noch läuft, und deswegen habe ich darüber hinaus nichts hinzuteilen.

Frage

Herr Müller, grundsätzlich gefragt: Wenn das BMVg eine Stellungnahme vor einem Verwaltungsgericht, einem Gericht in Deutschland abgibt, dann ist das wahrheitsgemäß?

Müller (BMVg)

Ganz grundsätzlich gilt: Solange das Verfahren läuft, kann ich mich hier nicht äußern. Weil das Verfahren nicht abgeschlossen ist, kann ich dazu aktuell nichts weiter sagen, tut mir leid.

Zusatzfrage

Darum habe ich nicht danach gefragt, sondern habe grundsätzlich gefragt: Können wir, wenn das BMVg vor deutschen Gerichten Aussagen tätigt oder Stellungnahmen abgibt, davon ausgehen, dass die wahrheitsgemäß sind?

Müller (BMVg)

Das BMVg beteiligt sich an allen Gerichtsverhandlungen und wird dort immer aussagen.

Zusatzfrage

Wahrheitsgemäß?

Müller (BMVg)

Immer aussagen.

Besuch der ehemaligen taiwanesischen Präsidentin Tsai Ing-wen in Deutschland

Frage

Die ehemalige taiwanesische Präsidentin Tsai besucht Deutschland aus Anlass der Berlin Freedom Conference. Mich würde interessieren: Gibt es da Kontakte mit dem Auswärtigen Amt oder sonstigen Regierungsmitgliedern?

Giese (AA)

Frau Tsai reist auf Einladung der Zivilgesellschaft zur Teilnahme an einer Konferenz nach Deutschland. Frau Tsai ist keine Funktionsträgerin. Es handelt sich nicht um einen offiziellen Besuch, sondern es ist die private Reise einer Privatperson. Begegnungen mit Mitgliedern der Bundesregierung sind nicht vorgesehen.

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