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Erklärungen des Auswärtigen Amts in der Regierungspressekonferenz vom 29.10.2025

29.10.2025 - Artikel

Reise des Bundesaußenministers in den Nahen und Mittleren Osten

Deschauer (AA)

Außenminister Wadephul ist heute zu einer Reise in den Nahen und Mittleren Osten aufgebrochen. Er wird in den kommenden Tagen nach Jordanien und Libanon reisen und in Bahrain am Manama-Dialog teilnehmen.

In Jordanien ist ein Zusammentreffen mit Außenministerkollege Safadi geplant. Dabei wird es unter anderem um die weitere Umsetzung der Waffenstillstandsvereinbarung zwischen Israel und der Hamas und um die Umsetzung des 20-Punkte-Plans gehen.

In Libanon sind Termine mit Außenminister Raggi, Präsident Aoun und dem Ministerpräsidenten Libanons, Salam, geplant. Außenminister Wadephul wird außerdem die Fregatte „Sachsen-Anhalt“ besuchen, die sich im Rahmen der maritimen Taskforce an der UN-Blauhelmmission UNIFIL beteiligt. Vor dem Hintergrund des Auslaufens der Mission UNIFIL zu Dezember 2026 wird es unter anderem um die Frage gehen, wie die libanesischen Streitkräfte in die Lage versetzt werden können, selbst für Sicherheit vor Ort zu sorgen.

Im weiteren Verlauf, wie ich bereits andeutete, wird die Reise den Außenminister nach Bahrain führen, wo mit dem Manama-Dialog eine bedeutende regionale Sicherheitskonferenz stattfindet. Er wird den Premierminister Bahrains, Kronprinz Salam bin Hamad, treffen. Die Teilnahme bei einer Podiumsdiskussion ist Gegenstand seines Besuchs vor Ort.

Zu den Zielen der Reise hat sich der Minister gerade bereits in einem Statement geäußert, das Ihnen bekannt sein dürfte.

Nahostkonflikt

Frage

Frage an den Regierungssprecher: Wie viele Verstöße gegen die Waffenruhe in Gaza sind noch möglich, bis der Friedensplan nicht mehr zu retten ist?

Meyer (BReg)

Ich will vielleicht noch einmal sagen, dass wir als Bundesregierung sehr stark darauf setzen ‑ der Außenminister hat auch in seinem Statement darauf hingewiesen ‑, dass dieser Waffenstillstand halten muss. Wir gehen davon aus und drängen natürlich weiterhin darauf, dass alle Parteien in der Umsetzung des 20-Punkte-Plans weiterhin den besten und absehbar vielleicht auch einzigen wirklich ernsthaften Weg sehen, die Situation in der Region nachhaltig zu verbessern. Darauf drängen wir. Dieser Waffenstillstand muss halten.

Zusatzfrage

Wen trifft denn die Hauptschuld dafür, dass die Waffenruhe nicht richtig hält?

Meyer (BReg)

Ich will noch einmal betonen: Dieser Waffenstillstand muss halten. Er ist der Weg nach vorne. Wir haben in den letzten Jahren und Jahrzehnten dramatische Zuspitzungen in der Region gesehen. Wir haben jetzt zum ersten Mal nach langer Zeit wirklich einen Weg, der Hoffnung macht, dass es besser wird. Wir rufen weiterhin alle Parteien dazu auf, sich daran nicht nur zu beteiligen, sondern sich auch an die Absprachen zu halten; denn das ist der beste Weg, den wir haben, um die Situation in der Region zu verbessern.

Frage

Sie haben gerade gesagt, Sie haben Hoffnung, dass es besser wird. Jetzt kommt aus Nordrhein-Westfalen ein neuer Vorstoß, schwer verletzte Kinder auch aus Gaza aufzunehmen, um sie in Deutschland zu behandeln. Das kam dieses Mal vom Europaminister Herrn Liminski. Ich würde dazu gerne einmal nachfragen: Wie bewertet denn die Bundesregierung diesen Vorstoß aus Nordrhein-Westfalen? Da hieß es auch, man sei auf mögliche Behandlungen gut vorbereitet. Sehen Sie denn, dass es die Möglichkeit gäbe, jetzt Kinder aufzunehmen, auch angesichts der Waffenruhe, die fragil ist, aber immerhin doch noch besteht?

Vorsitzende Wefers

Ich schaue ein bisschen in die Runde, weil das so viele Ministerien sind.

Bowinkelmann (BMI)

Ich kann gerne anfangen. - Wir hatten das Thema „Aufnahme von Kindern aus Gaza zwecks medizinischer Behandlung“ schon vor dem erneuten Vorstoß jetzt aus NRW, vor allen Dingen aus Hannover. Unser Ziel bleibt zunächst, dass die Hilfe vor Ort gestärkt und unterstützt wird. Alle weiteren Maßnahmen, die angesprochen worden sind, hängen sehr von einer Lagebeurteilung vor Ort ab. Wie wir just gesehen haben, ist die Lage dort noch sehr fragil.

Wir haben alle möglichen Schritte geprüft, die gegebenenfalls eine Aufnahme von Kindern zur Behandlung hier ermöglichen. Wir haben in der Antwort an Hannover klar dargestellt, dass wir so weit wie möglich Hilfe leisten, dies vorrangig vor Ort, aber aufgrund der Lagebeurteilung und weiterer Komplexität des Themas derzeit nicht eine Aufnahme von Kindern vorsehen, wie gewünscht.

Zusatzfrage

Das heißt, auch perspektivisch ist da jetzt erst einmal nichts angedacht, sondern Stand jetzt sagt die Bundesregierung: „Wir würden ein solches Begehren auch aus den Ländern nicht unterstützen“?

Bowinkelmann (BMI)

Stand jetzt ist der, den ich gerade genannt habe. Die Hilfe vor Ort wird gestärkt und erfolgt. Es ist natürlich immer eine Abwägung, inwieweit die direkte Hilfe vor Ort ermöglicht und geleistet wird, im Gegensatz zu einem sehr komplexen und aufwendigen Verfahren, das nötig wäre, um gegebenenfalls eine Hilfe über den Transport von Personen nach Deutschland und wieder zurück zu ermöglichen.

Frage

Ich habe noch nicht ganz verstanden, warum man Kindern nicht helfen kann.

Bowinkelmann (BMI)

Das habe ich in keiner Weise gesagt. Es wird vor allen Dingen vor Ort geholfen.

Zusatzfrage

Entschuldigung. Ich habe jetzt nicht verstanden, was die Lage in Gaza mit den Kindern vor Ort zu tun hat.

Frau Deschauer, wird der Außenminister in Libanon die anhaltenden Verstöße der israelischen Armee gegen die Waffenruhe thematisieren?

Bowinkelmann (BMI)

Ich habe explizit darauf hingewiesen, dass die Hilfe vor Ort wichtig und notwendig ist und derzeit auch erfolgt und dass diese vor allen Dingen zielgerichtet in Absprache mit den arabischen Staaten vor Ort ermöglicht wird. Aber um überhaupt solche Transporte zu organisieren, muss natürlich der Kontakt ermöglicht werden. Es müssen die entsprechenden Maßnahmen ergriffen werden. Es müssen zum Beispiel auch Sicherheitsüberprüfungen stattfinden. Das ist alles in allem ein sehr komplexer Vorgang, der der Hilfe vor Ort gegenübergestellt werden muss, die direkt und zielgerichteter erfolgen kann.

Deschauer (AA)

Ich kann gerne noch kurz zu der Frage zu der vorherigen Thematik ergänzen, dass wir uns hier vergangene Woche ich meine, es war der Mittwoch ‑ dazu ausgetauscht haben und dass ich, glaube ich, dazu ausgeführt habe, was wir als Auswärtiges Amt sehr konkret für die Versorgung von Patientinnen und Patienten vor Ort machen ‑ das können Sie da gerne noch einmal nachlesen ‑, weil es substanzielle Hilfe der Bundesregierung über das Auswärtige Amt gibt.

Jetzt konkret zu Ihrer zweiten Frage. Wir setzen uns natürlich dafür ein, dass die Waffenruhe hält; denn eine Rückkehr zu einer militärischen Dynamik und Eskalation hätte gravierende Folgen für die Menschen auf beiden Seiten. Es steht fest, dass es auch nach dem Eintritt der Waffenruhe immer wieder vereinzelte militärische Aktivitäten gegeben hat, die wir natürlich genau zur Kenntnis nehmen, die wir beobachten. Wir fordern alle Parteien zur Einhaltung des Waffenstillstandsabkommens und zu maximaler Zurückhaltung auf. Das haben wir in der Vergangenheit getan. Das ist die weitere Linie. Sicher wird Gelegenheit bestehen, sich zu allen Aspekten von Relevanz, was die Sicherheit der Region und die Lage in der Region angeht, auf dieser Reise in Gesprächen auszutauschen.

Frage

Frau Deschauer, gibt es etwas Neues zur geplanten deutsch-ägyptischen Wiederaufbaukonferenz?

Deschauer (AA)

Ich glaube ‑ ich versuche gerade, das zu sortieren ‑, das hatten wir am Montag vergangener Woche. Damals hatten wir diese Thematik hier. Der Regierungssprecher hatte ausgeführt, dass die ägyptische Seite, natürlich in Abstimmung mit vielen internationalen Partnern, auch mit den Vereinigten Staaten von Amerika, die den 20-Punkte-Plan ja sehr relevant und zentral vorangebracht haben, sowie mit anderen regionalen und internationalen Partnern daran arbeitet, dann, wenn wir in die Umsetzung der Phase 2 dieses Planes gelangen, den Weg für eine friedlichere Zukunft auch mit einer Wiederaufbaukonferenz in Kairo zu gestalten. Stand jetzt gibt es noch kein weiteres Update dazu.

Ich glaube, wir müssen sagen, dass wir uns noch immer in der Phase 1 befinden, in der es auch darum geht ‑ ich möchte es noch einmal betonen; das hat der Außenminister heute getan ‑, dass die sterblichen Überreste der getöteten Geiseln zurückgebracht werden müssen, damit sich die Angehörigen würdevoll verabschieden können.

Zusatzfrage

Das bedeutet im Umkehrschluss, dass diese Konferenz erst dann beginnen kann, wenn alle sterblichen Überreste übergeben sind?

Deschauer (AA)

Das habe ich nicht gesagt. Ich habe gesagt, wir sind in der Phase 1 des 20-Punkte-Plans. In dieser Sequenz sind wichtige Dinge noch nicht erfüllt, wenn Sie es so sehen wollen. Natürlich muss ‑ da müssen Sie sich vielleicht noch an die ägyptische Seite wenden, die dann vermutlich der Ausrichter wäre ‑ ein guter Zeitpunkt gewählt werden, wann so ein Schritt nach vorne, der uns auf den Weg zum Frieden bringen soll, geeignet ist. Ich kann Ihnen jetzt nicht stellvertretend für die ägyptischen Kollegen etwas ankündigen.

Frage

Herr Bowinkelmann, Sie haben jetzt mehrmals betont, dass man keine schwer verletzten palästinensischen Kinder nach Deutschland einfliegen will, mit Verweis darauf, dass der Fokus darauf liegt, das vor Ort zu machen. Auch Ihnen werden die Zahlen vorliegen, wie massiv der israelische Angriff in Gaza gerade auch die medizinische Infrastruktur plattgemacht hat, gerade was die Versorgung Schwerverletzter angeht. Deswegen würde mich interessieren, wie da der Informationsstand des BMI ist. Wie gut ist die Grundversorgung von schwer verletzten Kindern in Gaza noch machbar?

Bowinkelmann (BMI)

Ich habe versucht, deutlich zu machen, dass der Fokus nicht auf einer Versorgung direkt in Gaza vor Ort liegt ‑ ich kann Ihnen seitens des BMI keine Beurteilung der medizinischen Versorgung zur Verfügung stellen ‑, sondern dass dies vor allen Dingen in Zusammenarbeit mit den Anrainerstaaten, den arabischen Staaten erfolgen muss. Dabei ist insbesondere auch die ägyptische Seite gefragt. In den Staaten um den Gazastreifen herum gibt es natürlich eine medizinische Versorgung, die wir auch unterstützen und aufbauen können. Diese Unterstützung wird gerade vorangetrieben und hochgefahren.

Zusatzfrage

Dieses Thema haben wir jetzt schon seit mehreren Monaten. Das BMI hat das bisher immer verweigert. Gleichzeitig haben das mehrere EU-Staaten ohne größere Probleme durchgeführt. Ich denke, es wird weiterhin der Fall sein, dass wir von Kindern sprechen, die begleitet werden müssen, und dass sich das BMI nicht gegen den Kindertransport an sich wehrt, sondern dagegen, dass Kinder durch Familienangehörige begleitet werden. Die Frage ist: Ist weiterhin der argumentative Hauptgrund, keine schwer verletzten Kinder aus Gaza einfliegen zu lassen, weil man befürchtet, dass die begleitenden Familienangehörigen irgendeinen der Bundesregierung nicht genehmen politischen Hintergrund haben?

Bowinkelmann (BMI)

Diese Unterstellung, die Ihre Frage, sofern es denn eine Frage war, -

Zusatz

Es war eine.

Bowinkelmann (BMI)

- beinhaltet, weise ich zurück.

Ich habe gerade auf die Komplexität einer möglichen Aufnahme hingewiesen. Ja, Kinder brauchen eine Begleitung. Die muss organisiert und geprüft werden. Überhaupt muss der Kontakt zu den Personen hergestellt werden. Es muss sichergestellt werden, dass der Transport sicher erfolgt. Das muss bei verletzten Personen natürlich auch zeitnah und schnell erfolgen. All das sind gegebenenfalls größere Hindernisse als eine medizinische Versorgung im direkten Umfeld der Betroffenen. Diese steht zur Abwägung. Das ist die Grundlage dieser Entscheidung.

Frage

Herr Bowinkelmann, bezieht sich die Sicherheitsüberprüfung auf die Eltern der Kinder?

Bowinkelmann (BMI)

Es müssen nicht zwangsläufig Eltern sein, aber natürlich brauchen Kinder eine Begleitung. Gegebenenfalls muss diese Begleitung auch sicherheitsüberprüft werden.

Zusatzfrage

Können Sie mal den Unterschied zu den Kindern aus der Ukraine erklären, die schwer verletzt aus ukrainischen Kriegsgebieten nach Deutschland gebracht wurden und hier behandelt werden konnten? Gab es da auch eine Sicherheitsüberprüfung für die Angehörigen, die die begleitet haben?

Bowinkelmann (BMI)

Das kann ich Ihnen jetzt im Detail nicht sagen.

Zusatz

Das können Sie nachreichen.

Bowinkelmann (BMI)

Wenn es dazu etwas nachzureichen gibt, reiche ich das gerne nach. - Natürlich muss klargestellt werden, welche Personen begleiten. Das ist eine der notwendigen Maßnahmen für den hypothetischen Fall, den wir jetzt diskutieren, dass ein Transport von Kindern erfolgt.

Frage

Noch etwas zum Thema Gaza und zu dem, was ein Kollege gefragt hat. Die Bundesregierung hat Beobachter nach Gaza gesendet. Die Israelis haben heute über 100 Menschen getötet. Sehen Sie dort nicht eine Gefahr für die Beobachter?

Deschauer (AA)

Ich bin mir jetzt nicht ganz sicher, worauf Ihre Frage abzielt. Ich glaube, wir hatten schon in der vergangenen Woche auch über die Entsendung von militärischem Personal in das sogenannte CMCC ‑ das ist das US-geführte Civil-Military Coordination Centre ‑ gesprochen. Da es ein zivil-militärisches Center ist, werden dorthin auch drei Kolleginnen und Kollegen aus dem Auswärtigen Amt entsandt, die zur Unterstützung tätig werden. Insofern geht es darum, dass wir in die Umsetzung des 20-Punkte-Plans gelangen, der den Weg für eine friedliche Zukunft aufzeigt, und zwar den besten und einzigen Weg, den wir im Moment planen und haben, und dass Deutschland seinen Beitrag dazu leistet.

Müller (BMVg)

Die Soldaten, die dort sind, sind Teil des CMCC, also einer Stelle, die vor allem die zivil-militärische Koordinierung übernimmt. Sie sind nicht im Gazastreifen und haben keinen Beobachterstatus für den Gazastreifen. Sie sind außerhalb und kümmern sich größtenteils um logistische Prozesse und um die Koordinierung von zivil-militärischer Zusammenarbeit. Deswegen können wir keine Beobachtererkenntnisse darüber mitteilen.

Deschauer (AA)

Es geht um humanitäre Hilfe, darum, den Weg zu bereiten, den 20-Punkte-Plan umzusetzen, sowohl zivil als auch militärisch, um Stabilisierung und Wiederaufbau. Das werden die Tätigkeitsbereiche sein.

Reise des Bundeskanzlers in die Türkei

Frage

Herr Meyer, in der Türkei ist heute Feiertag anlässlich der Gründung der Republik vor 102 Jahren. Nimmt der Kanzler an Feierlichkeiten diesbezüglich teil, wenn er heute am frühen Abend in Ankara ankommt?

Meyer (BReg)

Es ist in der Tat so, dass der Bundeskanzler bereits heute anreist. Ich habe aber auch am Montag schon gesagt, dass im Mittelpunkt des Treffens der bilaterale Austausch mit Präsident Erdoğan steht. Es gibt in der Tat ein kleineres Rahmenprogramm, das stattfinden wird. Aber wie gesagt, was Details betrifft, möchte ich der Reise nicht vorgreifen. Das können wir am Freitag gerne noch einmal besprechen.

Zusatzfrage

Wird das Bundeskanzleramt bzw. wird das Auswärtige Amt durch die deutsche Botschaft in Ankara aus diesem Anlass ‑ 102 Jahre Türkische Republik ‑ Glückwünsche für die Einhaltung der Demokratie in der Türkei aussprechen?

Deschauer (AA)

Ich könnte theoretisch für die deutsche Botschaft sprechen, aber ich glaube, ich müsste mich da noch einmal schlau machen.

Meyer (BReg)

Uns ist die Bedeutung dieses Tags natürlich bewusst. Wie gesagt, er wird morgen sicherlich in irgendeiner Form gewürdigt werden.

Frage

Herr Meyer, ich gehe davon aus, dass das Programm feststeht. Wird es neben dem Treffen mit dem türkischen Staatspräsidenten Erdoğan andere Treffen oder Gespräche geben?

Darüber hinaus: Was halten Sie von den Vorschlägen von Amnesty International, dass der Bundeskanzler in seinem Gespräch mit dem türkischen Staatspräsidenten auch die Menschenrechtsverletzungen in der Türkei zur Sprache bringen sollte?

Meyer (BReg)

Noch einmal: Wir haben auch am Montag schon ein bisschen darüber berichtet. Der Besuch des Bundeskanzlers ist ein Antrittsbesuch bei Präsident Erdoğan. Deshalb ist ihm dieser Besuch auch besonders wichtig, und deshalb wird das bilaterale Gespräch mit Herrn Erdoğan auch weiten Raum einnehmen. Ich gehe davon aus ‑ ohne jetzt Details vorwegzunehmen ‑, dass die ganze Bandbreite unterschiedlicher bilateraler Themen zwischen Deutschland und der Türkei im Mittelpunkt steht. Dazu gehören sicherlich auch Migrationsfragen. Darüber hinaus gibt es eine Reihe von internationalen und sicherheitspolitischen Themen. Insbesondere die Situation in der Ukraine, aber auch die weitere Entwicklung im Nahen Osten werden sicherlich Themen in diesem Gespräch sein.

Wie gesagt, der Bundeskanzler reist bereits heute an, und zu dem weiteren Programm werden wir gerne im Nachgang informieren. Im Mittelpunkt steht aber das bilaterale Gespräch.

Zusatzfrage

Was sagen Sie zu dem Vorschlag von Amnesty International, dass der Bundeskanzler in diesem Gespräch auch die Menschenrechtsverletzungen in der Türkei zur Sprache bringen sollte?

Meyer (BReg)

Es steht Amnesty International natürlich völlig frei, Hinweise zu geben, und die nehmen wir zur Kenntnis. Ich habe gerade ein bisschen den Rahmen beschrieben, in dem das Gespräch stattfindet. Warten wir das Gespräch jetzt einmal ab.

Frage

Herr Meyer, wird zu diesen bilateralen Themen oder Sicherheitsfragen in der Region auch das Thema der Beteiligung der Türkei an dem europäischen Verteidigungsprogramm SAFE gehören?

Meyer (BReg)

Mir fällt es immer ein bisschen schwer, 24 Stunden vor dem Termin zu telepathieren, was genau angesprochen wird. Deswegen fällt es mir schwer, Ihre Frage zu beantworten. SAFE ist aber natürlich ein Thema, das in der Vergangenheit auf verschiedenen Ebenen und in verschiedenen Konstellationen eine Rolle gespielt hat; insofern würde ich es als ein naheliegendes Thema bezeichnen. Ich kann dem Gespräch aber nicht vorgreifen.

Zusatzfrage

Mich interessiert aber auch die prinzipielle Positionierung des Bundeskanzlers; denn das Thema SAFE ist von Griechenland beim letzten Europäischen Rat mit einem Veto blockiert worden. Mit welcher Position wird der Bundeskanzler in Ankara über dieses Thema sprechen?

Meyer (BReg)

Es ist, glaube ich, kein Geheimnis, dass wir eine enge Zusammenarbeit zwischen NATO und EU befürworten. Für alles Weitere würde ich auf das Gespräch verweisen. Vielleicht haben wir am Freitag noch einmal Gelegenheit, im Nachgang dazu zu sprechen.

Frage

Noch einmal zu dem heutigen Jahrestag: Sieht die Bundesregierung die Türkei immer noch als Demokratie?

Meyer (BReg)

Die Türkei ist ein wichtiger Partner. Deshalb ist der Antrittsbesuch des Bundeskanzlers etwas, was hohe Aufmerksamkeit für uns hat, und deshalb war ihm auch sehr wichtig, relativ frühzeitig in seiner Amtszeit in die Türkei zu reisen. Ich habe gerade schon eine Reihe von bilateralen und internationalen Themen beschrieben, die da für uns sehr wichtig sind, und darauf fokussieren wir uns.

Zusatzfrage

Danach habe ich jetzt nicht gefragt, Herr Meyer. Der Think Tank Freedom House bewertet die Türkei nicht mehr als Demokratie; der “Democracy Index” der Economist Intelligence Unit stuft die Türkei als hybrides Regime inzwischen Demokratie und Autokratie ein. Die Kollegin hat ja eben nach angeblich 102 Jahren Demokratie in der Türkei gefragt. Wenn Herr Meyer schon nicht antworten möchte: Wie sieht die Bundesregierung das, Frau Deschauer?

Deschauer (AA)

Der stellvertretende Regierungssprecher hat ja für die Bundesregierung geantwortet.

Zusatz

Nein.

Deschauer (AA)

Er hat für die Bundesregierung geantwortet, und ich habe gesagt: Wenn ich zu der Frage Ihrer Kollegen hier im Raum etwas nachtragen kann, dann mache ich das gerne. Ich müsste mich dazu aber erst noch kundig machen.

Russischer Angriffskrieg gegen die Ukraine

Frage

Ich habe zum Thema der Ukraine eine Frage an das Auswärtige Amt. In den kommenden Tagen soll es im Rahmen der Koalition der Willigen Gespräche über einen Friedensplan mit zwölf Punkten geben. Es hat schon früher viele Pläne gegeben. Was ist diesmal anders? Welche Punkte wären aus deutscher Sicht die wichtigsten?

Meyer (BReg)

Ich kann vielleicht antworten, dass wir uns in der Tat natürlich weiter im intensiven Austausch befinden. Es gibt seit längerer Zeit verschiedene Gesprächsformate, um der Ukraine hierbei unter die Arme zu greifen, sie zu unterstützen und auch für etwaige Prozesse stark zu machen. Wir haben dabei immer betont, dass ein Waffenstillstand das vorrangige Ziel ist. Etwaigen Gesprächen, die Sie jetzt gerade angesprochen haben, und Konkretisierungen will ich an der Stelle nicht vorgreifen, weil sie sehr wichtig sind und ich von dieser Stelle aus jetzt entsprechend keine Wasserstandsmeldung dazu abgeben möchte.

Zusatzfrage

In einem der Punkte soll es um Lockerung oder eine Aufhebung der Sanktionen gegen Russland gehen. Was denkt die Bundesregierung darüber? Was wäre möglich?

Meyer (BReg)

Ich will vielleicht noch einmal allgemein darauf hinweisen, dass wir die Sanktionsbemühungen gerade noch einmal verstärkt und auch einen Beschluss auf europäischer Ebene gefasst haben. Insofern sehen wir es jetzt unabhängig von etwaigen Prozessen weiterhin als wichtig an, den Druck auf Russland zu erhöhen. Denn wir sehen weiterhin, dass Wladimir Putin keinerlei Interesse daran zu haben scheint, in ernsthafte Gespräche über einen Friedensprozess einzusteigen. Es bleibt unsere Überzeugung, dass der Druck eher erhöht werden muss, um ihn am Ende auch dazu zu bewegen.

[…]

Frage

[…] Der russische Außenminister Lawrow hat diese Woche in Minsk erklärt, Moskau sei bereit, den Ländern der EU und der NATO völkerrechtlich verankerte Sicherheitsgarantien zu geben, diese Länder nicht anzugreifen. Da würde mich interessieren: Sind der Bundesregierung diese Äußerungen von Herrn Lawrow bekannt? Wie wird dieser Vorschlag bewertet?

Deschauer (AA)

Presseöffentliche Äußerungen sind der Bundesregierung meistens gut bekannt. Ich würde das hier gar nicht kommentieren. Wir gehen auf Vorschläge ein, wenn sie sinnvoll sind und auf die Beendigung des russischen Angriffskriegs ausgerichtet sind. Das könnte die russische Seite jederzeit tun. Ich kann in dem in den Medien zitierten Vorschlag, wie Sie es nennen, diesen Willen nicht erkennen. Insofern ist die russische Seite aufgefordert, ihren Krieg einzustellen, und die Bundesregierung wird die Ukraine in ihrer Verteidigung gegen die russische Aggression weiter unterstützen.

Zusatzfrage

Verstehe ich Sie richtig, dass Sie diesen Vorschlag eines De-facto-Nichtangriffspakts mit EU- und NATO-Staaten von der russischen Seite erst einmal nicht aufgreifen wollen?

Deschauer (AA)

Sie verstehen mich sehr richtig, dass die russische Seite ihren Krieg zu beenden hat, den sie seit geraumer Zeit ohne jeglichen Anlass und Grund gegen ein souveränes Nachbarland führt. Es ist das Bestreben der Bundesregierung, dass es zu einem Waffenstillstand, einem Ende dieser Kriegshandlungen kommt.

Mögliche Hilfsangebote für Jamaika aufgrund von Hurrikanschäden

Frage

Zum Hurrikan „Melissa“ an das AA: Gab es schon Hilfsanfragen aus Jamaika und anderen betroffenen Ländern oder vielleicht auch direkte Hilfsangebote?

Deschauer (AA)

Besten Dank. - Ich muss mich einmal ganz kurz sortieren und kann vielleicht einführend sagen, dass wir angesichts der Bilder und Berichte von den enormen Schäden in der Karibik genauso wie Sie sehr besorgt sind. Das betrifft jetzt insbesondere Jamaika, aber der Tropensturm „Melissa“ zieht ja auch weiter. Wir versuchen natürlich, uns ein Bild zu machen, was angesichts der Lage, der Verwüstung und der Schäden, die man sehen kann, ziemlich schwierig ist. Die jamaikanische Regierung hat die Karibikinsel ja zum Katastrophengebiet erklärt.

Geben Sie mir 30 Sekunden. Vielleicht können wir mit einer der vielen anderen Fragen weitermachen. Wenn sich die Frage dann nicht an mich richtet, habe ich die Chance, es dann noch nachzureichen.

Frage

Im Zweifel richtet sich meine Frage auch an das Auswärtige Amt.

Vorsitzende Wefers

Dann ist es nicht besonders weiterführend, weil Frau Deschauer nicht nach der Jamaika-Antwort suchen kann, während Sie eine neue Frage stellen.

Vielleicht fragen Sie einmal in Bezug auf Schwedt. Das ginge dann nicht an Frau Deschauer.

Zusatz

Das habe ich schon getan. Diese Weiterleitung fanden Sie ja unangemessen.

Aber ich glaube, die Frage ist schnell zu beantworten. Danach kann sie auch noch nachschauen. Die Nachreichung für Jamaika können wir auch verschieben.

Deschauer (AA)

Wann ich was wie nachschaue, überlassen Sie mir. Das werde ich jetzt zunächst vornehmen. Wir liegen hier ja ohnehin schon über der Zeit.

[…]

Vorsitzende Wefers

Wie sieht es mit möglichen Hilfen für Jamaika aufgrund von Hurrikanschäden aus?

Deschauer (AA)

Ich glaube, ein kleines Element des Ganzen werde ich wahrscheinlich in der bereits überzogenen Zeit nicht auch noch bringen können. Aber ich sagte ja, dass die Lage unübersichtlich ist. Man kann natürlich noch nicht vollständig einschätzen, was dann auch an Bedarfserhebungen erfolgen wird. Wir prüfen als Bundesregierung bzw. als AA, wie wir auf die Distanz bedarfsgerecht gegebenenfalls auch schnell Hilfe leisten können.

Vielleicht zur Einordnung: Wir sind als Bundesregierung einer der größten Beitragszahler in einem entsprechend relevanten Fonds, den die Vereinten Nationen haben ‑ das ist der sogenannte Central Emergency Response Fund ‑, und natürlich auch Beitragszahler für das Welternährungsprogramm und bei internationalen Hilfsorganisationen engagiert. Insofern kann ich vielleicht am Freitag konkreter werden. Das ist der aktuelle Stand.

Frage

Frau Deschauer, Herr Bowinkelmann, das heißt, es gibt noch keine konkreten Anfragen in Richtung von THW und Co, richtig?

Deschauer (AA)

Ich glaube, es war gerade der Punkt, den ich genannt habe, dass ich die Frage jetzt gerade, während ich hier sitze, noch nicht exakt beantworten kann. Ich reiche das gerne nach, sobald es möglich ist.

Zusatz Steiner

Ich weiß ja nicht, ob Herr Bowinkelmann schon etwas sagen kann.

Bowinkelmann (BMI)

Das müsste auch von meiner Seite leider nachgereicht werden.

Reise des Bundesfinanzministers nach China

Frage

An das BMF: Herr Klingbeil reist ja nach China. Ist der Plan, dort eine ähnlich starke Position einzunehmen wie der Außenminister, oder geht es dort eher um andere Bereiche?

Keller (BMF)

Ich habe jetzt eine große Erwartungshaltung auf mich geladen, von der ich fürchte, sie nicht erfüllen zu können. Ich kann Ihnen dazu sagen, dass aktuell Planungen für eine mögliche Fortsetzung des deutsch-chinesischen Finanzdialogs laufen. Das ist ein Format, das seit mehreren Legislaturperioden zwischen den Finanzministern etabliert ist. Dazu gibt es auf beiden Seiten Interesse, es fortsetzen zu wollen. Aber zu Details können wir uns zum aktuellen Zeitpunkt noch nicht weiter äußern. Wir werden dann etwas ankündigen, sobald seriös etwas dazu berichtet werden kann.

Meyer (BReg)

Ich kann vielleicht noch etwas ergänzen, wenn ich darf, weil ich das Interesse sehe. Ohne, dass ich jetzt weiter auf Details der Reise und der Vorbereitung eingehe: Das war in der Tat heute auch in der Sitzung des Bundeskabinetts kurz ein Thema. Die Ministerinnen und Minister und der Bundeskanzler haben sich gegenseitig noch einmal klar versichert, dass man sich im Vorfeld etwaiger Reisen innerhalb der Bundesregierung jetzt sehr, sehr eng abstimmen wird. Das ist, glaube ich, auch richtig und wichtig. Es ist auch üblich. Es ist aber jetzt, in dieser Phase, bei all den Themen, die wir auch in den deutsch-chinesischen Beziehungen vor der Brust haben, vielleicht umso wichtiger.

Frage

An das Auswärtige Amt: Gibt es schon eine Reaktion Chinas auf das Angebot, miteinander zu telefonieren?

Deschauer (AA)

Ich glaube, wir haben uns hier in den letzten Tagen sehr intensiv ausgetauscht, auch über nächste Kontaktaufnahmen und Gespräche. Seien Sie sich insofern sicher, dass Sie es mitbekommen werden und ich es hier dann auch gerne ein bisschen ausführen werde, soweit es nicht den Rahmen des Vertraulichen sprengt.

Das, was wir dann aus Terminen oder Gesprächen zu berichten haben, die Einordnungen, die offizielle Stellungnahme aus chinesischen Regierungskreisen und auch, wie wir sie insgesamt einschätzen, haben wir, glaube ich, auch am Montag hier schon einmal vorgenommen. Der Außenminister war am Montag in Brüssel und hat sich dort auch noch einmal öffentlich geäußert. Das ist der aktuelle Stand.

Ich glaube, es war hier auch länger im Gespräch, dass wir natürlich konstruktive Gespräche mit wechselseitiger Fairness und wechselseitigem Respekt anstreben und das unser Fokus ist, weil wir einfach sehr viele Themen gemeinsam zu besprechen haben. Aber ich halte Sie natürlich gerne im Weiteren auf dem Laufenden.

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