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Erklärungen des Auswärtigen Amts in der Regierungspressekonferenz vom 15.10.2025

15.10.2025 - Artikel

Reise des Bundesaußenministers in die Türkei

Hinterseher (AA)

Ich habe Ihnen eine Reise des Außenministers in die Türkei anzukündigen. Außenminister Wadephul wird am Freitag nach Ankara reisen. Er wird dort mit seinem türkischen Amtskollegen Hakan Fidan zusammentreffen und weitere politische Gespräche in der Türkei führen. Schwerpunkt der Gespräche wird unter anderem die Lage im Gazastreifen sein, wo es aktuell ja vor allem darum geht, nach der Befreiung der noch lebenden Geiseln nun die humanitäre Lage schnell zu verbessern und in die Umsetzung der weiteren Punkte des 20-Punkte-Plans einzusteigen. Bei diesem Antrittsbesuch werden aber dann sicherlich auch noch eine Vielzahl anderer Themen eine Rolle spielen. Unter anderem seien jetzt die Lage in Syrien, der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine und natürlich eine Reihe bilateraler Fragen genannt.

Frage

Will Deutschland, dass die Türkei an dem EU-Verteidigungsprogramm SAFE teilnimmt?

Wie bewertet die deutsche Regierung die militärische Drohung oder Kriegsdrohung gegenüber Griechenland?

Hinterseher (AA)

Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine bedroht die Sicherheit in ganz Europa, und das besorgt uns. Wir müssen als NATO-Verbündete und als europäische Partner geschlossen und einig zusammenstehen, und auch die Einbeziehung von Alliierten außerhalb der Europäischen Union bietet dazu eine Chance. Sie entspricht natürlich auch unseren Sicherheitsinteressen, bietet die Chance, gemeinsam unsere Verteidigungs- und Abschreckungsfähigkeiten weiter zu erhöhen, und liegt genau aus diesem Grund natürlich in unserem Interesse.

Frage

Zu der Reise in die Türkei: Ich weiß jetzt nicht, ob sich die Bundesregierung noch für Demokratie und Rechtsstaat einsetzt, aber die Unterdrückung der türkischen Opposition war kein Thema, das Sie jetzt angesprochen haben.

Hinterseher (AA)

Ich hatte schlaglichtartig eine Reihe von Themen genannt, die bei der Reise angesprochen werden. Sie wissen, dass wir im Vorfeld einer Reise grundsätzlich einen Reigen an Themen benennen. Ich habe auch bilaterale Themen angesprochen, die bei dieser Reise Thema sein werden.

Wenn Ihre Frage darauf abzielt, wie wir die, sage ich einmal, innenpolitische Lage in der Türkei betrachten, dann kann ich Ihnen darauf gerne eine Antwort geben.

Zusatzfrage

Immer gerne! Setzt sich die Bundesregierung denn noch bei ihren Partnern und befreundeten Staaten für Rechtsstaat und Demokratie ein?

Hinterseher (AA)

Wir setzen uns weltweit für Rechtsstaat und Demokratie ein, auch für Menschenrechte, und wir haben auch hier mehrfach gesagt, dass uns die Repression gegen Oppositionspolitiker natürlich beunruhigt. Der Eindruck, dass in der Türkei der eigentlich politische Wettstreit eben zunehmend mit justiziellen Mitteln geführt wird, ist leider nicht neu. Wir sehen eine Konzentration des justiziellen Vorgehens gegen die größte Oppositionspartei, die CHP. Das wirft natürlich kritische Fragen auf. Die Achtung demokratischer Wahlergebnisse ist eine Grundbedingung in jeder funktionierenden Demokratie. Sie fragt mehr danach, ob wir uns für Rechtsstaatlichkeit einsetzen. Das ist unsere Haltung dazu. Die türkische Regierung trägt Verantwortung für die Einhaltung der rechtsstaatlichen und demokratischen Grundsätze, denen sie sich ja auch international verpflichtet hat, unter anderem im Rahmen des Europarats. Das ist auch zentral für eine weitere Annäherung an die Europäische Union.

Frage

Bringt Herr Wadephul eventuell noch Geschenke mit? Ein Geschenk wäre zum Beispiel die Eurofighter. Ich glaube, dass die Bundesregierung noch keine endgültige Antwort dazu gegeben hat. Ist das auch ein Thema?

Hinterseher (AA)

Ich habe Ihnen hier nichts zu Geschenken anzukündigen, denn ein solches ist es ja nicht. Es ist ein gesamteuropäisches Rüstungsprojekt. Da ist es richtig, dass die Bundesregierung positiv über eine Voranfrage von Airbus entschieden hat, mit der Türkei über die Lieferung von Eurofightern zu verhandeln. Diese Flugzeuge dienen der kollektiven Verteidigung im Rahmen der NATO; sie dienen der kollektiven Sicherheit aller europäischen Partner. Wir stehen natürlich im Austausch mit all unseren Partnern, um die Sicherheit und Stabilität in der Region zu gewährleisten.

Dabei ist unser gemeinsames Verständnis klar: Diese Kampfflugzeuge werden ausschließlich zur Stärkung der NATO als ‑ ich betone ‑ Verteidigungsallianz dienen und zur Absicherung der Sicherheit in der Region eingesetzt werden.

Zusatzfrage

Mitglied der NATO ist auch Griechenland. Griechenland hat berechtige Ängste, dass die Eurofighter gegen Griechenland angewendet werden. Wie können Sie diese Ängste zerstreuen?

Hinterseher (AA)

Ich glaube, dazu hatte sich auch der Bundesaußenminister in der vergangenen Woche in einer griechischen Tageszeitung geäußert. Für uns ist es nicht vorstellbar, Drohungen unter NATO-Verbündeten zu haben. Wir begrüßen natürlich, dass es seit längerer Zeit einen Prozess zwischen der griechischen und der türkischen Seite gibt. Diese Dialogprozesse zur Vermittlung in kritischen oder strittigen Fragen zwischen beiden Staaten unterstützen wir vollends.

Frage

Ich hätte eine organisatorische Frage. Wird es eine eintägige Reise sein, und wird eine Pressekonferenz stattfinden?

Hinterseher (AA)

So ist die Planung. Es ist eine eintägige Reise am Freitag. Wie gesagt, der Außenminister wird vor der Abreise ein Statement abgeben. Er wird auch auf der Reise in der Türkei ein Statement abgeben. In welcher Form das genau geschieht, kann ich Ihnen heute noch nicht mitteilen; das würden wir dann aber im Vorfeld über einen technischen Hinweis tun.

Frage

Ich hätte gern gewusst, was die Bundesregierung von der Türkei erwartet, was die Sicherheit Europas und der NATO betrifft. Darüber hinaus möchte ich wissen, was die Bundesregierung von der Türkei erwartet, was die Beendigung des Krieges in der Ukraine betrifft.

Hinterseher (AA)

Mit Blick auf die russische Aggression gegen die Ukraine erwarten wir, dass wir geschlossen stehen und dass Russland in die Position gebracht wird, diesen völkerrechtswidrigen Krieg nicht weiterzuführen. Dafür ist es wichtig, dass wir als NATO-Partner geschlossen dafür sorgen, die Abschreckungsfähigkeit der NATO zu gewährleisten, um weitere Aggressionen Einhalt zu gebieten, die wir von Russland in der jüngeren Vergangenheit, zum Beispiel im Bereich hybrider Bedrohungen, beobachtet haben.

Nahostkonflikt

Frage

Herr Hinterseher, eine Frage zu den vorgestern freigelassenen Geiseln mit deutscher Staatsangehörigkeit: Gibt es irgendeine Form von konsularischer Betreuung ‑ also durch Herrn Seibert, sage ich jetzt einmal so salopp ‑, was diese freigelassenen Geiseln mit deutscher Staatsangehörigkeit angeht? Wissen Sie von Plänen, dass die nach Deutschland kommen?

Hinterseher (AA)

Zur konsularischen Betreuung Einzelner kann ich Ihnen jetzt aus Persönlichkeitsschutzgründen natürlich keine genauen Auskünfte erteilen. Wo das gewünscht ist, sind und waren wir in der Vergangenheit auch mit den Geiselfamilien in engstem Kontakt ‑ insbesondere über die Botschaft, aber auch der Minister hat wiederholt die Geiselfamilien getroffen. Sollte das gewünscht sein, würden wir dort mit Sicherheit unterstützend tätig sein. Bei sehr vielen dieser Personen handelt es sich ja um Personen auch mit deutscher Staatsangehörigkeit.

Frage

Herr Hinterseher, wie viele dieser deutschen Geiseln, die jetzt frei sind, wurden erst nach dem 7. Oktober deutsche Staatsbürger?

Hinterseher (AA)

Auch hier bitte ich um Verständnis, dass wir uns mit Blick auf den Schutz der Persönlichkeitsrechte natürlich wiederum nicht zur Identität Einzelner ‑ es sind sehr wenige ‑ äußern.

Was ich Ihnen sagen kann, ist: Bei Personen mit Deutschlandbezug, die sich in Hamas-Geiselhaft befanden, handelt es sich unter anderem um Personen, die einen staatsangehörigkeitsrechtlichen Anspruch auf Einbürgerung nach Art. 116 Grundgesetz oder nach § 15 Staatsangehörigkeitsgesetz hatten. Zu diesem gesetzlich geregelten Personenkreis zählen unter anderem Nachfahren von Verfolgten aus der Zeit des Nationalsozialismus.

[…]

Frage

Gibt es ein Statement zu den Hinrichtungen in Gaza, Herr Hinterseher?

Hinterseher (AA)

Wir haben leider diese Hinrichtungen gesehen. Sie sind natürlich schockierend. Wir rufen dazu auf, dass die Phase, die jetzt wichtig wird, nämlich die Entwaffnung der Hamas, vonstattengeht.

Was die Bilder angeht, unterstreichen sie eigentlich noch einmal deutlich das, was wir auch in der Vergangenheit gesagt haben: Wir haben es bei der Hamas mit einer Terrororganisation zu tun. Diese Willkürerschießungen sind nichts anderes als Terror gegen die Bevölkerung, denn sie versuchen, ein gewisses Bild zu transportieren und etwaigen Tendenzen einer Selbstbestimmung der Bevölkerung entgegenzuwirken. Das ist das, was ich Ihnen dazu sagen kann.

Frage

Lässt sich mit diesen Hinrichtungen die Reduzierung der humanitären Hilfstransporte von eigentlich verabredeten 600 Lkw auf, wie Israel jetzt gesagt hat, 300 Lkw begründen?

Hinterseher (AA)

Ich würde zwischen diesen beiden Aspekten keine Verknüpfung ziehen. Es ist einerseits extrem wichtig ‑ das ist auch im entsprechenden 20-Punkte-Plan so vorgesehen ‑, dass der Waffenstillstand jetzt hält. Keine Seite hat das grundsätzlich in Frage gestellt. Das gilt nach wie vor. Insofern ist es jetzt wichtig, dass ausreichend humanitäre Hilfsgüter, medizinische Versorgung und natürlich auch Wasser in den Gazastreifen gelangen. Dazu sind wir nach wie vor mit allen Beteiligten in Kontakt. Wir wirken auch weiter auf die israelische Seite ein, um es dann praktisch zu ermöglichen. Davon losgelöst verurteilen wir natürlich extralegale Tötungen, wie sie dort stattgefunden haben, auf das Schärfste. Das waren Willkürhinrichtungen. Aber aus unserer Sicht hat das eine mit dem anderen dort nichts zu tun. Die Entwaffnung der Hamas muss natürlich auf kurze Sicht dennoch vonstattengehen. Das entspricht der Forderung, die wir hier in der Vergangenheit wiederholt vorgetragen haben.

Machtübernahme durch das Militär in Madagaskar

Frage

Eine Frage an das Auswärtige Amt: Herr Hinterseher, ich hätte ganz gerne einen Kommentar, eine Einschätzung von Ihnen zu dem Militärputsch auf Madagaskar. Für wie gravierend halten Sie das? Können Sie uns etwas sagen, auch über Deutsche, die dort im Land sind?

Hinterseher (AA)

Sie wissen, dass in Madagaskar seit gut zwei Wochen vor allem junge Menschen gegen die Regierung demonstriert hatten. Am Samstag hatten sich dann Teile der Armee diesen friedlichen Protesten angeschlossen. Sie lehnen in Ihrem Protest eine Gewaltanwendung gegen die Demonstranten ab. Die Gendarmerie stellte sich zwar zunächst den Protestierenden entgegen, zog sich dann aber zurück. Am Sonntag soll dann der madagassische Präsident Rajoelina laut Medienberichten das Land verlassen haben. Am Dienstag hat dann wiederum das Parlament für ein Amtsenthebungsverfahren gegen den Präsidenten gestimmt und das Verfassungsgericht erklärt, dass es eine Ausnahmesituation gebe, und dann gleichzeitig dem Militär die Aufgabe übertragen, eine Regierung zu bilden. Am Abend hat dann ein Sprecher der Armee die Machtübernahme eines Militärkollegiums erklärt, und Senat und Verfassungsgericht wurden aufgelöst. Allerdings besteht das Parlament weiterhin fort. In wenigen Tagen soll jetzt eine zivile Regierung eingesetzt werden, die dann binnen spätestens zwei Jahren Wahlen abhalten möchte.

Nach unserem Kenntnisstand ist die Lage in Madagaskar seit gestern Abend ruhig geblieben. Die Bevölkerung reagiert natürlich überwiegend positiv und drückt Unterstützung für diesen gewählten Prozess aus.

Was die Lage Deutscher vor Ort angeht: Das, was wir aktuell wissen, ist, dass sich ungefähr 300 Deutsche auf unserer Krisenvorsorgeliste ELEFAND eingetragen haben. Wir rufen natürlich weiterhin dazu auf, dass dies getan wird. Wir haben die Deutschen vor Ort auch über verschiedene Landsleutebriefe ‑ ich glaube, es war eine mittlerweile hohe einstellige Zahl, an die diese gingen ‑ ausführlich über die Lage informiert. Zugleich muss man sagen, dass das Anfragevolumen an unsere Botschaft in Antananarivo im Moment relativ überschaubar ist.

Wir raten als Auswärtiges Amt in der aktuellen Lage jetzt von Reisen nach Madagaskar ab und weisen natürlich darauf hin, dass Menschen, die es trotzdem tun, sich auf die Krisenvorsorgeliste eintragen.

Zusatzfrage

Das klang jetzt nicht besonders kritisch. Sehen Sie diesen Vorgang eines Militärputsches unter dem Eindruck der Zustimmung, wie Sie es eben referiert haben, eines Großteils der Bevölkerung, oder sind Sie besorgt, oder fordern Sie das Militär auf, dass es möglicherweise schon vor dem Ablauf von zwei Jahren die Macht wieder an zivile Kräfte übergibt?

Hinterseher (AA)

Um das an dieser Stelle einzuordnen: Es ist natürlich eine tiefe Verfassungskrise in Madagaskar. Das möchte ich auch als solches benennen. Das Militär hat jetzt zunächst die Macht übernommen. Wichtig ist, dass diese Machtübernahme des Militärs aber nicht gewaltsam vonstattenging. Das Auswärtige Amt verfolgt die Lage über unsere Botschaft in Antananarivo natürlich sehr genau. Wir appellieren an alle Beteiligten, in dieser aktuell auch teilweise unübersichtlichen Situation besonnen zu agieren. Wir beobachten genau, ob sich die Militärregierung an die gemachten Zusagen für den Übergang zu einer zivilen Regierung, der ja schon früher stattfinden soll, auch hält. Die Zusage bezieht sich ja nicht auf eine Ausschöpfung dieser vollen zwei Jahre, sondern sie bezieht sich auf einen deutlich früheren Zeitraum. Wir fordern natürlich und appellieren an alle Beteiligten dort, demokratischen Prinzipien zu folgen.

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