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Erklärungen des Auswärtigen Amts in der Regierungspressekonferenz vom 26.09.2025
Informelles Treffen des Europäischen Rates und Treffen der Europäischen Politischen Gemeinschaft
Frage
Herr Hille, ich habe eine Frage zum informellen EU-Gipfel. Der Bundeskanzler hat gestern einen Aufschlag gemacht und schon angekündigt, was ein großes Thema sein wird, nämlich die stärkere Nutzung der eingefrorenen russischen Vermögen. Vielleicht können Sie noch ein wenig ausführen, wie der Mechanismus genau funktionieren soll und ob die Bundesregierung glaubt, dass sie auf dem Gipfel in Kopenhagen eine Mehrheit für diesen Vorschlag oder für diese Positionen finden wird.
Hille (BReg)
Zu der Frage, wie der Mechanismus funktionieren wird, würde ich auf den Beitrag des Bundeskanzlers verweisen wollen. Darin steht, wie es konzipiert und wie es gedacht ist. Insgesamt geht es bei dem Thema darum ‑ das sagen wir hier von dieser Bank aus seit Monaten, und das betonen der Bundeskanzler und der Außenminister an jeder Stelle ‑, dass wir den Druck auf Russland aufrechterhalten und erhöhen wollen. In diese Linie fügt sich der Vorschlag des Bundeskanzlers ein. Wir haben verschiedentlich auch schon betont, dass Putin deutlich werden muss, welche Kosten es für ihn bedeutet, diesen Konflikt weiterzuführen. Genau da setzt der Vorschlag an, den der Bundeskanzler jetzt unterbreitet hat, nämlich die “frozen assets”, wie sie genannt werden, für die Finanzierung der Verteidigungsfähigkeit der Ukraine nutzbar zu machen.
Zusatzfrage
Ich hatte noch nach der Durchsetzbarkeit in der EU gefragt.
Darüber hinaus gibt es natürlich eine ganze Menge offener Fragen. Der Kanzler redet von 140 Milliarden Euro. In Belgien liegen aber sehr viel mehr. Vielleicht können Sie oder das Finanzministerium aufklären, wie man eigentlich zu den Zahlen kommt und wie der Mechanismus funktioniert. Denn es soll keine Enteignung sein, aber das Geld geht trotzdem an die Ukraine. Das ist auf den ersten Blick nicht ganz verständlich.
Hille (BReg)
Ich verstehe Ihr Interesse, auch gerichtet darauf, wie mehrheitsfähig das in der Europäischen Union ist. Es ist das Wesen von Vorschlägen, dass jemand einen Vorschlag macht, und der Bundeskanzler hat auch schon darauf hingewiesen, dass er das beim informellen Rat in der kommenden Woche in Kopenhagen mit den Partnern in der EU besprechen wird. Sie haben ja im Text wahrscheinlich auch gelesen, dass unsere Empfehlung ist, das nicht auf die EU beschränkt zu halten, sondern auch andere Partner dazu zu motivieren, beispielsweise im Rahmen der G7, ähnlich zu verfahren. Es geht darum, den Druck auf Russland zu erhöhen. Es geht darum, deutlich zu machen, mit was für Kosten es für Russland, für Wladimir Putin verbunden ist, diesen Konflikt weiter fortzusetzen.
Zu den Detailregelungen: Das hat dann natürlich damit zu tun, wie die Beratungen laufen. Die Idee des Bundeskanzlers liegt jetzt auf dem Tisch, und alles Weitere folgt dann in den nächsten Schritten in der Beratung in Kopenhagen. Dann wird es ja noch einen Europäischen Rat geben, also einen formellen, regelmäßigen Ende Oktober, bei dem dann, so wäre die Zielstellung, nötige Beschlüsse gefasst werden könnten.
Dr. Laiadhi (BMF)
Ich kann für das Finanzministerium gerne noch einmal etwas ergänzen. Der Minister hat sich ja auch am Rande des informellen ECOFIN-Treffens letzte Woche in Kopenhagen dazu geäußert, auch gestern noch einmal. Er hat auch dabei noch einmal betont, dass man den Druck auf Putin weiter hoch halten und erhöhen muss und dass es deswegen richtig ist, die eingefrorenen russischen Vermögen stärker zu nutzen. Er hat in seinem Statement letzte Woche ja auch gesagt, dass wir diejenigen sein wollen, die etwas möglich machen, und nicht die, die etwas verhindern. Deswegen prüfen wir jetzt auch, was eben rechtlich möglich ist und was auch verantwortbar ist. Das ist ja auch genau das, was der Bundeskanzler deutlich gemacht hat. Jetzt werden natürlich auch im Kreise der G7 und der europäischen Finanzminister und Finanzministerinnen weitere Beratungen darüber folgen.
Hinterseher (AA)
Ich will ganz kurz noch etwas zu den 140 Milliarden Euro, nach denen Sie fragten, beitragen. Die Summe ergibt sich zunächst einmal aus den Berechnungen der Kommission. Das heißt, die Frage wäre natürlich an die Kommission zu richten. Aber es gibt ja bereits Kredite zugunsten der Ukraine, die wiederum mit Zinserträgen aus dem russischen Zentralbankvermögen abgesichert sind. Die Kredite laufen weiter, und die Zinserträge, mit denen sie gesichert sind, sollen ja weiter generiert werden.
Nahostkonflikt
Frage
Herr Hille, auch mit Blick auf die Reise nach Kopenhagen hatte der Bundeskanzler in Madrid angekündigt, dass die Bundesregierung bis zu dem Treffen eine einheitliche Meinung zu möglichen Israel-Sanktionen haben werde. Ist so eine Position jetzt gefunden?
Hille (BReg)
Der 1. Oktober liegt ja noch in der Zukunft, also ist noch etwas Zeit. Ich gehe davon aus, dass das, was der Bundeskanzler in Madrid angekündigt hat, sich auch bestätigen wird. Aber ich habe jetzt zu diesem Zeitpunkt nichts, das ich Ihnen von hier aus dazu mitteilen müsste.
Zusatzfrage
Können Sie denn aber sagen, wie die tagesaktuelle Haltung des Bundeskanzlers zu dem Thema ist, oder vielleicht noch einmal zusammenfassen, was er darüber denkt?
Hille (BReg)
Sagen Sie bitte noch einmal, zu welchem Thema Sie die tagesaktuelle Haltung wissen wollen.
Zusatzfrage
Ich meine eben die Meinung zu möglichen Israel-Sanktionen.
Hille (BReg)
Die kennen Sie; von daher ist der Begriff „tagesaktuell“ in dem Zusammenhang nicht nötig. Das ist die bekannte Position, die wir hier schon vielfach vorgestellt und erläutert haben. Darauf würde ich verweisen, daran hat sich nichts geändert.
Frage
Herr Hinterseher, vielleicht können Sie sagen, ob die Bundesregierung jetzt eigentlich noch fürchtet, dass Israel den Schritt der Annexion im Westjordanland geht, nachdem sich der US-Präsident so klar gegen diesen Schritt ausgesprochen hat.
Hinterseher (AA)
Wir begrüßen diese Äußerungen zunächst einmal natürlich, und Sie kennen unsere Haltung zur Zweistaatenlösung. Gleichzeitig bleibt natürlich die Sorge, und die drücken wir gegenüber den israelischen Partnern natürlich auch aus, dass eine Annexion der Westbank, aber übrigens auch der Siedlungsbau im Westjordanland und Ostjerusalem weiterhin ein erhebliches Hindernis auf dem Weg zu einer Zweistaatenlösung darstellt, die wir ja unterstützen.
Zusatzfrage
Aber Sie haben keine Hinweise der israelischen Regierung ‑ da gibt es ja enge Kontakte ‑, dass man jetzt auf solche Schritte verzichtet?
Hinterseher (AA)
Ich habe darüber hinaus heute nichts mitzuteilen.
Frage
Es geht um das Thema der Waffenlieferungen. Es wurde ja jetzt medial berichtet, dass keine Genehmigungen nach dem 8. August mehr erteilt worden seien. Wenn Sie das als Bundesregierung nicht dementieren, gehe ich davon aus, dass das stimmt.
Meine Frage bezieht sich aber darauf, wie es mit Waffenlieferungen aus den USA ist, die über Deutschland als Umschlagspunkt nach Israel geliefert werden. Der Flughafen Köln-Bonn dient als Umschlagpunkt für FedEx-Lieferungen. Nach Berichten sind allein seit dem 8. August mehr als 300 waffenrelevante Komponenten über Köln-Bonn nach Israel geliefert worden. Das sind Waffenlieferungen über Deutschland. Gibt es dafür eine Genehmigung oder eine Kontrolle seitens der Bundesregierung?
Hille (BReg)
Kann das BMWE dazu etwas sagen? Ich kann es nicht.
Wentzel (BMWE)
Dazu liegt mir nichts vor, das muss ich Ihnen nachreichen.
Reise des Bundesaußenministers nach Warschau
Hinterseher (AA)
Ich hätte eine Reiseankündigung des Außenministers für Sie. Außenminister Wadephul wird am Montag nach Warschau reisen. Er wird dort an einem Treffen im Weimarer-Dreieck-Format teilnehmen, also gemeinsam mit seinen Amtskollegen aus Frankreich und Polen. Im Anschluss ist dann ein weiteres Gespräch im Weimarer Format geplant, bei dem auch der ukrainische Außenminister Andrij Sybiha dabei sein wird. In den Gesprächen wird es vor allem um die aktuell drängenden Fragen rund um europäische Sicherheit und Verteidigung und natürlich auch um unsere gemeinsame Unterstützung für die Ukraine gehen.
Danach wird der Außenminister noch am Warsaw Security Forum teilnehmen. Dort wird er auf einem Panel zur europäischen Sicherheit und Abschreckungsfähigkeit sprechen. Ein zentraler Termin ist auch das bilaterale Gespräch mit dem polnischen Außenminister, mit Radek Sikorski, am Montagnachmittag. Dabei wird es ebenfalls um außen- und sicherheitspolitische Fragen, aber natürlich auch ganz konkret um die deutsch-polnischen Beziehungen gehen.
Polen ist einer unserer engsten Partner, Freunde und Verbündeten, und gerade die letzten Wochen haben das noch einmal sehr deutlich gemacht. Diese enge Zusammenarbeit mit Polen wollen wir weiter ausbauen, nicht nur, aber natürlich ganz besonders im Bereich der Sicherheit.
Frage
Habe ich es dann richtig verstanden, Herr Hinterseher, dass das Weimarer Dreieck nur auf Ebene der Außenminister stattfinden und keine weiteren Ministerien vertreten sein werden?
Hinterseher (AA)
Ich habe hier die Reisen des Außenministers anzukündigen.
Zusatz
Gut. Dann richte ich die Frage an denjenigen, der sich aufgefordert fühlen würde, noch jemanden etwas hinzuzufügen oder nicht.
Hinterseher (AA)
Ich kann es kurz machen: Ja.
Arbeit der diplomatischen Vertretungen Afghanistans in Deutschland
Frage
Herr Hinterseher, treffen Informationen zu, dass das Auswärtige Amt den amtierenden afghanischen Generalkonsul in Bonn aufgefordert hat, zum 1. Oktober zurückzutreten und den Posten für einen Vertreter des Talibanregimes freizumachen?
Hinterseher (AA)
Sie beziehen sich auf Äußerungen oder Ankündigungen, die wir zur Kenntnis genommen haben. Wir stehen dazu mit dem Generalkonsulat in Bonn und den anderen afghanischen Vertretungen in engem Kontakt. Wichtig ist aus unserer Sicht, dass die mehr als 400 000 Afghaninnen und Afghanen in Deutschland weiterhin konsularisch versorgt werden können.
Zusatzfrage
Das beantwortet aber die Frage nicht. Die Frage war, ob es eine Aufforderung an den amtierenden Generalkonsul, Herrn Kabiri, gab, zum 1. Oktober zurückzutreten, weil er sich bislang weigert, mit der Talibanregierung zusammenzuarbeiten. Gibt es eine solche Aufforderung, oder gehen Sie davon aus, dass Herr Kabiri auch nach dem 1. Oktober amtierender Generalkonsul in Bonn sein wird?
Hinterseher (AA)
Wie gesagt, kann ich Ihnen mitteilen, dass wir prüfen, ob diese Ankündigung der afghanischen Seite irgendwelche Auswirkungen für die Mitarbeitenden des Generalkonsulats in Bonn haben könnte. Aktuell steht eine grundsätzliche Ausreisepflicht nicht im Raum.
Zusatzfrage
Entschuldigung, dass ich noch einmal nachfrage: Gibt es seitens des Auswärtigen Amtes eine Aufforderung zum Rücktritt an den amtierenden afghanischen Generalkonsul?
Hinterseher (AA)
Noch einmal: Es gibt eine Abberufung durch die afghanische De-facto-Regierung. Die ist nach dem Wiener Übereinkommen über diplomatische Beziehungen bindend. Das Gesandtschaftsrecht sieht in solchen Fällen vor, dass der Empfangsstaat eine angemessene Frist setzt. Das tut das Auswärtige Amt. Dazu befinden wir uns mit dem GK Bonn im Gespräch.
Frage
Was wird denn dann künftig die Rolle ‑ in der Definition, wie die deutsche Regierung mit diesem Regime zusammenarbeiten wird ‑ des Talibanregimes sein? Denn das könnte ja auch etwas verändern.
Hinterseher (AA)
Noch einmal, denn ich glaube, wir haben das in der Vergangenheit schon wiederholt hier ausgeführt: Wir unterhalten diplomatische Beziehungen mit Staaten. Wir haben die diplomatischen Beziehungen zum afghanischen Staat nie abgebrochen. Zugleich erkennen wir die De-facto-Regierung der Taliban nicht als rechtmäßige Regierung an.