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Erklärungen des Auswärtigen Amts in der Regierungspressekonferenz vom 22.09.2025
Nahostkonflikt
Frage
Herr Hille, ich habe noch einmal eine Frage zu dem EU-Sanktionspaket in Bezug auf Israel. Die Bundesregierung hat sich ja bislang eher zurückhaltend geäußert. Welche Teile dieses Pakets wäre man denn mitzutragen bereit, um in Europa auch nicht isoliert dazustehen?
Hille (BReg)
Sie haben ja möglicherweise letzte Woche dem Bundeskanzler in Spanien zugehört. Da hat er gesagt, dass wir uns das Sanktionspaket, das die Kommission jetzt vorgeschlagen hat, anschauen und in den nächsten Tagen ‑ bis zum informellen Rat am 1. Oktober in Kopenhagen ‑ eine Position innerhalb der Bundesregierung finden werden, die die ganze Bundesregierung auch mitträgt.
Zusatzfrage
Herr Wadephul hat heute Morgen gesagt, dass die Anerkennung eines palästinensischen Staates eher am Ende eines Prozesses der Zweistaatenlösung stehe. Steht er jetzt am Ende, oder steht er eher am Ende, oder ist es so, wie die SPD ja auch sagt, dass man einen palästinensischen Staat ja auch einmal vorher anerkennen könnte?
Hille (BReg)
Ich kann den Satz, den der Bundesaußenminister gesagt hat, gerne auch noch einmal für die Bundesregierung und den Bundeskanzler wiederholen: Die Anerkennung eines palästinensischen Staates kann aus Sicht der Bundesregierung nur einer der abschließenden Schritte auf dem Weg zu einer Zweistaatenlösung sein. Deutschland setzt sich, wie Sie wissen, für eine verhandelte Zweistaatenlösung ein, weil nur so ein dauerhafter Frieden für Israelis und Palästinenser möglich ist.
Frage
Eine Frage an Herrn Hille oder an das AA: Sehen Sie die Gefahr, dass sich Deutschland mit seiner Position, also der Nichtanerkennung Palästinas als Staat, zunehmend isoliert, und könnte das die Bewerbung um einen nichtständigen Sitz im UN-Sicherheitsrat gefährden?
Giese (AA)
Wir haben in der letzten Woche ‑ da waren Sie nicht da ‑ schon einmal darüber gesprochen, aber ich kann das gerne noch einmal wiederholen.
Antwort auf die erste Frage: Nein.
Zu der zweiten Frage, ob das unsere Kandidatur gefährden kann: Wir sind sehr zuversichtlich. Aber das ist auch ein Wettbewerb, der da stattfindet, ein Wettbewerb um Zustimmung in der internationalen Gemeinschaft. Es ist auch einer der Gründe dafür, dass der Außenminister nach New York zur Generalversammlung der Vereinten Nationen reist, dass er sehr viele Gespräche führt, um weiter dafür zu werben. Aber wir sind da optimistisch.
Zusatzfrage
Woraus speist sich denn Ihr Optimismus, wenn fast der gesamte globale Süden die Position Deutschlands nicht teilt bzw. Palästina als Staat anerkennt?
Giese (AA)
Ich kann nur sagen, dass wir immer noch und weiterhin sehr, sehr optimistisch sind, was unsere Sicherheitsratskandidatur angeht.
Zusatzfrage
Woraus sich das speist, können Sie nicht sagen?
Giese (AA)
Aus Gründen.
Frage
Herr Hille, jetzt haben Sie zum Sanktionspaket in Bezug auf Israel noch einmal gesagt, man werde eine gemeinsame Position innerhalb der Regierung finden. Wie ist denn jetzt konkret die Position des Kanzlers? Wie geht er denn in die Gespräche hinein? Trifft also die Annahme zu, dass er Sanktionen gegen Israel eher ablehnend gegenübersteht?
Hille (BReg)
Ich habe ja gerade die Zeitschiene zwischen den Aussagen des Bundeskanzlers vergangene Woche in Spanien und dem informellen EU-Rat am 1. Oktober skizziert, und dem kann ich eigentlich nicht viel hinzufügen, außer noch einmal darauf hinzuweisen, dass wir uns bis dahin eine Meinung innerhalb der Bundesregierung gebildet haben werden, die dann auch die gesamte Bundesregierung so vertreten wird.
Frage
Viele Länder der Welt haben sich entschieden, Palästina anzuerkennen, nur das Bundeskanzleramt nicht. Will Bundeskanzler Merz Deutschland eigentlich von dieser Welt isolieren, oder überlegt er es sich noch einmal?
Hille (BReg)
Es ist natürlich in keiner Weise das Ziel der Bundesregierung, sich zu isolieren. Das ist eine Fehlinterpretation. Wir haben nur in dieser Frage, und das ist auch nicht neu, eine klare und in den letzten Monaten unveränderte Haltung, und die habe ich gerade hier schon einmal vorgestellt oder noch einmal unterstrichen. Aus unserer Sicht kann die Anerkennung nur einer der abschließenden Schritte auf dem Weg zu einer Zweistaatenlösung sein.
Zusatz
Entschuldigung, aber es sieht so aus, als ob die Bundesregierung in Bezug auf Palästina kein Ziel mehr hat, überhaupt nicht. Bundeskanzler Merz sagt, und auch Scholz sagte es damals: Ja, unsere Position ist die Zweistaatenlösung. - Aber es passiert nichts. Bundeskanzler Merz lehnt auch (akustisch unverständlich) gegen die Israelis ab.
Hille (BReg)
Das ist Ihre Deutung und Ihre Interpretation des Verhaltens. Das ist natürlich Ihr gutes Recht. Aber natürlich haben wir ein Ziel oder mehrere Ziele. Das oberste Ziel ist, dass der Konflikt im Nahen Osten endlich zu einem Ende kommt, dass wir einen Waffenstillstand erreichen.
Es wird Sie nicht überraschen, dass ich auch da noch einmal darauf hinweise, was und wer der Anlass für diesen Konflikt ist. Der Aggressor in diesem Fall ist die Hamas mit ihrem Überfall auf Israel. Die Hamas hat dementsprechend auch den Schlüssel in der Hand, diesen Konflikt zu beenden, indem sie die Waffen niederlegt, indem sie die Geiseln freilässt.
Natürlich sehen wir auch die humanitäre Situation im Gazastreifen, und die ist desaströs. Deshalb fordern wir von dieser Stelle aus sowohl für den Bundeskanzler als für den Bundesaußenminister seit Monaten, dass sich die humanitäre Situation in Gaza deutlich verbessern muss. Wir haben vielfach darauf hingewiesen, dass wir das Agieren Israels im Gazastreifen für nicht angemessen halten und nicht sehen, wie damit die Ziele, die Freilassung der Geiseln und ein Waffenstillstand, näherkommen können. Auch das Verhalten im Westjordanland lehnen wir ab, sagen ganz klar, dass jegliche Annexionsversuche unterlassen werden müssen und fordern Israel auf, diese Annexionsversuche zu unterlassen.
Das ist das, was wir die letzten Wochen und Monate von dieser Stelle aus zu dem Thema gesagt haben, und daran hat sich auch im Lichte dieser Entwicklung nichts geändert.
Frage
Herr Hille, in den letzten Stunden haben engste Partner Deutschlands Palästina bereits als eigenen Staat anerkannt. Frankreich wird wahrscheinlich noch hinzukommen. Ich hätte ganz gerne einmal gewusst, was diese Länder eigentlich wissen, was die Bundesregierung nicht weiß, oder, umgekehrt, was die Bundesregierung weiß, was unsere engsten Partner nicht wissen, weshalb sie zu so einem völlig anderen Ergebnis kommen. Denn die Argumentation der Kritiker Deutschlands ist ja, dass eine Anerkennung gar nicht mehr stattfinden kann, weil Israel eine Zweistaatenlösung ablehnt. Sie haben jetzt zweimal gesagt, dass das am Abschluss eines Prozesses stattfinden soll, aber dieser Prozess wird ja nicht mehr stattfinden. Deswegen noch einmal die Frage: Was unterscheidet Deutschland vom Wissen her von fast allen anderen Partnern, die wir haben?
Hille (BReg)
Ich weiß nicht, ob es eine Frage des Wissens ist. Wir haben eine andere Beurteilung des Sachverhalts. Wir haben vielleicht, wenn man so sagen will, eine andere Haltung hinsichtlich dieses Sachverhalts, und deshalb kommen wir zu anderen Ergebnissen als befreundete Staaten um uns herum. Unsere Haltung ist Ihnen bekannt und ist weiterhin unverändert: Wir halten eine Anerkennung eines Staates Palästina für einen der abschließenden Schritte auf dem Weg hin zu einer Zweistaatenlösung.
Zusatzfrage
Aber darf ich noch einmal nachfragen? Wenn dieser Prozess gar nicht mehr stattfindet, wie soll es dann nach der deutschen Logik jemals zu einer Anerkennung kommen?
Hille (BReg)
Sie haben ja wahrscheinlich auch verfolgt, was der Bundesaußenminister vor dem Start seiner Reise gesagt hat, nämlich dass er genau das, den Beginn eines Prozesses, jetzt fordert. Herr Giese, vielleicht wollen Sie das noch einmal erläutern.
Giese (AA)
Ich kann das nur noch einmal unterstreichen. Auch Sie haben ja gefragt, was das Ziel sei. Das Ziel ist ganz klar. Unser Ziel ist eine Zweistaatenlösung. Dafür gibt es keinen anderen Weg. Der Außenminister hat heute Morgen mit Blick auf die Ankündigung aus Israel auch noch einmal gesagt, davon Abstand zu nehmen. Wir stehen zu diesem Weg der Verhandlungen, und der muss dann sozusagen zwischen diesen beiden Entitäten auch erreicht werden. Es geht ja um eine Zweistaatenlösung und nicht um eine Zweiregierungslösung. Insofern nehmen wir die Äußerungen des israelischen Premierministers ernst, aber er spricht sozusagen für diese Regierung, und wir glauben immer noch, dass die Zweistaatenlösung zwischen diesen beiden Ländern verhandelt werden kann. Niemand sollte an dieser Stelle ‑ das hat der Außenminister auch noch einmal unterstrichen ‑ die Politik verfolgen, da mit dem Kopf durch die Wand zu wollen. Der Weg der Verständigung, des Ausgleichs, der Verhandlungen bleibt der schwierige, der mühevolle Mittelweg, aber für diesen Weg steht die Bundesrepublik Deutschland.
Frage
Noch einmal zu diesem Prozess: Wie könnte dieser Prozess denn aus Sicht des Außenministers aussehen? Ist dieses Forum, das Frankreich und Saudi-Arabien heute anbieten, schon das richtige Forum, der richtige Schritt? Würde sich auch Berlin bereit erklären, hier Verhandlungen durchzuführen?
Giese (AA)
Ich will dem jetzt nicht vorgreifen. Ich habe ja gerade schon gesagt, dass das zwischen den Parteien stattfinden muss. Wir sind bereit, das zu unterstützen. Dass der Außenminister heute an diesem Treffen teilnimmt, das in New York stattfindet, ist ein Zeichen dafür, dass wir finden, dass das ein richtiger Schritt ist. Aber das ist natürlich nicht der letzte Schritt, sondern das ist ein längerer Prozess. Aber wir haben unterstrichen: Der muss auch beginnen.
Zusatzfrage
Ist es denkbar, dass man erst mit Israel redet und die Palästinenser später dazu holt?
Giese (AA)
Ich will da jetzt nicht präskriptiv die Taktik erläutern. Ich glaube, es liegt an den Parteien, das festzulegen.
Frage
Herr Giese, jetzt bin ich aber echt verwirrt! Sie meinen gerade zwei Staaten, also zwei Entitäten, sollten am Ende verhandeln. Gleichzeitig verweigern Sie sich aber, die eine Entität anzuerkennen, was ja dann die Verhandlungen verunmöglicht.
Giese (AA)
Ich glaube, das ist ein Zirkelschluss.
Zusatz
Genau!
Giese (AA)
Aber wenn Sie genau zugehört hätten, wüssten Sie: Ich habe bewusst „Entitäten“ und nicht „Staaten“ gesagt. Natürlich gibt es die Palästinensische Autonomiebehörde. Das ist eine Entität. Die erkennen wir aber nicht als Staat an. Deswegen gibt es den Widerspruch, den Sie ja gerade empfunden haben, in der Wirklichkeit gar nicht.
Zusatzfrage
Sie hatten, bevor Sie „Entitäten“ gesagt hatten, „zwei Staaten“ gesagt.
Auf internationaler Seite gibt es ja fast schon einen zynischen Blick auf die deutsche Haltung. Ich meine, der Kollege hat das mit dem Ende des Prozesses gerade schon angesprochen. Man könnte das ja so verstehen, dass am Ende des militärischen Prozesses, nachdem Israel nicht nur die Westbank militärisch eingenommen und annektiert hat, sondern auch Gaza, was ja das erklärte Ziel ist ‑ ‑ ‑ Dementsprechend bleibt ja dann kein palästinensisches Land außer vielleicht Ostjerusalem mehr übrig. Ist das damit gemeint, also dass Israel am Ende alles eingenommen hat, alles annektiert hat, und dann soll über Ostjerusalem als palästinensischen Staat verhandelt werden?
Giese (AA)
Das ist Ihre Vorstellung, die Sie gerade geäußert haben. Aber ich kann dazu nichts sagen. Das haben Sie jetzt als Ihre Privatmeinung wiedergegeben. Ich verstehe die Frage gar nicht.
Zusatzfrage
Nee, nee, das ist gerade eine militärische Angelegenheit. Also Israel annektiert und besetzt die Westbank, besiedelt die Westbank, Gaza soll annektiert und besetzt und besiedelt werden. Wo soll denn da noch ein Staat entstehen, am Ende welches Prozesses?
Hille (BReg)
Deshalb hatte ich gerade darauf hingewiesen, dass es keinerlei weitere Schritte zur Annexion palästinensischer Gebiete geben darf, damit es eben nicht zu einer solchen Situation kommt. Es darf keine weiteren Schritte hin zur Annexion palästinensischer Gebiete geben. Wir fordern die israelische Regierung auf, jeden Schritt in diese Richtung zu unterlassen.
Frage
Damit ich das richtig verstehe: Einen Palästinenserstaat will Deutschland vorerst nicht anerkennen ‑ das ist die Position Deutschlands. Ich frage mich: Was bedeuten dann die Aussagen, die wir heute von Herrn Wadephul gehört haben, dass dieser Prozess jetzt beginnen müsse? Ist das ein Unterschied zur vorherigen Position Deutschlands, oder macht das gar keinen Unterschied? Dann frage ich mich: Warum hat er diese Aussagen gemacht, direkt vor der UN-Generaldebatte? Immer mehr Länder äußern sich dazu und wollen einen Palästinenserstaat anerkennen.
Giese (AA)
Ganz grundsätzlich kann ich sagen: Die Worte des Außenministers stehen für sich. Er hat das in Bezug auf die Zweistaatenlösungskonferenz, die heute stattfindet, gesagt. Bevor man dahin geht, äußert man sich natürlich, warum man dahin geht.
Aber wenn ich ein bisschen weiter ausholen soll, dann will ich auch sagen, dass dieser Prozess notwendig ist. Das gilt seit Jahren, seit Jahrzehnten. Die Notwendigkeit, gerade keine einseitigen Schritte zu nehmen, keine Annexionen durchzuführen, den Weg der Verhandlungen zu gehen, wird natürlich dringender und dramatischer durch die Äußerungen, die wir am Wochenende von der israelischen Regierung gehört haben.
Insofern bleibt festzuhalten: Unser Ziel bleibt das Gleiche; das habe ich ja gerade schon ausgeführt. Es gibt die Dringlichkeit, und die wurde ja hier schon häufig ausgesprochen.
Zusatzfrage
Das Ziel ist klar. Aber bis jetzt hatte ich das so verstanden, dass Deutschland sich noch nicht dazu geäußert hat, dass dieser Prozess jetzt sofort beginnen sollte. Macht das einen Unterschied?
Giese (AA)
Diese Dringlichkeit besteht seit jeher, aber sie wird noch durch die Äußerungen der israelischen Regierung verstärkt, die Annexionsschritte in den Raum stellt, und darauf müssen wir natürlich reagieren. Die Reaktion kann aber nur sein, unsere Anstrengungen zu verdoppeln, auf der Basis von Verhandlungen zu einer friedlichen Lösung zu kommen ‑ und dafür ist die Zweistaatenlösung das alleinige Modell, was im Raum steht.
Frage
Noch eine generelle Frage zum Thema UN: Will sich die Bundesregierung dafür einsetzen, dass Sitzungswochen des Bundestages künftig nicht parallel zur Generalversammlung stattfinden, wie es zur Zeit der Fall ist?
Giese (AA)
Diese Frage müssten Sie, glaube ich, an den Bundestag richten.
Zusatzfrage
Was sagen Sie denn zu der Kritik an der Nichtteilnahme des Kanzlers in New York? Hätte sich das angesichts der zugespitzten Lage in der Weltpolitik wirklich nicht einrichten lassen können?
Hille (BReg)
Dazu habe ich am Freitag von dieser Stelle schon Stellung genommen. Die Bundesrepublik wird durch den zuständigen Bundesaußenminister vertreten. Herr Giese hat am Freitag das Programm vorgetragen, das außerordentlich eindrucksvoll ist, weil es von heute bis Freitag läuft.
Der Hinweis fiel gerade auch ‑ das haben Sie in Ihrer Frage selber festgestellt ‑: In Deutschland beginnt am Mittwoch die Beratung über den Bundeshaushalt 2026 mit der Generaldebatte, die natürlich auch die Anwesenheit des Bundeskanzlers voraussetzt, weil sonst kein anderer in der Generaldebatte für die Bundesregierung sprechen könnte.
Frage
Herr Hille, was unterscheidet eigentlich die generelle Position der Bundesregierung vom Verhalten eines Arztes, der zurzeit den Einsatz eines Medikamentes ablehnt mit dem Hinweis, das dürfe erst zum Ende der Therapie erfolgen, während sich der Zustand des Patienten in demselben Zeitraum so verschlechtert, dass er vermutlich nicht überleben wird?
Hille (BReg)
Sehen Sie es mir nach, dass ich derartigen Analogien oder Vergleichen ‑ oder wie man es nennen mag ‑ nicht folgen kann. Ehrlicherweise verstehe ich auch nicht ganz, worauf Sie hinauswollen.
Zusatzfrage
Herr Giese, am Wochenende haben zwei Dutzend ehemalige deutsche Botschafter einen Brief an Außenminister Wadephul geschrieben, in dem sie ihn dringend auffordern, Deutschland solle sich der EU-Initiative anschließen. In dem Brief führen sie aus, dass nach ihrer Expertise die Gazapolitik oder die Palästinapolitik Israels eindeutig und erklärtermaßen auf Vertreibung und ethnische Säuberung hinauslaufen. Wie reagiert der Außenminister auf diesen Brief? Teilt er den Inhalt?
Giese (AA)
Es tut mir leid; mir ist dieser Brief nicht bekannt.
Frage
Herr Hille, die Bundesregierung oder in dem Fall die Entwicklungsministerin ‑ die Frage bezieht sich aber jetzt auf die ganze Bundesregierung ‑ möchte ja 30 Millionen Euro für die Lehrer im Westjordanland zahlen, damit dort die Schule überhaupt wieder beginnen kann, weil die Israelis ihre Zahlungen an die PA gestrichen haben. Ich hätte ganz gerne gewusst, ob der Kanzler hinter diesem Vorhaben steht und ob jetzt seitens der Bundesregierung mit den Fraktionen geklärt ist, dass diese 30 Millionen Euro auch freigegeben werden.
Hille (BReg)
Dieser Prozess findet im Moment im Bundestag statt. Da gab es offenbar noch Fragen und Klärungsbedarf, was bei der Verausgabung von Mitteln durchaus ein nicht ungewöhnliches Vorgehen ist. Die Beratung im Bundestag müssen wir abwarten. Die Position der Bundesregierung haben Sie ja selber schon paraphrasiert.
Zusatzfrage
Der Kanzler steht ausdrücklich hinter diesem Vorhaben?
Hille (BReg)
Das war eine Position der Bundesregierung. Die Bundesregierung hat ‑ in Person der Entwicklungsministerin ‑ vorgesehen, diese Gelder zur Verfügung zu stellen.
Visaerteilungspraxis der Vereinigten Staaten von Amerika
Frage
Präsident Trump hat am Wochenende gesagt, für 100 000 Euro dürfe man jetzt ein Arbeitsvisum bekommen. Das versetzt die ganze Tech-Branche in den Staaten in Aufruhr. Sieht die Bundesregierung dadurch eine Möglichkeit, mehr Arbeiter für Deutschland zu gewinnen? Falls ja: Was wäre nötig, um Deutschland attraktiver für ausländische Mitarbeiter zu machen?
Vorsitzender Szent-Iványi
Die Frage richtet sich an wen ‑ Herrn Hille?
Zusatz
An denjenigen, der sich angesprochen fühlt.
Giese (AA)
Wenn es um die Attraktivität von Deutschland für ausländische Arbeitnehmer geht, dann ist vielleicht eher das BMWE gefragt. In Bezug auf die Neuregelungen, die am Wochenende verkündet worden sind, kann ich aber sagen: Wir haben das zur Kenntnis genommen. Da gibt es verschiedene Details, die noch nicht ganz genau geklärt sind. Es gibt auch eine innenpolitische Diskussion dazu. Sollte es Auswirkungen auf deutsche Firmen geben, würden wir das umgehend prüfen. Allerdings kann ich für das Auswärtige Amt jetzt nicht sagen, dass uns diese Fälle schon bekannt sind.
Was die Alternativen für ausländische Arbeitnehmer angeht, kann vielleicht das BMWE etwas sagen.
Dr. Queck (BMWE)
Können Sie Ihre konkreten Fragen bitte wiederholen?
Frage
Die Frage wäre: Wenn es für ausländische Fachkräfte schwieriger wird, nach Amerika zu gehen, sieht Deutschland darin dann eine Möglichkeit, selber mehr Fachkräfte zu bekommen? Es ist ja bekannt, dass es in Deutschland einen Fachkräftemangel vor allem in den technischen Bereichen gibt. Könnte das insofern eine Chance für Deutschland sein? Falls ja: Was wäre nötig, um das sozusagen auszunutzen?
Dr. Queck (BMWE)
Ich kann jetzt keine konkreten Maßnahmen nennen, aber insgesamt ist klar, dass wir alles dafür tun, dass Deutschland ein attraktiver Standort auch für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ist und dass es ein wettbewerbsfähiger Standort ist. Insofern können Sie davon ausgehen, dass wir hier bestmögliche Rahmenbedingungen schaffen.
Ansonsten liegt das Thema Fachkräfteeinwanderung natürlich auch im BMI, falls da noch ergänzt werden will.
Bowinkelmann (BMI)
Ich kann gerne auf die Aussagen des Ministers verweisen, der die Maßnahme einer Work-and-Stay-Agentur wiederholt angekündigt hat, die weitere Fachkräfte, die wir dringend benötigen, nach Deutschland holen möchte. Darüber hinaus kann ich jetzt aber nichts mitteilen. Zu dem konkreten Fall würden wir uns jetzt auch nicht verhalten.
Exportkontrollen Chinas im Zusammenhang mit seltenen Erden
Frage
Die Europäische Handelskammer in China erwartet wegen Pekings Exportkontrollen im Zusammenhang mit seltenen Erden weitere Produktionsausfälle und Fertigungsstopps, die die EU, die die Europäische Union treffen könnten. Inwiefern wird dies auch deutsche Unternehmen treffen, und wie unterstützt die Bundesregierung deutsche Unternehmen?
Dr. Queck (BMWE)
Was Exportkontrollen im Zusammenhang mit seltenen Erden angeht, so ist das natürlich ein Thema, das uns sehr bekannt ist und das uns sehr besorgt. Die Ministerin hat schon häufiger gesagt, dass wir die Risiken durch Chinas Exportbeschränkungen für kritische Rohstoffe sehr ernst nehmen und das mit Sorge betrachten. Wir nutzen da alle Kanäle, die uns zur Verfügung stehen, auch über die deutsche Botschaft in Peking, um die Brisanz der Lage auch für deutsche Unternehmen zu unterstreichen.
Insgesamt setzt sich die Bundesregierung und setzt sich auch das Wirtschaftsministerium sehr stark dafür ein, dass wir bei der Versorgung oder dem Bezug von Rohstoffen sicherer aufgestellt sind. Dazu haben wir auch den Rohstofffonds, der gerade in eine sehr aktive Phase geht. Es gibt ungebundene Finanzkreditgarantien für Rohstoffprojekte. Wir fördern die Kreislaufwirtschaft. Die Deutsche Rohstoffagentur unterstützt Unternehmen beim Risikomonitoring. Wir setzen uns für bilaterale Rohstoffpartnerschaften ein. Es gibt also einige Maßnahmen, die wir vorantreiben, um sicherzustellen, dass solche Exportbeschränkungen deutsche Unternehmen nicht zu stark treffen.
Zusatzfrage
Sind konkrete Gespräche mit der chinesischen Regierung geplant?
Dr. Queck (BMWE)
Dazu ist mir nichts bekannt.
Giese (AA)
Ich kann ergänzen, dass das natürlich vom Auswärtigen Amt ebenso gesehen wird. Der chinesische Außenminister war im Juli zu seinem Antrittsbesuch bzw. zu seinem ersten Treffen mit dem Bundesaußenminister hier in Berlin, und da war das auch ein ganz zentrales Thema. Das ist uns also ebenfalls sehr wichtig und wir halten das nach ‑ und wir würden das natürlich auch bei Gesprächen in China nachhalten.
Angriff eines mutmaßlichen Drogenschmuggelbootes vor der Küste der Dominikanischen Republik durch die Vereinigten Staaten von Amerika
Frage
Herr Giese, die USA haben am Wochenende ihren sogenannten Antidrogeneinsatz ausgeweitet, und zwar diesmal in der Karibik. Vor der Küste der Dominikanischen Republik sei ein Schmugglerboot angegriffen worden, das angeblich eine Tonne Kokain als Fracht hatte. Mich würde generell mal interessieren, wie die Bundesregierung dazu steht, dass Militär zur Verbrechensbekämpfung eingesetzt wird. Ist das überhaupt mit dem Völkerrecht vereinbar? Wir reden hier über Drogenschmuggler, es geht also um Verbrechensbekämpfung. Das hat doch nichts mit Militär zu tun, oder?
Giese (AA)
Vielen Dank für die Frage. ‑ Wir haben uns zu diesem Thema hier schon mehrfach geäußert und haben schon häufiger darüber gesprochen. Ich muss Ihnen noch einmal sagen, was wir schon einmal gesagt haben: Uns liegen dazu keine eigenen Erkenntnisse vor. Wir beobachten die Lage aufmerksam und haben natürlich auch die Äußerungen der US-Administration zu diesem Vorgehen zur Kenntnis genommen. Es bleibt dabei: Das internationale Recht bildet auch in dieser Situation den gültigen Rahmen. Das gilt für alle Situationen. Aber sehen Sie es mir nach, ich habe keine Einzelheiten zu diesem Fall.
Zusatzfrage
Darum habe ich ja nicht nach dem einzelnen Fall gefragt, sondern generell. Weil Sie gerade sagen, dass internationales Recht den Rahmen bilde: Inwiefern sind Militäreinsätze mit Verbrechensbekämpfung vereinbar?
Giese (AA)
Wie gesagt, es geht da um den konkreten Fall, aber zu diesem konkreten Fall kann ich Ihnen leider nichts mitteilen, weil mir die Details dazu nicht vorliegen.
Zusatzfrage
Sorry, aber ich habe nicht nach dem konkreten Fall gefragt. Die Fälle häufen sich, darum ist es eine grundsätzliche Frage. Sie haben gerade selbst das internationale Recht ins Spiel gebracht. Inwiefern sind Militäreinsätze zur Verbrechensbekämpfung legitim?
Giese (AA)
Die rechtliche Prüfung ist eine Einzelfallprüfung, und die muss sich auch an dem Einzelfall orientieren. Da ich diesen Einzelfall nicht vorliegen habe, kann ich Ihnen dazu auch nichts sagen, tut mir leid.