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Erklärungen des Auswärtigen Amts in der Regierungspressekonferenz vom 17.09.2025
Begegnung des Bundesaußenministers und des Außenministers Argentiniens
Giese (AA)
Außenminister Wadephul trifft heute am späten Nachmittag seinen argentinischen Amtskollegen Gerardo Werthein. Deutschland und Argentinien sind enge Partner. Politisch und wirtschaftlich haben wir sehr viele gemeinsame Interessen. Diese Zusammenarbeit wollen wir noch weiter vertiefen. Das ist das Kernanliegen, um das es bei diesem Besuch geht.
Die beiden Außenminister werden viele verschiedene Themen besprechen, darunter Fragen der Handels- und Wirtschaftspolitik, der Rohstoffversorgung und der Verteidigung. Argentinien und Deutschland haben einen sehr ähnlichen Blick auf viele aktuelle Krisen und Konflikte. Auch darüber wird sicherlich gesprochen werden. In den Gesprächen wird es auch darum gehen, wie wir Fragen klären können, die dem Abschluss eines Handelsabkommens zwischen der EU und MERCOSUR noch im Wege stehen können. Wir setzen uns gemeinsam mit Argentinien sehr stark für dieses Abkommen ein. Damit wird eine der größten Freihandelszonen der Welt entstehen. Wir sind uns einig, dass wir mit einer aktiven Handelspolitik mehr Wohlstand für Deutschland schaffen können.
Argentinien unterstützt auch die Ukraine in ihrer Verteidigung gegen den russischen Angriffskrieg. Wir sind uns sehr einig, dass es an Russland liegt, den Angriffskrieg gegen die Ukraine endlich zu beenden. 2023 hat Argentinien einen Antrag auf eine vertiefte Partnerschaft mit der NATO gestellt, den wir sehr unterstützen. Wir wollen die Praxis der Staatssekretärskonsultation mit Argentinien wieder aufnehmen. Die beiden Außenminister werden heute über die nächsten Schritte dazu beraten.
Frage
Herr Giese, können Sie inhaltlich etwas mehr zu den Themen sagen?
Giese (AA)
Ich habe schon relativ ausführlich zu den Themen gesprochen. Das sind die Inhalte, um die es gehen wird. Wir werden uns im Anschluss noch einmal auf den sozialen Netzwerken dazu äußern. Aber das sind die Inhalte, um die es heute gehen wird.
Zusatzfrage
Ist ein Pressestatement geplant?
Giese (AA)
Aus terminlichen Gründen ist das leider nicht möglich. Das Gespräch wird sehr spät stattfinden, und danach gibt es Anschlusstermine. Deswegen habe ich jetzt diese ausführliche Ankündigung gemacht. Danach werden wir noch einmal dazu kommunizieren.
Frage
Im Juli hatten sich neun unabhängige Sonderberichterstatter des UN-Menschenrechtsrats öffentlich zu Wort gemeldet und gesagt, sie sähen einen massiven Abbau von Grundrechten und einen massiven Angriff auf Grundrechte in Argentinien durch die aktuelle Milei-Regierung. Sind Ihnen diese Vorwürfe des UN-Menschenrechtsrats bekannt, und werden sie auf dem Treffen unter Umständen thematisiert werden?
Giese (AA)
Natürlich nehmen wir alle Äußerungen der Vereinten Nationen zur Kenntnis. Ich habe gerade darüber gesprochen, was bei den Gesprächen Thema sein wird. Das steht für sich, denke ich.
Zusatzfrage
Herr Kornelius, Ihr Amtsvorgänger hatte, auch wenn das jetzt schon eine Weile zurückliegt, relativ beleidigende Äußerungen von Milei gegenüber dem spanischen Präsidenten Sánchez als geschmacklos bewertet. Wie bewertet die Bundesregierung grundsätzlich die Art und Weise, wie Milei gegen die Opposition und auch gegen enge Partner auf EU-Niveau austeilt, auch jetzt im Jahr 2025?
Kornelius (BReg)
Ich sehe momentan keinen Anlass dafür, Äußerungen von Herrn Milei zu bewerten. Was in der Vergangenheit lag, wurde dort bewertet. Die Bundesregierung hat momentan keine Haltung dazu.
Frage
Herr Giese, wird auch über den Nahostkonflikt geredet werden? Argentinien gehört ja zu den Ländern, die einen palästinensischen Staat anerkannt haben.
Giese (AA)
Wie gesagt, habe ich Ihnen gerade einen Überblick über das gegeben, was die Themen sein können. Natürlich können auch weitere Themen aufgerufen werden. Ich denke, wir sprechen über alles, was beide Länder angeht. Ich könnte mir vorstellen, dass der Nahe Osten dabei ebenfalls Thema sein wird. Aber ich will dem nicht vorgreifen.
Frage
Eine Verständnisfrage: Habe ich Sie richtig verstanden, dass Deutschland die Absicht Argentiniens unterstützt, Kooperationspartner der NATO zu werden?
Giese (AA)
Ja.
Zusatzfrage
Lateinamerika gilt als einer der wenigen Kontinente, die mehr oder weniger blockfrei agieren. Es hat sich zu einer Zone des Friedens und für atomwaffenfrei erklärt. Sieht die Bundesregierung kein Risiko darin, zu unterstützen, dass neben Kolumbien jetzt auch noch Argentinien NATO-Kooperationspartner wird?
Giese (AA)
Nein.
Nahostkonflikt
Frage
Die EU-Kommission will heute Pläne für Sanktionen gegen Israel vorlegen. Darin wird es womöglich auch um die Aussetzung bestimmter Handelsvereinbarungen gehen. Wie wird sich die deutsche Bundesregierung demgegenüber verhalten?
Kornelius (BReg)
Die Sanktionspläne sind uns bekannt. Die Kommission hat sie schon seit einigen Tagen in Aussicht gestellt. Sie werden heute vorgelegt. Die Bundesregierung hat sich noch keine abschließende Meinung darüber gebildet.
Zusatzfrage
EU-Außenbeauftragte Kallas hat an Deutschland appelliert, diese Pläne mitzutragen, und gesagt, wer das nicht tue, der solle Alternativen vorschlagen. Gibt es diese Alternativen schon?
Kornelius (BReg)
Ich denke, Frau Kallas hat sich als eigene Autorität geäußert, aber die Bundesregierung sieht sich momentan nicht veranlasst darauf zu reagieren.
Frage
Laut einer unabhängigen Untersuchungskommission des UN-Menschenrechtsrats begeht Israel im Gazastreifen einen Genozid. Ändert dieser Bericht irgendwas an der Position der Bundesregierung zu dem Thema?
Giese (AA)
Dazu hat sich der deutsche Außenminister schon gestern in einer Pressekonferenz mit seiner schwedischen Amtskollegin geäußert. Aber ich kann das gern wiederholen bzw. einordnen.
Die Bundesregierung hat den Bericht der Commission of Inquiry zur Kenntnis genommen. Wir respektieren das Mandat der Kommission, eigene Analysen der Lage in den palästinensischen Gebieten zu erstellen, und nehmen das sehr ernst. Die Analysen der Kommission stehen für sich. Die Bundesregierung kann, wie das bei allen solchen Berichten der Fall ist, nicht alle Feststellungen und Schlussfolgerungen der Kommission im Einzelnen überprüfen.
Völlig klar ist allerdings, dass die im Bericht beschriebenen Vorfälle außerordentlich besorgniserregend sind. In bewaffneten Konflikten sind alle Parteien an das humanitäre Völkerrecht gebunden. Dazu hat sich der Außenminister gestern auch noch einmal sehr deutlich geäußert, wie ich gesagt habe.
Wir haben immer betont: Um das Leid in diesem Konflikt zu beenden, muss es einen schnellen Waffenstillstand geben, die Bevölkerung in Gaza muss ausreichend humanitär versorgt werden, und die Geiseln müssen freigelassen werden. Dafür setzt sich die Bundesregierung weiterhin mit allem Nachdruck ein.
Zusatzfrage
Ist der Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen noch ein Gremium, das Deutschland vollends unterstützt?
Giese (AA)
Deutschland ist Mitglied, und natürlich unterstützen wir dieses Gremium; das ist klar.
Frage
Herr Kornelius, ich will auf Ihre Antwort zurückkommen. Sie sagten, die Bundesregierung habe sich noch keine abschließende Meinung darüber gebildet, ob sie sich den vorgeschlagenen EU-Sanktionen anschließen werde. Können Sie bitte sagen, woran das noch hängt? Ist das eine zeitliche Frage, und werden Sie das jetzt innerhalb der nächsten ein, zwei Tage entscheiden, oder glaubt die Bundesregierung, dass noch nicht alle Kriterien für die Unterstützung dieser Sanktionen erfüllt sind?
Kornelius (BReg)
Die grundsätzliche Haltung der deutschen Politik zu Fragen der Sanktionen ist bekannt. An der deutschen Israelpolitik hat sich nichts Grundlegendes geändert, auch nicht auf der EU-Ebene. Prinzipiell betonen wir stets, dass wir an der Seite Israels stehen und dass wir uns auch im ständigen Austausch mit den EU-Institutionen befinden, auch mit den übrigen Mitgliedstaaten, auch im Europäischen Rat. Da wird es Ende Oktober sicherlich intensive Diskussionen geben.
Unsere Grundhaltung ist, dass wir die Gesprächskanäle zu Israel offenhalten wollen und dass man Maßnahmen zielgerichtet einsetzen soll. Die Entscheidung vom 8. August war eine zielgerichtete Entscheidung, die sich auf die militärische Eskalation im Gazastreifen bezog. Die Zweckmäßigkeit anderer Vorschläge muss stets auch im Lichte dessen geprüft werden, ob sie zielgerichtet sind.
Zusatzfrage
Eine Nachfrage, damit ich es richtig verstehe: Heißt das, dass es bis zum Rat Ende Oktober noch keine Entscheidung geben wird? Will man das abwarten?
Kornelius (BReg)
Die Entscheidung im Rat zwingt nicht unbedingt unseren Zeitplan.
Frage
Herr Giese, Israel geht weiterhin massiv in Gaza-Stadt vor. Es gibt sehr hohe Todeszahlen. In den vergangenen 48 Stunden wurden mehrere Zeltstädte, in denen sich Frauen und Kinder befanden, bombardiert. Dazu hätte ich gern eine Reaktion.
Der amerikanische Außenminister Marco Rubio hat gesagt, dass es wahrscheinlich keine politische Lösung für den Gazakrieg geben werde, sondern nur eine militärische Lösung. Auch dazu hätte ich gern eine Stellungnahme.
Kornelius (BReg)
Die Bundesregierung hat stets klargemacht, dass sie diese Militäroperation ablehnt, die lediglich zu mehr Toten, Verletzten und Vertriebenen führt. Der Bundesaußenminister hat gestern dazu klar gesagt, die Offensive gehe in die vollkommen falsche Richtung. Wir lehnen das ab. Die Bundesregierung betont stets, dass ein sofortiger Waffenstillstand notwendig ist. Auch die humanitäre Hilfe muss deutlich und massiv erfolgen. Sie fließt immer noch in viel zu geringem Umfang. Die Bevölkerung wird nicht ausreichend versorgt. Auch das Schicksal der Geiseln gerät im Lichte dieser anhaltenden Militäroperation in den Hintergrund. Die Priorität müsste darauf liegen, über die Freilassung der verbliebenen Geisel zu verhandeln.
Die Bundesregierung ist also sehr bestürzt über das Schicksal der Zivilbevölkerung und die humanitäre Situation. Im Gegensatz zu anderen Regierungen erkennen wir immer weniger, wie diese Militäroperation zielgerichtet zu einem nachhaltigen Frieden führen soll.
Frage
Meine Frage geht entweder an Herrn Kornelius oder an Herrn Giese. Die UN-Kommission hat ihre Beweisführung auf 72 Seiten sehr ausführlich dargelegt. Wenn die Bundesregierung das Urteil, dass vier von fünf Genozidkriterien erfüllt seien, nicht teilt: Welchen Punkten des Berichts widerspricht die Bundesregierung, oder welche Punkt hält sie nicht für schlüssig?
Giese (AA)
Ich will an das anknüpfen, was ich zu Anfang gesagt habe. Die Position der Bundesregierung ist bekannt. Die im Bericht behandelten Fragen sind aktuell Gegenstand von Verfahren, die vor internationalen Gerichten laufen. Es obliegt Gerichten, über derartige Vorwürfe zu entscheiden. Darauf wird auch im Bericht ausdrücklich hingewiesen. Nichtsdestoweniger ist natürlich sehr bestürzend, was darin geschildert wird; das ist ganz klar.
Zusatzfrage
Der Bericht sagt aber auch, dass jenseits der formaljuristischen Entscheidung eines Gerichts eine Einschätzung und Bewertung der Vorgänge auch durch die Kommission selbst möglich sei. Damit ist dies auch Regierungen möglich.
Sie betonten mehrfach, dass die humanitäre Lage katastrophal sei und dass dort Völkerrecht verletzt werde. Warum sind Sie in der Lage, dies, was auch Teil des Berichts ist, nachzuvollziehen und zu sagen: „Ja, so ist es“, während Sie sich hinsichtlich der anderen, genauso ausführlich dokumentierten Vorwürfe in Sachen Genozidkriterien nicht in der Lage sehen, sie zu beurteilen? Wie kommt das?
Giese (AA)
Zum einen hat der Regierungssprecher gerade ausführlich dargestellt, was wir von der Offensive in Gaza halten und welche Auffassung die Bundesregierung dazu hat. Zum anderen geht es bei dem Thema, das Sie jetzt noch einmal aufgemacht haben, um eine juristische Bewertung, die sich aus Tatsachen und darüber hinaus natürlich auch aus Intentionen ergibt. Ich habe betont und will es noch einmal unterstreichen, dass diese juristische Bewertung Gerichten obliegt.
Frage
Herr Giese, ich war ein bisschen überrascht über die Nonchalance, mit der Sie die Relevanz dieses UN-Berichts beiseitegeschoben haben. Die deutsche Haltung war eigentlich grundsätzlich so, etwa auch im Fall „Gambia gegen Myanmar“, dass die Bundesregierung betont hat, dass UN-Berichte generell Beweiskraft haben. Wie der Kollege schon erwähnt hat, ist die aktuelle UN-Untersuchungskommission zu dem Schluss gekommen, dass Israel vier der fünf in der UN-Konvention über die Verhütung und Bestrafung des Völkermordes erwähnten Tatbestände erfüllt. Völkerrecht reicht ein einziger, um zu dem Urteil „Genozid“ zu kommen. Deswegen würde mich noch einmal interessieren: Wieso geht die Bundesregierung in diesem spezifischen Fall von ihrer grundsätzlichen Haltung ab, dass UN-Berichte im Fall von Genozideinschätzungen grundsätzlich Beweiskraft haben?
Giese (AA)
Ich glaube, wir haben uns jetzt ausführlich dazu geäußert, wie wir diesen Bericht einschätzen.
Diesen Nonchalance-Vorwurf möchte ich wirklich entschieden zurückweisen.
Zusatzfrage
Deutschland tritt ja im Hauptverfahren „Südafrika versus Israel“ vor dem IGH als einziges Land für die Seite Israels ein. Das tun wohlweislich noch nicht einmal die Vereinigten Staaten. Da würde mich interessieren: Bleibt die Bundesregierung denn dabei, oder plant sie sich angesichts der Veröffentlichung des UN-Untersuchungsberichts zurückzuziehen?
Giese (AA)
Ich werde mich jetzt nicht im Einzelnen zur Strategie in diesem Verfahren äußern. Ich kann Ihnen aber sagen, dass die nächste Frist, um Papiere vorzulegen, im Januar 2026 endet, und bis dahin ist noch ein bisschen Zeit.
Frage
Zum potenziellen Genozid: Herr Kornelius, hat die Bundesregierung die Äußerung des früheren UN-Botschafters und Leiters der Münchner Sicherheitskonferenz, Herrn Heusgen, zur Kenntnis genommen, dass Deutschland zur Beihilfe zum Genozid verurteilt werden könnte, wenn es aus Sicht des IGH zu einem Genozidurteil kommt? Welche Schlussfolgerung zieht die Bundesregierung daraus für die Regierungsmitglieder?
Kornelius (BReg)
Ja, sie hat sie zur Kenntnis genommen und zieht daraus keinen Schluss außer dem, den das Auswärtige Amt ausführlich geschildert hat.
Zusatzfrage
Sie haben über die Zielgerichtetheit der Maßnahmen unter anderem vom 8. August gesprochen. Können Sie uns einmal erklären, inwiefern der Stopp potenziell neuer Exportgenehmigungen eigentlich zielgerichtet war für das, was jetzt in Gaza passiert?
Kornelius (BReg)
Er trägt nicht zu einer weiteren Eskalation bei, zumindest nicht mit deutschen Waffen.
Zusatzfrage
Aber die derzeitige neue Offensive, die Sie ja auch kritisch sehen, wird ja von Israel unter anderem mit Merkava-Panzern geführt. Die funktionieren nur mit deutschen Motoren. Das dürfte ja aus Sicht der Bundesregierung eigentlich nicht so sein, oder?
Kornelius (BReg)
Das verstehe ich nicht. Das müssen Sie erklären, warum das nicht so sein darf.
Zusatzfrage
Die Exportgenehmigungen besagen ja, dass deutsche Rüstung nicht in völkerrechtswidrigen Einsätzen eingesetzt werden kann. Also dürften diese Panzer mit deutschen Motoren ja eigentlich gar nicht in Gaza eingesetzt werden. Korrekt?
Kornelius (BReg)
Ich glaube, das haben Sie falsch verstanden.
Zusatzfrage
Wie ist es denn richtig?
Kornelius (BReg)
Die Entscheidung vom 8. August bezieht sich ja nicht auf Militärausrüstung, die längst vor dem 8. August geliefert wurde. Das ist eine Ausfuhrentscheidung.
Frage
Ich habe noch eine Nachfrage dazu, dass man sich noch keine abschließende Meinung zum Thema der Sanktionen gebildet habe. Können Sie vielleicht trotzdem einen kleinen Einblick darin geben, inwieweit das Thema der Sanktionen innerhalb der Bundesregierung zwischen den Koalitionspartnern diskutiert wird, weil ja auch bekannt ist, dass Teile der SPD mit der derzeitigen Position hadern?
Kornelius (BReg)
Ich glaube, dass prinzipiell auch in der Gesellschaft ein Wunsch besteht, dass dieser Konflikt beendet wird, dass man darauf Einfluss nimmt, dass die Bundesregierung ihre politische Stimme erhebt, um Einfluss auf den Konflikt zu nehmen. Dies tut die Bundesregierung. Das ist in unzähligen Stellungnahmen, Telefonaten und Äußerungen geschehen, auch in Taten. Die Bundesregierung hat klargemacht, wo die Grenzen sind. Der Bundeskanzler betont stark, dass es bezüglich der Unterstützung des Staates Israel eine unverbrüchliche Haltung gibt und dass gleichzeitig die Politik einer amtierenden Regierung im Rahmen dieser Freundschaft selbstverständlich auch einer permanenten Überprüfung ausgesetzt ist und auch kritisiert werden darf. In diesem Lichte wird sich die Politik weiterentwickeln.
Die Erwartungshaltung, dass Sanktionen oder dass Maßnahmen dazu führen werden, dass sich die Politik Israel verändert, ist möglicherweise überzogen. Die Haltung der Bundesregierung ist trotzdem politisch klar. Sie hält diesen Krieg und sie hält die militärische Eskalation für den falschen Weg, um zu einer Befriedung zu kommen. Die Hamas als Urheber dieses Terrors und als Urheber dieses Krieges muss weiter militärisch bekämpft werden. Die Hamas ist die Ursache für diese Eskalation. Gleichzeitig muss das Vorgehen proportional und auch zielgerichtet stattfinden.
Frage
Der Bericht der UN-Untersuchungskommission führt ja auch aus, dass jedes Land spätestens seit dem 24. Februar 2024 durch den IGH verpflichtet gewesen sei, Maßnahmen zu ergreifen, um Völkermord in Gaza zu verhindern. Der australische Völkerrechter und Mitglied der UN-Untersuchungskommission Christopher Sidoti nannte bei der Vorstellung des Berichts in diesem Zusammenhang auch explizit Deutschland. Da würde mich interessieren: Teilt denn die Bundesregierung diese Einschätzung, dass sie seit dem 24. Januar 2024 dieser Verpflichtung unterlag?
Giese (AA)
Ich glaube, wir haben jetzt ausführlich über den Inhalt dieses Berichts gesprochen, und ich habe dem nichts hinzuzufügen.
Zusatzfrage
Es geht nicht um diesen Aspekt, aber dann würde mich interessieren, welche konkreten Maßnahmen die Bundesregierung denn durchgeführt hat, um mit dieser IGH-Verpflichtung konform zu gehen. Alles, was mir bekannt ist, ist eher ein Bruch derselben, also weitere Waffentransporte oder eine Ignorierung des Haftbefehls gegen Netanjahu.
Kornelius (BReg)
Darauf kann ich vielleicht antworten. Die Bundesregierung hat eine Fülle von Maßnahmen und Entscheidungen gegenüber Israel getroffen und kommuniziert. Ich habe in meiner vorigen Antwort ausführlich dazu Stellung genommen. All dies fügt sich ein. Das geschieht nicht in Reaktion auf die von Ihnen erwähnte Forderung, sondern ist die grundsätzliche Haltung in der Israelpolitik der Bundesregierung. Sie hat sehr stark auf humanitäre Hilfe gedrängt. Es gab auch Momente, in denen diesem Druck nachgegeben wurde. Ich verweise noch einmal auf das, was ich vorhin gesagt habe: Die politische Erwartung der Bundesregierung und die tatsächliche Politik der israelischen Regierung sind momentan nicht in Einklang zu bringen.
Frage
Herr Kornelius, Sie haben eben ja noch einmal klargestellt, dass sich der Beschluss vom 8. August auf die Genehmigung oder Nichtgenehmigung zukünftiger Ausfuhranträge bezieht. Das Ziel, dass eben keine deutschen Rüstungsgüter in den derzeitigen Konfliktraum geliefert werden, ließe sich aber auch durch den Widerruf in der Vergangenheit erteilter Ausfuhrgenehmigungen erreichen. Hat es solche Widerrufe früher erteilter Ausfuhrgenehmigungen seit dem 8. August gegeben?
Kornelius (BReg)
Meine Bemerkung von vorhin bezog sich auf die bereits gelieferten Rüstungsgüter, und in diesem Kontext war meine Aussage gefallen.
Zusatzfrage
Das macht ja die Frage nicht unerheblich. Wenn das Ziel des Beschlusses vom 8. August ist, dass keine deutschen Rüstungsgüter, die in Gaza zum Einsatz kommen könnten, geliefert werden sollen, dann ist dieses Ziel auch durch Widerruf bereits erteilter Ausfuhrgenehmigungen erreichbar, weil es ja möglich ist, dass die Lieferung von Dingen früher genehmigt wurde, aber dass sie noch nicht ausgeliefert wurden. Das könnte man damit verhindern. Deswegen bleibt die Frage: Gab es einen Widerruf früher erteilter Ausfuhrgenehmigungen nach dem 8. August?
Kornelius (BReg)
Diese Konstruktion ist denkbar, aber wie Sie wissen, kann ich zu konkreten Ausfuhrentscheidungen keine Stellung nehmen. Die unterliegen der Geheimhaltungspflicht. Die Äußerung des Bundeskanzlers vom 8. August steht für sich. Sie besagt, dass künftig keine Ausfuhrgenehmigungen für Rüstungsgüter, die im Gazastreifen zum Einsatz kommen können, mehr erteilt werden.
Frage
Herr Kornelius, es ist ja dokumentiert, dass Deutschland unter anderem im Herbst 2024 den Export von spezialisierter Getriebetechnologie der Augsburger Firma RENK für israelische Kampfpanzer der Merkava-Klasse exportiert hat. Möchten Sie leugnen, dass die jetzt gerade in Gaza eingesetzt werden?
Kornelius (BReg)
Ich unterstelle einmal, dass Sie mir hier in Ihrer permanenten Freundlichkeit nicht eine Leugnung vorwerfen möchten.
Ich weiß nicht, wo diese eingesetzt werden. Aber die Entscheidung vom 8. August bezieht sich auf dann zu treffende Exportentscheidungen.
Zusatzfrage
Aber Deutschland hat ja auch eine Verantwortung für die bereits exportierten Rüstungsgüter. Müssten Sie dementsprechend nicht wissen, wo die eingesetzt werden?
Kornelius (BReg)
Ich glaube nicht, dass wir dafür eine Verantwortung haben. Diese Exportentscheidung ist im Lichte der damals herrschenden politischen Situation gefällt worden.
Gespräch zwischen den Außenministern der E3-Staaten und Irans
Frage
Ich habe eine Frage an Herrn Giese zum Thema Iran. Heute sollen Gespräche der E3-Außenminister mit ihrem iranischen Kollegen stattfinden. Können Sie uns bitte sagen, was der Hintergrund und das Ziel der Gespräche sind?
Giese (AA)
Ich kann bestätigen, dass die Außenminister der E3 heute mit dem iranischen Außenminister telefoniert haben. Wir haben uns über die aktuelle Lage ausgetauscht, nicht zuletzt über den in New York laufenden Snapback-Prozess. Ich bitte um Ihr Verständnis dafür, dass ich keine Einzelheiten zu den Gesprächen nennen kann.
Ganz grundsätzlich ist es allerdings so, dass unser Angebot, über eine zeitlich begrenzte Snapback-Verlängerung zu sprechen, wenn Iran bestimmte Bedingungen erfüllt, weiterhin auf dem Tisch liegt. Das haben wir gegenüber dem Iran auch kontinuierlich kommuniziert. Ich muss allerdings an dieser Stelle feststellen, dass die bisherigen iranischen Schritte nicht ausreichend waren, um eine Verlängerung zu ermöglichen. Der Ball ist weiterhin im Feld des Iran.
Umstände des Todes von Alexei Nawalny
Frage
Erst einmal noch eine außenpolitische Frage, Herr Giese: Die Wittwe von Herrn Nawalny hat nun gesagt, ausländische Labors hätten einwandfrei bestätigt, dass ihr Mann mit Gift umgebracht wurde. Kamen diese Informationen ausländischer Labore möglicherweise aus Deutschland? Wie kommentieren Sie diese Äußerungen.
Giese (AA)
Ich habe Ihnen dazu derzeit nichts mitzuteilen. Wenn ich dazu noch Informationen bekomme, dann würde ich die Antwort gerne nachliefern.
EU-Sanktionen gegen Hüseyin Doğru
Frage
An das Auswärtige Amt: Der von der EU mutmaßlich auf Initiative der Bundesregierung sanktionierte in Berlin lebende Journalist und deutsche Staatsbürger Hüseyin Doğru hat jetzt die Belege im “evidence pack” der EU-Kommission veröffentlicht, auf deren Grundlage die Sperrung aller Konten, das Anstellungsverbot sowie das Ein- und Ausreiseverbot in den EU-Raum aufrechterhalten werden. Als Belege für die angeblich veröffentlichten Falschinformationen, die politische und gesellschaftliche Zwietracht säen würden, führt die EU-Kommission allerdings lediglich Tweets an: einen Tweet, der die NATO-Karriere von ehemaligen Wehrmachtsoffizieren thematisiert, und zwei Tweets, die den Aufrüstungsdiskurs von Merz kritisieren. Da würde mich interessieren: Sieht die Bundesregierung es als angemessen an, dass ein deutscher Staatsbürger und Journalist für kritische Tweets über Kanzler Merz mit so massiven Eingriffen in seine Grundrechte sanktioniert wird?
Giese (AA)
Wir haben über diesen Fall hier schon mehrfach gesprochen, aber ich spreche gerne noch einmal darüber. ‑ Das ist eine EU-Entscheidung, und dagegen gibt es Rechtsmittel. Der Betroffene ist herzlich eingeladen, diese Rechtsmittel auch zu nutzen, und dann werden Gerichte darüber entscheiden, ob das so ist, wie Sie es gerade erzählt haben.
Zusatzfrage
Herr Giese, wie erklären Sie eigentlich, dass Sie am 2. Juli hier in der BPK proaktiv verkündet haben „Wir können heute verbindlich sagen, dass Red von Russland gezielt zur Informationsmanipulation eingesetzt wird“, aber im aktuellen “evidence pack” der EU-Kommission von August 2025 kein einziger Beleg für die behauptete Verbindung zu Russland präsentiert wird? Angesichts der massiven Maßnahmen ist das ja durchaus eine relevante Frage.
Giese (AA)
Ich habe dem, was ich damals gesagt habe, nichts hinzuzufügen. Wir sind davon überzeugt, dass die Belege ausreichend sind. Wie gesagt, alles andere kann man ja vor Gericht klären.