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Erklärungen des Auswärtigen Amts in der Regierungspressekonferenz vom 01.09.2025
Erdbeben in Afghanistan
Hille (BReg)
Einen schönen guten Tag auch von mir! Sie haben es mitbekommen: Heute Morgen haben uns Nachrichten aus Afghanistan erreicht. Dort hat es ein schweres Erdbeben im Osten des Landes gegeben. Nach den bisher bekannten offiziellen Angaben gibt es viele Hundert Opfer und Verletzte. Uns ist es wichtig, deutlich zu machen, dass der afghanischen Bevölkerung in diesen schweren Stunden unser Mitgefühl gilt. Unsere Gedanken sind bei den Verletzten, denen wir schnelle Genesung wünschen, und den vielen Angehörigen der Opfer, denen wir unser tief empfundenes Beileid aussprechen.
Frage
Inwiefern können Sie jetzt Gesprächskanäle nach Kabul nutzen?
Giese (AA)
Wir haben gerade gesagt, dass dort eine humanitäre Notlage herrscht. Deswegen sind wir mit unseren Partnern vor Ort in Kontakt. Die humanitären Organisationen sind ja dennoch in Afghanistan präsent. Wir als Auswärtiges Amt prüfen auch gerade, wie wir den Menschen dort helfen können; denn auch nach der Machtübernahme der Taliban haben wir die Belange der Menschen vor Ort nicht vergessen. Wir leisten weiterhin humanitäre Hilfe vor Ort. Beispielsweise hat die Bundesregierung nach dem schweren Erdbeben in Herat vor zwei Jahren humanitäre Hilfe geleistet und ihre Partner bei der Katastrophenhilfe unterstützt. Wir prüfen gerade, wie wir das fortführen können.
Frage
Aber ist da jetzt nicht auch direkte Kommunikation mit der Talibanregierung erforderlich? Findet sie statt?
Giese (AA)
Wie gesagt, sind in dieser humanitären Notlage zuallererst einmal die humanitären Organisationen aufgerufen. Sie werden diejenigen sein, die Hilfe leisten. Mit ihnen sind wir in Kontakt. Darüber hinaus wissen Sie, dass wir auch zu den Talibanmachthabern technische Kontakte haben.
[…]
Situation afghanischer Flüchtlinge in Pakistan und Afghanistan in Zusammenhang mit einem Bundesaufnahmeprogramm
[…]
Frage
Die pakistanische Regierung hatte eine Frist gesetzt, bis wann die Menschen aus Pakistan ausreisen sollen, die heute, glaube ich, abgelaufen ist. Was unternimmt die Bundesregierung, um diese Frist zu verlängern, damit sie nicht nach Afghanistan abgeschoben werden, wenn Sie noch prüfen?
Giese (AA)
Dazu würde ich gerne auf die Regierungspressekonferenz vom letzten Freitag verweisen. Darin hatte sich Kathrin Deschauer dazu geäußert und gesagt, dass der Bundesaußenminister mit seinem pakistanischen Amtskollegen dazu gesprochen hat. Es gab Gespräche und auch eine Inaussichtstellung, dass es eine Verlängerung gibt. Wir rechnen damit, dass diese Verlängerung bis zum Ende des Jahres gilt.
Zusatzfrage
Das heißt, die Verlängerung ist schon da, richtig?
Giese (AA)
Dazu gab es Gespräche. Sie wurde in Aussicht gestellt, aber Sie sehen, dass es keine Abschiebungen gab. Wir vertrauen darauf, dass das, was darin vereinbart worden ist, auch so gilt.
Frage
Herr Giese, hatten Sie uns nicht mitgeteilt, dass 210 der über 2000 Menschen von Pakistan nach Afghanistan abgeschoben wurden?
Giese (AA)
Ja, das stimmt, das habe ich gesagt. Steht das im Zusammenhang zu der Frage gerade eben?
Zusatz
Ja, offensichtlich.
Giese (AA)
Dabei ging es um die Abschiebung aus Pakistan. In Bezug auf Afghanistan ging es darum, ob die Menschen aus Afghanistan zurück nach Pakistan kommen können. Das war ebenfalls Gegenstand der Gespräche des Bundesaußenministers mit seinem pakistanischen Amtskollegen. Auch dabei war man sich einig, dass dafür schnell eine Lösung gefunden werden soll.
Zusatz
Aber das ist doch eigentlich katastrophal. Über 2000 Menschen warten in Afghanistan auf die Zusagen, die Deutschland gemacht hat, damit sie endlich nach Deutschland kommen können; und jetzt werden zehn Prozent von ihnen vielleicht in den Tod geschickt, wieder zurück nach Afghanistan. Das ist aus deutscher Sicht doch katastrophal.
Giese (AA)
Ich habe gerade gesagt, dass es dazu eine Vereinbarung gab, dass auch ihnen die Möglichkeit gegeben werden soll, wieder nach Pakistan zurückzukehren.
Frage
In dem Flugzeug heute sollen, glaube ich, 47 Menschen sein. Können Sie das bestätigen? Wie viele Verfahren sind noch anhängig? Wie viele Gerichtsverfahren von Afghaninnen und Afghanen stehen also noch aus?
Bowinkelmann (BMI)
Wie Sie wissen, äußern wir uns zu etwaigen Flügen oder Ähnlichem nicht. Zu den Gerichtsverfahren habe ich jetzt gerade nicht den aktuellen Stand.
Giese (AA)
Ich kann Ihnen einen Stand geben. Der aktuelle Stand ist allerdings immer nur eine Momentaufnahme. Klagen werden eingereicht, Klagen werden entschieden, es gibt Eilverfahren, es gibt reguläre Verfahren, es gibt Rücknahmen usw. Ich habe mich von meinen Kollegen informieren lassen. Mit Stand von heute sind ca. 85 Eilverfahren vor Gericht anhängig. Diese Zahl schwankt allerdings. Verfahren werden entschieden, und andere Entscheidungen kommen hinzu. Das ist der Stand jetzt, ohne Gewähr.
[…]
Frage
Ich habe noch eine Frage zum Thema Afghanistan. Kann das Auswärtige Amt oder das Innenministerium etwas dazu sagen, wie viele Menschen aus den Aufnahmeprogrammen sich noch in Pakistan befinden? Teilweise hieß es, es seien noch über 2000, dann hieß es, über 2300. Gibt es eine aktuelle Zahl?
Giese (AA)
Wir stehen über die Umsetzungspartner der Bundesregierung mit den Menschen in Kontakt, die eine Aufnahmezusage für Deutschland haben. Insgesamt geht es dabei um 2300 Personen. Etwa 2100 Personen davon befinden sich in Pakistan. Dementsprechend sind etwa 200 Personen noch in Afghanistan. Es gilt, wie wir vorhin besprochen haben, dass an der Rückreise gearbeitet wird.
Nahostkonflikt
Frage
Soweit ich weiß, liefert die Bundesregierung keine Waffen mehr an die Israelis. Aber die Europäer beklagen die Position der Bundesregierung. Die Europäer wollen Sanktionen gegen Benjamin Netanjahu und sein Regime, aber die Bundesregierung blockiert das. Warum?
Giese (AA)
Sie beziehen sich auf Meldungen vom Wochenende. Beim informellen Gymnichtreffen der EU-Außenminister in Kopenhagen gab es eine Äußerung des Bundesaußenministers. Dabei hat er sich insbesondere zum Programm Horizont Europa, zu dem Wissenschafts- und Forschungskooperation gehört, geäußert. Danach war gefragt worden. Er hat die Haltung der Bundesregierung benannt, dass wir es nicht für sinnvoll halten, diese Kooperation zu beenden oder mit Sanktionen zu belegen, denn das treffe die wissenschaftliche Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Israel, zwischen deutschen und israelischen Forschern. Das halten wir nicht für das geeignete Mittel.
Zusatzfrage
Die Amerikaner haben Mahmud Abbas kein Visum erteilt. Ist die Bundesregierung damit zufrieden?
Giese (AA)
Auch dazu möchte ich auf das Gymnichtreffen in Kopenhagen am Samstag verweisen. Dabei gab es eine EU-27-Erklärung. Ich möchte betonen, dass alle 27 EU-Staaten sie unterstützt haben. Darin wird darauf hingewiesen, dass wir diese Entscheidung nicht teilen und mit Blick auf das Sitzabkommen und das Recht eines Beobachterstaates, vor der VN-Generalversammlung zu sprechen, darum ersuchen, diese Entscheidung zu überdenken. Das ist die einheitliche Position der Europäischen Union und ihrer Mitgliedstaaten und damit auch die Position Deutschlands.
Frage
Herr Giese, Deutschland steht international dafür, Israels Vorgehen durch die ganze Blockade in Sachen Sanktionen usw. weiter zu unterstützen und irgendwann selbst für den potenziellen genozidalen Krieg in Gaza mitverantwortlich gemacht zu werden, also auch die führenden deutschen Regierenden. Wenn Sie meinen, dass jetzt selbst die Sanktionen im Forschungsbereich keinen Einfluss auf die politische Willensbildung und das militärische Vorgehen haben ‑ Sie unterstützen ja ansonsten auch nichts, was irgendeinen Einfluss haben könnte ‑, wovon sprechen Sie dann, wenn Sie von nicht geeigneten Maßnahmen sprechen, von denen alle anderen überzeugt sind? Was wissen Sie also besser, was da irgendwie geeigneter wäre?
Giese (AA)
Lassen Sie mich vielleicht damit anfangen, dass ich die allermeisten Prämissen Ihrer Frage zurückweisen muss.
Zuruf
Fakten!
Giese (AA)
Alle Unterstellungen, dass die Bundesregierung sozusagen an völkerrechtswidrigen Handlungen beteiligt sei, weise ich zurück. Vielleicht aber so viel: Sie wissen ganz genau, dass der Bundesaußenminister und auch der Bundeskanzler mit ihren jeweiligen Amtskollegen in Israel in sehr, sehr engem Austausch stehen. Wir halten es für die richtige Maßnahme, diesen Austausch zu suchen.
Darüber hinaus möchte ich aber auch sagen: Es stimmt nicht, dass die Bundesregierung hier keine Maßnahmen getroffen hat. Der Bundeskanzler hat sich dazu sehr deutlich erklärt. Insbesondere der Stopp von Waffenlieferungen in Bezug auf den Einsatz in Gaza ist Ihnen bekannt. Wir haben uns mehrfach dazu geäußert, dass beispielsweise die Sanktionen gegen extremistische Siedler von Deutschland unterstützt würden. Insgesamt haben Sie allerdings auch die Willensbildung unter den europäischen Ländern in Brüssel nicht so ganz richtig wiedergegeben. Deutschland steht dort in keiner Weise und in keinem der Dossiers isoliert da. Das ist einfach falsch.
Zusatz
Aber Deutschland steht als das größte europäische Land weiter hinter Israels potenziell genozidalem Vorgehen. Das ist ja jetzt eine IGH-Sache.
Giese (AA)
Dass Deutschland nicht hinter dem Vorgehen Israels in Gaza steht, haben wir, glaube ich, sehr, sehr deutlich gemacht.
[…]
Frage
In dem Kontext habe ich eine Frage ans Entwicklungsministerium. Im Anschluss an ihre Nahostreise hat Ihre Ministerin gesagt, die Zeit der reinen Appelle sei vorbei, es müsse jetzt mehr passieren. Bedeutet das, dass sie als Ministerin mit der Verhinderungspolitik der Bundesregierung insgesamt gegen stärkere Sanktionsmaßnahmen gegen Israel nicht einverstanden ist?
Abboud (BMZ)
Die Aussagen der Ministerin stehen für sich. Sie zu interpretieren, das ist ‑ so möchte ich jetzt sagen ‑ Ihre Aufgabe. Aber sie ist darin recht klar. Sie hat sich auch gestern im „Bericht aus Berlin“ dazu geäußert und gesagt, dass auch Sanktionen gegen gewalttätige Siedler nicht weiter blockiert werden dürften. Ansonsten verweise ich auf die mediale Berichterstattung, die es die vergangene Woche zuhauf gab.
Zusatzfrage
Sie ist mir nicht entgangen, auch nicht das Interview gestern. Genau deswegen frage ich.
Was sind Maßnahmen über Appelle hinaus, die sich nicht nur gegen gewalttätige Siedler, sondern auch an eine Regierung richten, die das Handeln der Siedler entweder duldet oder sogar aktiv unterstützt? Was sind also die konkreten, politisch und materiell wirksamen Vorschläge der Ministerin?
Abboud (BMZ)
Auch dazu hat sich die Ministerin sehr oft geäußert. Sie hat gesagt, dass sie die Eindrücke aus der Reise mit in die Gespräche nehmen werde. Was daraus folgt, werden wir dann hier berichten.
Frage
Unterstützt sie Sanktionen, die sich auf den Krieg in Gaza beziehen? Denn sie ist auch für einen Waffenstillstand usw. Wenn ja, welche?
Abboud (BMZ)
Dazu finden jetzt Gespräche statt. Sie kommt, wie gesagt, mit allen Eindrücken in die Gespräche zurück. Dazu wird es weitere Äußerungen geben.
Zusatzfrage
Unterstützt die Ministerin die Blockade der restlichen Bundesregierung gegen EU-Sanktionen im Forschungsbereich und in anderen Bereichen? Steht sie dahinter?
Abboud (BMZ)
Meinen Sie die Äußerung von Herrn Wadephul?
Zusatz
Die Äußerung an sich und die Blockadepolitik an sich, über die wir geredet hatten.
Hille (BReg)
Vielleicht darf ich an der Stelle kurz hineingehen, Frau Abboud. ‑ Auch nun versuchen Sie wieder etwas, was ich nicht sauber finde. Wir haben gerade versucht ‑ Herr Giese hat es getan, ich habe es getan ‑, Ihnen deutlich zu machen, dass das nichts mit Blockade zu tun hat. Wir haben ein anderes Verständnis und einen anderen Weg. Aber das hat nichts mit einer Blockade zu tun. Deshalb brauchen Sie an der Stelle nicht weiter zu insistieren.
Vorsitzende Buschow
War noch eine Frage an Frau Abboud offen, oder warum insistieren Sie? Vielleicht wiederholen Sie dann die konkrete Frage an Frau Abboud.
Zusatz
Wenn sich Herr Hille hier einmischt ‑ ‑ ‑
Vorsitzende Buschow
Vielleicht wiederholen Sie die konkrete Frage an Frau Abboud, die noch offen war. Für eine weitere Diskussion haben wir nicht mehr die Zeit.
Zusatzfrage
Wie gesagt, die Diskussion versucht hier Herr Hille zu führen. Ich benutze Vokabular, das die gesamte internationale Presse benutzt, nämlich, dass Deutschland blockiert. Das ist eigentlich klar. Herr Hille, es spielt keine Rolle, was Sie darüber denken.
Frau Abboud, unterstützt die Ministerin die Sanktionsblockadepolitik der Bundesführung gerade auf EU-Ebene, wenn es um Gaza geht, nicht um die Siedler?
Abboud (BMZ)
Ich kann Ihnen jetzt auch nur sagen, was ich bisher weiß, dass der Vorschlag der EU-Kommission zur teilweisen Suspendierung des Horizont-Programms in der Bundesregierung weiter geprüft wird und dazu auch Diskussionen in Brüssel stattfinden. Alles Weitere wird im Laufe der Zeit besprochen.
Giese (AA)
Nur noch einmal der Ordnung halber: Ich habe es ausgeführt und möchte auf das verweisen, was ich gesagt habe. Die Blockadepolitik, die Sie hier herbeireden, gibt es nicht. Es gibt eine Diskussion in Brüssel. Dabei gibt es unterschiedliche Positionen. Deutschland ist an keiner Stelle der Blockierer.
Treffen der Mitgliedsstaaten der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit in China
Frage
Ich habe eine Frage zu dem Treffen in China, das stattfindet. Dort ist ja ein demonstrativer Schulterschluss zu sehen. Mir fällt zum Beispiel das Bild von Putin und Modi, die Händchen halten, ein. Mich würde einmal interessieren, wie das vom AA bewertet wird.
Giese (AA)
Das ist ein Gipfeltreffen, an dem Deutschland nicht teilgenommen hat. Wir bewerten das nicht.
Zusatzfrage
Der Außenminister wird ja morgen auch nach Indien reisen. Können Sie vor diesem Hintergrund etwas dazu sagen?
Giese (AA)
Die Reise steht in keinem Zusammenhang mit dem Treffen der Shanghai Cooperation Organisation. Darüber hinaus hat sich Kathrin Deschauer hier am Freitag ausführlich zu der Reise nach Indien geäußert, und darauf würde ich gerne verweisen.