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Erklärungen des Auswärtigen Amts in der Regierungspressekonferenz vom 18.08.2025
- Russischer Angriffskrieg gegen die Ukraine
- Situation afghanischer Flüchtlinge in Pakistan in Zusammenhang mit einem Bundesaufnahmeprogramm
- Erklärung der Stiftung Erinnerung, Verantwortung und Zukunft zur unerwünschten Organisation seitens Russlands
- Kritik der chinesischen Regierung am Bundesaußenminister
- Ankündigung eines 19. Sanktionspakets der EU gegen Russland
Russischer Angriffskrieg gegen die Ukraine
Frage
Herr Meyer, Sie selbst haben jetzt schon zweimal den Fokus auf die Sicherheitsgarantien gelenkt, auch in Ihren Statements. Könnten Sie das ausführen? Welche Art von Sicherheitsgarantien schwebt Ihnen vor? Was kann die Bundesregierung vielleicht auch selbst leisten, um solche Sicherheitsgarantien zu geben?
Meyer (BReg)
Danke, dass Sie dazu nachfragen! Denn ich will noch einmal sagen, warum diese Sicherheitsgarantien so wichtig sind. Das Ziel ist ein langfristiger und nachhaltiger Friede. Denn es darf nicht sozusagen zu einer Atempause oder einem Status quo, einem Stillstand kommen, der in wenigen Monaten oder Jahren ‑ auch das haben wir in der Vergangenheit durchaus erlebt ‑, wieder infrage gestellt wird. Das darf nicht passieren. Deshalb braucht die Ukraine robuste Sicherheitsgarantien.
Die Frage der konkreten Ausgestaltung, ist extrem komplex. Dabei gibt es nicht nur eine Reihe politischer Fragen, sondern auch eine Reihe technischer Fragen, die sehr konkret besprochen werden müssen. Wir haben auch Signale aus den USA gesehen, wonach es möglicherweise auch Zugeständnisse oder Zusagen der Amerikaner gab. Das muss in den Gesprächen heute natürlich erst einmal konkretisiert und auch verifiziert werden. Das sind die Dinge, die für uns heute besonders wichtig sind.
Zusatzfrage
Eine konkrete Sicherheitsgarantie bei vielen Konflikten ist, dass man auch eigene Soldaten auf dem Territorium stationiert, damit eben signalisiert wird: Sollte dieses Land angegriffen werden, dann würden auch unsere Soldaten betroffen sein. ‑ Werden solche Überlegungen in der Bundesregierung und vielleicht auch im Verteidigungsministerium derzeit angestellt?
Gibt es überhaupt die Fähigkeiten dazu? Wäre es also möglich, Bundeswehrsoldaten beispielsweise in die Ukraine zu schicken?
Meyer (BReg)
Ich würde dabei bleiben, dass es wirklich um robuste Sicherheitsgarantien geht, auf die sich die Ukraine verlassen kann und die die Ukraine fortlaufend einfordert. Wie diese im Einzelnen aussehen können, das sind hochkomplexe Fragen, die wir, denke ich, nicht hier von der Bühne in der Bundespressekonferenz mit einem Federstrich oder mit einer schnellen Ansage konkretisieren können, sondern das bedarf wirklich intensiver und ausführlicher Abstimmung, insbesondere auch mit den Amerikanern. Diesen Gesprächen möchte ich nicht vorgreifen. Ich bin mir sicher, dass es im Nachgang der heutigen Gespräche möglicherweise das ein oder andere Signal auch dazu geben wird.
Frage
In der Nacht gab es relativ schwere Angriffe von russischer Seite. Wie bewerten Sie die Verhandlungsbereitschaft Russlands überhaupt?
Meyer (BReg)
Der Bundeskanzler hat schon nach dem Treffen in Alaska davon gesprochen, dass es eine besondere Respektlosigkeit darstellt, dass die Russen, während Verhandlungen laufen, erneut schwere Angriffe fahren und weiterhin jeden Tag die Ukraine mit Angriffen übersäen, bei denen Menschen getötet werden. Ich denke, das Wort Respektlosigkeit, mit dem es der Bundeskanzler beschrieben hat, ist wirklich das treffende Wort dafür.
Zusatzfrage
Ich will bezüglich der Sicherheitsgarantien nachhaken. Wie lange würde es ungefähr dauern, etwas Schriftliches zu vereinbaren, das dann von allen Seiten unterschrieben werden kann?
Meyer (BReg)
Ich weiß, dass wir in der Debatte möglicherweise das Gefühl haben, wir stünden schon kurz vor dem ultimativen Durchbruch. Aber ich will wirklich noch einmal sagen, dass die Frage der Sicherheitsgarantien hochkomplex ist und sehr viel Abstimmung erfordern wird. Heute geht es einerseits darum, zu verstehen, was genau auf dem Gipfel in Alaska zwischen der US- und der russischen Seite zu diesem Thema besprochen wurde. Andererseits wird es heute sicherlich auch darum gehen, Sicherheitsgarantien wirklich zu einer Grundlage jedweder Friedensentwicklung und auch von Friedensgesprächen zu machen. Die konkreten Details, die konkrete Ausgestaltung sehen wir eher in einem wirklich längeren und komplexen Prozess.
Frage
Herr Meyer, am Freitag gab es das Trump-Putin-Treffen. Herr Selenskyj war hier. Auch nach dem Treffen zwischen Trump und Putin gab es noch ein virtuelles Treffen mit Herrn Trump. Was hat die Bundesregierung als Erkenntnis und als Signal aus diesem Gipfeltreffen mitgenommen?
Meyer (BReg)
Der Bundeskanzler hat grundsätzlich begrüßt, dass es jetzt Gespräche gibt. Ich erinnere mich daran, dass wir vor einer Woche hier sehr deutlich auch über die Sorge gesprochen haben, dass in Alaska möglicherweise ein Friedensschluss oder ein Deal über die Köpfe der Ukrainer hinweg gemacht werde. Das ist offensichtlich nicht der Fall gewesen. Es ist natürlich eine klare Botschaft, die die Amerikaner im Nachgang gesendet haben, dass weitere Gespräche auch mit der Ukraine erfolgen müssen. Das war immer unsere Position; das haben wir immer eingefordert. Das ist eines der Dinge, die wir aus diesem Gipfel für uns herausgezogen haben.
Zusatz
Sicherheitsgarantien sind eine komplexe Sache; das ist verständlich. Aber es gibt doch bestimmt schon eine konkretere Vorstellung davon, was die Bundesregierung für besonders effektiv hält, um die Ukraine vor allem dann, wenn es zu einem Abschluss der Friedensverhandlungen gekommen sein wird, effektiv vor einem weiteren Angriff zu schützen.
Meyer (BReg)
Es ist auf jeden Fall klar, dass die Ukraine jederzeit in der Lage sein muss, sich auch in Zukunft selbst zu verteidigen. Auch das haben wir in verschiedenen Statements auch gemeinsam mit den Europäern deutlich gemacht. Dazu gehört natürlich auch, dass nicht von außen und insbesondere nicht von Russland irgendwelche Beschränkungen oder andere Dinge quasi vorgegeben werden. Das ist ein Beispiel für das, was heute sicherlich zur Sprache kommen wird.
Frage
Herr Meyer, Sie haben betont, dass es Friedrich Merz wichtig sei, die Geschlossenheit der Europäer aufzuzeigen. Wir alle wissen, dass das Thema der Sicherheitsgarantien seit einem Jahr immer wieder diskutiert wird und dass von den einzelnen Staaten auch diverse Vorschläge kommen, auch von den engen Verbündeten Großbritannien und Frankreich, unter anderem eben auch der Vorschlag der Entsendung von Soldaten. Sie sagen jetzt, das sei ein längerer Prozess. Können Sie sagen, wie der Widerspruch aufzulösen ist, einerseits geschlossen als Europäer auftreten zu wollen und andererseits nach einer so langen Zeit offensichtlich noch keinen in einen Satz fassbaren Marschplan formulieren zu können?
Meyer (BReg)
Ich nehme die Europäer in der Frage, dass Sicherheitsgarantien eine Basis für einen gerechten und nachhaltigen Frieden sein müssen, als komplett geschlossen war. Das war immer Teil unserer Zielsetzung und unserer Kommunikation und bleibt natürlich auch für die Gespräche heute und möglicherweise auch in Zukunft so.
Frage
Meine Frage richtet sich an das BMVg. Der Außenminister hat gesagt, ein Einsatz deutscher Truppen in der Ukraine würde die Bundeswehr voraussichtlich überfordern. Teilen Sie diese Einschätzung?
Jenning (BMVg)
Zunächst einmal wissen Sie, dass ich die Aussagen anderer Minister und überhaupt Dritter von dieser Stelle aus nicht kommentiere. Ansonsten kann ich mich nur gänzlich hinter das stellen, was der Regierungssprecher eben gesagt hat. Auch mir steht es natürlich nicht zu, von dieser Position aus den Gesprächen, die jetzt geführt werden, vorzugreifen. Fest steht ‑ das wissen Sie ‑, dass wir als Haus immer hinter der Ukraine stehen und natürlich fortlaufend in Gesprächen sind. Auch wir werden natürlich intern prüfen, was möglich ist oder möglich wäre. Aber wenn Sie mich fragen, ob ich von dieser Stelle aus jetzt schon irgendwie inhaltlich weitergehen kann, dann muss ich Sie enttäuschen. Vor allen Dingen möchte ich solche Was-wäre-wenn-Spekulationen von dieser Stelle aus tatsächlich nicht anstellen. Daher kann und will ich mich zu der Frage, ob und gegebenenfalls wie das möglich ist, nicht äußern, bevor überhaupt klar ist, dass diese Sicherheitsgarantie gegriffen wird.
Zusatzfrage
Sie haben von internen Überlegungen gesprochen. Können Sie etwas konkretisieren, worum es dabei geht?
Jenning (BMVg)
Das bezieht sich auf genau den Austausch, über den wir jetzt gesprochen haben. Natürlich ist es nicht so, dass wir mit unseren Partnern in diesem Austausch stehen, sondern natürlich regierungsintern, und dazu kann ich nichts weiter sagen.
Frage
Mit wem konkret wurde im Nachgang der Ereignisse vom Wochenende gesprochen? Für wen nimmt Friedrich Merz jetzt sozusagen Positionen mit? Vielleicht können Sie uns das noch ein bisschen erläutern. Sind das die EU27 plus x? Was sind die Botschaften von wem, die er mitnimmt?
Meyer (BReg)
Was der Bundeskanzler vorträgt, ist zunächst einmal natürlich die Position der deutschen Bundesregierung. Aber wenn Sie fragen, welche Gespräche im Nachgang stattgefunden haben, dann kann ich schon sagen, dass es im Kreis der europäischen Staatschefs natürlich weitere Gespräche gab, auch zur Vorbereitung, und sicherlich auch eine Abstimmung in der Frage, wie man jetzt gemeinsam in Washington auftritt. Auch das Kabinett wurde auf der Strecke darüber unterrichtet. Es gab einen kurzen Austausch der unterschiedlichen Positionen. Ohne Geheimnisse zu verraten, kann ich sagen, dass die Position des Bundeskanzlers dabei sehr stark unterstützt wurde und auch sein persönliches Engagement in den Tagen davor für eine abgestimmte europäische Position von den Kolleginnen und Kollegen wirklich sehr wertgeschätzt wurde. Auch im Kreise der sogenannten Koalition der Willigen, also derjenigen, die die Ukraine auch aktiv unterstützen, hat es einen Austausch gegeben. Wir sehen gerade wirklich Diplomatie in Höchstgeschwindigkeit.
Zusatzfrage
Hat der Kanzler oder hat die Bundesregierung an der Stelle zur Abstimmung auch mit Viktor Orbán und Ungarn sowie mit Robert Fico Kontakt aufgenommen? Vielleicht kann das Auswärtige Amt diese Frage beantworten.
Meyer (BReg)
Mir sind keine bilateralen Gespräche bekannt. Die Kreise, in denen gesprochen wurde, habe ich gerade genannt. Alles Weitere müsste man davon ableiten.
Zusatz
Vielleicht kann das Auswärtige Amt das tatsächlich für die beiden Fällen konkret beantworten, sollte es selbst dort Kontakte …
Hinterseher (AA)
Ich kann Ihnen von keinen konkreten Gesprächen im Nachgang des Treffens, das ja erst vergangene Woche stattgefunden hat, berichten. Allerdings sind wir auf Ebene der EU natürlich in ständigem und engem Austausch mit den europäischen Partnern und thematisieren dort auch Fragen, in denen wir nicht auf einer Linie liegen.
Frage
Meine Frage geht an Herrn Meyer und vielleicht auch Frau Laiadhi. Wäre die Regierung grundsätzlich dazu bereit, die eingefrorenen russischen Vermögenswerte zu mobilisieren, also die Zinserträge über die aktuelle Regelung hinaus zu verwenden?
Meyer (BReg)
Wir haben schon in der Vergangenheit immer wieder gesagt, dass das natürlich grundsätzlich vorstellbar ist, dass aber eine Reihe von rechtlichen Fragestellungen, aber auch Folgeabschätzungen nach wie vor offen ist. Das bleibt unsere Position.
Situation afghanischer Flüchtlinge in Pakistan in Zusammenhang mit einem Bundesaufnahmeprogramm
Frage
Ich will das Auswärtige Amt und das Innenministerium zu einem Thema fragen, das wir schon in der vergangenen Woche hatten, nämlich zur Situation der Afghanen mit deutscher Aufnahmezusage in Pakistan bzw. nicht mehr zwingend in Pakistan, weil wohl inzwischen schon Hunderte Menschen aus Pakistan nach Afghanistan abgeschoben wurden.
Deswegen meine Frage an das Auswärtige Amt: Was konkret wissen Sie darüber, wie viele derjenigen, die eine deutsche Aufnahmezusage haben, schon in Afghanistan sind? Was tun Sie konkret?
An das BMI die Frage: In der vergangenen Woche hieß, es werde zeitnah eine Entscheidung darüber getroffen, wie man mit den Menschen aus den Aufnahmeprogrammen endgültig umgehen werde. Ist diese Entscheidung inzwischen gefallen?
Hinterseher (AA)
Das gibt mir die Möglichkeit, darauf hinzuweisen, dass wir die Situation afghanischer Staatsangehöriger in Pakistan schon seit längerer Zeit, seit Herbst 2023, als grundlegend verschlechtert ansehen. Seit Anfang April dieses Jahres hat sich die Situation weiter verschärft. Das liegt auch darin begründet, dass die Zahl der Ausweisungen zugenommen hat. Die Berichte über diese Abschiebungen haben uns natürlich schon seit Längerem beschäftigt. Seit vergangener Woche kamen vermehrte Festnahmen in Abschiebelagern und darüber hinaus auch bereits Abschiebungen, die nach Afghanistan vorgenommen wurden, hinzu.
Wir sind als Botschaft vor Ort, aber auch durch das Auswärtige Amt hochrangig mit der pakistanischen Seite in Kontakt, um dort Kontakt aufzunehmen und uns für die Afghaninnen und Afghanen, die in ihrem Heimatland gefährdet sind, einzusetzen. Über das Wochenende ist es so gelungen, 245 festgenommene Personen aus den Abschiebelagern in Pakistan wieder freizulassen. Das ist nicht zu verwechseln mit den Personen, die abgeschoben wurden. 211 Personen sind nach unserem Kenntnisstand aktuell nach Afghanistan abgeschoben. Dort ist ein Dienstleister mit diesen Personen in Kontakt und hat eine Unterbringung in Afghanistan organisiert. Aber wir sind mit der pakistanischen Seite natürlich weiterhin im Gespräch, um auch den bereits Abgeschobenen die Wiedereinreise nach Pakistan im Rahmen der aufenthaltsrechtlichen Bestimmungen zu ermöglichen.
Harmsen (BMI)
Ich kann zu Ihrer zweiten Frage ergänzen, dass sich Bundesinnenminister Alexander Dobrindt am Donnerstagnachmittag öffentlich zu dem Thema geäußert hat. Demnach findet derzeit eine Einzelprüfung für jede Person statt, die sich in den Aufnahmeprogrammen aus der vergangenen Wahlperiode befindet. Dabei geht es zunächst um die Frage, ob es im Einzelfall eine rechtsverbindliche Aufnahmezusage für die Bundesrepublik Deutschland gibt. Wenn dies der Fall ist, dann durchlaufen die Personen das Aufnahmeverfahren und die Sicherheitsüberprüfung. Danach können Personen im Einzelfall aufgenommen werden. In den Fällen, in denen keine rechtsverbindliche Aufnahmezusage besteht oder die Sicherheitsüberprüfung negativ verläuft, wird eine Aufnahme nicht stattfinden.
Zusatzfrage
Von diesen Einzelfallprüfungen ist noch kein einziger Fall abgeschlossen, richtig?
Harmsen (BMI)
Wir sind auch mit Kräften des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vor Ort dabei, genau diese Einzelfallprüfungen durchzuführen. Ich kann Ihnen jetzt keinen Zwischenstand mitteilen.
Frage
Der Zeitraum ist zumindest von Pakistan recht klar markiert, bis zum 31. August. Wie gedenken Sie dem Rechnung zu tragen?
Harmsen (BMI)
Vielleicht kann ich noch einmal sagen, dass für uns Sicherheit natürlich die oberste Priorität hat. Wir werden die Überprüfungen, die dort laufen, sehr gründlich und auch in jedem Einzelfall durchführen.
Im Übrigen haben Herr Hinterseher eben und auch Bundesinnenminister Alexander Dobrindt vergangene Woche ausgeführt, dass wir mit der pakistanischen Regierung in Verbindung stehen und sie darauf hinweisen, dass sich die Personen, von denen wir sprechen, in deutschen Aufnahmeprogrammen befinden, die derzeit geprüft werden.
Zusatz
Aber bei einigen wurden diese Sicherheitsprüfungen ja bereits durchgeführt.
Harmsen (BMI)
Zu einem Teil wurden sie bereits durchgeführt; das ist richtig. Aber der überwiegende Teil der Personen, die sich in Pakistan aufhalten, hat noch nicht alle Prüfschritte, also Aufnahmeverfahren und Sicherheitsüberprüfung, durchlaufen.
Zusatzfrage
Bedeutet das, dass Sie jetzt, wenn Sie dem gerecht werden wollen, noch mehr Mitarbeitende nach Pakistan schicken als von Minister Dobrindt angekündigt?
Harmsen (BMI)
Derzeit befinden sich Mitarbeitende des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge dort. Wir prüfen fortlaufend, ob wir weitere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Bundesbehörden zeitnah dorthin schicken.
Frage
Herr Hinterseher, bitte korrigieren Sie mich, wenn ich die Zahlen jetzt falsch wiedergebe. Sie haben von 245 Festgenommenen gesprochen, die wieder freigelassen wurden, und 211, die abgeschoben wurden. Sind denn jetzt alle, die festgenommen wurden, wieder freigelassen worden?
Welche Art von Zusagen haben Sie seitens Pakistans? Die Gespräche mit der pakistanischen Regierung hat das Auswärtige Amt in den vergangenen Monaten hier ja immer wieder betont. Gibt es jetzt die Zusage, dass es keine Razzien oder dergleichen mehr geben wird?
Hinterseher (AA)
Wie ich gerade dargelegt habe, sind wir mit der Botschaft, aber auch als Bundesregierung mit der pakistanischen Seite hochrangig im Gespräch, um genau diese Fragen zu klären.
Was die Frage nach der Zahl insgesamt angeht, ist das die Zahl, die mir aktuell vorliegt. Sollten sich Neuerungen oder dergleichen ergeben, würden wir das nachliefern. Aber das ist meines Wissens die Grundgesamtheit.
Zusatzfrage
Meine Frage geht an das Auswärtige Amt, möglicherweise aber auch an das Entwicklungsministerium. Viele der Gästehäuser, aber auch die Menschen wurden von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der GIZ betreut, wenn ich richtig informiert bin. Können Sie die Rolle der GIZ in der aktuellen Situation schildern?
Ist es richtig ist, dass die Finanzierung nur noch bis zum September garantiert ist, oder ist das eine Falschinformation, die kursiert?
Vorsitzender Szent-Iványi
Das BMZ ist krankheitsbedingt nicht hier im Saal, hört aber zu. Sollte es Fragen ans BMZ geben, könnte die Pressestelle im Zweifel noch per E-Mail zuliefern.
Hinterseher (AA)
Zur finanziellen Ausstattung kann ich Ihnen hier keine Angaben machen. Diese Informationen liegen mir aktuell nicht vor. Aber falls es dazu etwas nachzuliefern geben sollte, auch in Rücksprache mit dem BMZ, würden wir das tun.
Zu Ihrer ersten Frage: Es geht um die Dienstleister, an die sich die betroffenen Familien auch bei der Visumsvergabe und bei dem Prozess, der vor Ort durchlaufen wird, wenden können. Die Botschaft hat auch einen Notfallmechanismus etabliert, der in der Vergangenheit sehr gut funktionierte. Allerdings war er am Wochenende angesichts der großen Zahl zu stark strapaziert. Deswegen wurde das alles im Nachgang mit den pakistanischen Stellen aufgearbeitet. Die Personen, die zu dem Zeitpunkt noch in Pakistan waren, konnten aus den Abschiebelagern zurückgeführt werden.
Wie ich vorher schon sagte, sind wir bezüglich der Personen, die bereits in Afghanistan sind, und ihrer Zukunft mit der pakistanischen Seite hochrangig im Gespräch, um das schnellstmöglich zu klären.
Vorsitzender Szent-Iványi
Reicht Ihnen das erst einmal, Herr Eckstein, zur Rolle der GIZ?
Zusatz
Wenn das BMZ noch etwas nachreichen kann, dann sehr gern.
Hinterseher (AA)
Ich muss vielleicht noch eine Sache dazusagen. Die Zahlen, die ich jetzt zitiert habe, entwickeln sich sehr dynamisch. Deswegen kann es immer nur eine Momentaufnahme sein.
Frage
Heißt das, dass es gemäß Ihrer Information, nachdem die Menschen aus den Abschiebelagern zurückgeführt werden konnten, jetzt keine mehr in den Abschiebelagern gibt?
Hinterseher (AA)
Es ist so, wie ich gerade ausgeführt habe. Weil die Situation aber eben dynamisch ist und sich die Zahlen entwickeln, würde ich allerdings gern versuchen, falls es dazu eine genauere Einordnung oder Einschätzung gibt, diese vielleicht auch noch im Laufe der Sitzung nachzureichen.
Frage
Bei den 211 Menschen, die nach Afghanistan abgeschoben wurden, handelt es sich um Menschen, von denen zumindest in der ersten Prüfung im Rahmen der Aufnahmeprogramme gesagt wurde, sie seien von den Taliban gefährdet. Deutschland hilft ihnen bei der Flucht und garantiert ihnen auch den Schutz.
Welche Sorgen hat die Bundesregierung bezüglich der Sicherheit dieser Menschen jetzt? Darauf kann vielleicht Herr Meyer oder das Auswärtige Amt antworten.
Hinterseher (AA)
Wir haben schon darauf hingewiesen, dass es dabei um gefährdete Personen in Afghanistan ging. Zugleich kennen Sie die im Koalitionsvertrag vereinbarte Passage, dass die Bundesausreiseprogramme beendet werden. Natürlich versuchen wir ‑ dazu hat sich auch der Minister geäußert ‑, bei Personen, die eine rechtsverbindliche Zusage haben, diese, soweit möglich, umzusetzen.
Zusatzfrage
Gibt es jetzt nur Gespräche mit Pakistan, oder über Umwege auch mit den Taliban, um die Sicherheit dieser Menschen zu garantieren?
Hinterseher (AA)
Ich kann Ihnen heute nichts weiter aus Gesprächen berichten.
Frage
Herr Harmsen, ich vermute, die Zahlen werden Sie teilweise nachliefern müssen. Seit wann genau wird die Rechtsverbindlichkeit der Aufnahmezusage geprüft, mit wie viel Personalaufwand und für wie viele Fälle? Wie viel davon ist bislang abgeschlossen und mit welchem Ergebnis? Es wäre super, wenn Sie uns allen das beispielsweise per Mail nachreichen könnten.
Sie sagten, für den Minister habe Sicherheit oberste Priorität. Wessen Sicherheit?
Harmsen (BMI)
Bezüglich der Zahlen, die Sie angefragt haben, liegt mir, wie ich eben schon gesagt habe, kein Zwischenstand vor. Sollte es ihn geben, würde ich ihn gern nachreichen.
Meine Aussage bezog sich natürlich auf die Sicherheitsüberprüfung der Afghaninnen und Afghanen, die sich in den Aufnahmeprüfungen befinden. Das heißt, wir werden in Deutschland niemanden aufnehmen, von dem potenziell eine Sicherheitsgefahr ausgeht. Insofern nehmen diese Sicherheitsüberprüfung wie auch die anderen Prüfschritte im Aufnahmeverfahren große Priorität ein.
Frage
Diese Sicherheitsüberprüfungen wurden vor etlichen Monaten hier bereits ausführlich thematisiert. So wie ich es damals verstanden habe, gab es diese Sicherheitsüberprüfungen doch in allen Fällen. Handelt es sich jetzt um neue Sicherheitsüberprüfungen? Sind es wiederholte Sicherheitsüberprüfungen? Ist es das gleiche Verfahren, oder gab es Anpassungen? Was genau wird bei den Menschen, die alle dieses mehrstufige Verfahren ja schon durchlaufen haben, geprüft?
Harmsen (BMI)
Im Detail kann ich mich eher nicht dazu äußern ‑ das hatten wir hier auch schon ‑, weil es eben Maßnahmen der Sicherheitsbehörden sind.
Fakt ist, dass es eine Sicherheitsüberprüfung für jeden einzelnen Menschen dort gibt. Diese Sicherheitsüberprüfungen von Personen, die sich in Pakistan aufhalten, die es schon vorher gab, sind in den allermeisten Fällen noch nicht abgeschlossen und werden jetzt fortgeführt. Teil der Einzelfallprüfung, die wir machen, ist, ob es zusätzlich zu dem, was bisher geplant war, weitere Überprüfungen geben muss. Aber auch da ist noch nichts abschließend entschieden.
Aber, um das noch einmal zu sagen: Die Sicherheitsüberprüfungen, die wir schon durchgeführt haben, werden für den Großteil der Menschen dort fortgesetzt werden müssen, weil sie sie noch nicht oder noch nicht vollständig durchlaufen haben.
[…]
Vorsitzender Szent-Iványi
Herr Hinterseher hat schon eine Antwort zu dem Thema.
Hinterseher (AA)
Sie hatten gefragt, ob uns die Gesamtzahl bekannt ist. ‑ Das sind rund 450 Verhaftungen aus dem Ausreiseprogramm. Diese zwei Zahlen zusammengenommen, die ich hier vorhin vorgetragen habe, ergeben das in etwa. Das ist also der Stand, den ich Ihnen jetzt sagen kann: Insgesamt sind es rund 450 Festgenommene.
[…]
Frage
Ich habe noch eine Frage zu Thema Afghanistan. Es ist nun vier Jahre her, dass die Soldaten der Bundeswehr dort waren, und auch NATO und Amerikaner haben sich aus Afghanistan zurückgezogen. Das Talibanregime ist von einigen Ländern anerkannt, vor allem von Russland und China. Wann wird eigentlich ... (akustisch unverständlich)? Sehen Sie in Berlin nicht auch, dass das Talibanregime zu mehr Menschenrechtsverletzungen geführt hat, besonders zu einer Verschlechterung von Frauenrechten? Die Bundesregierung ist dafür auch mitverantwortlich, weil sie durch ihren Boykott des Talibanregimes keinen Dialog mit den Taliban führt.
Hinterseher (AA)
Ich würde die Möglichkeit nutzen, darauf zu antworten.
Sie wissen, die Bundesregierung erkennt die De-facto-Regierung der Taliban nicht an. Grundsätzlich ist es so, dass wir Staaten, nicht Regierungen, anerkennen. Wir wissen, dass die Taliban systematisch ein grausames Regime in Afghanistan errichtet haben. Sie haben dazu vielleicht in der letzten Woche auch eine Äußerung des Ministers gesehen, anlässlich humanitärer Hilfe, die dort geleistet wird, aber eben auch im Zusammenhang mit dem Regime der Taliban.
Es gibt, wie Sie schon dargelegt haben, Gespräche auf technischer Ebene. Aber das ist aus unserer Sicht keine politische Legitimierung. Wir formulieren konkrete Erwartungen an die Taliban. Wir versuchen natürlich, den Menschen in Afghanistan, vor allem eben Mädchen und Frauen, mit humanitärer Hilfe, die de facto regierungsfern, also fern der Taliban, geleistet wird, zur Seite zu stehen und sie zu unterstützen. Wir versuchen auch, uns in verschiedenen Foren für die Einhaltung von Frauen- und Menschenrechten in Afghanistan stark zu machen. Unser grundsätzlicher Ansatz gilt, dass die Taliban sich an ihren Taten zu messen lassen haben.
Erklärung der Stiftung Erinnerung, Verantwortung und Zukunft zur unerwünschten Organisation seitens Russlands
Frage
Meine Frage richtet sich an die Bundesregierung und vielleicht auch an das Auswärtige Amt. Russland hat die deutsche Stiftung Erinnerung, Verantwortung und Zukunft als unerwünscht eingestuft. Ich hätte gerne eine Reaktion.
Meyer (BReg)
Der Vorgang ist mir im Moment nicht bekannt. Dazu müsste ich mich schlau machen und gegebenenfalls etwas nachliefern.
Zusatzfrage
Ich kann zum Hintergrund sagen, dass es eine Stiftung ist, die nach dem Zweiten Weltkrieg sehr zur Aufarbeitung beigetragen hat, und es ihr darum geht, ein gutes deutsch-russisches Verhältnis aufrechtzuerhalten. ‑ Sie nicken, Herr Hinterseher. Vielleicht können Sie etwas dazu sagen.
Hinterseher (AA)
Wir würden uns das gleich anschauen.
Grundsätzlich kann ich das natürlich einordnen: Wir beobachten schon seit Jahren mit äußerster Besorgnis, dass die Repression in Russland in diesem Bereich immer weiter zunimmt und dass gerade unter Agentengesetzen und dergleichen verschiedene Organisationen und Institutionen verboten wurden.
Aber ich würde gleich konkret etwas nachreichen, sofern die Kolleginnen und Kollegen dazu etwas haben.
[…]
Vorsitzender Szent-Iványi
Dann hat Herr Hinterseher noch eine Antwort bezüglich der Stiftung in Russland.
Hinterseher (AA)
Korrekt! Wir haben das mit großem Bedauern zur Kenntnis genommen. Wir verurteilen aber auch, dass die Stiftung Erinnerung, Verantwortung und Zukunft, wie in der Vergangenheit auch schon andere Organisationen, wie ich davor schon ausgeführt hatte, durch Russland zur unerwünschten Organisation erklärt wurde. Die Stiftung leistet sehr wichtige Arbeit. Die Stiftung Erinnerung, Verantwortung und Zukunft hat den gesetzlichen Auftrag, die Erinnerung an das Unrecht des Nationalsozialismus lebendig zu halten. Ein wesentliches Element dieses Auftrags ist, die Verantwortung für das Unrecht der Nationalsozialisten auch im Hier und Heute anzunehmen und das Gedenken in Zukunft aktiv zu gestalten. Dazu gehört insbesondere auch die internationale Zusammenarbeit in den humanitären, sozialen, kulturellen und künstlerischen Bereichen. Insofern ist es absolut bedauernswert, dass diese Stiftung in Russland nicht mehr tätig sein kann.
Frage
Herr Hinterseher, wenn ich es richtig in Erinnerung habe, hat die Stiftung unter anderem den Auftrag, Gelder an ehemalige NS-Zwangsarbeiter etc. auszuzahlen. Dazu würde uns alle, die zu dem Thema arbeiten, meine ich, noch interessieren, wie viele Betroffene es geben könnte und ob diese Auszahlungsmechanismen trotz dieses Status weiterlaufen können.
Hinterseher (AA)
Ich kann Ihnen aus dem Stand nicht beantworten, inwiefern diese Mechanismen davon betroffen oder kompromittiert sind. Aber das würde ich nachliefern, wenn es dazu etwas nachzuliefern gibt.
Kritik der chinesischen Regierung am Bundesaußenminister
Frage
Meine Frage richtet sich an Herrn Hinterseher vom AA. Die chinesische Regierung hat Bundesaußenminister Wadephul scharf kritisiert und ihm vorgeworfen, regionale Spannungen in Asien anzuheizen. Das bezieht sich unter anderem auf die Worte des Außenministers, China sei zunehmend aggressiv aufgetreten. Wie kontern Sie das? Wie antworten Sie? Wie ordnen Sie es ein?
Hinterseher (AA)
Ich würde das zurückweisen, denn der Außenminister hat sich heute sehr ausführlich auch zur Rolle Chinas eingelassen. Ich würde auch auf die zur Stunde laufende Reise verweisen, in der es verschiedene Aussagen gibt.
Hinsichtlich der Rolle Chinas vielleicht noch einmal zur Einordnung: Natürlich ist China ein wichtiger Spieler im Indopazifikraum. Der Außenminister hat sich vor seiner Abreise dazu geäußert. Die systemische Rivalität, die dort thematisiert wurde, stellt uns ganz klar vor Herausforderungen. Denken Sie etwa an unfaire Handelspraktiken oder Chinas Unterstützung für Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine. Ansonsten gilt hier natürlich, was wir zu diesen Themen grundsätzlich zu sagen haben. Was dieses Thematisieren der chinesischen Rolle im Rahmen dieses Besuchs angeht, würde ich weder den Gesprächen vorweggreifen wollen noch Weiteres aus vertraulichen Gesprächen zitieren.
Ankündigung eines 19. Sanktionspakets der EU gegen Russland
Frage
Herr Hinterseher, Kommissionspräsidentin von der Leyen hat angekündigt, dass im September das 19. Sanktionspaket gegen Russland beschlossen werden soll. Können Sie einmal umreißen, welchen Beitrag Deutschland zu diesem Sanktionspaket leistet und welche Schwerpunkte bei der Sanktionierung gelegt werden?
Hinterseher (AA)
Ich denke, dass bei der Aushandlung eines Sanktionspakets auf europäischer Ebene grundsätzlich alle Mitgliedstaaten gefordert sind. Dabei würde ich es auch belassen. Das wird zunächst einmal auf den verschiedenen Ebenen diskutiert und dann indossiert, wenn eine Einstimmigkeit vorliegt.