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Erklärungen des Auswärtigen Amts in der Regierungspressekonferenz vom 30.06.2025
Produktion von Rüstungsgütern in der Ukraine
Frage
Ich habe eine Frage zu dem etwas größeren Plan, dass jetzt in der Ukraine auch Rüstungsfabriken gebaut und Rüstungsgüter produziert werden sollen. Ein Argument war, dass die Bürokratie in Westeuropa zu groß dafür und es in der Ukraine einfacher sei. Ist das wirklich so? Heißt das, dass die Bürokratie in der EU für die Produktion schlimmer ist als ein russischer Angriffskrieg?
Giese (AA)
Ich kann die Prämisse dieser Frage nicht unbedingt nachvollziehen. Die Ukraine braucht Rüstungsmittel, um sich verteidigen zu können. Diese können in der EU oder in der Ukraine hergestellt werden. Man wird in jedem einzelnen Fall entscheiden müssen, wo das sinnvoller ist. Klar ist: Dieser Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine tobt in der Ukraine. Deswegen ist es mit Sicherheit auch sinnvoll, dort Waffen herzustellen.
Über die Frage der Bürokratie und Weiteres will ich mich nicht äußern. Ich glaube, das spielt in diesen Entscheidungen keine große Rolle.
Kornelius (BReg)
Wichtig ist der Hinweis, dass es sich um eine privatwirtschaftliche und keine staatliche Investition handelt.
Harms (BMVg)
Ich kann noch ergänzen, dass ein rationaler Grund dieser Entscheidung ist, dass die Ukraine freie Kapazitäten in ihrer Rüstungsindustrie hat, die sie nicht ausnutzt. Die Ukraine weiß selbst am besten, was sie braucht. Ich glaube, das ist wirklich ein guter Weg, dass wir sagen: Wir finanzieren Rüstungsprojekte, die dann auch durch die Ukraine und die Industrie dort selbst umgesetzt werden.
Frage
Sie sprachen davon, dass die Ukraine freie Kapazitäten zur Produktion von Rüstungsgütern habe. Können Sie das näher ausführen?
Harms (BMVg)
Da werde ich nicht ins Detail gehen. Sie wissen, dass Minister Pistorius erst vor Kurzem in der Ukraine war, sich vor Ort einen Eindruck verschafft, natürlich viele Gespräche geführt und auch entsprechende Betriebe besichtigt hat. Darüber, was die Ukraine dort im Detail rüstet, kann ich hier keine Auskunft geben. Aber es sind freie Kapazitäten da. Wir sind bereit, die Ukraine zu unterstützen, indem wir entsprechende Projekte finanzieren.
Zusatzfrage
Meinen Sie das eher personell ausgerichtet? Hat man Menschen, die in dieser Rüstungsindustrie tätig werden können, oder was meinen Sie?
Harms (BMVg)
Sie meinen, mit Blick auf die freien Kapazitäten?
Zusatz
Ja.
Harms (BMVg)
Sicherlich ist auch das entsprechende Personal, das in diesen Betrieben eingesetzt wird und dort arbeitet, eine Voraussetzung dafür, dass die Betriebe funktionieren.
Frage
Das überrascht mich ein bisschen, weil die Ukraine ja eher Personalmangel hat, weil viele Soldaten an der Front sind und es auch sehr viele Tote und Verletzte gibt. Die Ukraine müsste eigentlich auf Hochtouren Waffen produzieren. Können Sie noch etwas dazu sagen, wieso es da eigentlich freie Kapazitäten gibt?
Harms (BMVg)
Nein. Dafür müssten Sie sich bitte an die Ukraine wenden.
18. Sanktionspaket der EU gegen Russland
Frage
Herr Kornelius und Herr Giese, ich habe eine Frage zum 18. Sanktionspaket, das auf dem letzten EU-Gipfel nicht beschlossen werden konnte. In Brüssel hieß es am Donnerstag, dass man die Hoffnung habe, dass das auf Botschafterebene in dieser Woche beschlossen werden könnte. Ich möchte nachfragen, wie der jetzige Stand ist. Rechnen Sie damit, dass das in dieser Woche kommen kann, oder gibt es neue Zeitpläne?
Kornelius (BReg)
Der Stand von letzter Woche ist, dass das nun auf Botschafterebene gehoben und nach einem Besuch der Kommission in der Slowakei im Laufe der Woche neu betrachtet wird.
Zusatzfrage
„Neu betrachtet“ heißt zugestimmt?
Kornelius (BReg)
Das ist die Hoffnung, um nicht zu sagen: die Erwartung.
Frage
Herr Kornelius, in einer Presseerklärung des Auswärtigen Amtes hieß es heute Morgen, die Unterstützung für die Ukraine sei zurzeit das wichtigste sicherheits- und außenpolitische Thema. Sieht das der Bundeskanzler auch so? In den letzten Wochen haben wir ja auch viel über den Mittleren und Nahen Osten gesprochen. Gibt es auch bei Herrn Merz diese Abwägung ‑ das wäre ja verständlich ‑, dass man sagt, für die Deutschen ist die Ukraine das Thema Nummer eins?
Kornelius (BReg)
Das ist absolut so. Der Krieg in der Ukraine ist der Konflikt, der uns am nächsten liegt, der Europa am meisten in seinen Möglichkeiten bindet und der unsere eigene Friedensordnung am stärksten bedroht. Deswegen hat der Bundeskanzler stets betont, dass der dauerhafte Frieden in der Ukraine unser oberstes Ziel ist, allerdings auch die Friedensbereitschaft aller Parteien voraussetzt.
Wir haben in den vergangenen Tagen wieder eine brutale Angriffswelle gesehen, die sich auf die Ukraine erstreckt hat. Russland hat diese Angriffe trotz aller diplomatischen Bemühungen intensiviert und damit gezeigt, dass es eher dazu bereit ist, diesen Krieg zu eskalieren, als ihn zu deeskalieren und zu verhandeln. Deswegen wird der Bundeskanzler nicht nachlassen, eine politische friedliche Lösung in diesem Konflikt anzustreben und dort auch seine politische Kraft voll einzusetzen.
Bundesaufnahmeprogramme für Menschen aus Afghanistan
Frage
Eine Frage zu den Aufnahmeprogrammen bezüglich Afghanistans, zunächst an das Auswärtige Amt: Uns haben Nachrichten erreicht, dass es Verhaftungen oder Festnahmen von Menschen mit Aufnahmezusagen gegeben haben soll, die in Gästehäusern der GIZ untergebracht sind. Können Sie das bestätigen? Wenn ja, wie viele Menschen sind davon betroffen?
Giese (AA)
Dazu muss ich meine Kolleginnen und Kollegen hinter dem Bildschirm fragen. Wenn ich es noch während der Veranstaltung tun kann, dann reiche ich Ihnen die Antwort hier nach. Ansonsten würde ich es schriftlich tun.
Zusatzfrage
In dem Zusammenhang habe ich noch eine Frage an das BMI. Wie ist der Stand bezüglich der Sicherheitsinterviews? Sind sie für die Menschen, die sie noch nicht geführt haben, wiederaufgenommen worden? Sind schon wieder Vertreter der Sicherheitsbehörden vor Ort, bzw. wann werden sie wieder dorthin geschickt, um diese Interviews fortzuführen?
Bowinkelmann (BMI)
Auch da ist der Stand unverändert. Wie Sie wissen, sind die Aufnahmeprogramme derzeit ausgesetzt und werden geprüft. Dazu zählt auch eine Aussetzung der Sicherheitsinterviews. Die Prüfung läuft.
Zusatzfrage
Also gibt es noch keine Pläne, wieder Mitarbeiter für diese Interviews dorthin zu schicken?
Bowinkelmann (BMI)
Darüber hinaus kann ich Ihnen hier keine Pläne mitteilen, die gegebenenfalls vorliegen.
[…]
Vorsitzende Wefers
Hat sich hinsichtlich des Themas Afghanistan vielleicht irgendwas bei Ihnen bewegt?
Giese (AA)
Sorry, die Afghanistanfrage muss ich schriftlich beantworten. Meine Kollegen müssen das recherchieren.
Mögliche Wiederaufnahme der Tätigkeit der deutschen Botschaft in Teheran
Frage
An das Auswärtige Amt: Vergangene Woche sind die Botschaftsangehörigen aus dem Iran über Turkmenistan und die angrenzenden Länder ausgereist. Sind sie wieder auf dem Weg zurück, oder agieren sie tatsächlich immer noch aus den angrenzenden Ländern?
Giese (AA)
Die Kolleginnen und Kollegen werden sich in naher Zukunft mit einer Rumpfmannschaft wieder zurück in den Iran begeben.
Zusatzfrage
Bedeutet „nahe Zukunft“ nächste Woche, oder ist das in den nächsten Monaten geplant?
Giese (AA)
In naher Zukunft, sodass wir es Ihnen mitteilen werden, wenn es dann geschehen sein wird.
Besuch des Bundesinnenministers in Israel
Frage
Herr Kornelius, Herr Giese, der Bundesinnenminister war ja am Wochenende in Israel und hat unter anderem Herrn Netanjahu und mehrere Mitglieder des Kabinetts getroffen. Ich wüsste gerne, ob diese Reise an sich und die Botschaften, die Herr Dobrindt dabei ausgesandt hat, mit Ihren beiden Häusern, mit dem Kanzleramt und mit dem Auswärtigen Amt, abgesprochen waren, also Botschaften zum Beispiel bezüglich der uneingeschränkten Unterstützung für die Angriffe im Iran mit sehr vielen toten Zivilisten.
Kornelius (BReg)
Die Reisen sind grundsätzlich abgestimmt, ja.
Giese (AA)
Das Gleiche gilt für das Auswärtige Amt.
Zusatzfrage
Wie kommt es denn bei Ihnen an, dass Herr Dobrindt zum Beispiel mit keinem Wort die schwierige Situation im Gazastreifen erwähnt hat, wo Israel den Zugang zu humanitärer Hilfe verwehrt und hinsichtlich dessen es inzwischen viele Berichte über Schüsse auf Hilfesuchende an den Verteilzentren gibt?
Kornelius (BReg)
Die Position der Bundesregierung zu Gaza ist hinlänglich bekannt. Der Bundeskanzler hat mehr als einmal auf die Dringlichkeit einer Lösung, einer Friedensvereinbarung und die Notwendigkeit humanitärer Hilfe hingewiesen. Insofern, glaube ich, ist die Position da gar nicht anzuzweifeln.
Frage
Herr Bowinkelmann, hat der Innenminister Herrn Netanjahu aufgefordert, sich in Den Haag zu stellen?
Bowinkelmann (BMI)
Ich kann vielleicht zu den Gesprächen mit Premierminister Netanjahu sagen, dass die Situation in Gaza Gegenstand der Gespräche war. Der Minister hat in den Gesprächen deutlich gemacht, und das hatten wir ja auch schon erwähnt, wie ungebrochen die Unterstützungsleistung für Israel ist, aber auch seine Hoffnung zum Ausdruck gebracht, dass es baldmöglichst ein Abkommen gibt, das dazu führt, dass die Hamas die Geiseln freilässt, dass es zu einem Waffenstillstand im Gazastreifen kommt und dass sich auch die humanitäre Lage im Gazastreifen verbessert. Darüber hinaus kann ich Ihnen zu den Gesprächen leider nichts mitteilen.
Zusatz
Aber es wird ja jemand wissen, ob der mit internationalem Haftbefehl gesuchte Premierminister aufgefordert wurde, sich zu stellen. Dazu sind Sie ja als Mitglied des ICC verpflichtet.
Bowinkelmann (BMI)
Was ich bezüglich der Gespräche mitteilen kann, habe ich gesagt, und die Position bezüglich der allgemeinen Einschätzung wurde auch schon mehrfach mitgeteilt. Darüber hinaus habe ich keinen neuen Stand.
Frage
Herr Kornelius, haben die unterschiedlichen Positionierungen zum Gazastreifen und zu Israel innerhalb der Koalition, also des Kanzlers und des Innenministers einerseits und der SPD andererseits, Friktionen innerhalb der Koalition verursacht?
Kornelius (BReg)
Ich kann Ihre Prämisse nicht teilen. Es gibt keine unterschiedlichen Auffassungen. Die Bundesregierung ist sehr besorgt über diese Meldungen, die quasi täglich eingehen, über Zwischenfälle, über Gewalt im Zusammenhang mit der Ausgabe von Lebensmitteln, auch durch die Stiftung Gaza Humanitarian Foundation. Es kommt dort immer wieder zu Toten und Verletzten. Das wird von der Bundesregierung sehr kritisch beobachtet. Notleidende Menschen dürfen beim Empfang von Lebensmitteln nicht ihr Leben riskieren müssen. Deswegen fordert die Bundesregierung auch, dass diese Vorfälle geklärt werden. Die Bundesregierung stellt fest, dass Israel seit einigen Wochen in sehr begrenztem Umfang die Wiederaufnahme von humanitären Hilfslieferungen auch durch die Vereinten Nationen möglich macht. Sie unterstützt diese Öffnung und fordert auch, dass diese Agenturen und die Vereinten Nationen wieder ihre Arbeit tun können müssen. Ansonsten hat der Bundeskanzler ja am Wochenende in einem Interview mit der „Süddeutschen Zeitung“ gesagt, dass er und die Bundesregierung alles tun, um die israelische Regierung davon zu überzeugen, dass die humanitäre Hilfe in Gaza besser werden muss.
Zusatzfrage
Sie verneinen also, dass es überhaupt Friktionen innerhalb der Koalition gibt? Die Aussagen von beiden Seiten sind nämlich schon ziemlich unterschiedlich. Kanzler Merz und der Innenminister stehen ganz eindeutig auf der Seite Israels, und seitens der SPD hat man zumindest keine so deutliche Aussage zugunsten Israels gehört.
Kornelius (BReg)
Ich kann mich Ihrer Beurteilung nicht anschließen.