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Erklärungen des Auswärtigen Amts in der Regierungspressekonferenz vom 25.06.2025
Entwurf für den Bundeshaushaltplan 2025
Meyer (BReg)
[…]
Innenpolitisch haben wir gestern im Kabinett den Haushalt für 2025 beschlossen, eine ganz wichtige Wegmarke. Details hat Ihnen der Bundesfinanzminister gestern schon hier in der Pressekonferenz erläutert. Ich will mich deshalb auf wenige Sätze beschränken:
Mit der Verabschiedung des Haushaltspakets hat die Bundesregierung bereits sieben Wochen nach ihrem Start die entscheidenden Weichen gestellt. Der Haushalt wird getragen von einem Dreiklang aus Investitionen, Konsolidierung und notwendigen Strukturreformen, die diese Investitionen begleiten und auch den Bürgerinnen und Bürgern zugutekommen sollen. Rekordinvestitionen von deutlich mehr als 100 Milliarden Euro in diesem Jahr ermöglichen ganz konkrete Verbesserungen. Das Geld wird eingesetzt, um in Deutschland zu investieren und zu modernisieren: für moderne Brücken und Straßen, für zukunftsfähige Bahnstrecken, für moderne Krankenhäuser, aber auch für bessere Bildung, Klimaschutz und Digitalisierung. Gleichzeitig investiert die Bundesregierung mit diesem Haushalt stark und massiv in die äußere und innere Sicherheit.
Konkrete Verbesserungen für Bürger und Unternehmen erreichen wir auch mit Strukturreformen. Schnellere Genehmigungsverfahren und weniger Bürokratie führen zu mehr Wettbewerbsfähigkeit und zu einem stärkeren Wachstum. Das ist auch dringend notwendig, um Deutschland wieder nach vorn zu bringen. Dadurch gibt es auch mehr Spielraum für wirkungsvolle Entlastung, beispielsweise bei den Energiepreisen.
Ein entscheidender Schritt für mehr Wachstum wird auch die Verabschiedung des sogenannten Investitionsboosters sein, unter anderem mit besseren Abschreibungsmöglichkeiten für Unternehmen und die schrittweise Senkung der Körperschaftssteuer ab 2028. Hierzu gab es in den letzten Tagen ja auch Verhandlungen, insbesondere mit den Bundesländern. Auch hier ist es ‑ Stichwort Kulminationspunkt ‑ ein ganz wichtiges Signal, dass jetzt auch diese Verhandlungen parallel zum Haushalt erfolgreich abgeschlossen werden konnten.
Zudem sichern wir mit einem klaren Konsolidierungskurs und einer klaren inhaltlichen Priorisierung, dass wir finanzpolitisch für die nächsten Jahre weiter gut und solide aufgestellt sind und wir die Modernisierung unseres Landes dauerhaft weiter voranbringen können. Mit dem Kabinettsbeschluss zum Haushalt hat die Bundesregierung den Startschuss für die dringend erforderliche Erneuerung und Modernisierung unseres Landes gegeben und setzt damit auch den Rahmen für den Koalitionsvertrag.
[…]
Frage
Eine Frage an das Auswärtige Amt und an das BMZ; es geht auch um den Haushalt, nicht um Mehrausgaben, sondern um Einsparungen: Das Budget für humanitäre Hilfe des Auswärtigen Amtes wird ja deutlich gekürzt ‑ von 2,2 Milliarden Euro, wenn ich das richtig sehe, auf eine Milliarde Euro. Was heißt das konkret? Welche Projekte sind davon betroffen, und was werden Sie in Zukunft nicht mehr machen können?
Die gleiche Frage an das BMZ: Auch hier gibt es Kürzungen im Budget. Was heißt das konkret für Projekte?
Wagner (AA)
Das ist dann im parlamentarischen Haushaltsverfahren; deshalb sehen Sie mir nach, dass ich hier nicht wahnsinnig detailliert zu Projekten und konkreten Dingen werden kann. Aber lassen Sie mich vielleicht einmal allgemein sagen: Die Eckwerte und die Prioritäten dieses Haushalts wurden ja dargelegt. Zu denen gehört die Sicherheit Deutschlands, und dazu gehört auch ein handlungsfähiger und starker Auswärtiger Dienst.
Klar ist, dass wir bei den knappen Ressourcen, die wir haben, stärker werden priorisieren müssen und wir da auch intensiv in das Gespräch mit den anderen Gebern gehen müssen, um zu koordinieren. Wir unterstützen die Ansätze, die es auch im System der Vereinten Nationen durch den Nothilfekoordinator Fletcher gibt. Deutschland ist ja nicht das einzige Land, in dem die Ressourcen knapper werden, sondern das betrifft auch andere Geber; insofern unterstützen wir auf der Ebene die Reform des humanitären Systems.
Aber klar ist: Die Krisen nehmen nicht ab, sondern sie nehmen zu. Insofern ist es gut, dass wir auch in diesem Haushaltsentwurf die Möglichkeit verankert haben, bei plötzlich auftretenden Krisen weitere zusätzliche Mittel zu erhalten. Wie gesagt: Das geht jetzt in das parlamentarische Verfahren, und dann werden wir am Ende sehen, was konkret dabei herauskommt.
Schöneck (BMZ)
Auch ich will noch einmal unterstreichen: Die Bundesregierung macht deutlich ‑ das ist auch am Haushalt sichtbar ‑, dass wir stabiler Partner in der Welt bleiben. Das gilt auch für den Bereich der Entwicklungspolitik. Gerade angesichts des Rückzugs anderer starker Partner bleibt Deutschland ein stabiler Partner, auch in den kommenden Jahren. Es ist richtig: Wir tragen zur Konsolidierung des Haushalts bei und werden deshalb ‑ das hat die Ministerin jetzt gestartet ‑ innerhalb des BMZ auch eine Neuordnung und eine Reform anstoßen.
Dazu gehört beispielsweise, dass wir Themen regional fokussieren und wir uns ‑ auch anders herum ‑ in bestimmten Regionen thematisch fokussieren. Ein Beispiel ist die Unterstützung globaler Gesundheit. Da werden wir zukünftig vor allem auf multilaterale, auf internationale Partnerschaften setzen.
Die Ministerin ist heute in Brüssel, um für die internationale Impfallianz 600 Millionen Euro für die kommenden fünf Jahre zuzusagen. Das ist ein ganz wichtiger Beitrag in Zeiten der Kürzungen. Damit zeigt Deutschland: Wir sind ein verlässlicher Partner, gerade auch im Kampf für globale Gesundheit.
Zusatzfrage
Wenn ich das richtig sehe, würde Deutschland mit diesen Eckwerten im Haushalt diese ODA-Quoten erneut nicht erreichen. Heißt das, dass man sich gegebenenfalls aus Ländern zurückzieht, was die humanitäre Hilfe oder auch die Entwicklungszusammenarbeit angeht? ‑ Noch einmal die Frage an die beiden Herren.
Schöneck (BMZ)
Ja, gern direkt zu dem Begriff der ODA ‑ dabei handelt es sich um die offiziellen Entwicklungshilfeleistungen.
Die OECD-Länder leisten international Entwicklungshilfe, Deutschland ist da stets ein großer Unterstützer. In diesem Jahr wird voraussichtlich erstmals seit fünf Jahren das international vereinbarte 0,7-Prozent-Ziel des Bruttoinlandsprodukts nicht erreicht. Deutschland ist in den vorläufigen Berechnungen der OECD bei ungefähr 0,7 Prozent.
Zu Ihrer Frage, wie das in den kommenden Jahren aussehen wird: Dazu trägt natürlich der Etat des BMZ zu einem Teil bei. Allerdings fließen in die Entwicklungsleistungen, die von der OECD im Rahmen der ODA berechnet werden, auch viele weitere Leistungen aus anderen Ministerien, aus den Bundesländern, mit ein und werden dann zum Bruttoinlandsprodukt in Bezug gesetzt. Insofern lässt sich sowohl zu diesem Jahr als auch zu den künftigen Jahren noch nichts im Detail sagen. Die Zahlen für 2024 werden final auch erst Ende dieses Jahres oder Anfang des kommenden Jahres vorliegen.
Wagner (AA)
Vielleicht noch einmal zur humanitären Hilfe; Sie hatten in Ihrer Ausgangsfrage ja die Kennzahlen genannt. Es ist in der Tat so, dass wir mit dem Sollansatz für 2024 jetzt auf das Niveau vor der Flüchtlingskrise 2015 absenken. Das heißt, dass wir effektiver werden müssen und tatsächlich auch priorisieren werden müssen. Ich will aber auch noch einmal festhalten, dass Deutschland trotz dieses Absenkens einer der größten humanitären Geber in der Welt bleibt.
Wir haben uns im Auswärtigen Amt schon 2024 eine Strategie zur humanitären Hilfe gegeben, die auch dem Umstand, dass die Mittel nicht steigen, sondern eher sinken werden, Rechnung trägt. Aber natürlich werden wir Schwerpunkte setzen müssen. Ich kann Ihnen hier natürlich die Krisen in Gaza, in der Ukraine und im Sudan nennen. Auch im Kongo und in Syrien gibt es sicherlich Bedarfe. Das wird man sich also genau anschauen müssen. Gleichzeitig werden wir eben unsere Mittel so flexibel planen müssen, dass wir kurzfristig auf Krisen reagieren können. Noch einmal: Auch in diesem Haushaltsentwurf ist verankert, dass wir auf neue, plötzliche Krisen mit überplanmäßigen Mitteln reagieren können.
Frage
Herr Wagner, in den letzten Jahren war es ja so, dass gerade das Auswärtige Amt immer auf das parlamentarische Haushaltsverfahren gesetzt hat. Sie haben das eben auch selber erwähnt. Hoffen Sie da auf einen Nachschlag für Ihr Haus?
Herr Meyer, hat der Bundeskanzler bei irgendeinem der vielen Ressorts einen Wunsch, dass das Parlament nacharbeitet, weil seiner Meinung nach Bedarf dazu besteht?
Wagner (AA)
Für das Auswärtige Amt kann ich sagen: Das ist ja eine spekulative Frage, und ich werde mich hier nicht aufs Hoffen verlegen. Ich glaube aber, der Redeanteil, den wir in dieser Veranstaltung mit Blick auf internationale Krisenkonflikte haben, zeigt, wie die Weltlage da draußen ist. Insofern möchte ich einmal festhalten, dass ein handlungsfähiger Auswärtiger Dienst wichtig ist, auch für die Interessen dieses Landes. Die Eckwerte und der Sollansatz sind aber so, wie sie sind. Wir werden priorisieren und flexibel damit umgehen müssen, dann aber auch sicherstellen, dass wir beim Auftreten neuer Krisen flexibel handlungsfähig sind.
Meyer (BReg)
Haushaltsaufstellungsverfahren sind ja nicht immer ganz einfach, und da gibt es immer sehr, sehr viele Wünsche. Ich bin mir sicher, dass alle Beteiligten Wünsche und Dinge haben, die sie sich vorstellen können. Der Tatsache, dass der Haushalt gestern im Kabinett einstimmig und ohne große inhaltliche Diskussion beschlossen wurde, können Sie aber, glaube ich, alles Wesentliche entnehmen.
Kall (BMF)
Vielleicht darf ich noch anfügen, dass der Bundesfinanzminister gestern im dritten Teil seines Statements auch ausführlich über Konsolidierung geredet hat und die Bundesregierung sich darauf auch im Koalitionsvertrag schon verständigt hat. Er hat auch darauf hingewiesen, dass insgesamt 47 Milliarden Euro an Mehrforderungen nicht berücksichtigt werden konnten. Das Ganze ist in großer Einigkeit, Geschlossenheit und auch Vertraulichkeit nach außen geschehen, anders als in der vorherigen Bundesregierung. Darauf hat sich die Bundesregierung entsprechend insgesamt geeinigt.
Frage
Herr Wagner, nun geht ja bekanntlich kein Gesetz so aus dem Bundestag heraus, wie es hineingeht. Wird das Auswärtige Amt bis zum Abschluss des Haushaltsverfahrens dafür kämpfen, dass es nicht ganz so schlimm kommt, wie jetzt vorgesehen, oder haben Sie sich quasi schon ergeben?
Wagner (AA)
Ich glaube, ich habe mich hier ausreichend zu unserem Haushaltsansatz eingelassen. Insofern möchte ich Sie auf das verweisen, was ich eben auf die Fragen der Kolleginnen und Kollegen geantwortet habe.
Militärische Auseinandersetzung zwischen Israel, den USA und dem Iran
Zusatzfrage
Ich hätte eine Frage an das Auswärtige Amt zu den Spannungen, die es ja in Nahost, im Iran und in Israel gab. Es gab ja auch Evakuierungsmaßnahmen. Was ist die Position des Auswärtigen Amtes jetzt? Gibt es noch die Empfehlung, dass deutsche Bürger nicht wieder in die Region einreisen sollten? Gilt weiterhin die Evakuierungsaufforderung? Was ist da der letzte Stand?
Wagner (AA)
Vielleicht einmal grundsätzlich: Wir begrüßen, dass sich der Konflikt jetzt ja entspannt hat, wenn man es so nennen möchte. Ich meine, da bleiben natürlich noch viele Fragen offen, aber zumindest nach unserer Beobachtung hält der Waffenstillstand erst einmal, und das ist, glaube ich, eine sehr gute Nachricht. Jetzt werden wir schauen, dass wir in einen politischen Prozess kommen. Die Fragen hinsichtlich des iranischen Atomprogramms stellen sich natürlich weiterhin, und insofern ist das der diplomatische Track.
Aber Sie haben mich nach der Lage gefragt. Einmal mein Disclaimer vorab: Bitte immer den Reise- und Sicherheitshinweisen des Auswärtigen Amtes Folge leisten! Die aktualisieren wir ja. In der Tat ist es so, dass wir beobachten, dass sich die Lufträume in der Region jetzt langsam öffnen. Wir haben gestern auch noch einmal sehr umfangreich, zum Beispiel in Israel, unter den deutschen Staatsangehörigen abgefragt, ob noch weitere Ausreisewünsche bestehen. Man muss schon konstatieren, dass die Nachfrage, wenn ich es jetzt einmal so salopp benennen kann, deutlich abnimmt. Aber unsere Kolleginnen und Kollegen an den Botschaften stehen natürlich weiter zur Verfügung, um beratend tätig zu sein. Sie haben gesehen, dass wir gestern in guter Kooperation mit der Luftwaffe noch einmal Flüge durchgeführt haben. Ich glaube, es gilt jetzt hinsichtlich aller Länder, den Sicherheitsaufforderungen der Behörden Folge zu leisten. Aber noch einmal: Die Lage ist dabei, sich deutlich zu entspannen.
Frage
Sie sprachen gerade von der guten Zusammenarbeit mit der Luftwaffe. War das jetzt kein kommerzieller Charterflug? Wurden Maschine der Luftwaffe eingesetzt, oder worauf bezog sich die Aussage?
Wagner (AA)
Sorry, ich muss mich korrigieren. Ich habe gestern, glaube ich, gesagt, dass das schon am Montag war. Da gab es also noch einmal zwei Flüge der Luftwaffe. Der Kollege kann ja vielleicht auch noch einmal etwas ergänzen.
Wir haben beides gemacht. Es gab zum einen Sonderflüge, also Charterflüge, die das Auswärtige Amt gechartert hat - aus Amman in Jordanien, im Rahmen derer deutsche Staatsangehörige sozusagen auf dem Landweg aus Israel nach Jordanien gereist sind, eben zusätzlich zu den kommerziellen Flügen, die es ohnehin aus Amman gab. Zum anderen gab es eben im Rahmen der sogenannten diplomatischen Abholung Flüge der Luftwaffe direkt aus Tel Aviv heraus, als sich der Luftraum dort geöffnet hat, in enger Abstimmung mit den israelischen Behörden. Insgesamt haben wir mit diesen Flügen aus Amman und Tel Aviv mehr als 700 deutsche Staatsangehörige ausgeflogen. Sie werden feststellen, dass das deutlich über den Zahlen anderer Nationen liegt. Insofern, glaube ich, ist es sehr gut, dass unsere Kolleginnen und Kollegen vor Ort so agiert haben und dies eben auch in enger Abstimmung innerhalb der Bundesregierung und des Krisenstabs der Bundesregierung.
Zusatzfrage
Muss ein Passagier für den Flug mit der Luftwaffe auch bezahlen? Sie sagten ja letztes Mal, es habe 300 Euro gekostet, mit einem kommerziellen Sonderflug von Amman aus zu fliegen. Wie teuer war das jetzt für den Flug aus Tel Aviv?
Wagner (AA)
Auch dafür wird eine Gebühr fällig. Das bewegt sich unterhalb dessen, was man für einen kommerziellen Flug zahlen würde. Aber ich verweise Sie auf das, was ich auch zu Sonderflügen gesagt habe. Wir reichen das gerne nach, aber ich meine, dass dafür auch 300 Euro in Rechnung gestellt werden. Aber wenn man sich anschaut, welche Beträge bei kommerziellen Buchungsportalen im Moment für Flüge aufgerufen werden, dann ist das, glaube ich, ein sehr moderater Preis.
Frage
Wie ist die Situation bei deutschen Staatsbürgern, die den Iran verlassen möchten? Es gibt ja keine Sonderflüge. Ich glaube, es gibt Einzelne oder Gruppen, die versuchen, an die Grenze zum Beispiel zur Türkei zu kommen. Dort wird wohl im Moment noch durchgelassen. Wie informiert darüber ist die deutsche Diplomatie, und in welcher Weise ist sie unterstützend tätig?
Wagner (AA)
Die Lage im Iran ist ja in der Tat in dieser heißen Phase des Konflikts sehr viel schwieriger gewesen. Auch dort war der Luftraum gesperrt. Es war nicht möglich, mit kommerziellen Flugzeugen auszureisen. Es war für uns auch nicht möglich, dort Sonderflüge zu organisieren, weil eben kein Zugang zum Luftraum bestand, und in der Tat war dort die Ausreise über den Landweg, über die Grenzen vor allen Dingen im Norden, die beste Möglichkeit, über die wir auch immer wieder informiert haben. Wir hatten ja unsere Botschaft in den Nachbarländern verstärkt und Kolleginnen und Kollegen dort auch an die Grenze gestellt, damit sie Deutschen bei der Ausreise attestieren können.
Insgesamt hielten sich weniger Deutsche ‑ zumindest, wenn man die ELEFAND-Zahlen einmal als Indikator nimmt ‑ im Iran auf als zum Beispiel in Israel. Das hat natürlich auch damit zu tun, dass es ja schon seit einer geraumen Zeit eine Reisewarnung für den Iran mit einer Ausreiseaufforderung gibt. Das heißt, seit im Grunde mehr als einem Jahr werden allen Deutschen, die im Iran sind, aufgrund der angespannten politischen Lage dringend aufgefordert, den Iran zu verlassen. Insofern waren die Zahlen dort etwas geringer. Aber es gab deutsche Staatsangehörige vor Ort, und in der Tat war die Situation für die vor Ort ungleich schwieriger als in den anderen Gebieten. Die deutsche Botschaft war über ihren Bereitschaftsdienst ansprechbar und hat auch beraten. Wir standen dort in ständigem Kontakt mit vielen Deutschen und haben dort eben, so gut es ging, attestiert. Aber Sie haben recht: Insgesamt sind die Rahmenbedingungen sehr viel schwieriger. Wir wissen aber von Deutschen, die über die Landgrenzen ausgereist sind, mit denen wir auch in Kontakt standen.
Zusatzfrage
Können Sie uns Zahlen nennen?
Wagner (AA)
Nein, das kann ich leider nicht.
Zusatzfrage
Nachreichen?
Wagner (AA)
Wenn ich etwas nachreichen kann, tue ich es gerne. Ich glaube, das ist insgesamt einfach nicht so erfasst worden, wie wir es bei den Sonderflügen erfassen können, bei denen wir ja Passagierlisten etc. haben.
[…]
Wagner (AA)
Bezüglich der Frage des Kollegen, wie viele deutsche Staatsangehörige über die Landgrenzen aus dem Iran ausgereist sind: Uns ist eine niedrige dreistellige Zahl bekannt. Ich kann noch einmal sagen, dass auf der ELEFAND-Liste ungefähr knapp mehr als 1000 Deutsche im Iran registriert waren. So können Sie das vielleicht ganz gut einordnen.
Abstimmung im iranischen Parlament über eine Aussetzung der Zusammenarbeit mit der IAEA
Frage
Ich habe noch einmal eine Frage an Herrn Wagner zum Irankomplex. Der Iran hat heute angekündigt oder den Weg dafür freigemacht, aus der Zusammenarbeit mit der IAEO auszusteigen. Das wird Verhandlungen oder Kontrollen des Atomprogramms in der Zukunft nicht erleichtern. Haben Sie eine Bewertung dieses Schritts?
Wagner (AA)
Wir haben das natürlich zur Kenntnis genommen. Ich glaube, ich hatte ja schon am Montag, wie ich meine, gesagt, dass wir solch einen Schritt kritisch sehen müssen, weil die Zusammenarbeit mit der IAEO ja ganz wesentlich ist, um eben zu überprüfen, dass das Atomprogramm im Iran verifizierbar nicht für militärische Zwecke missbraucht wird oder dafür ausgelegt wird. Insofern ist das etwas, das wir mit Besorgnis sehen, und wir würden den Iran aufrufen, diesen Schritt zu überdenken.
Zusatzfrage
Heißt das, die Militärschläge gegen die Iraner haben in diesem Sinne negative Folgen?
Wagner (AA)
Sie müssten Ihre Frage noch einmal wiederholen. Das habe ich nicht verstanden.
Zusatzfrage
Haben die Angriffe auf die Atomanlagen also nicht dazu geführt, dass das Atomprogramm tatsächlich besser zu kontrollieren ist, sondern dazu, dass jetzt das Gegenteil der Fall ist, nämlich dass die Iraner ganz aussteigen?
Wagner (AA)
Das habe ich nicht gesagt. Sie wissen auch ‑ Sie verfolgen ja die Debatte in den Medien ‑, dass es im Moment noch eine Schadensanalyse in Bezug darauf gibt, wie es denn im Moment um das Nuklearprogramm steht. Die läuft noch. Der kann ich hier auch nicht vorgreifen. Ich habe auch keine Informationen darüber, die ich hier mit Ihnen teilen könnte. Aber es ist ja so, dass der Iran immer wieder gesagt hat, dass er das Atomprogramm auch zur zivilen Nutzung fortsetzen möchte, und wenn er das tun möchte, dann muss man eben auch verifizierbar überprüfen, dass es nicht für militärische Zwecke missbraucht wird. Der Iran ist ja weiterhin Teil des Nichtverbreitungsvertrages, und aus diesem Regime erwachsen ihm völkerrechtliche Pflichten, die er einhalten muss.
Frage
In der politischen und öffentlichen Debatte wird der Begriff des Atomprogramms des Irans manchmal synonym mit dem Begriff des Atomwaffenprogramms des Irans verwendet, was sachlich falsch ist. Der Iran ist, soweit ich informiert bin, berechtigt, ein ziviles Atomprogramm ‑ darüber reden wir hier ‑, das zu kontrollieren wäre, durchzuführen. Das Atomwaffenprogramm hat der Iran 2003 oder 2004 eingestellt. Nach internationalen Beobachtungen gibt es, denke ich, auch keine Versuche, es wiederanzufahren.
Was tut die Bundesregierung, um die notwendige Differenzierung aufrechtzuerhalten, damit Begriffe nicht unzulässig vermischt oder verwechselt werden?
Wagner (AA)
Diese Differenzierung ist wichtig. Aber eine Prämisse, die Sie in der Frage erwähnt haben, möchte ich zurückweisen. Die IAEO und die Weltgemeinschaft haben mehrfach festgestellt, dass es berechtigte Zweifel daran gibt, ob das iranische Nuklearprogramm nur zivilen Zwecken dient. Die Urananreicherung auf 60 Prozent ist ein Indikator dafür. Im jüngsten IAEO-Bericht ist noch einmal festgehalten, dass der Iran gegen seine völkerrechtlichen Verpflichtungen verstößt. Insofern ist es wichtig, verifizierbar und dauerhaft zu hinterlegen, dass das iranische zivile Nuklearprogramm keinen militärischen Zwecken dient.
Zusatzfrage
Sie sagen, eine Anreicherung auf 60 Prozent brauche man für eine zivile Nutzung nicht. Das ist auch die allgemeine Ansicht. Wie ist dann zu erklären, dass die Belieferung des allerersten iranischen Nuklearreaktors ‑ ich meine, das war in den 60er-Jahren ‑ seitens der USA mit auf 90 Prozent angereichertem Uran vorgenommen wurde?
Dabei ging es nicht um Atomwaffen, sondern um einen Reaktor. Wie verträgt sich die Tatsache, dass damals auf 90 Prozent angereichertes Uran geliefert wurde, mit der Aussage jetzt, dass man niemals auf 60 Prozent angereichertes Uran für eine zivile Nutzung brauchen würde?
Wagner (AA)
Ich bin nicht zur historischen Aufarbeitung hier, sondern wir sind dazu da, mit den Realitäten vor Ort umzugehen. Noch einmal: Die IAEO hat in ihren Berichten immer wieder festgehalten, dass sich der Iran nicht an die zentralen Auflagen aus dem Nichtverbreitungsvertrag hält. Diese völkerrechtlichen Verpflichtungen muss er einhalten. Es bestanden und bestehen erhebliche Zweifel daran, dass dies der Fall ist.
Insofern komme ich auf das zurück, was ich zuvor gesagt habe: Jetzt muss es, denke ich, wirklich darum gehen, dass wir mit dem Iran in Gespräche darüber kommen, wie wir das nachhaltig lösen können. Dafür stehen die E3 bereit. Ich interpretiere die Äußerungen des amerikanischen Präsidenten und der amerikanischen Administration so, dass das auch dort das Ziel ist.
Frage
Herr Wagner hat den Rückblick so nonchalant verneint. Aber es geht auch um Pfadabhängigkeiten, die bis heute Auswirkungen haben. Ich war ein wenig davon überrascht, wie einseitig Sie den Iran verurteilt haben. Ich denke, alle hier im Raum wissen, dass es einen auch unter deutscher Beteiligung voll ausgehandelten Vertrag gab, den 2015 nicht der Iran, sondern die USA völkerrechtswidrig gebrochen haben. Wir kennen auch die ganze weitere Entwicklung. Wir sprechen von dem Iran, der nach Ansicht aller Beobachter, auch der Deutschlands, vor zehn Jahren in voller Compliance agiert hat.
Vor dem Hintergrund würde mich schon interessieren, wieso Sie die sehr destruktive Rolle der USA hier komplett ausgeklammert haben und den Fokus ausschließlich auf den Iran legen. Das hilft auch Deutschland in einer potenziellen Rolle als neutraler Vermittler nicht, wenn man so etwas anstreben wollte.
Wagner (AA)
Das habe ich nicht getan. Ihr Kollege hat mich danach gefragt, welche rechtlichen Verpflichtungen für den Iran bestehen. Es ist unbestritten, dass sich aus dem Nichtverbreitungsvertrag und aus dem Safeguards-Abkommen völkerrechtliche Verpflichtungen für den Iran ergeben, an die er sich halten muss. Offensichtlich bestehen ganz berechtigte Zweifel daran, dass er dies tut. Das hat per se erst einmal nichts mit dem JCPoA zu tun.
Frage
Herr Müller und Herr Wagner, haben Sie irgendwelche Erkenntnisse darüber, wie sehr die Angriffe auf die Atomanlagen Iran in der Entwicklung zurückgeworfen haben? Das ist ja strittig. Anscheinend haben US-Geheimdienste eine andere Einschätzung als der US-Präsident.
Wagner (AA)
Darauf hatte ich eben schon geantwortet, dass das Schadensassessment derzeit läuft. Ich habe keine weiteren Erkenntnisse darüber, die ich hier mit Ihnen teilen könnte.
Geplanter Besuch des chinesischen Außenministers in Deutschland
Frage
Eine Terminfrage: Es wurde bekannt, dass der chinesische Außenminister Wang Yi nach Berlin kommen und sich mit Vertretern der Bundesregierung treffen wird. Wann genau findet das Treffen statt, und was werden die Themenschwerpunkte sein?
Wagner (AA)
Sie wissen, dass wir Termine dann ankündigen, wenn sie reif sind. Ich kann aber bestätigen, dass es einen solchen Plan für nächste Woche gibt. Genaueres zu einem späteren Zeitpunkt.