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Erklärungen des Auswärtigen Amts in der Regierungspressekonferenz vom 20.06.2025

20.06.2025 - Artikel

Militärische Auseinandersetzung zwischen Israel und Iran

Frage

Herr Wagner, ich habe Fragen zu Äußerungen des Außenministers vor seiner Abreise nach Genf. Zwei Punkte waren zumindest aus meiner Sicht ein bisschen verwirrend.

In Bezug auf die Urananreicherung hat er gesagt, es müsse verhindert werden, dass es zu einer Urananreicherung komme, die zur Bewaffnung des Irans führe. Nun haben die Amerikaner gesagt, der Iran dürfe gar keine Urananreicherung betreiben. Es ist ein bisschen widersprüchlich, wenn Sie sagen: „Ja, der Iran kann eine Urananreicherung haben“, aber die Amerikaner Nein sagen.

Das Zweite ist das Raketenprogramm. Das Raketenprogramm ist von elementarer Bedeutung für den Iran, für seine Verteidigung gegen die israelischen Angriffe. Können Sie erläutern, was genau Sie in Bezug auf das Raketenprogramm verhindern wollen? Was steht da zur Diskussion?

Wagner (AA)

Ich verstehe, dass Sie ein großes Interesse an den Gesprächen haben, die heute in Genf laufen werden. Aber sehen Sie es mir nach, dass ich ihnen hier nicht vorgreifen werde. In der Tat hat sich der Minister noch eingelassen, bevor er nach Genf aufgebrochen ist. Es ist, denke ich, gut, dass jetzt Gespräche stattfinden. Wir haben immer betont, dass wir zu Gesprächen bereit sind. Insofern nehmen wir einen Faden auf, der telefonisch schon am Montag zwischen den E3 und dem iranischen Außenminister gelegt worden war. Jetzt kommt man in Genf zusammen. Deshalb werde ich dem hier nicht vorgreifen.

Ich denke, unsere Sorgen mit Blick auf das iranische Nuklearprogramm sind hinlänglich bekannt. Wir haben sie hier oft vorgetragen. Es geht darum, dass die hohe Urananreicherung des Irans nicht mit zivilen Intentionen zu rechtfertigen zu sein scheint. Das sagen nicht nur wir, sondern das hat auch die internationale Atomenergiebehörde konstatiert, die eben nicht bescheinigen kann, dass das Atomprogramm nur zivilen Zwecken dient. Insofern ist das etwas, was eine Rolle spielt.

Aber noch einmal: Sehen Sie es mir nach, dass ich den Gesprächen in Genf jetzt nicht vorgreifen werde.

Zusatzfrage

Der iranische Außenminister hat gesagt, die Verhandlungen ergäben keinen Sinn, wenn Israel weiter angriffe. Israel greift weiter an. Gestern hat es auch Teheran wieder massiv bombardiert. Wie besorgt sind Sie darüber, dass diese Angriffe dazu führen könnten, dass die Verhandlungen mehr oder weniger in einer Sackgasse enden?

Wagner (AA)

Der iranische Außenminister kommt nach Genf und nimmt an diesen Gesprächen teil.

[…]

Frage

Herr Wagner, präventive Militärschläge sind nur als Abwehr einer konkret bevorstehenden Gefahr zulässig. Wie schätzt der Außenminister die Gefahr einer iranischen Atomwaffe oder eines Atomwaffeneinsatzes ein? Immerhin hat die Ministerin für Geheimdienste in den USA, Tulsi Gabbard, vor wenigen Wochen erklärt, nach Ansicht der US-Geheimdienste gebe es keinen Atombombenbau im Iran, auch kein Wiederaufleben des Atomwaffenprogramms. Darauf hat Trump einfach gesagt: Das glaube ich ihr nicht. ‑ Was glaubt oder wovon geht der Außenminister aus?

Wagner (AA)

Vielleicht erst einmal vorweg: Sie haben das Völkerrecht richtig zitiert. Wir haben uns auch schon hier an dieser Stelle dazu eingelassen. Es ist natürlich an der israelischen Regierung, erst einmal darzulegen, was ihre Berufungsgrundlage ist.

Aber noch einmal ganz allgemein zum Atomprogramm: Ich habe eben schon probiert, es anzudeuten. Wir haben seit Jahren ganz erhebliche und auch öffentlich immer wieder sehr deutlich gemachte Zweifel an der Ausrichtung des iranischen Nuklearprogramms, und zwar nicht nur wir, sondern auch unsere internationalen Partner. Die Anreicherungsaktivitäten des Iran verfolgen keinen plausiblen zivilen Grund. Die IAEO hat wiederholt festgehalten, dass der Iran Auflagen und Berichtspflichten gegenüber dieser Organisation verletzt. Zuletzt hat der Gouverneursrat ‑ auch das war hier schon Thema ‑ festgestellt, dass Iran gegen die Safeguards-Abkommen verstößt. Das sind zentrale Verpflichtungen aus dem Nuklearen Nichtverbreitungsvertrag.

Ich will mit dieser langen Rede sagen: Wir haben natürlich erhebliche Sorgen. Wir haben sie immer wieder adressiert. Es ist an Iran darzulegen, welchen Charakter sein Atomprogramm hat, und Bereitschaft zu zeigen, weitgehende Verpflichtungen einzugehen.

Zusatzfrage

Sie hatten zuvor gesagt, es sei nun erst einmal auch an Israel, darzulegen, inwiefern die direkten Militärschläge gegen iranische Anlagen, nicht nur Atomanlagen, von der Notwendigkeit der Abwehr eines direkt bevorstehenden Angriffs gedeckt seien. Hat die Bundesregierung von der israelischen Regierung hinreichende Beweise über die Tatsache der nicht ausreichenden Berichte und der Anreicherung als solcher darüber hinaus? Hat die Bundesregierung irgendwelche Beweise dafür, dass Iran an Atomwaffen arbeitet oder das Atomwaffenprogramm weiterhin betreibt? Gibt es solche Beweise?

Wagner (AA)

Noch einmal: Das Völkerrecht erlaubt Gewaltanwendung ‑ das haben Sie zitiert ‑, wenn es der Abwehr eines bevorstehenden Angriffs dient. Es ist an Israel, das darzulegen. Wir haben hier gesagt ‑ das ist auch der aktuelle Stand ‑, dass wir nicht über ausreichende Informationen verfügen, um das völkerrechtlich einzuschätzen.

Frage

Die Bundesregierung wird aus dem globalen Süden und in internationalen Medien dafür kritisiert, dass sie die iranischen Luftangriffe auf Israel verurteilt hat, während sie die israelischen Angriffe auf zivile Einrichtungen in Iran nicht verurteilt. Bei den israelischen Angriffen wurden neben nuklearen Einrichtungen auch zivile Gebäude wie Staatsfernsehen oder ein Krankenhaus getroffen, was zu zivilen Opfern führte. Verurteilt die Bundesregierung diese Angriffe auf zivile Einrichtungen in Iran?

Wagner (AA)

Jedes zivile Opfer ist eines zu viel, und es gilt das humanitäre Völkerrecht. Daran sind alle gebunden, alles zu tun, um Zivilisten zu schützen. Ich muss aber schon sagen, dass ich im Vorgehen beider einen Unterschied wahrnehme. Der sehr wahllose Beschuss israelischen Staatsterritoriums mit ballistischen Raketen hat, denke ich, eine andere Qualität als die Militäroperationen Israels.

Zusatzfrage

Also verurteilen Sie explizit nicht die Angriffe ‑ ‑ ‑

Wagner (AA)

Doch, das habe ich getan. Ich habe gesagt: Jeder tote Zivilist ist einer zu viel. Alle Parteien ‑ das schließt natürlich auch die israelische mit ein ‑ müssen alles tun, um zivile Opfer zu begrenzen und Zivilisten besonders zu schützen.

[…]

Frage

Herr Wagner, verfügt die Bundesregierung über Zahlen darüber, wie hoch der Anteil zerstörter medizinischer Infrastruktur auf der einen Seite durch iranischen Beschuss in Israel und auf der anderen Seite durch israelischen Beschuss in Gaza ist?

Wagner (AA)

Mir liegen diese Zahlen hier nicht vor. Ich habe aber natürlich die Medienberichte gesehen. In Israel wurde, denke ich, gestern ein Krankenhaus getroffen. Ihr Kollege hat Ähnliches im Iran angeführt. Ich kenne die Medienberichte, aber ich habe keine Zahlen, die ich Ihnen dazu hier darbieten könnte.

Zusatzfrage

Teilen Sie, ohne dass ich das gleichsetzen wollte, den Eindruck, dass die Zerstörung medizinischer Infrastruktur in Gaza einen erheblich größeren Umfang hat als die Zerstörung medizinischer Infrastruktur in Israel?

Wagner (AA)

Ich werde hier nicht verschiedene Konfliktgebiete miteinander vergleichen. Aber wir haben uns zur Lage in Gaza auch hier immer wieder sehr deutlich eingelassen und gesagt, dass zivile medizinische Einrichtungen natürlich unter einem besonderen Schutz des Völkerrechts stehen und besonders geschützt werden müssen. Wir haben es verurteilt, wenn es dort zur Zerstörung ziviler Infrastruktur kam.

Klagen gegen das Auswärtige Amt wegen ausstehender Visavergabe an Afghaninnen und Afghanen

Frage

Ich habe eine Frage an Herrn Kornelius oder auch Herrn Wagner. Heute wurden mehrere Klagen von Afghaninnen und Afghanen beim Verwaltungsgericht Berlin eingereicht. Sie drängen auf die Fortsetzung der Visaerteilung, der Aufnahmeprogramme.

Wie bewertet die Bundesregierung diese Klagen?

Wagner (AA)

Für das Bundesaufnahmeprogramm ist das BMI zuständig.

Harmsen (BMI)

Ich kann das gern beantworten. Grundsätzlich sind mir zum jetzigen Zeitpunkt die von Ihnen erwähnten Klagen nicht bekannt. Ohnehin würden wir uns zu laufenden Verfahren hier nicht äußern.

Ich kann auf den Koalitionsvertrag verweisen. Dieser sieht eine Beendigung freiwilliger Aufnahmeprogramme vor, soweit dies möglich ist. Wir befinden uns innerhalb der Bundesregierung in einer fortgesetzten Prüfung, wie dieses Vorhaben aus dem Koalitionsvertrag für die Aufnahmeverfahren von Personen aus Afghanistan umgesetzt werden kann. Bis zum Abschluss dieser Prüfung sind Einreisen weiterhin ausgesetzt. Diese Prüfung läuft. Dazu können wir uns hier nicht weiter äußern.

[…]

Frage

Die Organisation Kabul Luftbrücke hat heute Vormittag davon gesprochen, dass mittlerweile nur noch 2263 Afghanen mit Aufnahmezusage in deutschen Gästehäusern in Islamabad seien. Können Sie diese Zahl bestätigen?

Wagner (AA)

Das müsste ich nachreichen. Es tut mir leid. Die genaue Zahl habe ich hier nicht präsent.

Zusatzfrage

Wie viele Aufnahmezusagen sind denn bisher, wenn man das untechnisch ausdrückt, zurückgenommen worden bzw. aufgehoben worden? Haben Sie diesbezüglich eine Zahl?

Wagner (AA)

Auch das müssten wir, glaube ich, nachreichen.

Harmsen (BMI)

Ja, das würden wir nachreichen.

Zusatz

Gerne aufgeschlüsselt auf die Zeit vor dem Regierungswechsel und die Zeit nach dem Regierungswechsel!

Harmsen (BMI)

Wenn wir das können, werden wir das machen.

[…]

Frage

Das ist ja eigentlich tatsächlich eine überschaubare Zahl an Menschen mit Aufnahmezusage. Ich würde gerne wissen, inwieweit bei denen die Sicherheitsüberprüfungen abgeschlossen sind. Sind das teilweise noch offene Verfahren, oder sind das bereits abgeschlossene?

Harmsen (BMI)

Es gibt auch noch offene Verfahren. Sicherheitsüberprüfungen sind bei einigen Personen noch nicht abgeschlossen. Die genauen Zahlen habe ich hier aber nicht dabei.

Zusatzfrage

Dann würden wir uns, glaube ich, alle über eine diesbezügliche Nachlieferung freuen.

Herr Wagner, vielleicht können Sie uns etwas dazu sagen, ob Deutschland denn mit Pakistan im Gespräch darüber steht, wie mit den Afghanen umgegangen werden soll.

Wagner (AA)

Ja, das sind wir.

[…]

Nahostkonflikt

Frage

Angesichts des Krieges im Iran ist die Situation in Gaza im Hintergrund gerückt. Wie ist die Lage in Gaza und in den Verteilzentren? Welche Bemühungen hat die Bundesregierung in den letzten Tagen unternommen, um die dramatische humanitäre Lage der Menschen in Gaza zu lindern?

Wagner (AA)

Ich hatte mich hier dazu am Mittwoch ziemlich ausführlich eingelassen. Insofern würde ich Sie auf meine Äußerung vom Mittwoch verweisen.

Zusatzfrage

Die Hilfsorganisationen haben erklärt, dass Lebensmittel bereitstehen, die nach Gaza gebracht werden könnten. Wie beurteilen Sie das Vorenthalten dieser Lebensmittel durch Israel?

Wagner (AA)

Noch einmal: Dazu hatte ich hier am Mittwoch sehr ausführlich Stellung genommen. Die Lage ist katastrophal und es muss dringend mehr Hilfe nach Gaza kommen. Es geht viel zu wenig Hilfe nach Gaza hinein. Wir sind jetzt, glaube ich, bei ein paar hundert LKW, seitdem die Lieferungen wieder aufgenommen worden sind. Wenn man die Zahlen vor dem Krieg kennt, sieht man, dass das viel zu wenig ist. Insofern muss da dringend Abhilfe geschaffen werden, und da ist vor allen Dingen die israelische Regierung in einer besonderen Verantwortung.

Kornelius (BReg)

Ich kann ergänzen, dass der Bundeskanzler dieses Thema in seinen Telefonaten mit dem israelischen Ministerpräsidenten und dem Emir von Katar angesprochen hat. Beide Seiten haben zugesichert, das ihnen Mögliche zu tun. Die Sicherheitslage in Gaza ist mit Blick auf die Hamas-Seite häufig so, dass die Lieferungen unter einer gewissen Gefahr stattfinden. Daher erging an beide Gesprächspartner der Appell, für eine Sicherheitslage zu sorgen, die solche Lieferungen ermöglicht.

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