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Erklärungen des Auswärtigen Amts in der Regierungspressekonferenz vom 16.06.2025

13.06.2025 - Artikel

Militärische Auseinandersetzung zwischen Israel und Iran

Frage

Plant die Bundesregierung die Evakuierung deutscher Staatsbürger aus Israel? Es gibt Informationen zum Beispiel aus Tschechien, dass dies dort getan werde. Können Sie etwas dazu sagen?

Wagner (AA)

Zur Stunde tagt erneut der Krisenstab der Bundesregierung im Auswärtigen Amt. Wir sind das ganze Wochenende über mit den Kolleginnen und Kollegen des Krisenreaktionszentrums im Einsatz gewesen. Ich denke, ich kann gut an das anknüpfen, was ich hier schon am Freitag gesagt habe, dass sich die Lage in den betroffenen Ländern sehr unterschiedlich darstellt, wir sie sehr genau beobachten und uns natürlich alle Optionen anschauen.

Für Israel kann ich berichten, dass die ELEFAND-Liste im Moment auf knapp 4000 Personen angeschwollen ist. Die Zahlen gehen also nach oben. Gleiches ist für Iran der Fall, wo wir im Moment über knapp tausend Eintragungen sprechen. Sie kennen die „caveats“ der ELEFAND-Liste. Sie ist für uns vor allen Dingen ein Weg, mit den deutschen Staatsangehörigen direkt zu kommunizieren und einen Kanal dafür zu haben. Aber sie ist natürlich nicht eins zu eins aussagekräftig bezüglich der Frage, wie viele deutsche Staatsangehörige sich in dem jeweiligen Land befinden. Insofern auch an dieser Stelle noch einmal der Aufruf an alle deutschen Staatsangehörigen, die sich zurzeit in der Region befinden, von der Möglichkeit Gebrauch zu machen, sich auf ELEFAND einzutragen. Das ist für uns ein wichtiges Instrument, um mit ihnen zu kommunizieren.

Der Flugraum über Israel und anderen Staaten der Region ist weiterhin geschlossen. Es gibt keine Flüge aus Israel. Insofern stellt sich diese Ausreisemöglichkeit im Moment nicht dar.

Ganz wichtig in diesem Fall ist, dass die deutschen Staatsangehörigen vor Ort ‑ wir informieren fortwährend per Landleutebriefe und haben gestern noch einmal Landleutebriefe in Israel und auch in Iran verschickt ‑ den Anweisungen der Sicherheitsbehörden vor Ort Folge leisten. Insofern ist es eine im Moment noch sehr individuelle Betrachtung dessen, was möglich ist, abhängig davon, wie die Schutzvorkehrungen sind, wo man sich aufhält und wie verhaftet man im Land ist. Insofern schauen wir uns alle Optionen an.

Ich habe die Ankündigungen der europäischen Partner so wahrgenommen, dass es nicht eine Evakuierung aus Israel gibt ‑ sie ist im Moment aufgrund des geschlossenen Luftraums nicht möglich ‑, sondern dass auch diese Partner und Nationen, mit denen wir ja in enger Abstimmung stehen, ihre Vorkehrungen treffen. Ich nutze die Gelegenheit, das hier noch einmal einzuordnen. Man muss dabei von sehr unterschiedlichen Größen der Gruppen ausgehen, die man betrachtet. Natürlich haben einige europäische Partner sehr viel weniger Staatsangehörige vor Ort, deren Ausreiseunterstützung geprüft und angeschaut wird.

Aber noch einmal: Wir schauen uns alle Optionen an. Ich habe hier jetzt nichts zu verkünden. Wie gesagt, tagt der Krisenstab zur Minute.

Zusatzfrage

Gab es Anfragen nach Unterstützung bei der Ausreise und, wenn ja, in welchem Umfang?

Wagner (AA)

Wir sind mit den deutschen Staatsangehörigen vor Ort fortwährend in Kontakt. Dafür gibt es die Bereitschaftsdienste an unseren Vertretungen. Unsere Auslandsvertretungen in der Region sind arbeitsfähig und ansprechbar. Wie gesagt, informieren wir über Landleutebriefe und zum Beispiel auch über unsere Social-Media-Kanäle sehr breit. Wir schauen uns an, welche Ausreiseunterstützungen wir bieten können. Im Moment stellt sich die Lage für Israel so dar, dass der Flughafen Ben Gurion nicht zur Verfügung steht und der Luftraum geschlossen ist. Insofern gibt es diese Ausreisemöglichkeit im Moment nicht. Alle anderen Optionen werden geprüft und angeschaut.

Im Moment bewegen wir uns in einem Konfliktgeschehen, sodass es ganz, ganz wichtig ist, den Hinweisen und Aufforderungen der lokalen Sicherheitsbehörden im Hinblick auf das Aufsuchen von Schutzräumen etc. Folge zu leisten.

[…]

Frage

Meine Frage richtet sich an Herrn Hille und an Herrn Harms. Werden nach Ansicht der Bundesregierung die israelischen Angriffe auf die iranischen Atomforschungs- und Urananreichungsanlagen den Iran in der möglichen Entwicklung von Atomwaffen tatsächlich zurückwerfen? Wird dies helfen, den Iran zur Einstellung seines Atomprogramms zu bewegen?

Hille (BReg)

Es wird Sie nicht verwundern, dass ich hier keine Einschätzung der militärischen Wirksamkeit von Maßnahmen vornehmen kann. Aber ich kann noch einmal betonen, was der Bundeskanzler gestern gesagt hat. Es ist von zentraler Bedeutung, dass der Iran keine Nuklearwaffen entwickelt oder besitzt.

Zur Einschätzung militärischer Wirksamkeit müssten Sie sich an andere Stellen wenden.

Wagner (AA)

Ich kann für das Auswärtige Amt ergänzen. Klar ist, dass jetzt alle Seiten dazu aufgefordert sind, mit diplomatischen Mitteln die Lage zu entspannen. Das ist etwas, was wir tun, vor allem im Rahmen der E3, mit unseren Partnern aus Großbritannien und Frankreich, und auch in enger Abstimmung mit den Vereinigten Staaten. Denn unser gemeinsames Ziel ist, dass der Iran keine Nuklearwaffen bekommt.

Zusatzfrage

Was ist Ihre Einschätzung in Bezug auf das Atomprogramm? Sehen Sie langfristig die Chance, dass Iran doch einlenkt und sich zu Verhandlungen bereit erklärt?

Wagner (AA)

Ich kann auch das vielleicht noch einmal einordnen. Zuletzt gab es ja Entschließungen innerhalb der IAEO. Darauf verweise ich Sie noch einmal. Grundsätzlich kann man, denke ich, sagen, dass sich der Iran nicht an seine Verpflichtungen hält, die er laut Völkerrecht zu befolgen hat, dass er diese Verpflichtungen ausgehöhlt hat und dass er auf eine jüngste Entschließung im Gouverneursrat der IAEO mit der Ankündigung reagiert hat, die Anreicherung weiterzuführen. Insofern muss man, denke ich, vom Ziel her denken. Es ist ganz klar, dass wir Iran vom Eskalationspfad abbringen und erreichen wollen, dass es eine verifizierbare, belastbare und vertrauenswürdige Zusicherung seitens des Irans gibt, dass das iranische Atomprogramm ausschließlich zivilen Zwecken dient und nicht für militärische Mittel vorgehalten wird.

Frage

Die Direktorin des Zusammenschlusses aller US-Geheimdienste, Tulsi Gabbard, erklärte bei der Senatsanhörung am 25. März dieses Jahres, laut übereinstimmender Einschätzung aller 18 US-Geheimdienste baue Iran nicht an einer Atombombe. Wenn die US-Geheimdienste Ende März geschlossen davon ausgegangen sind, dass der Iran keine Atombombe baue, aber sowohl der Außenminister als auch der Kanzler die Angriffe Israels als Präventivangriffe gerechtfertigt haben, würde mich interessieren, welche alternativen Informationen dem deutschen Außenminister und dem Kanzler denn vorliegen, die dieser Einschätzung der US-amerikanischen Seite widersprechen.

Wagner (AA)

Wir machen uns die Prämissen, die Sie in Ihrer Frage aufwerfen, ausdrücklich nicht zu eigen. Aber lassen Sie mich vielleicht einmal festhalten, dass der Generaldirektor der Internationalen Atomenergieorganisation, der IAEO, am 31. Mai sehr deutlich festgehalten hat, dass Iran seine Verpflichtungen aus dem Safeguards-Abkommen nachweislich nicht einhält. Ich denke, das ist die Grundlage, auf der wir das iranische Atomprogramm beurteilen.

Zusatz

Das war aber, ehrlich gesagt, keine Antwort auf meine Frage. Ich hatte gesagt, die US-Geheimdienste seien vor anderthalb Monaten zu dem Schluss gekommen, es werde keine Atombombe gebaut. Mit der Argumentation, es bestehe die imminente Gefahr einer iranischen Atombombe, hat Israel den Iran angegriffen und haben sowohl der Kanzler als auch der Außenminister diese Angriffe verteidigt. Die US-Geheimdienste sagen: Nein, das war nicht in Planung. ‑ Dann müssen der Kanzler und auch der Außenminister, wenn sie das so verteidigen, ja andere Informationen haben. Auch die von Ihnen angesprochene internationale Atomenergiebehörde hat von Unregelmäßigkeiten in der Berichterstattung gesprochen, aber mitnichten davon, dass der Iran kurz vor einer Atombombe gestanden habe.

Wagner (AA)

Ich habe ausdrücklich gesagt, dass wir uns die Prämisse Ihrer Frage nicht zu eigen machen.

Zusatzfrage

Welche Prämisse?

Wagner (AA)

Die Prämisse, die Sie in Ihrer Frage eben länglich dargelegt haben. ‑ Ich habe gesagt, die kompetente internationale Behörde, nämlich die internationale Atomenergiebehörde, hat in einer jüngsten Entschließung sehr klar festgehalten, dass sich der Iran nicht an seine Verpflichtungen in Sachen des Atomprogramms hält.

Zuruf

(ohne Mikrofon, akustisch unverständlich)

Vorsitzende Buschow

Jetzt bekommt erst einmal der nächste Fragesteller das Wort. Die Liste ist nämlich tatsächlich lang.

Zuruf

Entschuldigung, aber wenn ich zwei anspreche, und nur einer antwortet ‑ ‑ ‑

Hille (BReg)

Wir alle sitzen hier für die Bundesregierung. Alle Kolleginnen und Kollegen, die hier oben sitzen, sitzen hier für die Bundesregierung. Ich habe dem, was der Kollege Wagner gerade ausgeführt hat, nichts hinzuzufügen.

Zuruf

Das heißt, Herr Wadephul spricht jetzt auch für ‑ ‑ ‑

Vorsitzende Buschow

Ich nehme Sie wieder auf die Liste. Geben Sie vielleicht anderen Kollegen die Chance, ebenfalls eine Frage zu stellen. Jetzt ist der nächste Kollege an der Reihe.

[…]

Frage

Herr Wagner hat gerade noch einmal gesagt, dass sich Iran nicht an die völkerrechtlichen Verpflichtungen halte. Herr Wagner, Israel hat jetzt einen Akt der Aggression begangen, und sie haben Nuklearanlagen angegriffen, was laut Artikel 56 der Genfer Konvention streng verboten ist.

Ist es für die Bundesregierung kein Problem, wenn Israel Völkerrecht bricht?

Wagner (AA)

Ich möchte Ihnen den Hinweis geben, Artikel 56 noch einmal ganz genau zu lesen.

Zusatz

Ich kann ihn sogar vorlesen.

Wagner (AA)

Das können Sie gern tun, aber ich denke, es reicht, wenn Sie ihn noch einmal genau lesen. ‑ Es ist einfach sehr schwierig für uns, von dieser Stelle aus eine völkerrechtliche Einordnung zu treffen, auch deshalb, weil wir keine Informationen haben, die wir hier mit Ihnen teilen können. Der Außenminister hat schon darauf verwiesen, dass Israel in der Tat geltend macht, sich zu verteidigen, und das Recht hat, seine Existenz zu verteidigen. Insofern ist es für uns zu diesem Zeitpunkt einfach sehr schwer, das völkerrechtlich einzuordnen.

Zusatzfrage

Ich verzichte jetzt darauf Artikel 56 vorzulesen. Aber er ist eindeutig. Darauf hatten auch die Atomexperten schon hingewiesen. Haben Sie den Akt der Aggression jetzt sogar schon weggelassen, weil Sie selbst ihn nicht verteidigen können, Herr Wagner?

Wagner (AA)

In Artikel 56 gibt es kein absolutes Verbot von Angriffen auf Nuklearanlagen. Das gibt es nicht. Sie können ihn gern vorlesen, und dann können wir es hier gern auch coram publico ausdiskutieren. Aber es ist nicht absolut verboten.

Zuruf

(ohne Mikrofon, akustisch unverständlich)

Wagner (AA)

Ich habe Ihnen gesagt, was Israel als Rechtfertigung für sein Vorgehen anführt.

Vorsitzende Buschow

Ich bin dankbar, wenn wir uns an unser Agreement halten: Frage, Nachfrage, und wenn das Mikro aus ist, nicht noch zu versuchen, eine dritte Frage in den Raum zu werfen.

[…]

Frage

Herr Wagner, ich habe eine Frage zu den Reiseplänen des Außenministers. Ich weiß nicht, ob Sie es schon angekündigt haben. Wird der Außenminister Zypern besuchen? Wenn ja, wird das Thema eventueller Evakuierungen deutscher Bürger aus der Region ein Thema sein?

Wagner (AA)

In der Tat wird der Außenminister heute auf dem Rückweg aus der Golfregion, wo er sich zur Stunde noch aufhält, in Zypern einen Zwischenstopp einlegen und dort seinen zypriotischen Amtskollegen treffen.

Bezüglich des zweiten Aspekts, den Sie in Ihrer Frage aufmachen, verweise ich Sie auf das, was ich vorhin gesagt habe. Wir schauen uns natürlich alle Optionen an und bereiten uns vor. Aber zur Stunde gibt es einfach nichts Konkretes, was ich dazu ankündigen könnte. Daraus sollten Sie nicht schließen, dass auf Zypern etwas anlaufen würde.

Die Lage ist im Moment einfach noch sehr volatil. Der Luftraum über Israel ist gesperrt und der Flughafen nicht benutzbar. Ausreisemöglichkeiten auf diesem Weg stehen nicht zur Verfügung. Das israelische Heimatfront-Kommando, also die israelischen Sicherheitsbehörden, die Streitkräfte, raten davon ab, den Weg über Land zu suchen und empfehlen, sich nah bei Schutzräumen aufzuhalten. Insofern ist das Gegenstand des Krisenstabes, der jetzt tagt, um zu schauen, wie, mit welchen Mitteln und mit welchen Instrumenten wir Deutsche bei der Ausreise unterstützen und ihnen helfen können.

Zusatzfrage

Zypern hat in der Vergangenheit eine Rolle bei solchen Evakuierungen gespielt. Ist das auch jetzt wieder eine Option?

Wagner (AA)

Es könnte eine Option sein, aber es gibt auch andere Wege. Es tut mir leid, dass ich so allgemein bleibe.

Frage

Herr Wagner, die IAEO hat in ihrem Quartalsbericht darauf hingewiesen, dass Iran über eine Mengen an Uran, auf 60 Prozent angereichert, verfüge, das innerhalb weniger Wochen so weit angereichert werden könne, dass man daraus neun Atombomben bauen könnte. Das alles steht im Konjunktiv.

Verfügt die Bundesregierung über die Erwähnung dieser Möglichkeiten hinaus über irgendwelche Evidenzen dafür, dass der Iran dies tatsächlich tut, also tatsächlich an Atomwaffen baut?

Wagner (AA)

Sie hat eben auch festgehalten ‑ das schließt ja an die Frage an, die wir vorhin diskutiert haben ‑, dass der Grad dieser Anreicherung nicht mit einem zivilen Programm zu rechtfertigen ist oder zumindest unplausibel ist. Ich habe über das hinaus, was die IAEO öffentlich sagt, nichts, das ich Ihnen hier darbieten könnte.

Zusatzfrage

Sie kritisieren wie auch die IAEO den Iran dafür, dass er sich nicht an seine Veröffentlichungsverpflichtungen hält. Fordert die Bundesregierung eigentlich auch von Israel eine Veröffentlichung von Daten über den Umfang des Atomprogramms, das ja mutmaßlich noch weiter fortgeschritten ist? Es gibt zumindest seriöse Berichte darüber, dass Israel bereits über Atomwaffen verfügt. Fordern Sie auch von der israelischen Regierung eine Offenlegung?

Wagner (AA)

Na ja, das ist ja im internationalen Recht sehr klar geordnet. Es gibt den Nichtverbreitungsvertrag. Dem ist Israel nicht beigetreten. Das ist aber für uns der zentrale Eckpfeiler für die nukleare Ordnung und insofern auch eine wichtige Bezugsgröße. Insofern würden wir es natürlich begrüßen, wenn der noch breiter zur Anwendung kommen würde.

Frage

Ich habe eine Frage an Herrn Wagner oder gegebenenfalls auch an Frau Dr. Kock. Haben Sie Erkenntnisse darüber, wie viele israelische Staatsbürger jetzt in Deutschland gestrandet sind? Die Botschaft ist ja offiziell nicht so richtig besetzt.

Wagner (AA)

Ich habe tatsächlich keine Zahlen vorliegen, weil das eine Frage ist, die Sie an die israelische Botschaft richten müssten. Ich weiß nicht, ob das BMI darüber hinaus ‑ ‑ ‑

Dr. Kock (BMI)

Ich habe auch keine Zahlen vorliegen.

Frage

Herr Wagner, ich wollte nur noch einmal bezüglich einer möglichen Evakuierung deutscher Staatsbürger aus Israel nachhaken. Sie verwiesen eben auf den gesperrten Luftraum über Israel, aber es gibt ja noch andere Wege. Polen macht es jetzt so, dass es seine Staatsbürger durch einen Konvoi über den Landweg nach Jordanien bringt und die von dort ausgeflogen werden. Wäre das auch ein Weg für deutsche Staatsbürger?

Wagner (AA)

Natürlich ist der Landweg auch eine Option. Aber weil Sie es aufbringen: Polen organisiert einen Konvoi, weil wir halt über eine sehr begrenzte Zahl von Staatsangehörigen reden. Ich habe ja eben schon gesagt, dass allein auf unserer ELEFAND-Liste mittlerweile fast 4000 Personen eingetragen sind. Wir müssen von einer Dunkelziffer ausgehen, die noch weit höher liegt. Insofern ist eine solche, sozusagen punktuelle, singuläre Lösung für uns keine richtige Option. Insofern schauen wir uns alle Wege und alle Optionen an, die es gibt. Im Moment ist der Luftraum leider keine Option. Der Landweg könnte eine Option sein. Allerdings ist es, wie gesagt, auch so, dass die israelischen Sicherheitsbehörden nach wie vor davor warnen, sich jetzt auf eine Ausreise auf dem Landweg zu begeben. Aber natürlich schauen wir uns das sehr genau an und werden sehr zeitnah die deutschen Staatsangehörigen auf den sich bietenden Kanälen darüber informieren, welche Möglichkeiten der Unterstützung einer Ausreise wir bieten können.

[…]

Frage

Meine Frage wurde nicht ganz beantwortet, Herr Wagner. Es ging noch einmal um den Akt der Aggression. Weil Sie ja nicht der Sprecher des israelischen Außenministeriums sind, sondern der deutsche, habe ich ja nicht gefragt, was Israel sagt, weil Israel diesen Akt der Aggression natürlich leugnet und sagt, das sei Selbstverteidigung. Die Frage ist ja, warum Deutschland diesen völkerrechtswidrigen Angriff, der eindeutig ist, nicht verurteilt.

Wagner (AA)

Es ist eben nicht so eindeutig. Aber ich habe ja schon dargelegt: Uns liegen einfach auch nicht alle Informationen vor, die notwendig wären, um das völkerrechtlich einzuordnen. Insofern tun wir es hier auch nicht.

Zusatzfrage

Was fehlt denn da noch?

Wagner (AA)

Israel stellt ja in den Raum, sich sozusagen gegen das iranische Nuklearprogramm zu wehren. Das können wir an dieser Stelle nicht überprüfen. Darüber haben wir auch nicht die Informationen. Das wird man dann irgendwann einordnen müssen, aber zum jetzigen Zeitpunkt, hier und gegenüber Ihnen, kann ich es nicht völkerrechtlich einordnen.

Bericht des Forschungsinstituts SIPRI über atomare Aufrüstung

Frage

Es gibt einen neuen Bericht des Forschungsinstituts SIPRI über Atomwaffen. Fast alle neun Atommächte modernisieren ihr Arsenal. SIPRI spricht von einem neuen nuklearen Wettrüsten. Wie geht die Bundesregierung mit diesem Bericht um?

Gibt es eventuell auch Pläne für eine gemeinsame europäische atomare Abschreckung?

Wagner (AA)

Das sehen wir mit Sorge, weil es der Stabilität nicht dient.

Aber da Sie fragten, ob es darüber eine europäische Abstimmung gibt: Wir stehen ja mit unseren europäischen Partnern immer und fortwährend in Rücksprache.

Frage

Herr Wagner, erkennt die Bundesregierung eigentlich an, dass es neun Atommächte gibt?

Wagner (AA)

Ich bin mir nicht sicher, ob das etwas ist, das die Bundesregierung anerkennen muss. Es gibt ‑ ‑ ‑

Zusatz

Ja, klar! Ich erinnere mich daran, dass ich hier seit Jahren nachfrage, ob Sie Israels Atombomben verurteilen und Israel auffordern, in das Überprüfungsprogramm der IAEA einzutreten. Das haben Sie bisher nie getan. Israel hat sich Atombomben illegal beschafft, was im Iran jetzt verhindert werden soll. Daher habe ich die Frage gestellt.

Wagner (AA)

Ich habe darüber keine Erkenntnisse, die ich hier mit Ihnen teilen kann. Aber wir hatten ja vorhin mit Ihrem Kollegen schon einen Austausch darüber geführt, wie wir es fänden, wenn der NVV auch auf andere Staaten ausgeweitet werden würde. Nur ist Israel eben nicht Mitglied des Nichtverbreitungsvertrags.

Vorwürfe gegen den deutschen Botschafter in Uganda

Frage

Herr Wagner, am Freitag wurde die Botschaft in Uganda geschlossen. Wie stehen Sie zu den Vorwürfe einiger dortiger Militärs gegen Botschafter Schauer, die ja schon seit Längerem bestehen?

In erster Linie aber: Wie geht es den Leuten, und ist die Botschaft wieder geöffnet?

Wagner (AA)

Dazu müsste ich mich erst schlau machen. Eine Antwort reiche ich Ihnen gleich nach.

[…]

Vorsitzende Buschow

Dann haben wir noch eine Nachlieferung aus dem Auswärtigen Amt.

Wagner (AA)

Genau. Es gab vorhin noch eine Frage zu Uganda. Ich kann klar sagen, dass die Vorwürfe, die gegen den deutschen Botschafter erhoben worden sind, ungerechtfertigt sind und wir diese ja auch zurückgewiesen haben. Wir haben dieses Thema auch mit dem ugandischen Botschafter hier in Berlin thematisiert.

Weil Sie gefragt haben, wie es um unsere Auslandsvertretung in Kampala steht: Sie ist geöffnet und arbeitet. Der Botschafter ist und war vor Ort. Er hat auch vergangene Woche den ugandischen Staatspräsidenten getroffen.

Neubesetzung von Botschafterposten

Frage

Herr Wagner, wie weit ist die Neubesetzung der Botschafterposten gediehen? Können Sie schon eine Liste mit uns teilen?

Insbesondere interessiert mich natürlich der Botschafterposten im Vatikan. Können Sie inzwischen den Namen bestätigen, der schon kursiert?

Wagner (AA)

Schön, dass Sie ein spezifisches Interesse an einem besonderen Posten haben. Nein, diesbezüglich habe ich nichts, was ich mit Ihnen teilen könnte, und zwar nicht deshalb, weil ich das nicht tun möchte, sondern weil es bei der Besetzung der Posten von Botschafterinnen und Botschaftern ein ganz entscheidendes Element gibt, nämlich das Agrément, die Zustimmung des Gastlandes zu der Besetzung, die wir vorsehen. Solange wir sie nicht haben, kommunizieren wir solche Besetzungen nicht.

Verfolgung der Falun-Gong-Bewegung in China

Frage

Am 26. Mai, also vor drei Wochen, fragte ich die Bundesregierung, über welches Wissen sie in Bezug auf die Entschließung des EU-Parlaments vom 18. Januar 2024, gerichtet an die EU-Mitgliedsländer, verfüge, was die alte Regierung gegen die Verfolgung von Falun Gong Praktizierenden in China und den staatlich organisierten Organraub dort getan habe und was Sie als neue Regierung tun wollten. Es war klar, dass Sie nicht sofort etwas sagen konnten. Es betrifft mehrere Ministerien. Ich habe auf eine Nachreichung gehofft, aber bis jetzt ist noch nichts eingetroffen. Jetzt möchte ich nachfragen, wie der Stand ist.

Wagner (AA)

Darauf kann ich gern jetzt antworten. Wir haben uns auch schon in der Vergangenheit zu Falun Gong Praktizierenden in China eingelassen. Wir sehen mit größter Besorgnis, wie Religionsfreiheit dort eingeschränkt wird. Das ist auch ein Thema, das wir regelmäßig mit der chinesischen Regierung thematisieren. Dann kann ich Sie auch auf verschiedene Äußerungen in der Vergangenheit, zum Beispiel der Menschenrechtsbeauftragten der Bundesregierung, verweisen. Das ist auch Gegenstand von Gesprächen mit ihr.

Zusatzfrage

Es wird weiterhin Gespräche geben? Das ist das, was Sie als Regierung machen wollen?

Wagner (AA)

Genau. Das ist ein Thema, das wir auf dem Schirm haben. Wir kennen die Berichte zur Situation dort. Wir thematisieren das auch im Rahmen unserer Kontakte mit der chinesischen Führung.

Offener Brief von Angehörigen deutscher IS-Gefangener in Syrien

Frage

Es geht um einen offenen Brief von Angehörigen ehemaliger IS-Kämpfer, die sich in Syrien in Haft befinden. Da fordern die Angehörigen, dass sie nach Deutschland zurückgeholt werden. Gibt es dazu Gespräche mit der syrischen Regierung oder mit der kurdischen Selbstverwaltung bzw. haben Sie da irgendwelche Maßnahmen ergriffen?

Wagner (AA)

Ich kann vielleicht anfangen: Eventuell ist das auch etwas, was noch das BMI noch betrifft.

Wir haben diesen Brief der Angehörigen gesehen. Das war ein offener Brief. Wir können die Sorgen der Autoren um ihre Familienangehörigen nachvollziehen. Derzeit beschäftigen wir uns sehr intensiv mit der Lageentwicklung in Syrien, weil die Lage weiter volatil ist. Die Botschaft in Damaskus ist zwar offiziell wiedereröffnet und mit einem gewissen Personalbestand ausgestattet, sie ist aber eine noch nicht voll operativ tätige Auslandsvertretung, die das ganze konsularische Geschäft abdeckt. Aber natürlich haben wir uns immer wieder sehr intensiv damit befasst und haben auch mit Partnern dazu im Austausch gestanden.

Es gab von Seiten der Selbstverwaltung, die Sie angesprochen haben, uns gegenüber wiederholt ein deutlich gemachtes Interesse an eigener Strafverfolgung. Viele der Täter kommen aus Syrien, die Opfer sind syrisch, und diese Verbrechen haben auch in Syrien stattgefunden. Insofern ist sehr nachvollziehbar, dass vor Ort ein Eigeninteresse besteht, diese Verbrechen aufzuarbeiten.

Es laufen derzeit in Syrien auch Verhandlungen zwischen den Gruppierungen der HTS, die jetzt die Regierung in Damaskus stellt, und den Vertretern aus der Selbstverwaltung zu der Frage, wie man mit diesen verbliebenen IS-Kämpfern in den Lagern umgeht. Ich glaube, wir müssen jetzt die Ergebnisse dieser Gespräche abwarten.

Was ich klar sagen kann, ist, dass eine Rückholung der inhaftierten deutschen Männer aus Nordostsyrien nicht geplant ist.

Zusatzfrage

Wieso wurde in all den Jahren noch kein einziger dieser Gefangenen vor Gericht gestellt?

Wagner (AA)

Das ist eben eine sehr komplexe Gemengelange vor Ort, die dadurch gekennzeichnet war, dass sich Syrien sehr lange in bürgerkriegsähnlichen Zuständen befunden hat. Insofern ist das jetzt dort mit Blick auf die Transition in Syrien und den Prozess hin zu einer stabileren Verwaltung ein wichtiges Thema. Da laufen derzeit auch Gespräche.

Frage

Herr Wagner, nur eine kurze Verständnisfrage: Sie haben gerade noch von der Konsolidierung der neuen syrischen Regierung gesprochen. Bisher ist sie wenig demokratisch legitimiert, und sie ist nur mit Waffengewalt an die Macht gekommen. Wie ist denn der Informationsstand der Bundesregierung? Ich glaube, die Regierung selbst hat Wahlen in vier Jahren in Aussicht gestellt. Ist das nach wie vor der Zeitplan, der auch dem Auswärtigen Amt bekannt ist ‑ und, wenn ja, wie bewerten Sie, was die demokratische Legitimation angeht, diesen Zeitraum der nächsten vier Jahre?

Wagner (AA)

Wir haben zur Kenntnis genommen, was sich die De-facto-Regierung in Damaskus als Hausaufgaben ins Stammbuch geschrieben hat. Sie wissen, dass wir das eng begleiten, weil wir als Europäer Interesse an einem stabilen Syrien haben, und wir auch deshalb engagiert waren. Ich habe eben angesprochen, dass wir unsere Botschaft dort wieder eröffnet haben. Insofern ist das etwas, was wir sehr genau beobachten. Wir haben hier sehr klare Erwartungen mit Blick auf Inklusion und Transparenz ‑ nicht nur wir als Bundesregierung, sondern auch als Europäer. Das gilt auch für die von Ihnen aufgeworfenen demokratischen Prozesse, die es brauchen wird, um dieser Regierung Legitimität zu geben.

Geheimpapier des russischen Inlandsgeheimdienstes FSB zu China

Frage

In Bezug auf die aktuelle Berichterstattung: Hält die Bundesregierung das geleakte Papier des russischen Geheimdienstes FSB für authentisch, dass Russland China keineswegs als Partner, sondern als Bedrohung sieht wegen wachsender Infiltration, technologischer Ausspähung und möglichen Gebietsforderungen der Chinesen im russischen Fernen Osten?

Wagner (AA)

Das kommentieren wir nicht. Wir können uns unsere Erkenntnislage anschauen. Da sehen wir, dass es eine klare Unterstützung vonseiten Chinas für den Krieg Russlands gegen die Ukraine gibt. Das thematisieren wir auch regelmäßig in unseren Gesprächen mit China.

Zusatzfrage

Sehen Sie aber noch eine andere Seite in dieser Beziehung ‑ eine Skepsis bei den russischen Sicherheitsbehörden gegenüber China?

Wagner (AA)

Ich bleibe bei dem, was ich eben gesagt habe.

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