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Erklärungen des Auswärtigen Amts in der Regierungspressekonferenz vom 23.05.2025

23.05.2025 - Artikel

Reise des Bundesaußenministers zu Antrittsgesprächen in Spanien und Portugal

Wagner (AA)

Ich darf Ihnen eine Reise von Außenminister Johann Wadephul für nächsten Montag ankündigen. Er wird am Sonntagabend zu Antrittsgesprächen nach Spanien und Portugal reisen und am Montag erst in Madrid auf seinen spanischen Außenministerkollegen José Albares sowie im Anschluss dann in Lissabon auf seinen portugiesischen Amtskollegen Paulo Rangel treffen. Zentrale Themen der Reise sind ‑ Sie können es sich vorstellen ‑ eine ganze Reihe von Themen, vor allen Dingen die bilateralen Beziehungen mit der Iberischen Halbinsel, aber auch die weitere Unterstützung der Ukraine angesichts des russischen Angriffskrieges sowie die europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik. Es wird sicherlich auch um Nahost gehen. In Madrid und Lissabon sind jeweils auch gemeinsame Pressekonferenzen mit den Amtskollegen geplant.

Frage

Herr Wagner, die Wahlen in Portugal haben ergeben, dass die „Chega!“-Bewegung, also die xenophobische und ausländerfeindliche Bewegung, jetzt die drittstärkste Kraft geworden ist. Die feiern dort bis heute. Wird das dann auch Thema der Agenda sein?

Wagner (AA)

Sie wissen, dass es in Portugal ja noch eine geschäftsführende Regierung gibt. Der Premierminister ist ja noch nicht eingeführt worden. Aber wir sehen natürlich der guten Zusammenarbeit mit der wahrscheinlich sich abzeichnenden Regierung entgegen, und das wird Thema bei den Gesprächen sein.

Frage

Wenn ich mich richtig entsinne, ist Portugal ja genauso wie Deutschland Teil der Freunde der qualifizierten Mehrheit in der EU. Von dieser Gruppe hat man jetzt länger nichts mehr gehört. Mich würde interessieren: Finden da noch Aktivitäten statt, und könnte es vielleicht auch zu einer Wiederbelebung im Rahmen dieses Treffens kommen?

Wagner (AA)

Ich würde ungern von Wiederbelebung und „lange nicht gehört“ sprechen, weil die Arbeiten dieser Gruppe ja weitergehen. Das ist etwas, das auch der neue Außenminister herausgestellt hat. Wir müssen die EU handlungsfähiger machen. Das gilt ganz besonders und vor allem auch für den außen- und sicherheitspolitischen Bereich. Insofern sind die Bestrebungen für mehr Entscheidungen mit qualifizierter Mehrheit dort ganz essenziell wichtig. Das ist etwas, das man leider nicht von heute auf morgen ändern kann. Insofern ist es wichtig, dafür innerhalb der EU Verbündete zu finden, und dem dient diese Gruppe auch.

Zusatzfrage

Können Sie vielleicht kurz beschreiben, was diese Aktivitäten sind, die im Hintergrund weiterlaufen?

Wagner (AA)

Wenn ich davon spreche, dass das Dinge sind, die im Hintergrund weiterlaufen, dann werde ich sie nicht hier darbieten.

[…]

Frage

Herr Wagner, Sie haben gesagt, Portugal habe noch eine amtierende Regierung. Aber ich darf noch einmal erwähnen, dass die „Chega!“-Bewegung jetzt mit 58 Sitzen dieselbe Anzahl von Sitzen wie die Sozialistische Partei innehat. Die Frage lautet konkret: Machen sich die Bundesregierung bzw. der Außenminister Sorgen? Wie sieht er diesen extremen Rechtsruck, den Portugal gerade durchmacht?

Wagner (AA)

Sie wissen ja, wie wir es bei innenpolitischen Vorgängen unserer engsten EU-Partner handhaben. Wie in jedem demokratischen Land haben die Menschen in Portugal das Recht, ihre Stimme der Partei zu geben, der sie sich am nächsten fühlen. Wir als Bundesregierung ‑ das hat, glaube ich, ja auch der Regierungssprecher unmittelbar nach der Wahl hier zum Ausdruck gebracht ‑ freuen uns, dass die demokratischen Kräfte dort eine Regierung bilden werden. Sie ist, wie gesagt, noch nicht formal eingeführt worden. Aber es ist in diesen Zeiten eben auch so, dass wir weltweit mit Krisen und Konflikten zu tun haben, und insofern ist es, glaube ich, richtig und wichtig, dass der Außenminister jetzt schnell nach Portugal reist, um dort mit seinem Amtskollegen diese Dinge zu besprechen.

Offener Brief von mehreren EU-Mitgliedstaaten an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte bezüglich der Auslegung der Europäischen Menschenrechts­konvention

Frage

Ganz neu ist das Thema in dem Sinne nicht. Bekannt ist es auf jeden Fall schon, weil es schon beim Treffen von Meloni und Merz ein Thema war. Es geht um den Brief, der jetzt seitens sieben Staaten der Europäischen Union an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte gegangen ist. Ich würde gerne wissen, warum die Bundesregierung diesen Brief nicht mitunterzeichnet hat ‑ es geht im Ergebnis um die Auslegung von Migrationsrecht ‑ und ob sich die Bundesregierung die Forderungen, die darin stehen, zu eigen macht. Die Frage geht an Herrn Hille, vielleicht auch an Herrn Ata oder Herrn Wagner; das kann ich jetzt nicht so ganz einschätzen.

Hille (BReg)

Ich würde anfangen. Dazu kann ich erst einmal auf die Aussagen des Bundeskanzlers in Rom verweisen. Er hat dort wörtlich gesagt: „Ich habe (...) keine Veranlassung, Gerichtshöfen Briefe zu schreiben.“

Grundsätzlich gilt natürlich: Deutschland beteiligt sich aktiv an den europäischen Diskussionen über die illegale Migration und darüber, mit was für Rahmenbedingungen wir sie begrenzen können. Da gibt es, wie üblich, Initiativen, die von einzelnen Mitgliedstaaten vorangetrieben werden und dann im Weiteren diskutiert werden. Genau in diese Kategorie fällt auch dieser Brief.

Zusatzfrage

Wenn man einen Brief nicht mitunterzeichnet, heißt das ja auch, dass man die Forderungen zumindest in der Form nicht unterstützt. Ich gehe einmal davon aus, dass Frau Meloni schon versucht hat, Herrn Merz dafür zu gewinnen. Gibt es aus Sicht der Bundesregierung einen Reformbedarf bei der Europäischen Menschenrechtskonvention, die ja die Grundlage für die Urteile des EGMR ist?

Hille (BReg)

Da kann ich noch einmal zitieren, was ich eingangs gesagt habe. Der Bundeskanzler sagte wörtlich: „Ich habe (...) keine Veranlassung, Gerichtshöfen Briefe zu schreiben.“ - Diese Aussage steht für sich, denke ich. Daraus kann man dann Rückschlüsse auf das ziehen, was Sie gerade gefragt haben.

Frage

Der Kanzler hatte ja nach der Wahl gesagt, man wolle sich auf EU-Ebene eine Initiative von 16 oder nach anderer Darstellung 19 Ländern anschließen, die sich für schärfere Migrationsregeln auf EU-Ebene einsetzen. Die werden ja unter anderem von Dänemark und Italien angeführt, und die Gruppe ist zum Teil, würde ich sagen, kongruent mit der Gruppe, die jetzt diesen Brief unterzeichnet hat. Deswegen würde mich einfach einmal interessieren, wie das zusammenpasst, wenn der Kanzler damals gesagt hat, man werde jetzt auf EU-Ebene nicht mehr blockieren, wenn es um schärfere Regeln gehe. Wenn er diesen Brief nämlich nicht unterzeichnet, steht Deutschland ja, würde ich sagen, nicht hinter dieser ursprünglichen Ankündigung.

Hille (BReg)

Ehrlich gesagt verstehe ich nicht ganz den Zusammenhang, den Sie aufmachen. Mir sind auch die Äußerungen des Bundeskanzlers, auf die Sie da Bezug nehmen, nicht bekannt. Die Haltung der Bundesregierung zum Thema der Bekämpfung der irregulären Migration ist Ihnen, denke ich, bekannt. Die kann ich gerne noch einmal ausführen. Aber ansonsten weiß ich nicht ganz, in welche Richtung Sie da gehen.

Zusatz

Die Äußerungen fielen damals bei „Caren Miosga“, und der Zusammenhang ist natürlich, dass der Kanzler damals eben gesagt hat: Wir wollen uns den EU-Ländern anschließen, die sozusagen schärfere Regeln fordern. - Das wird ja jetzt in diesem Brief getan, und dabei sind auch die Länder, die der Kanzler eben damals angesprochen hat. Die Frage ist eben, warum man sich dem dann nicht anschließt, wenn man sagt, man wolle solche Initiativen nicht mehr blockieren oder daran teilnehmen. Das ist der Zusammenhang.

Hille (BReg)

Gut, es ist ja grundsätzlich auch genau richtig, dass wir eine strengere Migrationspolitik umsetzen wollen. Sie kennen die Maßnahmen, die wir national ergriffen haben. Ziel ist natürlich, das Gemeinsame Europäische Asylsystem funktionsfähig und schnell an den Start zu bringen. Deshalb sehe ich, ehrlich gesagt, den Widerspruch, den Sie zu konstruieren versuchen, nicht.

Frage

Ich habe noch eine Nachfrage dazu, weil Sie in Ihrer Antwort eben wieder nur auf den Brief abgestellt haben. Es gibt ja auch die grundsätzliche Frage, ob die EMRK als solche in der Form, in der sie dort steht und die dann eben vom EGMR ausgelegt wird, noch zeitgemäß ist. Daher stelle ich noch einmal ganz explizit die Frage, ob es aus Sicht der Bundesregierung irgendeinen Reformbedarf an der EMRK gibt oder nicht. Vielleicht mag das BMJV das übernehmen.

Hille (BReg)

Ich könnte jetzt zum dritten Mal den Satz des Bundeskanzlers zitieren, wenn ich den Zettel finde. Aber vielleicht kann die Kollegin vom BMJV dazu noch etwas sagen.

Dr. Maier (BMJV)

Ich habe dem als Sprecherin des BMJV zum jetzigen Zeitpunkt nichts hinzuzufügen.

Zusatzfrage

Ich habe das leider gerade nicht verstanden, schon rein akustisch nicht. Das war zu leise.

Dr. Maier (BMJV)

Ich habe dem nichts hinzuzufügen.

Zusatz

Es ist bedauerlich, wenn man dazu als Bundesregierung keine Position hat, aber das belassen wir dann einmal dabei!

Hille (BReg)

Ich habe Ihnen ja gesagt ‑ ich zitiere den Satz dann gerne noch einmal ‑, dass der Bundeskanzler gesagt hat: „Ich habe (...) keine Veranlassung, Gerichtshöfen Briefe zu schreiben.“ – Das lässt dann auch gewisse Rückschlüsse zu.

Dr. Maier (BMJV)

Was ich gerne noch ergänzen kann, ist, dass der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte ein unabhängiges Gericht ist, wie wir schon festgestellt haben, und das BMJV räumt der Europäischen Menschenrechtskonvention und der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zum Schutz der Menschenrechte in Europa einen hohen Stellenwert ein. Ich kann natürlich auch betonen: Wir fühlen uns vollumfänglich an die Rechtsprechung des EGMR gebunden.

Frage

Herr Hille, ich habe eine Frage im Nachgang zu der gestrigen Pressekonferenz in Litauen, und zwar zu den Äußerungen des Bundeskanzlers zu Gaza. Er hat gesagt:

„Wir sind sehr besorgt über die Lage im Gazastreifen, und über die Intensivierung der dortigen militärischen Operationen der israelischen Armee [...].“

Das ist, wenn ich das richtig sehe, doch noch einmal eine Veränderung im Ton und eine schärfere Kritik am Vorgehen Israels. Was war denn der Auslöser dafür, dass der Kanzler sich entschieden hat, das so zu formulieren?

Hille (BReg)

Sie haben den Bundeskanzler genau richtig zitiert. Die Interpretation dessen, wie Sie das lesen, ist natürlich Ihre Sache.

Es bleibt richtig: Die Situation im Gazastreifen besorgt uns sehr, sowohl, was die humanitäre Lage angeht, als auch, was die intensivierten Kampfhandlungen angeht, die wir da sehen. Wie Sie sich denken können, befinden wir uns darüber in sehr engem Austausch mit den Vertretern der israelischen Regierung und haben dort diese Position auch sehr deutlich gemacht.

Frage

Herr Wagner, der israelische Ministerpräsident hat sich noch einmal für die Umsetzung des Trumpschen Plans ausgesprochen, der de facto ethnische Säuberungen bedeuten würde. Dazu hätte ich bitte einmal eine Stellungnahme.

Wagner (AA)

Ich glaube, die Position der Bundesregierung dazu ist sehr klar. Der Außenminister hat gesagt: Gaza gehört zu den palästinensischen Gebieten. - Also lehnen wir einen solchen Plan ab.

Frage

Es ist ja so, dass sich der Kanzler sehr gerne und sehr intensiv mit seinen europäischen Kollegen abspricht. Aber die deutsche Position zu Gaza scheint sich ja schon zunehmend von der anderer europäischer Regierungen zu unterscheiden. Sehen Sie das nicht so? Wie findet denn der Austausch in dieser Frage statt, was die Kollegen in den anderen Ländern angeht?

Hille (BReg)

Nein, das sehe ich nicht so. Wie es immer so ist, gibt es natürlich unterschiedliche Herangehensweisen an Themen. Aber die Position der Bundesregierung ist da ziemlich klar. Ich habe ja gerade schon gesagt, in was für einem Ausmaß uns die dortige Situation besorgt, und das haben wir der israelischen Seite auch sehr deutlich zu verstehen gegeben.

Für den zweiten Teil der Frage danach, wie diese Abstimmungen stattfinden: Das findet auf allen Ebenen statt. Das sind Telefongespräche, Begegnungen und was es heutzutage halt sonst noch so an Kommunikationswegen gibt.

Wagner (AA)

Ich kann vielleicht noch etwas ergänzen. Auch Außenminister Wadephul stimmt sich ja sehr eng mit seinen europäischen Kolleginnen und Kollegen ab. Sie haben gesehen, dass wir uns Anfang der Woche auch in einem gemeinsamen Statement zur humanitären Lage in Gaza dazu eingelassen haben, was dort jetzt notwendig ist. Wir müssen ja sehen, dass die Vereinten Nationen im Moment gemeinsam mit den Hilfsorganisationen alles probieren, die Hilfslieferungen, die jetzt hereinkommen, unter extrem schwierigen Bedingungen zu verteilen. Es ist natürlich auch so, dass die derzeitige Menge, die dort hereinkommt, nach den Wochen der Blockade und nach dem, was man als Bedarf in Gaza feststellen muss, natürlich weit hinter dem zurückbleibt, was notwendig ist. Insofern befinden wir uns in einem weiterhin intensiven Austausch mit der israelischen Regierung, um dafür zu sorgen, dass mehr humanitäre Hilfe ‑ Sie kennen die Mengen, die eigentlich notwendig sind; darüber haben wir hier schon öfter gesprochen ‑ in den Gazastreifen hereinkommt.

Frage

Herr Hille, Sie haben gesagt, Sie stünden mit Ihren israelischen Partnern in direktem Kontakt und in regem Austausch. Gibt es auch die Option, die israelische Regierung unter Druck zu setzen, was diese Tragödie zivilisatorischen Ausmaßes, die in Gaza stattfindet, angeht? Gibt es solche Optionen?

Hille (BReg)

Herr Wagner hat ja gerade schon inhaltlich vollkommen richtig gesagt, was jetzt in Sachen humanitärer Hilfe passieren muss. Wir sehen Israel dabei ganz klar in einer Verantwortung, der Israel nachkommen muss. Dazu gab es ja den in vergangenen Wochen zahlreiche Kontakte des Bundeskanzlers mit dem israelischen Ministerpräsidenten und mit dem israelischen Staatspräsidenten. Der Außenminister hat vielfach, kann man, glaube ich, sagen, mit seinem israelischen Amtskollegen telefoniert, um genau diese Dinge deutlich zu machen - natürlich mit dem Ziel, eine Veränderung der Situation zu erreichen.

Zusatzfrage

Die Veränderung ist noch nicht eingetroffen. Sind Sie davon enttäuscht?

Hille (BReg)

Na ja, so apodiktisch, wie Sie das sagen, würde ich es nicht sehen. Es gibt jetzt zum ersten Mal wieder humanitäre Hilfsgüter, die im Gazastreifen ankommen. Wie Herr Wagner sagte, ist das natürlich viel zu wenig und zu spät und zu langsam, aber das ist ja durchaus eine Entwicklung. Jetzt geht es darum, das deutlich zu erhöhen, deutlich auszuweiten und dafür zu sorgen, dass diese Hilfsgüter bei den Menschen ankommen, damit das Leiden im Gazastreifen ein Ende hat.

Treffen der Finanzminister der G7

Frage

Ich habe eine Frage zu dem G7-Finanzministertreffen. Dabei wurde über mögliche neue Sanktionen gesprochen, wenn ich es richtig verstanden habe. Konkret ging es um die Frage, was mit Staaten passiert, die Russland im Angriffskrieg gegen die Ukraine helfen. Wenn ich es richtig verstanden habe, sollen Staaten, die Russland im Krieg gegen die Ukraine helfen, vom Wiederaufbau der Ukraine ausgeschlossen werden. Würde das aus Sicht der Bundesregierung auch China betreffen, Herr Hille?

Hille (BReg)

Entschuldigen Sie, können Sie den zweiten Teil noch einmal wiederholen?

Zusatzfrage

Gerne. – Die G7-Finanzminister haben angekündigt, dass Staaten, die Russland beim Krieg gegen die Ukraine unterstützen, als Sanktionsmaßnahme vom Wiederaufbau der Ukraine ausgeschlossen werden sollen, wenn ich es richtig verstanden habe. Wäre davon dann auch China betroffen? Dürften die dann auch nicht die Ukraine wieder aufbauen?

Hille (BReg)

Da das den Finanzminister und das Finanzministertreffen betrifft, würde ich das als eine Frage an das Finanzministerium ansehen.

Nimindé-Dundadenga (BMF)

Zum Finanzministertreffen der G7 hat sich Bundesfinanzminister und Vizekanzler Lars Klingbeil ja gestern schon dezidiert geäußert. Er hat als sehr positiv angesprochen, dass sich die G7 auf eine klare gemeinsame Abschlusserklärung geeinigt haben. Da gab es ja auch das Kommuniqué. Dieses Kommuniqué, das Sie ansprechen, steht jetzt erst einmal für sich. Die Gespräche laufen ansonsten natürlich, wie immer im supranationalen Bereich, aber das Kommuniqué steht jetzt erst einmal für sich.

Zusatzfrage

Vielleicht können Sie mir helfen, Herr Wagner: Ist China aus Sicht der Bundesregierung ein Akteur, der Russland beim Krieg gegen die Ukraine unterstützt?

Wagner (AA)

Das ist ja kein Geheimnis, und auch die chinesische Seite macht kein Geheimnis aus ihren Beziehungen zu Russland. Wir haben das auch immer wieder thematisiert. Ich habe auch davon berichtet ‑ ich meine, es war in dieser Woche ‑, dass der Außenminister bereits mit seinem chinesischen Counterpart telefoniert hat. Es ist so, dass dieser Krieg Russlands in der Ukraine europäische Kerninteressen berührt und die europäische Friedensordnung angreift, und natürlich hat China als ein ständiges Mitglied im UN-Sicherheitsrat auch eine besondere Verantwortung für den Frieden auf der Welt. Insofern thematisieren wir das natürlich gegenüber der chinesischen Regierung.

Was das Statement der G7-Finanzminister angeht, so müsste das BMF dazu vielleicht tatsächlich noch etwas nachreichen.

Entzug der Berechtigung der Harvard University zur Aufnahme ausländischer Studierender

Frage

Der Fall Harvard betrifft ja auch Deutschland, jedenfalls sofern deutsche Studenten in Harvard studieren. Wie sieht die Bundesregierung diese Entscheidung, auch mit Blick auf den internationalen Austausch?

Könnte Deutschland davon auch profitieren, indem man sich als offener Standort profiliert und so vielleicht für Leute attraktiv wird, die jetzt nicht mehr an US-Universitäten studieren können?

Hille (BReg)

Da kann ich vielleicht ganz kurz einmal allgemein den Einstieg machen. ‑ Eine freie Wissenschaft gehört natürlich zum Kern liberaler demokratischer Gesellschaften und ist fester Bestandteil unserer freiheitlichen demokratischen Grundordnung. Die Freiheit der Wissenschaft und auch der internationale Austausch sind entscheidende Grundlagen für den wissenschaftlichen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Fortschritt. Einschränkungen der Wissenschaftsfreiheit sind Einschränkungen der Demokratie selbst.

Wagner (AA)

Ich kann das vielleicht noch ergänzen. Sie sind darauf eingegangen, dass dort sicherlich auch deutsche Studierende betroffen sind. In der Tat wissen wir von einer dreistelligen Zahl Deutscher, die in Harvard studieren. Insofern werden wir zügig mit den Partnern in den USA die Frage aufnehmen, welche Auswirkungen das auf die deutschen Studierenden hat. Wir bringen in diesen Gesprächen dann natürlich auch die Erwartung zum Ausdruck, dass die Belange und Interessen deutscher Studierender dort angemessen berücksichtigt werden.

Dr. Schneidewindt (BMFTR)

Ich würde das gerne für das Bundesforschungsministerium ergänzen. Die Ministerin ist gerade beim Forschungsrat in Brüssel, hat sich dort geäußert und hat dabei ‑ wie es der stellvertretende Regierungssprecher gerade auch getan hat ‑ noch einmal die Bedeutung der Wissenschaftsfreiheit auch für den Wissenschaftsstandort Deutschland betont. Sie hat dort auf die gestrige dramatische Entscheidung der US-Regierung zu Harvard hingewiesen und erklärt, dass diese Entscheidung Verlierer auf allen Seiten schaffe. Sie sagte: „Europa ist und bleibt ein attraktiver Ort der garantierten Wissenschaftsfreiheit.“ Dazu müssen wir auf europäischer Ebene alle eng zusammenarbeiten, und dafür hat sie um Unterstützung gebeten. Sie sagte außerdem: „Gleichzeitig geht es natürlich auch darum, Deutschland als einen attraktiven Wissenschaftsstandort zu positionieren.“

Frage

Frau Dr. Schneidewindt, wenn auch mehrere hundert deutsche Studenten davon betroffen sind, dann müssen die ja möglicherweise Knall auf Fall da weg. Können Sie da Unterstützung anbieten? Wollen Sie das? Inwiefern sind Sie da in Gesprächen?

Dr. Schneidewindt (BMFTR)

Das geht, glaube ich, zum Teil wieder zurück an das Auswärtige Amt. Es gibt jedenfalls die Mittlerorganisationen vor Ort, die als Ansprechpartner für Studierende zur Verfügung stehen ‑ nicht wir als Ministerium direkt, aber die Mittlerorganisationen.

Wagner (AA)

Ich habe ja schon ausgeführt, dass das etwas sein wird, was wir jetzt im Gespräch mit den amerikanischen Stellen aufnehmen werden.

Zusatzfrage

Aber Sie wissen noch nichts?

Wagner (AA)

Diese Ankündigung ist ja noch nicht so lange her. Wir nehmen das als dringende Angelegenheit wahr; das wird, glaube ich, durch das, was der stellvertretende Regierungssprecher hier gesagt hat und was wir hier gesagt haben, deutlich. Insofern werden wir das jetzt sehr rasch thematisieren.

Frage

Herr Wagner, viele derjenigen, die in den USA sind, sind dort ja auch als Doktoranden oder Postdoktoranden unterwegs. Haben Sie schon in irgendeiner Form herausfinden können, inwieweit diejenigen die USA momentan temporär verlassen und danach noch einmal hineinkommen können? Denn das ist ja so ein bisschen die Schwierigkeit. So etwas wäre ja zum Beispiel über einen alternativen Visastatus möglich. Haben Sie diesbezüglich schon irgendwelche Erkenntnisse, die Sie hier den Betroffenen mitgeben könnten? Sollten die jetzt erst einmal in den USA bleiben und auf keinen Fall ausreisen oder sollten die möglichst ausreisen?

Wagner (AA)

Das betrifft ja Status- und Visafragen, die nach amerikanischem Recht geregelt werden. Insofern muss man sich diesbezüglich gut bei den amerikanischen Stellen informieren. Ich kann natürlich immer wieder auf die Reise- und Sicherheitshinweise des Auswärtigen Amtes hinweisen, in denen wir zum Teil auch auf diese Fragen detailliert eingehen. Was konkret die Harvard-Frage betrifft, sind die Dinge aber einfach noch nicht so klar. Insofern muss das jetzt schnell geklärt werden.

Frage

Frau Schneidewindt, Sie sprachen es gerade an: Inwieweit gibt es denn schon Programme oder Möglichkeiten, Studenten weltweit jetzt nach Deutschland zu locken? Das ist ja eine Riesenchance.

Dr. Schneidewindt (BMFTR)

Ich würde den Begriff „locken“ nicht verwenden wollen. Wie ich gesagt habe, ist das Ziel der Ministerin, einerseits Deutschland als attraktiven Wissenschaftsstandort zu fördern und zu stärken und andererseits die Initiative „Choose Europe for Science“ mitzugestalten. Das sind die beiden Punkte, und dazu gibt es Gespräche bzw. gab es auch schon Gespräche. Dabei geht es darum, zusammen mit der Wissenschaft zu schauen, was man da mit den Wissenschaftseinrichtungen vorantreiben kann und wie man vorgehen kann, um das dann auch möglichst zeitnah zu schaffen.

Mutmaßlicher iranischer Spionageangriff auf eine Europaabgeordnete

Frage

An Herrn Wagner zum mutmaßlichen Spionageangriff seitens des Iran auf Frau Neumann, eine Europaabgeordnete der Grünen. Der Verdacht scheint sich jetzt erhärtet zu haben. Ich würde gerne wissen, welche Maßnahmen das Auswärtige Amt infolge dieses Vorfalles ergriffen hat. Ist der iranische Botschafter oder ein Gesandter einbestellt worden, oder gab es andere derartige Dinge?

Wagner (AA)

Ich habe dazu tatsächlich keine Erkenntnisse, die ich hier mit Ihnen teilen könnte. Ich gehe dem noch einmal nach und würde gegebenenfalls etwas nachreichen. Es ist nicht so, dass es so etwas in der Vergangenheit nicht schon gegeben hätte; insofern würde mich das nicht überraschen. Aber wie gesagt, ich reiche das gerne nach.

Iranisches Nuklearprogramm

Frage

Herr Wagner, heute findet in Rom die fünfte Runde der Iran-US-Nukleargespräche statt. Das ist die fünfte Runde jetzt. Ein Streitpunkt dabei ist das iranische Urananreichungsprogramm. Die Amerikaner wollen kein Urananreichungsprogramm auf iranischem Territorium haben. Iran besteht auf sein Recht auf Urananreicherung. Wie steht die Bundesregierung dazu?

Wagner (AA)

Sie kennen unsere Besorgnis angesichts der jüngsten Anreicherungsaktivitäten Irans und des Nuklearprogramms, auch mit Blick auf die Auswirkungen, die das auf die Region haben würde. Insofern, glaube ich, ist es gut, dass es darüber einen Dialog der Amerikaner mit dem Iran gibt. Das ist auch für uns der Fall für; denn wir sprechen im E3-Rahmen mit dem Iran und werden das auch weiter tun, eben weil das eine Sache ist, die adressiert werden muss.

Zusatzfrage

Die Besorgnis haben Sie immer wieder betont. Dennoch, wie stehen Sie zum Thema Urananreicherung? Hat Iran das Recht, auf seinem Territorium Uran auf 3,5 Prozent anzureichern?

Wagner (AA)

Ich kann wiederholen, was ich eben gesagt habe, nämlich dass wir weiter äußerst besorgt sind über das iranische Nuklearprogramm. In den vergangenen Monaten hat der Iran die Lage immer weiter eskaliert, indem er seine Anreicherungskapazitäten massiv ausgeweitet hat. Wie Sie wissen, läuft im Oktober auch eine diesbezügliche UN-Resolution aus. Insofern ist es dringlich, dort jetzt eine Lösung zu finden. Dem dienen diese Gespräche, in denen auch unsere Sorgen adressiert werden.

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