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Erklärungen des Auswärtigen Amts in der Regierungspressekonferenz vom 12.05.2025

12.05.2025 - Artikel

UN Peacekeeping Ministerial in Berlin

Wagner (AA)

Ab Morgen und bis einschließlich Mittwoch richten wir gemeinsam mit dem Bundesverteidigungsministerium und den Vereinten Nationen das sogenannte UN Peacekeeping Ministerial in Berlin aus. Gastgeber sind Außenminister Wadephul und Verteidigungsminister Pistorius. Dabei handelt es sich um eine Konferenz, die sich mit der Zukunft der UN-Friedensmission, dem sogenannten UN-Peacekeeping, beschäftigt. Wir erwarten Delegationen aus über 130 Ländern. Rund 60 Außen- und Verteidigungsminister kommen zu der Konferenz, und wie der Regierungssprecher eben schon erwähnt hat, nimmt auch UN-Generalsekretär Guterres teil.

Dass so viele Länder unserer Einladung gefolgt sind, zeigt das Vertrauen, das die Staatengemeinschaft in Deutschland setzt. Wir sind einer der wichtigsten Unterstützer der Vereinten Nationen und der Blauhelmmission. Dass wir diese Konferenz ausrichten, ist ein Zeichen dieser Entschlossenheit, die Vereinten Nationen weiter zu stärken. Deutschland bleibt eine verlässliche Stütze des UN-Krisenmanagements, wie die Blauhelmmissionen sie verkörpern.

Im Zentrum der Diskussionen am ersten Tag werden vor allen Dingen die Herausforderungen stehen. Es wird darum gehen, wie wir das UN-Peacekeeping an die Herausforderungen unserer Zeit anpassen. Dazu gehören Finanzierungslücken, Herausforderungen der Zusammenarbeit mit Gaststaaten und Missionen, die nicht so ausgestattet sind, dass sie ihre ambitionierten Mandate umsetzen können und auf ein sich wandelndes Konfliktumfeld reagieren können.

Am zweiten Tag wird es dann im Wesentlichen um konkrete Beiträge gehen, die die einzelnen Länder für das Peacekeeping leisten wollen. Das können finanzielle Zusagen sein, das können aber auch Truppenkontingente oder Ertüchtigungsmaßnahmen sein. Auch wir werden zusätzliche Beiträge zusagen, bitten aber um Verständnis, dass wir dem natürlich an dieser Stelle noch nicht vorgreifen.

Vielleicht noch organisatorisch: Große Teile der Konferenz können über den Stream der Vereinten Nationen, das UN Web TV, verfolgt werden. Am Dienstagmittag wird die Konferenz durch Außenminister Wadephul, Verteidigungsminister Pistorius und UN-Generalsekretär Guterres im Weltsaal des Auswärtigen Amtes eröffnet.

Stempfle (BMVg)

Ich kann kurz ergänzen. Christian Wagner hat viele wichtige Dinge schon gesagt. Sie wissen, dass sich die Bundeswehr zunehmend auf Bündnis- und Landesverteidigung fokussiert; das steht im Fokus. Trotzdem können wir gleichzeitig nicht die internationalen Krisen und Konfliktherde aus dem Blick verlieren. Das heißt, wir müssen beides können. Das ergibt sich zum einen aus der Verantwortung, die wir als wohlhabendes Land haben, und gleichzeitig machen wir das auch, weil wir eine wichtige Handelsnation sind, die darauf angewiesen ist, dass es Stabilität in der Welt gibt. Deswegen setzen wir uns da ein.

Bei den Beiträgen gibt es, wie Christian Wagner schon gesagt hat, zum einen die finanziellen Aspekte. Ein wichtiger Markenkern Deutschlands ist aber auch, dass wir mit Hardware helfen, dass wir also Material liefern. Politisch helfen wir sowieso; es wird ja auch Reformanstrengungen geben, und da werden Reformideen besprochen. Wichtig ist auch die Ausbildung: Wir bilden Truppensteller in Deutschland und auch an Einsatzorten aus. Das ist also ein breites Konzept.

Wir sind froh, dass das Interesse so groß ist, und freuen uns auf das Peacekeeping Ministerial am Dienstag und Mittwoch.

[…]

Frage

Eine Frage an Herrn Wagner: Rechnen Sie damit, dass bei dieser UN-Veranstaltung auch über eine mögliche Blauhelmmission für die Ukraine gesprochen werden könnte?

Wagner (AA)

Ich glaube, das wird hier nicht im Zentrum der Diskussionen stehen. Denn es geht ja um das Peacekeeping-System an sich und um die Zukunft dessen. Insofern rechne ich nicht damit, dass das der Gegenstand der Konferenz sein wird. Was das Thema bei Gesprächen am Rande ist, dem kann ich jetzt hier nicht vorgreifen.

Zusatzfrage

Ich habe eine Nachfrage direkt an Herrn Kornelius: Wäre eine mögliche Blauhelmmission auch eine Option für den Bundeskanzler? Ich kann mich erinnern, dass Herr Macron vor ein paar Monaten selbst einmal diese Option ins Gespräch gebracht hat.

Kornelius (BReg)

Eine Blauhelmmission wohin?

Zusatz

In die Ukraine, als Friedenstruppen.

Kornelius (BReg)

Das Thema einer Friedenstruppe oder einer Beobachtungsmission stellt sich momentan nicht.

Wir haben in der Ukraine den ersten Schritt zu tun. Das ist, dass ein Waffenstillstand erreicht wird, dass Gespräche und Verhandlungen beginnen können. Sie haben die letzten Tage verfolgt. Die Dynamik ist hoch. Alle Versuche gehen dahin, dass dies möglich ist ‑ möglicherweise in dieser Woche. Was sich daraus ergibt, welche Konsequenzen dann kommen, müssen wir im Lichte der sich entwickelten Situation entscheiden.

Frage

Herr Wagner, wird das Thema UNIFIL eine Rolle spielen, oder läuft es einfach weiter wie bisher?

Wagner (AA)

Also noch einmal: Das ist eine Konferenz, die sich wirklich mit dem System des Peacekeeping auseinandersetzt, wie wir damit umgehen, dass es große Finanzierungslücken im System gibt, wie wir damit umgehen, dass manche Missionen ihre Mandate eben nicht erfüllen können. Es ist insofern eine auf die Zukunft ausgerichtete Konferenz, die sich jetzt nicht spezifisch mit bestimmten Missionen auseinandersetzt. Das ist am Ende auch Sache des Sicherheitsrats, der diese Missionen ja mandatieren muss.

Nahostkonflikt

Frage

Herr Kornelius, ich bin auch angesichts des Besuches von Herrn Wadephul in Jerusalem etwas verwirrt, was die roten Linien dieser neuen Regierung in Sachen Gaza sind. Die alte Regierung hat die Besatzung Gazas durch Israel und auch die Vertreibung der Palästinenser immer abgelehnt. Sind das auch die roten Linien dieser Bundesregierung?

Kornelius (BReg)

Die Bundesregierung hat in den ersten Tagen in unterschiedlichen Kommunikationen mit der israelischen Regierung Kontakt aufgenommen. Der Bundeskanzler hat ein Telefonat mit dem israelischen Premierminister geführt. Der Außenminister war über das Wochenende in Israel. Dort wurde die Haltung der Bundesregierung gegenüber Gaza und auch zu den Kampfhandlungen zum Ausdruck gebracht. Grundsätzlich wurde übermittelt, dass die Entwicklung im Gazastreifen uns besorgt. Das hat der Bundeskanzler übrigens auch in Paris am Rande des Gesprächs mit Netanjahu deutlich gemacht. Er hat dort auch seinen Wunsch zum Ausdruck gebracht, dass es sehr bald zu Verhandlungen über einen Waffenstillstand kommt. Gleichzeitig besteht natürlich weiterhin die eindeutige Forderung an die Hamas, die Geiseln nun freizulassen. Die zivilen Opferzahlen sind einfach zu hoch, das menschliche Leid ist zu groß. Deswegen ist es das Ziel der Bundesregierung, einen nachhaltigen Frieden im Gazastreifen zu erreichen, das Westjordanland zu stabilisieren und eine politische Lösung zu erreichen. Diese Position hat sich von der einen zur anderen Bundesregierung nicht geändert. - Herr Wagner, vielleicht mögen Sie ergänzen?

Wagner (AA)

Weil Sie spezifisch auf eine Besatzung abstellten, kann ich vielleicht noch ergänzen, dass Gaza, wie der Außenminister gestern noch einmal betont hat, natürlich Teil der palästinensischen Gebiete ist.

Zusatzfrage

Ich fand die erste Antwort von Herrn Kornelius hier jetzt trotzdem nicht so schlüssig. Gehört zu den roten Linien, dass Gaza nicht besetzt werden darf, so wie es der Plan der israelischen Regierung ist, und dass die Palästinenser nicht vertrieben werden dürfen?

Kornelius (BReg)

Zu Plänen der israelischen Regierung habe ich keinen Kommentar, weil mir diese Pläne nicht vorliegen.

Frage

Herr Kornelius, spielen bei dem Treffen mit dem israelischen Ministerpräsidenten möglicherweise auch Reiseplanungen eine Rolle? Plant der Bundeskanzler, nach Israel zu reisen? Hat er in dem Gespräch auch schon eine Einladung an Herrn Netanjahu ausgesprochen, nach Deutschland zu kommen?

Kornelius (BReg)

Momentan sind keine Reiseplanungen bekannt, weder des Bundeskanzlers nach Israel noch des israelischen Premierministers nach Deutschland. An der Meinung des Bundeskanzlers, dass es schwer vorstellbar sei, dass ein israelischer Ministerpräsident Deutschland nicht besuchen könne, hat sich nichts geändert. Gleichzeitig möchte ich wirklich betonen, dass Deutschland die Unabhängigkeit des Internationalen Strafgerichtshofs und die Verfahrensabläufe - auch die von anderen Gerichten - respektiert. Wie gesagt, momentan ist die Besuchsfrage nicht akut, und insofern ist auch keine Entscheidung darüber zu verkünden.

Zusatzfrage

Das klingt ja auch nach Kontinuität mit der vorangehenden Regierung. Gibt es in der Israelpolitik eigentlich einen Punkt, an dem die Regierung von Herrn Merz von der Regierung von Herrn Scholz abweicht?

Kornelius (BReg)

Ich glaube, dass die Regierung Merz und Herr Merz selbst sehr stark betonen, wie wichtig das Verhältnis Deutschlands zu Israel ist, gerade an diesem Tag und gerade auch zum Anlass des Besuchs des israelischen Präsidenten. Wir haben jetzt seit 60 Jahren diese deutsch-israelischen Beziehungen. Der Bundeskanzler hat heute Morgen auch in einem Tweet auf X noch einmal explizit darauf Bezug genommen. Die Stichworte, die in diesem Zusammenhang immer in der Regierungskommunikation und auch in der Politik des Bundeskanzlers verankert sind, haben mit unserer Verantwortung gegenüber dem Existenzrecht Israels zu tun. Selbstverständlich ist das nach wie vor Teil der deutschen Staatsräson. Die historische Verantwortung wird von dieser Regierung weitergetragen, wie von den vorherigen Regierungen auch. Dazu gehört, dass wir entschlossen gegen Antisemitismus vorgehen, und dazu gehört auch, dass wir im Wissen um diese Vergangenheit zeigen, wie wichtig uns der heutige Besuch des israelischen Präsidenten ist.

Gleichzeitig haben wir unsere Besorgnis über die humanitäre Entwicklung im Gazastreifen zum Austausch gebracht. Ich glaube, dass der israelische Premierminister im Telefonat auch die Worte des Bundeskanzlers in dieser Richtung vernommen hat.

Frage

Herr Kornelius, da Sie sagten, israelische Pläne bezüglich Gazas seien Ihnen nicht bekannt: Das war zwar noch vor Ihrem Amtsantritt, aber vor sieben Tagen hat Premierminister Netanjahu doch bestätigt, dass israelisches Militär dauerhaft in Gaza stationiert bleiben solle. Auch die - ich benenne es jetzt mit einem deutschen Wort - Vertreibung von Palästinensern in Gaza ist offizielle Politik der israelischen Regierung. Wie kann Ihnen das nicht bekannt sein?

Kornelius (BReg)

Die israelische Regierung hat uns eine solche offizielle Politik nicht kommuniziert. Gleichwohl haben Sie recht: Wir verfolgen die Entwicklung aufmerksam. Die Hintergründe und Einzelheiten sind uns nicht bekannt. Nach unserer Auffassung ist der Gazastreifen Teil der palästinensischen Gebiete im Nahen Osten. Zum Thema Zwangsumsiedlungen hat sich die Vorgängerregierung hier bereits häufig geäußert, und da schließt sich die neue Regierung an: Eine Umsiedlung ist menschenfeindlich und inakzeptabel, und sie wäre völkerrechtswidrig.

Zusatzfrage

Eine zweite Frage zu Kenntnisständen: Hamas hat gestern Abend erklärt, die direkten Verhandlungen mit der US-Regierung über humanitäre Hilfslieferungen und die Situation in Gaza seien weit vorangeschritten und würden Hoffnung machen. Wie ist der Kenntnisstand der Bundesregierung über diese direkten Verhandlungen?

Kornelius (BReg)

Über die direkten Verhandlungen kann ich Ihnen aus Sicht der Bundesregierung nichts mitteilen.

Über die Kommunikation der Hamas möchte ich kein Urteil fällen. Herr Wagner, vielleicht können Sie das vertiefen?

Wagner (AA)

Ich kann nur sagen - und das ist auch Gegenstand der Gespräche von Außenminister Wadephul vor Ort gewesen -: Wir haben hier nie detaillierte Angaben zu diesen Gesprächen gemacht. Die Erwartung ist ja, dass man, eben weil das für die Lösung dieses Konflikts so wichtig ist, am Verhandlungstisch zu einer Übereinkunft kommt, die dazu führt, dass die noch verbliebenen Geiseln freigelassen werden und man dann den Weg für eine politische Lösung öffnet. Das muss aus Sicht auch dieser Bundesregierung die Zweistaatenlösung sein. Wenn es dort jetzt Fortschritte geben sollte, dann ist das gut und begrüßenswert. Darauf dringen wir in all unseren Kontakten.

Frage

Noch einmal zu der wichtigen Partnerschaft mit Jerusalem: Herr Kornelius, obwohl der israelische Premierminister per internationalem Haftbefehl wegen Kriegsverbrechen gesucht wird, ist er immer noch ein Partner für den Bundeskanzler?

Kornelius (BReg)

Selbstverständlich ist der Staat Israel ein Partner der Bundesregierung.

Zusatz

Das war nicht die Frage.

Kornelius (BReg)

Der Regierungschef des Landes Israel ist ein wichtiger politischer Gegenpart, mit dem der Bundeskanzler in enger Kommunikation steht.

Zusatzfrage

Herr Wagner, Herr Kornelius hat gerade noch einmal den Respekt vor dem IGH betont. Es ist dann ja die Pflicht des IGH-Beitrittsstaates Deutschland, den Premierminister, der per Haftbefehl gesucht wird, aufzufordern, sich in Den Haag zu stellen. Hat der Außenminister das getan?

Wagner (AA)

Wir hatten hier, glaube ich, schon öfter den Anlass, detailliert über diese Vorgänge zu sprechen. Es ist ja so, dass der IStGH erst einmal ein Rechtshilfeersuchen an seine Mitgliedstaaten richten muss, und das ist noch nicht erfolgt.

Zusatzfrage

Aber man kann ja unabhängig davon den Premierminister auffordern, sich zu stellen, wenn er unschuldig ist, oder?

Wagner (AA)

Die Verfahren des IStGH sind sehr klar: Der IStGH wird ein Rechtshilfeansuchen an die Mitgliedstaaten des Römischen Statuts richten, wenn dort die letztendgültige Entscheidung dazu gefällt ist. Das ist eben im Moment noch nicht der Fall.

Frage

Herr Kornelius, ich würde gerne noch einmal an die Frage des Kollegen anschließen: Als Sie vorhin gesagt haben, dass die israelische Regierung bzw. Premierminister Netanjahu im Telefonat mit Herrn Merz nicht gesagt habe bzw. dass Sie keine Mitteilung darüber erhalten hätten, was sozusagen die Pläne mit den Palästinensern im Gazastreifen seien: Können Sie denn berichten, ob Herr Merz in dem Telefonat nach dem gefragt hat, was Netanjahu vor einer Woche gesagt hat?

Kornelius (BReg)

Über den Inhalt des Telefonats haben wir ja in einer Pressemitteilung berichtet. Darüber hinaus habe ich keine weiteren Informationen.

Zusatzfrage

Mehrere internationale Organisationen werten das, was im Gazastreifen passiert, nämlich das Abschneiden der Bevölkerung von internationalen Hilfen, auch humanitären Hilfen, als strategische Waffe. Sie bewerten das also so, dass dort sozusagen Hunger als strategische Waffe eingesetzt wird. Ist das eine Bewertung, die sich der Kanzler zu eigen macht? Sieht der Kanzler eine Gefahr, dass genau das dort passiert?

Kornelius (BReg)

Ich glaube, der Bundeskanzler betont die Notwendigkeit der humanitären Hilfe. Es gibt natürlich viele Möglichkeiten, wie diese Hilfe die Menschen erreichen kann. Sie muss die Menschen erreichen, und es gibt auch eine Mitverantwortung der israelischen Regierung, das zu gewährleisten. Es gibt aber auch eine Verantwortung der Hamas, zu gewährleisten, dass die Hilfe die Menschen erreicht und nicht instrumentalisiert wird. Beides wird als Politik der Bundesregierung verfolgt und kommuniziert.

Frage

Ich könnte da nahtlos anschließen: In welcher Form wird Herr Bundeskanzler Merz die humanitäre Lage heute im Gespräch mit dem israelischen Präsidenten adressieren?

Sie haben auch noch nicht auf die Frage geantwortet, ob vom Bundeskanzler eine Einladung an Benjamin Netanjahu ausgesprochen wurde oder nicht.

Kornelius (BReg)

Es wurde keine Einladung des Bundeskanzlers ausgesprochen.

Die humanitäre Lage wird heute adressiert, so wie ich das vorhin betont habe.

Frage

Ich habe noch eine Frage zum Kenntnisstand über die Pläne der israelischen Regierung. Herr Kornelius, nur zum Verständnis: Verlässt man sich analog bei den Plänen für die russische Kriegsführung in der Ukraine auch nur auf die Informationen des Kremls, also auf die Informationen aus erster Hand?

Kornelius (BReg)

Ich glaube nicht, dass wir diese beiden Konflikte vergleichen sollten. Deswegen kann ich Ihnen dazu keine Auskunft geben.

Zusatz

Vergleiche sind dazu da, Gemeinsamkeiten und Unterschiede festzustellen. Sie sagen, bei Jerusalem möchten Sie sich auf die Informationen aus Jerusalem verlassen. Dann kann man ja fragen, ob das analog auch für die russische Kriegsführung gilt. Das ist ja keine Gleichsetzung - das sollte Ihnen intellektuell klar sein, oder?

Kornelius (BReg)

Ich glaube, jeder Konflikt hat seine eigenen Informationswege und Informationsquellen. Natürlich verfolgt die Bundesregierung die Pläne der israelischen Regierung. Die Details dazu kann ich Ihnen aber nicht kommunizieren, weil Sie auch in den Gesprächen keine Rolle gespielt haben.

Frage

Zur Frage der humanitären Hilfe: die israelische Regierung blockiert nach wie vor seit über zwei Monaten Hilfstransporte der Vereinten Nationen und möchte, so Berichte aus den USA, jetzt Privatfirmen mit der Organisation der Hilfstransporte aus den USA beauftragen. Die Realisierbarkeit wird sowohl von den Vereinten Nationen als auch von anderen Organisationen bestritten. Wie ist die Auffassung der Bundesregierung – setzt sie sich dafür ein, dass die Vereinten Nationen als erfahrenster Player in diesem Feld die Hilfstransporte durchführt und dass Israel diese durchlassen muss?

Kornelius (BReg)

Dann hat Herr Wagner nach der Reise die besseren Informationen für Sie.

Wagner (AA)

Klar ist, dass die humanitäre Lage in Gaza katastrophal ist und dringend humanitäre Hilfe dort rein muss. Sie sprechen einen Vorschlag der amerikanischen Regierung an, der von der israelischen Regierung aufgenommen wird, den wir uns jetzt sehr genau anschauen. Wenn das ein Weg ist, humanitäre Hilfe hereinzubekommen und mehr humanitäre Hilfe hereinzubekommen, dann werden wir uns das genau anschauen.

Sie wissen, wir stehen mit all diesen Akteuren in sehr enger Abstimmung. Wir haben uns in der Vergangenheit auch immer wieder Vorschläge angeschaut, humanitäre Hilfe nach Gaza hereinzubekommen. Sie erinnern sich vielleicht an die Vorschläge eines temporären Hafenpontons. Es gab Luftabwürfe, auch durch die Bundeswehr. Insofern sehen wir uns das sehr genau an.

Zusatzfrage

Sie wissen aber auch, dass die Vereinten Nationen und andere Hilfsorganisationen die Humanitarian Foundation ablehnen, weil sie nicht in der Lage sei, die Hilfe zu leisten. Es wäre doch auch eine Diskreditierung und Schwächung der Vereinten Nationen, wenn man denen sozusagen das operative Mandat für die Hilfslieferung entzöge. Ist die Bundesregierung der Meinung, dass die Hilfslieferungen vor allem vorrangig von den Vereinten Nationen realisiert werden müssen?

Wagner (AA)

Das ist sicher nicht die Intention der Bundesregierung. Deshalb laufen diese Gespräche, und deshalb prüfen wir diesen Vorschlag sehr genau.

Frage

Aus der Union gab es ja vormals Forderungen, Israel bei Waffenlieferungen aus Deutschland gleich zu behandeln wie ein NATO-Partner. Wie steht es da um die Position des Kanzlers?

Kornelius (BReg)

Da hat sich die Position nicht geändert. Die Frage von Rüstungsexporten ist wie immer in Einzelfallentscheidungen zu treffen. Die werden sorgfältig geprüft. Die Bundesregierung berichtet über diese Genehmigungsentscheidungen, wenn sie getroffen werden. Mehr hat sich da momentan noch nicht getan.

Zusatzfrage

Wenn Israel gleichbehandelt werden würde wie ein NATO-Partner, dann würde diese Extraprüfung im Bundessicherheitsrat entfallen. Steht das an? Ist das eine Diskussion, die der Kanzler führt?

Kornelius (BReg)

Das ist eine hypothetische Frage, diese Entscheidung steht nicht an.

Zusatz

Das ist keine hypothetische Frage.

Kornelius (BReg)

Ja, aber die Entscheidung steht nicht an. Das ist eine Wenn-dann-Frage, und das Wenn ist nicht gegeben.

Frage

Herr Kornelius, gegebenenfalls Herr Wagner, hat sich die Position der Bundesregierung zur Existenz von UNWRA geändert?

Kornelius (BReg)

Nein.

Zusatzfrage

Sie unterstützen weiterhin UNWRA und die Existenz dessen?

Kornelius (BReg)

Die UNRWA ist als Unterorganisation der Vereinten Nationen mit einem Mandat beauftragt. Insofern hat sich die Position nicht geändert.

Russischer Angriffskrieg gegen die Ukraine

Frage

Sie haben erwähnt, dass man die nächsten Tage abwarten müsse. Am Samstag gab es aber eine doch relativ klare Festlegung der Europäer zusammen mit Herrn Trump, dass es ab Montag eine Waffenruhe geben müsse und dass dies die Vorbedingung für die Gespräche sei.

Wenn man jetzt Herrn Trump und Herrn Selenskyj lauscht, hat man den Eindruck, dass von dieser Vorbedingung gar nicht mehr so viel die Rede ist. Selenskyj hat zugesagt, er werde am Donnerstag in der Türkei sein. Herr Trump hat vor allem Druck auf Herrn Selenskyj gemacht.

Steht die Voraussetzung, dass es Gespräche nur dann geben kann, wenn wirklich eine Waffenruhe bis Donnerstag kommt, seitens der Europäer noch, oder nicht?

Kornelius (BReg)

Die europäische Seite ‑ ich kann nur für die Bundesregierung sprechen ‑ unterstützt selbstverständlich das Bemühen von Herrn Selenskyj, des ukrainischen Präsidenten, Gespräche zu beginnen. Aus unserer Sicht hat die Begegnung in Kyjiw die Voraussetzungen klar definiert. Die Uhr läuft. Wir haben noch zwölf Stunden bis zum Ablauf dieses Tages. Wenn die Waffenruhe bis dahin nicht steht, wird sich auch die europäische Seite an die dort getroffenen Vereinbarungen halten.

Es ist dem ukrainischen Präsidenten unbenommen, dass er diese Gespräche trotzdem sucht. Ich denke, er demonstriert seine Bereitschaft, Verhandlungen nicht aus dem Weg zu gehen. Wir sehen in dieser sehr dynamischen Situation, dass offenbar auch die andere Verhandlungsseite noch nicht festgelegt ist, wie sie den Donnerstag für sich sieht oder wie sie in diese Gespräche einsteigen will.

Zusatzfrage

Heißt das, dass die Europäer, wenn dieser Tag um ist, mit Sanktionsvorbereitungen beginnen?

Kornelius (BReg)

Exakt. Wenn der heutige Tag vorüber ist, werden auf der Ebene der außenpolitischen Berater Vorbereitungen für Sanktionsmaßnahmen in Gang gesetzt. Parallel dazu haben wir heute das Sanktionspaket ‑ ich meine, es ist das 17. ‑ in Brüssel in Vorbereitung. Diese Vorbereitungen laufen parallel zu den Gesprächen, die wir momentan sehen.

Frage

Herr Kornelius, gibt es aus Sicht von Herrn Merz eine feste Zusage des US-Präsidenten, dass dann auch die USA verschärfte Sanktionen gegen Russland in Kraft setzen, oder ist das noch unklar? Die letzten Äußerungen des US-Präsidenten lassen Raum für Interpretation.

Kornelius (BReg)

Zur Position des US-Präsidenten empfehle ich den Blick auf dessen Kommunikationskanäle.

Frage

Bereitet die Bundesregierung vor, beim dem Treffen in Istanbul, sofern es stattfindet, zugegen zu sein?

Die Frage an das AA: Wie laufen da die Vorbereitungen?

Kornelius (BReg)

Es gibt die Bereitschaft der Bundesregierung, präsent zu sein. Das ist momentan in der Abstimmung. Im Kern wird es sich um Gespräche zwischen Russland und der Ukraine handeln. Trotzdem wird das Angebot der europäischen Partner bestehen, flankierend bereitzustehen.

Frage

Herr Kornelius, der Kanzler ist gemeinsam mit den Regierungschefs von Großbritannien, Polen und Frankreich nach Kiew gereist. Das scheint sich vielleicht ein bisschen als Nukleus, als ein wichtiges Format bei diesem Thema herauszukristallisieren. Drei dieser Länder bilden das Weimarer Dreieck, drei die E3. Haben Sie schon einen Namen für dieses Viererformat?

Kornelius (BReg)

(an den Sprecher des Auswärtigen Amtes) Haben wir schon einen Namen?

Wagner (AA)

Das überlassen wir Ihnen.

Kornelius (BReg)

Wir könnten uns jetzt einen ausdenken. ‑ Nein, das haben wir nicht. Aber Sie haben die Formate richtig beschrieben. Ich bin kein Freund von „Formateritis“. Ich denke, es handelt sich um vier zentrale europäische Regierungen, die wirklich auch eine Gruppe von hoher “like-mindedness” bilden. Das heißt, da herrscht ein großes, großes Einvernehmen. Das hat der Bundeskanzler vergangene Woche in seinen Antrittsbesuchen in Paris und in Warschau auch schon festgestellt. Es gab Telefonate mit dem britischen Premierminister. Diese Gruppe ‑ ich darf es einmal so sagen ‑ versteht sich blind. Sie haben diese Dynamik auch daran gesehen, dass durch dieses Zusammentreffen in Kyjiw wirklich Bewegung entstanden ist und Diplomatie “in the making” zu sehen war. Es hat wirklich etwas ausgelöst.

Der Bundeskanzler hatte zu seinem Amtsantritt vor, relativ schnell in die Ukraine zu reisen. Er hat den Partnern das Angebot gemacht, daraus eine gemeinsame Reise zu machen. Das ist geglückt. Die symbolische Bedeutung ist das eine. Aber die tatsächliche Auswirkung, die Dynamik, die das ausgelöst hat, ist das andere. Es ist Teil einer gemeinsamen europäischen Anstrengung, starken Druck auf Russland als kriegführende Partei auszuüben und die Einheit Europas zu demonstrieren.

Frage

Noch einmal zu Trump: Wenn Sie jetzt sagen: „Am besten schaut man auf seine Kommunikationskanäle“, dann muss ich antworten: Das tun wir schon die ganze Zeit. ‑ Meine Frage wäre daher: Was hat sich im Verhältnis zwischen den Europäern und dem amerikanischen Präsidenten seit dem Ukrainebesuch qualitativ verbessert? Würden Sie sagen, es gebe eine qualitative Verbesserung im Hinblick auf eine gemeinsame Haltung gegenüber Russland und auf die Unterstützung der Ukraine?

Kornelius (BReg)

Der amerikanische Präsident hat sowohl im Telefonat mit dem Bundeskanzler am Donnerstag als auch in dem Telefonat der Fünfergruppe aus Kyjiw ‑ das Bild kennen Sie ‑ die Gruppe zu ihrer Initiative beglückwünscht, dazu, dass die Ukraine nun gesprächsbereit ist. Die Voraussetzung eines Waffenstillstandes ist für die europäische Seite essenziell. Die amerikanische Seite hat ihre Unterstützung für den Waffenstillstand ebenfalls dokumentiert. Aber das zentrale Thema für alle Seiten ‑ das kann ich wirklich kommunizieren ‑ ist, dass das Töten aufhört. Alle Seiten haben ihren starken Wunsch zum Ausdruck gebracht, dass diese hohen, hohen Opferzahlen, Tote und Verletzte in hoher Tausenderzahl pro Woche, dass dies nun stoppt. Die politische Initiative liegt vor; der Vorschlag liegt vor, und es liegt nun an der russischen Seite, die Ernsthaftigkeit zu demonstrieren.

Zusatzfrage

Verstehe ich es richtig, dass das heißt, dass über den Weg zum Ende des Tötens noch keine gänzliche Übereinstimmung zwischen den Amerikanern und den Europäern besteht? Kann man das so zusammenfassen?

Kornelius (BReg)

Ich denke, der ukrainische Präsident hat klargemacht, dass er bereit ist, in einen Waffenstillstand einzuwilligen. Er hat in den vergangenen zwei Wochen große Zugeständnisse gemacht; ich muss sie nicht wiederholen. Nun liegt es an der russischen Seite, auf diese Vorschläge einzugehen und in ernsthafte politische Verhandlungen einzuwilligen.

Frage

Herr Kornelius, wenn ich es richtig gesehen habe, verzichtet die Bundesregierung jetzt darauf, die Waffensysteme und die Munition, die an die Ukraine geliefert werden, kundzutun. Warum hat sich Herr Merz entschieden, diese bisher transparente Art und Weise aufzugeben?

Kornelius (BReg)

Die Bundesregierung wird die Ukraine weiterhin mit humanitärer Hilfe, mit finanzieller Hilfe und mit militärischer Hilfe unterstützen. Die Details dieser Unterstützung werden wir nicht mehr in der bisherigen Form kommunizieren, weil es Teil einer strategischen Ambiguität ist, die der Kriegsführung oder Verteidigungsführung der Ukraine hilft. Es ergibt wenig Sinn, dass die gegnerische Kriegsseite die Details der europäischen oder der deutschen Unterstützung erfährt. Das ist eine Praxis, die von anderen europäischen Regierungen so gehandhabt wird.

Vielleicht mögen Sie noch ein bisschen ergänzen, Herr Stempfle, weil die Durchführung beim BMVg liegt.

Stempfle (BMVg)

Sehr gerne. In der Zuspitzung ist es so nicht ganz richtig. Wir würden immer noch sagen, welche Waffen und Munition wir liefern. Aber das Ganze hat natürlich Grenzen. Auf der einen Seite gibt es das Informationsinteresse; auf der anderen Seite gilt es, die Aspekte der militärischen Sicherheit zu berücksichtigen.

Jetzt geht es um die Details, welche Waffengattungen, welche Stückzahl von Lenkflugkörpern. Am Ende ist es für die Öffentlichkeit vermutlich nicht so wichtig, ob es 300 oder 400 Lenkflugkörper sind. Der russische Aggressor, der einen Angriffskrieg gegen die Ukraine führt, kann daraus aber Rückschlüsse ziehen und Ableitungen treffen, die es für die Ukraine sozusagen noch gefährlicher machen. Da müssen wir einfach abwägen und haben die Entscheidung getroffen, dass wir weniger Details herausgeben, genauso wie Herr Kornelius es gerade gesagt hat.

Zusatzfrage

Das heißt, mit dem Regierungswechsel hat das nichts zu tun, oder? Das klingt ein bisschen, als sei das jetzt zufällig passiert.

Stempfle (BMVg)

Nein. In der Tat muss natürlich immer wieder angepasst und geschaut werden, ob wir da richtig agieren und ob es Dinge gibt, die wir verbessern können. Natürlich war der Regierungswechsel ein Anlass, zu schauen, ob wir Dinge noch optimieren können. Dabei sind wir gemeinsam zu dem Entschluss gekommen, dass wir an der Stellschraube der militärischen Sicherheit noch einen Tick drehen können.

Frage

Meine Frage zu Taurus geht sowohl an Herrn Stempfle als auch an Herrn Kornelius. Vor etwa einem Monat, also noch vor seiner Wahl zum Bundeskanzler, hat Friedrich Merz öffentlich erklärt, eine Taurus-Lieferung komme nur in Abstimmung mit anderen westlichen Verbündeten infrage. Gilt diese Position nach wie vor? Versucht der Bundeskanzler eine solche Abstimmung zu erreichen?

Stempfle (BMVg)

Wir halten uns beim Thema des Taurus aus bekannten Gründen zurück. Der Minister hat oft genug gesagt, aus Gründen der militärischen Sicherheit müsse es Grenzen bei der öffentlichen Kommunikation geben. Das gilt insbesondere für Taurus. Dabei würde ich es gern belassen.

Kornelius (BReg)

Der Bundeskanzler schließt sich dem an. Es war der Wunsch des Bundeskanzlers, die Kommunikation über einzelne Waffensysteme zu reduzieren. Das hat auch mit dem Waffensystem Taurus zu tun.

Zusatzfrage

Aber mit Verlaub, wenn dieselbe Person, Friedrich Merz, vor vier Wochen eine Ansage macht, die sehr wohl Konditionen einer Lieferzusage beinhaltet, und dann auf einmal einen Monat später sagt: „Nein, jetzt reden wir nicht mehr darüber“, dann ist das doch eine 180-Grad-Wende in der Position und in der Kommunikation, oder wie würden Sie das bezeichnen?

Kornelius (BReg)

Es ist eine Veränderung in der Kommunikation; das haben Sie richtig gesagt. Die Bundesregierung ist bereit, die Ukraine weiterhin auch mit Waffen zu unterstützen. Ich kann im Allgemeinen sagen, dass diese Unterstützung auch das Thema von „long range fire“ betrifft, also von Marschflugkörpern mit einer gewissen Reichweite. Wie diese Unterstützung im Detail aussieht, wird die Bundesregierung zum jetzigen Zeitpunkt nicht offenlegen können.

Frage

Herr Stempfle, die bisherigen einsatzbereiten Taurus sind ja auf Kaliningrad gerichtet, also zur Verteidigung gegenüber dem russischen möglichen Aggressor. Könnten sie überhaupt ersetzt werden?

Stempfle (BMVg)

Ich habe es gerade schon gesagt: Bei dem Thema halte ich mich zurück.

Kornelius (BReg)

Ich denke auch, dass wir zum Thema der Einsatztaktik dieser Waffen keine Auskunft geben sollten.

Zusatz

Aber es ist ja nicht geheim, dass die Taurus auf Kaliningrad gerichtet sind.

Kornelius (BReg)

Dann wissen Sie es ja.

Frage

Herr Kornelius, um es nicht falsch zu verstehen, muss ich noch einmal nach der Abfolge nachfragen. Sie haben einerseits gesagt, wenn die Russen jetzt keine Waffenruhe bis Ende des Tages zusagten oder einhielten, begännen die Sanktionsverhandlungen. Gleichzeitig haben Sie gesagt, dass Sie Herrn Selenskyj hinsichtlich Gesprächen unterstützten und dass Deutschland bereit sei, in der Türkei anwesend zu sein. Deswegen noch einmal die Frage: Kann es sein, dass Sanktionsvorbereitungen laufen und trotzdem, auch ohne Waffenruhe, am Donnerstag Gespräche in der Türkei stattfinden, unter anderem mit Beteiligung Deutschlands?

Kornelius (BReg)

„Beteiligung Deutschlands“ würde ich reduzieren. Es steht das Angebot der Begleitung. Es gibt ein klares Gesprächsangebot Russlands an die Ukraine. Es liegt an der Ukraine, zu entscheiden, ob sie dieses Gesprächsangebot in dieser Form annimmt. Das liegt am ukrainischen Präsidenten. Er hat gesagt, er werde das annehmen. Unabhängig davon und parallel dazu steht die Sanktionsaussage der europäischen Staaten vom Wochenende, und sie wird auch entsprechend umgesetzt.

Zusatzfrage

Gespräche sind also auch ohne Waffenruhe möglich?

Kornelius (BReg)

Das liegt in der Entscheidung des ukrainischen Präsidenten.

Frage

Das ist vielleicht nur ein Nebenaspekt, aber, Herr Wagner, könnten Sie sagen, weil es jetzt hier um Friedensverhandlungen oder Russland und Top-Diplomatie geht, ob das Auswärtige Amt im Vorfeld dieser Reise von Herrn Stegner und anderen ehemals relevanten Politikern unterrichtet worden war?

Wagner (AA)

Nein, das waren wir nicht. Ich kenne jetzt auch nur die Medienberichte. Ich kann Ihnen noch einmal klar sagen ‑ das ist ja etwas, das in den Medien mit dem Petersburger Dialog verbunden wird ‑, dass dieses Format nach der Vollinvasion der Ukraine durch Russland ja eingestellt worden ist.

Zusatzfrage

Haben Sie Kenntnis, ob die Teilnehmer im Besitz eines Diplomatenpasses sind?

Wagner (AA)

Das müsste ich Ihnen nachreichen.

Frage

Es gab hier zwei Aussagen, die sich so ein bisschen widersprechen. Herr Stempfle, Sie haben gesagt, man werde immer noch darüber informieren, dass und ob man Waffen und Munition an die Ukraine liefere, aber nicht im Detail. Wenn ich das richtig verstehe, gilt das für alles Mögliche außer für Taurus-Raketen, weil Sie darüber gar nicht reden werden; oder habe ich das falsch verstanden? Deswegen habe ich die konkrete Frage: Würde man über eine Lieferung von Taurus-Raketen, so sie kommen sollte, reden oder nicht?

Stempfle (BMVg)

Ich fange einmal an. Wir halten uns in Sachen Taurus komplett zurück. Im Übrigen ist dieses Thema auch völlig überbewertet. Das ist eine alte Geschichte, die wir schon so oft besprochen haben. Wir hatten die schon so oft. Es gibt so eine Konzentration auf ein Waffensystem, und alle erhoffen sich davon Wunder. Das wird völlig überbewertet, um das noch einmal ganz deutlich zu sagen. Ich wiederhole mich noch einmal: Wir halten uns in Sachen Taurus zurück.

Zusatzfrage

Genau deswegen bin ich ja so irritiert. Ich teile Ihre Einschätzung, dass es nicht die Wunderwaffe ist. Warum wird sie dann als einzige aus der Aussage, dass man weiter informiere, herausgenommen?

Kornelius (BReg)

Ich glaube, dass die Kommunikation in Bezug auf Taurus wirklich ein Maß erreicht hat, das die Realitäten der Ukrainer nicht mehr widerspiegelt. Ich habe gesagt, dass die Bundesregierung bereit ist, die Ukraine im Bereich von “long range fire” deutlich zu unterstützen. Da werden in den nächsten Tagen Entscheidungen getroffen und vorbereitet. Einzelne Waffensysteme hier aus kriegstaktischer Sicht zu diskutieren, würde uns, glaube ich, wahrscheinlich alle überfordern. Deswegen werden wir uns zumindest nicht weiter darüber äußern.

Ich wollte auch hinsichtlich der Annahme, Herr Jung, die Sie vorhin nannten und auf die ich geantwortet hätte, dass Sie es ja wüssten, nur noch mal wiederholen, dass wir uns prinzipiell nicht zu Stationierungsplänen oder zu Zielplanungen der NATO äußern. Insofern wollen wir wirklich diese Waffenkommunikation reduzieren und einzelne Waffensysteme nicht benennen. Nebenbei ist die Kriegsführung der Ukraine eine hochkomplexe Angelegenheit, und wir konzentrieren uns auf den politischen großen Rahmen. Der hat jetzt, Gott sei Dank, an diesem Wochenende eine neue Dynamik bekommen, und das Ziel der Bundesregierung ist, hier Fortschritte zu erzielen.

Programme zur Aufnahme von Menschen aus Afghanistan in Deutschland

Frage

An das Auswärtige Amt: Betrachtet die neue Bundesregierung bzw. das Auswärtige Amt unter neuer Führung die bereits erteilten Aufnahmezusagen an die Menschen aus den Aufnahmeprogrammen für Menschen aus Afghanistan und Pakistan weiterhin als verbindlich?

Wagner (AA)

Vielen Dank für die Frage. - Die Federführung liegt ja beim BMI, und ich kann hier auch nicht sozusagen Aussagen aus dem Koalitionsvertrag interpretieren. Ich spreche ja auch nicht für die. Aber darin wurde ja zumindest festgestellt, dass man die Aufnahmeprogramme, soweit es geht, einstellt. Das prüft die Bundesregierung im Moment, und diese Prüfungen laufen.

Es gilt darüber hinaus aber das, was wir ja auch vor dem Regierungswechsel hier immer wieder gesagt haben: Die Aufnahmezusagen sind rechtsverbindlich. - Aber vielleicht hat das BMI noch Ergänzungen.

Harmsen (BMI)

Nein, das kann ich nur bestätigen. Auch Bundesinnenminister Alexander Dobrindt wird sich diese Vorgänge, diese Programme und das, was damit zusammenhängt, in der nächsten Zeit ansehen und dann entsprechende Entscheidungen treffen. Es gibt aber noch nichts, was ich hier verkünden kann.

Zusatzfrage

Können Sie sagen, was der Zeitraum für diese Prüfung ist? Gibt es bereits Klagen Betroffener?

Harmsen (BMI)

Zum Zeitraum kann ich nichts sagen, und Klagen sind mir jetzt nicht bekannt. Sollte es welche geben, würde ich das nachreichen.

Frage

Offenbar gibt es doch schon eine Klage. Laut Infos der ARD ist heute beim Verwaltungsgericht Berlin die Klage einer Familie eingereicht worden, die eine Aufnahmezusage hat und bereits sehr lange in Pakistan auf Visa bzw. die Ausreise wartet. Die Klage ist darauf ausgerichtet, die Visa zu erteilen. Inwieweit will die Bundesregierung es jetzt auf solche Klagen ankommen lassen?

Kornelius (BReg)

Ich glaube, die Bundesregierung kennt die Klage noch nicht und wird auch zu laufenden Verfahren keine Stellung nehmen.

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