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Erklärungen des Auswärtigen Amts in der Regierungspressekonferenz vom 30.04.2025
Jahresabrüstungsbericht 2024
Frage
Auf der TOP-1-Liste [der Kabinettssitzung] steht der Entwurf des Jahresabrüstungsberichts 2024. Ist davon auszugehen, dass er deshalb nicht besprochen wurde, weil es nichts zu berichten gibt?
Hebestreit (BReg)
Nein. Wie Sie als erfahrener Beobachter des politischen Betriebes wissen, ist die TOP-1-Liste ohne Aussprache. Sie wurde aber natürlich vorher von allen Ressorts genau begutachtet. Das ist der Entwurf für den Abrüstungsbericht. Heute bestand für diesen Entwurf im Kabinett keine größere Diskussionsnötigkeit, aber diese Bundesregierung hat ihn trotzdem pünktlich geliefert. Dabei geht es um den Abrüstungsbericht 2024 unter den besonderen außen- und sicherheitspolitischen Voraussetzungen und Herausforderungen, vor denen dieses Land steht.
Zusatzfrage
Herr Fischer, gibt es irgendetwas in Sachen Abrüstung zu berichten, oder umfasst er nur eine Seite?
Fischer (AA)
Nein, das ist schon ein umfassendes Werk, in dem sich die Kolleginnen und Kollegen intensiv mit der Abrüstungs- und Rüstungskontrollarchitektur auseinandergesetzt haben. Aber in einer Zeit, in der Russland seinen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg gegen die Ukraine führt und reihenweise internationale Abrüstungsbemühungen blockiert bzw. aus Abrüstungs- und Rüstungskontrollverträgen aussteigt, ist das natürlich eine etwas traurige Veranstaltung. Weil diese Abrüstungsbemühungen so schwierig sind, gehört zu einer klugen Sicherheitspolitik mittlerweile natürlich auch die glaubwürdige Abschreckung und Verteidigung, um unsere Sicherheit in Europa zu gewährleisten.
Insgesamt werden die Herausforderungen für die Abrüstungs- und Nichtverbreitungsarchitektur nicht geringer. Russland habe ich schon erwähnt. Hinzu kommt die Verfestigung neuer militärischer Allianzen von Autokraten, die bestehende Gräben vertiefen und die Spielräume für Fortschritte bei der Abrüstung, der Rüstungskontrolle und der Nichtverbreitung reduzieren. Gleichzeitig setzen die Proliferationskrisen in Iran und Nordkorea die Stabilität des nuklearen Nichtverbreitungsregimes unter Druck. Dann geht es um neue Technologien wie künstliche Intelligenz, die die strategische Stabilität und Rüstungskontrolle vor neue Herausforderung stellt.
Immerhin gibt es auch einen Lichtblick. Im Dezember 2024 hat sich die neue syrische Regierung dazu bekannt, die noch aus der Assad-Zeit stammenden, vorhandenen Chemiewaffen und die toxischen Substanzen in Zusammenarbeit mit der OVCW endgültig zu vernichten.
Iranisches Atomprogramm
Frage
Herr Fischer, der iranische Außenminister hat heute gesagt, dass es wohl in Rom eine Verhandlungsrunde zu Nuklearwaffen mit E3-Beteiligung gibt. Erstens. Können Sie das bestätigen? Und zweitens, wer nimmt von der Bundesregierung daran teil?
Fischer (AA)
Wir haben in den letzten Regierungspressekonferenzen immer einmal wieder über das uns sehr große Sorgen machende iranische Nuklearprogramm gesprochen. Wir haben auch darauf hingewiesen, dass es einen E3-Gesprächskanal gibt. Die E3 treffen sich schon seit längerem ‑ vor allen Dingen auf Ebene der politischen Direktorinnen und Direktoren ‑ mit dem Iran, um Wege zu finden, die Anreicherungsaktivitäten, die im Iran stattfinden, wieder zu reduzieren, durch Diplomatie und auch durch Druck.
Aber ich kann Ihnen auch sagen, dass wir im E3-Rahmen Fragen zu etwaigen Treffen besprechen. Ich bitte hier um Ihr Verständnis, dass ich diesmal nicht in Details gehe. Wenn ein Treffen stattfindet, dann bin ich sicher, dass wir Sie auch darüber informieren werden ‑ im Nachgang allerdings.
Frage
Herr Fischer, können Sie zumindest sagen, wenn die Gespräche am Freitag stattfinden sollten, wer für die Bundesregierung teilnimmt? Sie hatten eben darauf hingewiesen, dass das bisher auf Ebene der politischen Direktoren stattgefunden hat. Nun wird Herr Sautter ins Kanzleramt rücken. Würde das heißen, dass er dann nicht mehr an den Gesprächen teilnimmt oder doch?
Fischer (AA)
Das sind jetzt sehr spekulative Fragen. Also ich sage es einmal so: Die Bundesregierung ist immer gut aufgestellt, wenn es zu Gesprächen auf dieser Ebene kommt.
Zusatzfrage
Sie wollen aber nicht sagen, ob es dann ein politischer Direktor ist?
Fischer (AA)
Wie kann ich Ihnen sagen, ob der politische Direktor an etwas teilnimmt, wenn ich noch nicht einmal bestätigt habe, dass es stattfindet?
Zusatz
Ich habe nur gefragt für den Fall. Sie wissen ja, dass ‑ ‑ ‑
Fischer (AA)
Das ist eine Spekulativfrage, auf die ich an dieser Stelle nicht antworte. Ich habe nur gesagt: Sie können sicher sein, dass die Bundesregierung allzeit bereit ist, die notwendigen Dinge zu tun, die es zu tun gibt, und sie auf angemessener Ebene vertreten sein wird.
Nahostkonflikt
Frage
Meine Frage geht an Herrn Fischer. Thema ist die Versorgungssituation in Gaza. Die Blockade durch Israel war in den vergangenen Sitzungen hier schon mehrfach Thema. Ich nehme an, Herr Fischer, Sie kennen dieses sehr dramatische Video von James Elder, dem Sprecher von UNICEF, der geschrieben hat: “The only thing to enter Gaza over the last 60 days is bombs.” ‑ Also: Das Einzige, was in den vergangenen 60 Tagen nach Gaza hereingekommen ist, sind Bomben.
Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung von der Zahl der in diesem Zeitraum während der Blockade durch Bomben oder durch Hunger und Nahrungsmittel- und Medikamentenentzug gestorbenen oder in Todesgefahr befindlichen Kinder?
Fischer (AA)
Zum einen muss ich Sie enttäuschen: Ich kenne das Video nicht. Aber wir haben bereits vorgestern intensiv über die wirklich dramatische Lage im Gazastreifen gesprochen ‑ die dramatische Lage durch die massiven israelischen Angriffe, die Blockade der humanitären Hilfe und die zu Ende gehenden Lebensmittel.
Ich habe auch darauf hingewiesen, dass die Bundesregierung, insbesondere die Außenministerin, gemeinsam mit ihren Kollegen der E3 Israel aufgefordert hat, die Entscheidung zur Blockade zurückzunehmen und wieder humanitäre Hilfe in den Gazastreifen fließen zu lassen. Wir rufen weiterhin alle Parteien zur Rückkehr zum Waffenstillstand auf und fordern die Hamas dazu auf, jetzt endlich die seit vielen Monaten in ihrer Geiselhaft befindlichen Geiseln freizugeben. ‑ Das ist sozusagen der Weg, den wir beschreiten.
Zu genauen Opferzahlen kann ich mich hier nicht einlassen, weil wir dazu keine belastbare Grundlage haben, um das für diesen Zeitabschnitt, den Sie genannt haben, genau zu beurteilen.
Zusatzfrage
UNICEF bezieht sich bei Opferzahlen auch auf Angaben der palästinensischen Verwaltung. Man hält dort diese Angaben wohl für glaubwürdig. Erwägt die Bundesregierung, namentlich die Außenministerin, zur Unterstützung des UNICEF-Appells öffentliche Veranstaltungen mit deutschen UNICEF-Botschaftern und Botschafterinnen ‑ da gibt es ja namhafte Persönlichkeiten, von Katja Riemann über Dirk Nowitzki, Mats Hummels ‑, um auf die dramatische Situation hinzuweisen? Die öffentliche Reichweite mit den Botschaftern und Botschafterinnen wäre vermutlich erheblich. Erwägen Sie so etwas?
Fischer (AA)
Das wäre eine Frage, die Sie auch an UNICEF richten müssen, ob UNICEF sich solche Dinge vorstellen kann.
Ich kann für unseren Teil nur sagen, dass der Bundesregierung die dramatische Lage in Gaza bekannt ist. Uns schmerzt, was wir dort sehen. Wir sehen, dass die Menschen im Gazastreifen leiden und die Hamas weiterhin Geiseln hält. Der Weg nach vorne ist einfach die Unterstützung der Waffenstillstandsverhandlungen, die dazu führen werden, dass die Geiseln freikommen und die Situation sich verbessert. Unabhängig davon ist es wichtig, dass jetzt sehr schnell humanitäre Hilfe in den Gazastreifen kommt.
Frage
Weil es jetzt um das Aushungern der Bevölkerung geht und Sie immer wieder die Rolle der Hamas ansprechen: Machen Sie die Hamas dafür verantwortlich, dass Israel die Menschen im Gaza aushungert? Habe ich das richtig verstanden?
Fischer (AA)
Wir machen Hamas dafür verantwortlich, dass sie am 7. Oktober 2023 einen wirklich brutalen Terroranschlag mit mehr als 1000 Toten in Israel verübt hat. Weiterhin hat sie Israel mit Raketen beschossen und sich, was die Kriegsführung angeht, immer wieder hinter der Zivilbevölkerung verschanzt. Wenn Hamas sich an die Gesetze des Krieges halten würde, dann wäre das eine Auseinandersetzung, die deutlich weniger Zivilistinnen und Zivilisten das Leben kosten würde.
Zusatz
Danke, aber das war nicht die Frage.
Fischer (AA)
Das war meine Antwort.
Zusatzfrage
Macht die Bundesregierung für das Aushungern der Menschen in Gaza die Hamas verantwortlich, die ja schon seit Tagen angeboten hat, alle Geiseln, so wie Sie das fordern, sofort freizulassen für fünf Wochen “ceasefire” und Wiederaufbau von Gaza?
Fischer (AA)
Ich habe versucht, auf Ihre Frage zu antworten. Ich kann nur noch einmal sagen: Unsere Erwartung an die Hamas ist, dass sie auf der Stelle die Waffen niederlegt. Dann wird es kein Problem sein, dass der Gazastreifen unverzüglich mit humanitärer Hilfe geschwemmt wird. Und es wird auch so sein, dass der Gazastreifen wieder aufgebaut wird.
Gleichzeitig ist es natürlich so, dass sich Israel bei seinem Einsatz im Gazastreifen an das humanitäre Völkerrecht halten muss.
Frage
Es gibt auch mehr als zwei Millionen Palästinenser, die genauso Geiseln der Hamas sind. Die leiden auch durch die Hamas, aber auch durch die Bombardierungen vonseiten Israels. Warum erkennt die Bundesregierung nicht an, dass diese Politik der Bombardierung Züge eines Kriegsverbrechens trägt?
Fischer (AA)
Natürlich nimmt die Hamas die Bevölkerung in Gaza als Geiseln. Sie versteckt sich hinter ihr. Sie nutzt sie als menschliche Schutzschilde. Das haben wir die ganze Zeit gesehen. Israel nutzt sein Recht auf Selbstverteidigung. Gleichzeitig ist es so, dass die massiven Angriffe, die wir gesehen haben, natürlich auch Fragen hinsichtlich sozusagen der Einordnung der einzelnen Angriffe in den Rahmen des humanitären Völkerrechts aufwerfen. Aber trotzdem ist es so, wie ich vorhin schon gesagt habe: Wenn die Hamas die Waffen niederlegt und die Geiseln freilässt, dann haben wir auf der Stelle Frieden in Gaza.
Frage
Ist das Aushungern von Zivilisten Selbstverteidigung, Herr Fischer?
Fischer (AA)
Ich glaube, wir haben uns hier schon häufiger über dieses Thema unterhalten.
Zusatz
Beantworten Sie doch einmal die Frage!
Fischer (AA)
Wir haben diese Frage in den letzten Regierungspressekonferenzen regelmäßig diskutiert, und ich habe den Antworten, die ich Ihnen da gegeben habe, nichts hinzuzufügen.
Konflikt zwischen Indien und Pakistan
Frage
Ich habe eine Frage zum Konflikt zwischen Indien und Pakistan an das AA. Nach pakistanischen Angaben soll Indien angeblich kurz vor einem Militärschlag gegen das Nachbarland stehen. Haben Sie darüber Erkenntnisse?
Fischer (AA)
Vielleicht lassen Sie es mich so sagen: Wir stehen sowohl mit Indien als auch mit Pakistan in Kontakt und setzen auf eine Verständigung beider Seiten miteinander.
Zusatzfrage
Wie kann Deutschland dazu beitragen, einen offenen militärischen Konflikt zwischen den beiden Atommächten zu verhindern?
Fischer (AA)
Ich habe ja schon gesagt, dass wir mit beiden Seiten in Kontakt stehen und darauf setzen, dass es im Rahmen dieser Kontakte, aber auch der Kontakte ganz vieler anderer mit der indischen und der pakistanischen Regierung zu einer Verständigung beider Seiten miteinander kommt. Aber noch einmal: Es hat einen Anschlag in Kaschmir gegeben, in Indien gegeben, den wir auf das Schärfste verurteilt haben. Das habe ich auch hier in der Regierungspressekonferenz getan. Wichtig ist, dass jetzt die Drahtzieher gefunden und zur Rechenschaft gezogen werden. Das ist ja auch das, was der indische Präsident Modi angekündigt hat.