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Erklärungen des Auswärtigen Amts in der Regierungspressekonferenz vom 10.03.2025

10.03.2025 - Artikel

Nahostkonflikt

Deschauer (AA)

Schönen guten Tag! Ich möchte einige Worte zur humanitären Lage in Gaza sagen. Wir haben uns dazu in der vergangenen Woche an dieser Stelle schon geäußert, unter anderem auch im Rahmen eines am Mittwoch zusammen mit dem Vereinigten Königreich und Frankreich veröffentlichten Statements der E3. Wir haben unsere tiefe Besorgnis über den Stopp des Zugangs für Güter und Lieferungen nach Gaza zum Ausdruck gebracht und Israel aufgerufen, seinen völkerrechtlichen Verpflichtungen nachzukommen und die uneingeschränkte, rasche, sichere und ungehinderte Bereitstellung humanitärer Hilfe für die Bevölkerung in Gaza zu gewährleisten.

Die nun erfolgte Kappung der Stromlieferung, die insbesondere für den Betrieb der Wasserentsalzungsanlage bei Chan Junis notwendig ist, und die Diskussion um einen Stopp auch der Wasserlieferungen nehmen wir mit größter Sorge zur Kenntnis. Solche Schritte sind bzw. wären inakzeptabel und nicht mit den völkerrechtlichen Verpflichtungen vereinbar. Da die Blockade nun bereits seit neun Tagen fortbesteht, droht auch die Nahrung wieder knapp zu werden. Die Einschränkung von Nahrungs- und Wasserzufuhr sind gerade im Fastenmonat Ramadan verheerend.

Die Gewährung oder Versagung humanitären Zugangs ist kein legitimes Druckmittel in Verhandlungen. Israel muss seinen völkerrechtlichen Verpflichtungen nachkommen, indem es die ungehinderte Bereitstellung von dringend benötigter Grundversorgung und humanitärer Unterstützung im gesamten Gazastreifen sicherstellt. Deshalb rufen wir die israelische Regierung auf, die Einfuhrbeschränkungen nach Gaza für alle Formen humanitärer Hilfe mit sofortiger Hilfe wieder aufzuheben.

Gleichzeitig, und das ist sehr klar, muss die Hamas dem Leid und den Demütigungen der verbleibenden Geiseln und deren Angehörigen nun endlich ein Ende setzen und die Geiseln gemäß dem Waffenstillstands- und Geiseldeal freilassen. In diesem Kontext begrüßen wir die Wiederaufnahme von Verhandlungen über die Zukunft der Vereinbarungen und deren Phase zwei in Doha. Vielen Dank.

Medienberichte über Ermordungen von Zivilisten und Gefangenen in Syrien

Frage

Frau Deschauer, wie beurteilen Sie die Lage in Syrien nach den Übergriffen oder Angriffen auf alawitische Zivilisten? Fürchten Sie einen neuen Bürgerkrieg in Syrien?

Deschauer (AA)

Vielen Dank. – Ich möchte noch einmal zum Ausdruck bringen, was wir gestern schon in einer öffentlichen Erklärung des Auswärtigen Amtes gesagt haben: Wir verurteilen den Ausbruch der Gewalt in den syrischen Regionen Tartus, Latakia und Homs auf das Schärfste und insbesondere ‑ Sie sprechen es an ‑ die Berichte aus diesen Regionen über die Ermordung von Zivilisten und Gefangenen. Das ist zutiefst schockierend. Es steht jetzt in der Verantwortung der Übergangsregierung, weitere Übergriffe zu verhindern, die Vorfälle aufzuklären und die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen.

In diesem Kontext fordern wir alle Seiten auf, zu einem Ende der Gewalt zu finden. Das ist ein Teufelskreis, der das gesamte Land weiter destabilisieren könnte, in dem es zu Beginn des Jahres und zum Ende des letzten Jahres nach dem Ende der jahrzehntelangen Assad-Herrschaft ja eigentlich hoffnungsvolle Zeichen gab. Es braucht jetzt friedlichere Mittel, vor allem politische Verhandlungen für die Integration und Kooperation aller gesellschaftlichen und religiösen Gruppen egal welcher Ethnie, Herkunft oder welchen Geschlechts. Das gilt natürlich auch explizit für eine zukünftige Rolle der Alawiten.

Die Übergangsregierung steht jetzt in der Verantwortung dafür, das Land zu dauerhaftem Frieden zu führen, und dafür, dass eben nicht ein erneutes Abgleiten in ein bürgerkriegsartiges Szenario zu befürchten steht. Die Einrichtung ‑ so haben wir das vernommen ‑ einer richterlichen Untersuchungskommission und eines Komitees für den zivilen Frieden ist ein erster Schritt in diese Richtung. Aber die Übergangsjustiz und die Aufarbeitung von vergangenen Verbrechen während des Bürgerkriegs sind zentral für eine Stabilisierung und für die Chance auf eine friedliche Zukunft des Landes.

Sie sehen: Wir sind sehr besorgt und haben das gestern, und das möchte ich hier noch einmal in aller Form tun, zum Ausdruck gebracht.

Zusatzfrage

Laufen die Vorbereitungen zur Wiedereröffnung der deutschen Botschaft weiter?

Deschauer (AA)

Ich kann Ihnen sagen, dass wir seit Beginn des Jahres eine geringe Anzahl von Kolleginnen und Kollegen vor Ort haben, die insbesondere natürlich die Rolle haben, mit den verschiedenen gesellschaftlichen Gruppierungen in Kontakt zu stehen. Natürlich haben wir auch gesagt, dass wir perspektivisch am schrittweisen Aufbau und der Ausarbeitung unserer diplomatischen Präsenz arbeiten. Die Kollegen sind vor Ort. Es geht darum, wichtige Kontakte zu etablieren, politische Gespräche zu führen und vor allem die notwendige Transition hin zu einem friedlichen Prozess mit zu begleiten.

Grundsätzlich zur Wiedereröffnung von Botschaften in sehr fragilen Kontexten: Das hängt natürlich von vielen Faktoren ab, natürlich auch von der Lage vor Ort. Die Sicherheitslage ist natürlich immer auch ein ganz entscheidendes Kriterium.

Frage

Ich hätte noch eine Nachfrage zu dem Thema. Könnten Sie noch einmal kompakt zusammenfassen, wie der Kontakt mit der syrischen Übergangsregierung derzeit aussieht?

Deschauer (AA)

Ich meine, wir haben uns hierzu schon verschiedentlich eingelassen. Sie wissen, dass die Außenministerin und ihr französischer Amtskollege auf Bitten ‑ quasi in Mission ‑ der Europäischen Union zu Beginn des Jahres ‑ das war, glaube ich, am 2. oder 3. Januar ‑ mit dem Mandat der Hohen Vertreterin Kallas vor Ort waren und entsprechende politische Gespräche geführt haben. Es gab verschiedentlich Syrien-Konferenzen. Die laufen unter dem Stichwort des sogenannten Akaba-Formats. Auch dort waren Vertreter der syrischen Übergangsregierung ‑ wenn ich mich recht erinnere, der Außenminister ‑ zugegen. Auch dort gab es im größeren Kreis einen Austausch. Unsere Kollegen sind vor Ort und wirken natürlich dort, wie ich gerade beschrieben habe, in die verschiedenen Gesprächskanäle ‑ auch gerade im EU-Kreis, mit der EU-Delegation ‑ vor Ort hinein. Das ist ein laufender Prozess, der seit Beginn des Jahres nun mit Kolleginnen und Kollegen vor Ort gestaltet wird.

[…]

Medienbericht über die Verweigerung der Einreise gegenüber 25 Personen aus Afghanistan

Frage

Ich habe eine Frage zu dem Flug aus Pakistan mit gefährdeten Afghaninnen und Afghanen, bei dem am Ende 25 Menschen nicht mitkommen konnten. Das war hier bereits vergangenen Mittwoch Thema. Herr Kall, Ihr Kollege Herr Ata sagte, es werde aufgearbeitet, was dort passiert sei. Können Sie sagen, woran es gelegen hat?

Kall (BMI)

Ja, das ist auch weiterhin so. Die Bundespolizei hatte Auffälligkeiten vor allen Dingen in den Identitätsdokumenten erkannt. Dann gilt Sicherheit als oberstes Prinzip. Die Personen wurden von dem Flug ausgeschlossen, um die Dokumente nochmals zu überprüfen. Alle Personen hatten die gesamte sonstige Überprüfung im Verfahren einschließlich der Sicherheitsinterviews und der Überprüfung durch die Sicherheitsbehörden durchlaufen. Aber wenn es Auffälligkeiten bei den Identitätsdokumenten gibt, dann muss das trotzdem nochmals überprüft werden. Die Überprüfung läuft weiterhin, sodass wir uns noch nicht näher dazu äußern können.

Aber nochmals: All das zeigt, wie wichtig Sicherheit in den Aufnahmeverfahren ist. Wenn es dabei nur den Hauch eines Zweifels gibt, seien es Zweifel an Dokumenten, seien es andere Anhaltspunkte, dann können die betreffenden Personen nicht nach Deutschland einreisen.

Zusatzfrage

Welche Auffälligkeiten in den Dokumenten können das sein?

Kall (BMI)

Dass der Verdacht besteht, dass Dokumente unrichtig oder möglicherweise gefälscht sind. Aber das ist keine Aussage zu den konkreten 25 Fällen. Genau dem wird ja gerade nachgegangen.

Frage

An das AA: Sind auf absehbare Zeit noch weitere Flüge geplant?

Wie viele Personen, die noch vor Ort sind, haben schon eine Zusage, nach Deutschland zu kommen?

Deschauer (AA)

Ihre erste Frage haben unsere Kollegen hier, denke ich, zusammen mit dem BMI schon mehrfach beantwortet. Wir haben das Aufnahmeverfahren ganz grundsätzlich erklärt. Die Rahmenbedingungen vor Ort in Afghanistan sind weiterhin schrecklich. Dort hat sich ein menschenverachtendes Terrorregime etabliert. Die Lage wird insbesondere für Frauen und Mädchen immer schlimmer. Ich verkürze die Ausführungen der Kolleginnen und Kollegen. Denn das können Sie in den drei Protokollen der vergangenen Woche nachlesen.

Angesichts dieser Umstände gibt es weiterhin bestehende Aufnahmezusagen für eine Reihe von Afghaninnen und Afghanen. Die Größenordnung in allen Aufnahmeverfahren ‑ es gibt ja verschiedene ‑ beträgt ca. 2800 Personen mit einer Aufnahmezusage in verschiedenen Phasen des Ausreiseverfahrens. Wie wir hier schon im Grundsatz erläutert haben, basieren entsprechende Zusagen auf rechtlichen Verpflichtungen.

Über weitere Aspekte, auch die Frage der Terminierung von Flügen ‑ auch das ist in Linie mit dem, wie wir Sie hier in den vergangenen Tagen und Wochen informiert haben ‑, treffen wir hier keine Vorabaussagen, weil diese Dinge immer von verschiedensten Faktoren abhängen.

Kall (BMI)

Entscheidend ist weiterhin, dass es keine neuen Zusagen gibt, und zwar schon seit einiger Zeit nicht mehr. Das heißt auch, dass die Programme auslaufen können, aber bestehende Zusagen im Moment noch zu erfüllen sind, wie es mit den letzten Flügen erfolgt ist.

Deschauer (AA)

Weil Max Kall das eben in Bezug auf den anderen Flug, den Sie gerade ansprachen, erläutert hat, will ich noch ergänzen. Die gesamten Verfahren basieren auf einer sehr detaillierten, sehr intensiven und zwischen verschiedensten Stellen, insbesondere auch mit den Sicherheitsbehörden, ausbuchstabierten Choreografie, die Sicherheit an die oberste Stelle stellt. Das bedeutet Sicherheitsüberprüfungen an verschiedener Stelle, von Sicherheitsbefragung bis zu intensiven Identitätsprüfungen, bis es überhaupt zu der Situation kommt, dass Menschen auf Charterflüge gelangen können.

Noch einmal: Vorabaussagen treffen wir aber an dieser Stelle nicht.

Frage

Frau Deschauer, können Sie genauer zur rechtlichen Verpflichtung ausführen? Nehmen wir den hypothetischen Fall an, eine künftige Bundesregierung würde das Aufnahmeprogramm aussetzen. Es gibt aber die erwähnten 2800 Zusagen. Heißt „rechtlich verpflichtend“, dass sie mit der Zusage zum Beispiel das Recht haben, auf Aufnahme in Deutschland zu klagen, oder was heißt das?

Deschauer (AA)

Für Ausführungen zu rechtlichen Verpflichtungen bin ich an dieser Stelle tatsächlich nicht zuständig und würde hier auch keine Aussagen mit Blick auf eine nächste Bundesregierung treffen wollen, sondern ich erläutere, wie wir es hier in der Vergangenheit schon getan haben, dass die Aufnahmezusagen, die bereits getroffen wurden, aus Sicht dieser Bundesregierung rechtlichen Bestand haben.

Kall (BMI)

Im rechtlichen Sinne sind diese Aufnahmezusagen Verwaltungsakte, also behördliche Entscheidungen, auf die sich Betroffene berufen können und die sie gegebenenfalls auch einklagen können. Aber es wird Sache der künftigen Bundesregierung sein, zu bestimmen, wie damit umzugehen ist, und entsprechende rechtliche Risiken zu kalkulieren.

Wir sind nicht dazu da, das Sondierungspapier zu interpretieren, aber ‑ dies gewissermaßen als Service ‑ darin steht ja: „so weit wie möglich, beenden“. ‑ Aber dazu, was das konkret bedeutet, müssten Sie sich an die Parteien wenden. Im rechtlichen Sinne sind es, wie gesagt, Verwaltungsakte, auf die sich Betroffene berufen können.

Nationaler Gedenktag für die Opfer terroristischer Gewalt

Frage

Morgen findet zum vierten Mal der Gedenktag für die Opfer terroristischer Gewalt statt. Faeser und Baerbock nehmen teil. Welche Botschaft soll von dem Gedenktag dieses Jahr ausgehen?

Deschauer (AA)

Ich würde im Grundsatz sagen, dass die Bundesregierung an diesem Tag Opfern terroristischer Gewalt natürlich besonders gedenkt, ihr Andenken ehrt, insbesondere einen Blick auf die Familienangehörigen und Betroffenen hat, und dass es ein Auftrag der Bundesregierung ist, Opfer terroristischer Gewalt, und zwar jeglicher terroristischer Gewalt, natürlich in ehrendem Gedenken zu halten. Gleichzeitig ist natürlich staatlicher Auftrag, das Möglichste dafür zu tun, dass es keine weiteren Opfer terroristischer Gewalt gibt, sei es im Inland oder im Ausland. Das ist ein, denke ich, sehr breiter Ansatz, ein breites Gedenken, das die beiden Ministerien BMI und AA in federführender Rolle für die Bundesregierung gestalten.

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