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Erklärungen des Auswärtigen Amts in der Regierungspressekonferenz vom 28.02.2025
Gespräche zwischen der Bundesregierung und der neuen US-Administration
Frage
Herr Hebestreit, Frau Deschauer, ich hätte ganz gerne noch einmal nach den Besuchen in den USA gefragt. Es gab jetzt eine Reihe von europäischen Besuchern. Sehen Sie es eigentlich als Nachteil an, dass die Bundesregierung im Moment wegen der Wahlen und dieser besonderen Situation nicht nach Washington reisen kann, damit der Kanzler mit dem Präsidenten und die Außenministerin mit dem Außenminister reden kann, oder halten Sie das im Moment nicht für so wichtig?
Hebestreit (BReg)
Grundsätzlich ist die Situation erst einmal, dass wir Bundestagswahlen gehabt haben, dass wir vor einem Regierungswechsel stehen. Das ist die demokratische Realität; an der kommt niemand vorbei. Ich kann Sie aber beruhigen: Sowohl in die Reisetätigkeiten von Emmanuel Macron als auch in die von Keir Starmer sind wir ja eng eingebunden, so eng sogar, dass es die Briefings im Rahmen der EU-Staats- und -Regierungschefs gegeben hat. Emmanuel Macron hat quasi live deutlich gemacht, wie eng er sich mit dem deutschen Bundeskanzler abgesprochen hat. Noch auf dem Flug nach Washington hat er mit ihm länger telefoniert. Das Gleiche gilt für Keir Starmer, der dann übermorgen einige Staats- und Regierungschefs, unter anderem den deutschen Bundeskanzler, nach London eingeladen hat, sozusagen zum „debriefing“.
Gleichwohl stimmt es natürlich, dass eine Regierung, deren Legislaturperiode demnächst endet, jetzt kein wahnsinnig attraktiver Gesprächspartner für einen amerikanischen Präsidenten ist. Aber auch da kann ich wieder beruhigen: Auf Arbeitsebene sind die Kontakte eng und vertrauensvoll. Es gibt Telefonate der deutschen Außenministerin mit ihrem amerikanischen Pendant, der Bundeskanzler hat mehrfach mit US-Präsident Trump gesprochen, und es gab jetzt in München Gespräche mit Delegationen. Der Nationale Sicherheitsberater steht im engen Austausch mit Jens Plötner aus dem Bundeskanzleramt. Was diesen Teil angeht, gibt es also, glaube ich, einen engen Informationsaustausch. Jetzt warten wir erst einmal die Regierungsbildung in Deutschland ab.
Deschauer (AA)
Da Sie mich auch ansprachen: Das kann ich nur bekräftigen und unterstreichen. Die Außenministerin stand und steht in engem Kontakt. Es gab Telefonate, es gab direkte Treffen, es gab „debriefings“ bezüglich der Gespräche, auch mit dem amerikanischen Außenministerkollegen. Aber natürlich steht sie auch mit ihren europäischen Kollegen in engem Kontakt. Insofern darf gar kein Zweifel daran aufkommen, dass wir natürlich begrüßen, dass unsere europäischen Partner hier auch die geeinte europäische Perspektive vor Ort einbringen. Wie der Regierungssprecher schon sagte, konnte man ja sehr deutlich sehen, dass unser französischer Partner da die europäische Perspektive und insbesondere die der Europäischen Union sehr stark vertreten hat. Insofern habe ich gar keinen Zweifel daran, dass Deutschland, das in dieser Zeit vollumfänglich handlungsfähig ist, auch seine Position vertreten sieht und weiterhin stark vertritt.
Hebestreit (BReg)
Ich kann auch noch etwas ergänzen. Auch der Verteidigungsminister hat schon sein amerikanisches Pendant getroffen und gesprochen. Wir stehen also auch mit der neuen Administration in Gesprächen.
Zusatzfrage
Darf ich nur einmal kurz nachfragen, weil wir ja bei dem letzten Regierungswechsel schon ein Vorbild hatten? Sie hatten vorhin gesagt, die Regierung sei vielleicht kein wahnsinnig attraktiver Gesprächspartner. Man könnte es natürlich für Herrn Trump ein bisschen attraktiver machen, wenn Herr Scholz und Herr Merz gemeinsam nach Washington reisen würden, wie das damals der Fall war. Gibt es dafür Pläne?
Hebestreit (BReg)
Sie sind jetzt so lange dabei! Sie waren ausnahmsweise vorgestern nicht in der Regierungspressekonferenz, als wir das hier schon diskutiert haben. Aber auch Ihnen ‑ Sie haben ja ein gutes Gedächtnis ‑ wird nicht entgangen sein, dass die damalige Bundeskanzlerin Herrn Scholz nicht auf irgendwelche Gipfel mitgenommen hat, sondern ständiger Begleiter bei G20-Gipfeln ist der Bundesfinanzminister. Das hat der Bundesfinanzminister Lindner mit dem Bundeskanzler Scholz so gehandhabt wie der Bundesfinanzminister Schäuble mit der Bundeskanzlerin Merkel und Ähnlichem. Insofern gab es die journalistisch günstige Situation ‑ nach der Wahl und vor der Regierungsbildung im Herbst 2021 ‑, dass sie beide gemeinsam beim G20-Gipfel in Rom waren. Die einzige Änderung war, dass es ein gemeinsames Hintergrundgespräch der Bundeskanzlerin und des damaligen Bundesfinanzministers mit Journalistinnen und Journalisten gab und dass es eine kurze Begegnung mit Joe Biden mit Händeschütteln gegeben hat. Da konnte dann Frau Merkel sagen: Das ist nicht nur mein Finanzminister, sondern auch der designierte Bundeskanzler. – So weit sind wir längst noch nicht.
Ich traue jedem Sieger einer Bundestagswahl zu, dass er sich sehr schnell auch in der neuen Position zurechtfindet. Dafür gibt es gute Übungen. Es gibt ganze Stäbe von Beamtinnen und Beamten, die genau dafür da sind, dass man solche Regierungswechsel gut miteinander bewerkstelligt. Ich habe das am Mittwoch gesagt, und ich sage es heute noch einmal: Ein Regierungspraktikum vor Amtsübernahme ist für Herrn Merz allerdings nicht vorgesehen.
Zusatzfrage
Die Antwort auf die Frage war also Nein, um es abzukürzen. - Das mit dem G20-Gipfel wusste ich tatsächlich, aber mir ging es darum, ob geplant ist, dass die beiden Herren nach Washington ‑ ‑ ‑
Hebestreit
Jetzt sind wir schon so lange hier zusammen. Wenn ich kurze Antworten gebe, sind Sie immer unzufrieden und fragen noch einmal nach. Jetzt habe ich die längere Antwort gegeben, und Sie finden schon heraus, was ich gesagt habe.
Frage
An das Verteidigungsministerium: Wie sieht es denn eigentlich mit dem Plan der Stationierung der neuen amerikanischen Raketen in Deutschland aus? Wird das weiterverfolgt, laufen da die Vorbereitungen, oder liegt das im Moment auf Eis?
Jenning (BMVg)
Dazu habe ich Ihnen tatsächlich keinen neuen Sachstand mitzuteilen.
Zusatzfrage
Was ist denn der alte Sachstand?
Jenning (BMVg)
Tatsächlich habe ich das im Detail nicht vorliegen. Ich würde noch einmal nachfragen. Wenn es etwas nachzureichen gibt, dann reiche ich das gerne nach, aber aus dem Stand heraus kann ich Ihnen das jetzt nicht sagen.
Hebestreit (BReg)
In meinem Langzeitgedächtnis habe ich mir gemerkt, dass es, glaube ich, um den Sommer 2026 geht. Insofern haben wir also noch ein bisschen Zeit, bis es dazu kommt.
Noch einmal: Das ist eine Entscheidung der amerikanischen Regierung, die wir sehr unterstützt haben. Aber vielleicht müssten Sie dann auch in den Vereinigten Staaten nachfragen, ob es da ein anderes Denken darüber gibt.
Abschiebung mehrerer Uiguren aus Thailand nach China
Frage
Ich habe eine Frage zu der Abschiebung der Uiguren aus Thailand nach China. Zum einen, Frau Deschauer, wüsste ich gerne, wie Sie oder die Bundesregierung diesen Vorgang bewerten.
Zweite Frage: Haben Sie Ihre Kritik auch gegenüber der thailändischen Regierung deutlich gemacht? Sind Sie auch in China vorstellig geworden?
Deschauer (AA)
Vielen Dank für Ihre Frage. – Wir haben diese Kritik gestern sogar öffentlich deutlich gemacht. Deshalb kann ich auf ein Statement aus dem Auswärtigen Amt verweisen, das aber gerne hier noch einmal paraphrasieren: Die Bundesregierung verurteilt die Entscheidung der thailändischen Regierung, mehrere Uiguren nach China abzuschieben; denn diese Abschiebung verstößt gegen den völkerrechtlich verankerten Grundsatz der Nichtzurückweisung von Personen, denen möglicherweise schwere Menschenrechtsverletzungen drohen. So fordern wir in zwei Richtungen auf. Wir fordern die chinesische Regierung auf, die Rechte der Abgeschobenen und ihrer Familien zu respektieren und zu schützen, und die thailändische Regierung fordern wir dazu auf, sich über die Lebensumstände der Abgeschobenen vor Ort ein Bild zu machen und sich auch für deren Schutz einzusetzen und darauf hinzuwirken. Das können Sie auch auf der Webseite des Auswärtigen Amtes noch einmal nachlesen. Sie können sicher sein, dass wir ‑ vertraulich ‑ Gespräche über solche gewichtigen Angelegenheiten, die uns große Sorge bereiten, führen und vorab geführt haben.
Urteil des Staatsgerichts von Bosnien und Herzegowina gegen den Präsidenten der Republika Srpska
Frage
Frau Deschauer, der Präsident der serbischen Teilrepublik in Bosnien-Herzegowina ist gerade zu einem Jahr Haft verurteilt worden. Offenbar muss er diese Haftstrafe aber nicht antreten.
Wie bewerten Sie diesen Vorgang?
Deschauer (AA)
Ich kann die Hintergründe ein wenig erläutern und einordnen. Wir als Bundesregierung haben das Gerichtsverfahren und die Verkündung des Urteils gegen den Präsidenten der Republika Srpska, Herrn Dodik, wegen Nichtbeachtung der Entscheidung des Hohen Repräsentanten für Bosnien und Herzegowina eng verfolgt. Dieses Verfahren ist Ausdruck der Funktionsfähigkeit des Rechtsstaats von Bosnien und Herzegowina und seiner demokratischen Institutionen. Das begrüßen wir ausdrücklich. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig; Sie haben es angesprochen. Das heißt, Rechtsmittel können eingelegt werden.
Da es Stimmen in die Richtung gibt, noch als Anmerkung: Wer jetzt Zweifel am Verfahren sät, untergräbt die demokratische Grundordnung von Bosnien und Herzegowina. Wir rufen alle Beteiligten dazu auf, die Souveränität, territoriale Integrität und Unabhängigkeit des Landes zu wahren. Die Beschlüsse der Nationalversammlung der Republika Srpska in Antwort auf die Gerichtsentscheidung weisen wir als Bundesregierung entschieden zurück. Wir werden mit unseren internationalen Partnern weitere Schritte prüfen und rufen dazu auf, die Inhalte des Friedensabkommens von Dayton ‑ das ist die Grundlage ‑ zu wahren. Dazu gehört auch die Unterstützung der Arbeit des Hohen Repräsentanten.
Frage
Wie lange läuft das Mandat speziell des deutschen Repräsentanten der UN noch?
Besteht die Möglichkeit, dass durch eine neue Bundesregierung Veränderungen entstehen, dass er unter Umständen abgelöst oder ersetzt wird?
Deschauer (AA)
Das Mandat ist zeitlich unbegrenzt. Er wurde vom Friedensimplementierungsrat in diese internationale und auch unabhängige Rolle gewählt. Insofern kann ich von keinen Konsequenzen, die Sie in Ihrer Frage angedeutet haben, sprechen.
Aufruf von Abdullah Öcalan zur Auflösung der PKK
Frage
Was bedeutet die Ankündigung, dass sich die PKK auflösen wolle, für den Umgang mit prokurdischen Demonstrationen in Deutschland? Heißt das, dass man künftig das Porträt von Öcalan oder die Flagge der YPG zeigen darf?
Kall (BMI)
Das können wir zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht absehen. Aus Sicht der Sicherheitsbehörden muss man jetzt beobachten, wie sich die PKK weiterentwickelt und wie sich die Auswirkungen auf PKK-Anhänger in Deutschland darstellen. Bisher ist die PKK als eine ausländische terroristische Vereinigung eingestuft. Es gibt auch weiterhin Ermittlungsverfahren des Generalbundesanwalts. Auch die Gerichte sehen die PKK als solche Organisation an. Es gibt eine EU-Terrorlistung. Seit 1993 gilt ein Betätigungsverbot in Deutschland. Ausführungen, warum das alles so ist, können Sie dem Verfassungsschutzbericht entnehmen. Dort gibt es ausführliche Ausführungen dazu.
An alledem, dem Charakter in Deutschland, hat sich durch die gestrige Ankündigung natürlich nicht unmittelbar etwas geändert. Die Sicherheitsbehörden werden die weitere Entwicklung beobachten. Aber noch ist es zu früh, andere Bewertungen vorzunehmen.
Frage
Meine Frage richtet sich an das Auswärtige Amt. Wie verändert sich durch den Aufruf Öcalans, vor allem dann, wenn ihm tatsächlich gefolgt wird, die Außenpolitik aus deutscher Sicht sowohl gegenüber der Türkei als auch im Hinblick auf Syrien?
Deschauer (AA)
Wir müssen erst einmal zur Kenntnis nehmen, dass es gestern eine Ankündigung gab, die wir begrüßen. Dazu haben wir uns geäußert. Ich werde das hier nicht in Gänze vortragen. Aber wir begrüßen, dass Herr Öcalan dazu aufgerufen hat, die PKK aufzulösen, und insbesondere die Aufforderung an die PKK und verbundene Gruppen, die Waffen niederzulegen. Das kann gerade für die weitere Region einen Prozess hin zu einem friedlicheren Umfeld anstoßen.
Ich würde sagen, das wenige Stunden danach zu beurteilen, fällt uns allen hier auf dem Podium schwer. Ich denke, Sie haben auch zur Kenntnis genommen, dass es unterschiedliche Reaktionen aus der Region gab. Führende Politiker in der Autonomen Region Kurdistan in Irak, die Vorsitzenden der beiden Regierungsparteien sowie RKI-Präsident Barsani haben den Aufruf schon begrüßt. Eine offizielle Reaktion aus der PKK-Führungsriege selbst gibt es noch nicht. Insofern bleibt das abzuwarten. Aber aufseiten der Bundesregierung haben wir natürlich die Hoffnung, dass damit ein Anstoß zu einem friedlichen Prozess, der auch ein politischer Prozess sein muss, gegeben worden ist.
Zusatzfrage
In Bezug auf die halbwegs friedliche Revolution in Syrien hat die Bundesregierung relativ schnell Gesprächskanäle zu den neuen Machthabern gesucht. Lässt sich sagen: „Ja, wir suchen jetzt in einer halbwegs vergleichbaren Weise Kontakte und Gesprächsebenen zu Menschen aus dem früheren PKK-Bereich, die wir als mögliche zukünftige Akteure und Verhandlungspartner ansehen“?
Deschauer (AA)
Ich denke, das sind verschiedene Elemente der Gemengelage vor Ort. Die Außenministerin war im Dezember, vor Weihnachten, in der Türkei und hat sich dort mit ihrem türkischen Amtskollegen über die Rolle der Türkei, aber natürlich insbesondere auch über die Lage in Syrien, die Zukunft eines friedlichen Syriens und die Notwendigkeit der Integration aller gesellschaftlicher, religiöser und ethnischer Gruppen in einen politischen Prozess ausgetauscht.
Insofern blicken wir natürlich weiterhin einigermaßen hoffnungsvoll auf die Entwicklungen in der Region. Aber ich denke, es wäre verfrüht, im Detail über einzelne Gesprächskanäle zu spekulieren