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Erklärungen des Auswärtigen Amts in der Regierungspressekonferenz vom 17.02.2025
- Reise des Bundeskanzlers nach Paris zur Unterstützungskonferenz für die Ukraine; Russischer Angriffskrieg gegen die Ukraine
- Nahostkonflikt
- Abschiebungen aus Deutschland nach Afghanistan
- Bundesaufnahmeprogramm Afghanistan
- Medienbericht über Abschiebungen aus Deutschland in den Irak
- Ausübung des Wahlrechts durch Deutsche im Ausland
- Pariser Klimaschutzübereinkommen
Reise des Bundeskanzlers nach Paris zur Unterstützungskonferenz für die Ukraine; Russischer Angriffskrieg gegen die Ukraine
Hoffmann (BReg)
Guten Tag auch von meiner Seite! Ich habe noch die Ankündigung eines Termins nachzutragen, der sich am Wochenende relativ kurzfristig ergeben hat. Bundeskanzler Olaf Scholz wird heute Nachmittag nach Paris reisen und dort auf Einladung des französischen Staatspräsidenten Emmanuel Macron ab 16 Uhr an Beratungen über die Unterstützung der Ukraine und die Sicherheit in Europa teilnehmen. An diesem Austausch werden nach unserem aktuellen Kenntnisstand ferner der britische Premier Keir Starmer, die dänische Ministerpräsidentin Mette Frederiksen, der polnische Ministerpräsident Donald Tusk, die italienische Ministerpräsidentin Giorgia Meloni, der spanische Ministerpräsident Pedro Sánchez, der niederländische Ministerpräsident Dick Schoof sowie NATO-Generalsekretär Mark Rutte, EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und der Präsident des Europäischen Rates Antonio Costa teilnehmen. Bei den Beratungen wird es um die Lage in der Ukraine und mögliche Friedensverhandlungen sowie die Sicherheit in Europa gehen.
Im Anschluss an das Treffen wird der Bundeskanzler etwa gegen 18 Uhr ein Pressestatement abgeben.
[…]
Frage
Frau Hoffmann, gegebenenfalls Herr Fischer: Könnten Sie noch einmal erklären, was die Deutschen und die Europäer außer „bitte, bitte“ zu sagen in der Hand haben, um bei diesen Verhandlungen nicht am Katzentisch zu sitzen? Das habe ich immer noch nicht verstanden.
Hoffmann (BReg)
Der Bundeskanzler hat sehr klar gesagt: Ohne die Europäer geht es gar nicht.
Zusatz
Offenbar doch!
Hoffmann (BReg)
Wie soll man zu einer Lösung in einem europäischen Konflikt kommen, zu einer Lösung, an der auch die Europäer beteiligt sein müssen und sein werden, ohne dass die Europäer mitreden? Das geht einfach nicht.
Fischer (AA)
Lassen Sie mich vielleicht kurz ausholen. Bei Ihren ganzen Fragen geht unter, dass Sie den dritten und vierten Schritt schon vor dem ersten machen. Ganz zentral ist jetzt, die Ukraine zu stärken, um in einer Position der Stärke in die Verhandlungen zu gehen. Darüber hat, denke ich, die Außenministerin Ende vergangener Woche in Paris im Berliner Format mit ihren europäischen Kolleginnen und Kollegen gesprochen. Das war auch ein zentrales Thema auf der Münchner Sicherheitskonferenz.
Wenn die Ukraine aus einer Position der Stärke, zu der wir durch unsere finanzielle, aber auch militärische und humanitäre Unterstützung beitragen müssen, in Friedensgespräche gehen kann, dann wird es verschiedenste Elemente geben, die zu einer Friedenslösung gehören werden. Das sind Gebietsfragen, Fragen des Wiederaufbaus, des Umgangs mit den Sanktionen, des Austauschs von Kriegsgefangenen, die Frage der entführten ukrainischen Kinder. Natürlich wird es auch um Sicherheitsfragen gehen. Das ist natürlich eine zentrale Frage, die dann beantwortet werden muss. Denn wenn ein Friede tatsächlich nachhaltig und dauerhaft sein soll, dann muss er auch abgesichert sein, damit Putin es nie wieder wagt, Krieg über den europäischen Kontinent zu bringen. Das ist klar.
Wenn Sie mich zur europäischen Rolle fragen, dann sage ich: Es ist auch klar, dass Friedensgespräche ohne Europa letztlich gar keinen Sinn ergeben. Denn bei vielen der Elemente liegt es in europäischer Hand, wie wir damit umgehen. Das sind Sanktionen, das sind „frozen assets“, das sind Sicherheitsgarantien. Insofern kann ich mir nur vorstellen, dass Europa an diesen Gesprächen beteiligt sein wird. So hat beispielsweise der amerikanische Außenminister gestern bei CBS auch öffentlich geäußert, was er zuvor in den Gesprächen mit der Außenministerin geäußert hat, dass nämlich Europa natürlich an den Gesprächen beteiligt wird, genauso wie im Übrigen die Ukraine. Denn man kann nicht über die Ukraine reden, ohne dass die Ukraine beteiligt ist.
Zusatz
Dass Europa dabei sein muss und welche Rolle Europa spielt, habe ich verstanden. Aber Sie verstehen die Frage, wie Sie das hinbekommen wollen.
Fischer (AA)
Ich habe zum Beispiel auf den amerikanischen Außenminister verwiesen, der gestern öffentlich von einer europäischen Rolle gesprochen hat. Sicherlich gibt es momentan eine gewisse Vielstimmigkeit in der amerikanischen Administration. Es gab jene, die gesagt haben, sie sähen keine Rolle. Es gibt jene, die gesagt haben, natürlich sei Europa dabei. Aber ich habe auch darauf hingewiesen, dass Europa natürlich eine wichtige Rolle hat, weil zum Beispiel ein Großteil der „frozen assets“ in Europa eingefroren ist, weil die europäischen Sanktionen Russland hart treffen und weil wir noch vor den USA der größte Unterstützer der Ukraine sind. All diese Dinge spielen eine Rolle. Vor diesem Hintergrund und auch, weil es ein ukrainischer Wunsch ist, werden wir bei den Gesprächen selbstverständlich mit am Tisch sitzen.
Frage
Herr Fischer, wenn ich Sie richtig verstehe, dann sagen Sie, die dritte und die vierte Stufe komme nicht vor der ersten. Das ist zwar richtig, aber kann es dann nicht vielleicht am Ende so laufen, dass in der ersten Stufe die großen Rahmenlinien von den Amerikanern und den Russen besprochen werden und wir, die Europäer, dann die Details, ausarbeiten dürfen, was wie und wo genau passiert, wie was abgesichert wird usw.?
Dazu gleich die Anschlussfrage an Herrn Müller vom BMVG: Welchen signifikanten Anteil an einer möglichen Friedenstruppe könnten wir denn überhaupt leisten, die dann sicherlich auch die Bundeswehr umfasst, natürlich nicht im Kampfgebiet, aber etwa zur Sicherung der Grenze? Wir sind ja im Prinzip blank. Was können wir überhaupt? Wir müssen die Brigade in Litauen aufbauen. Hätten wir überhaupt irgendwelche Soldaten, die wir dahin schicken könnten?
Hoffmann (BReg)
Ich möchte kurz einhaken, um etwas klarzustellen. Sie haben das Wort „Kampfgebiet“ verwendet. Es geht in keiner Weise darum, die Bundeswehr in irgendein Kampfgebiet zu senden. Das möchte ich nur noch einmal klarstellen.
Fischer (AA)
In der Tat ist es klipp und klar die Position aller demokratischen Parteien in Deutschland, dass keine deutschen Soldaten in aktives Kampfgeschehen entsandt werden, wie es die stellvertretende Regierungssprecherin zu Recht gesagt hat.
Wenn wir mehr als einen Scheinfrieden über die Köpfe der Ukrainer und Europäer hinweg wollen, dann müssen diejenigen, die in irgendeiner Art und Weise an der Lösung beteiligt sind, diese Lösung mit erarbeiten, sonst funktioniert es doch gar nicht.
Zusatzfrage
Von Anfang an?
Fischer (AA)
Ja. Die Außenministerin hat das Berliner Format ins Leben gerufen. Ich habe darauf hingewiesen. Wir haben uns im November und Dezember an verschiedenen Orten und jetzt direkt vor der Münchner Sicherheitskonferenz erneut getroffen, um genau diese Fragen zu erörtern. Welche Elemente braucht es für eine Friedenslösung? Wie stehen sie im Verhältnis zueinander? Wie können wir das gemeinsam mit der Ukraine vorantreiben?
Das haben wir auf der Münchner Sicherheitskonferenz auch mit den amerikanischen Gesprächspartnern besprochen. Sie wissen, dass der amerikanische Vizepräsident dort war. Die Außenministerin hat ihn gemeinsam mit dem Bundespräsidenten getroffen. Der amerikanische Außenminister war da. Die Außenministerin hat ihn zu einem bilateralen Gespräch, im G7-Format und noch in anderen Formaten getroffen. Der „special envoy“ Kellogg war dort. Auch ihn hat die Außenministerin getroffen. Die Fortsetzung dessen ist heute Abend das Treffen in Paris, in dem es genau um diese Fragen gehen wird und bei dem man sich europäisch abstimmt und europäisch aufstellt.
Müller (BMVg)
Wir haben in der vergangenen Woche hier mehrfach dargestellt, dass sich Deutschland nicht wegducken wird, wenn die Rahmenbedingungen geschaffen sind. Als aktuell größter Unterstützer hinter den USA und in Europa und als großes Land werden wir sicherlich unseren Beitrag zu einem Frieden leisten und leisten müssen. Aber die Fragen nach Fähigkeiten, danach, die Kräfte zu stärken, betreffen Schritt fünf und Schritt sechs. Wir haben gerade zu Recht gehört, dass wir vielleicht erst einmal über Schritte eins, zwei und drei nachdenken müssen. Solange diese Rahmenbedingungen, wie ganz klar dargestellt, nicht geklärt sind, werde ich über mögliche Kräftebeiträge nicht spekulieren, weil diese natürlich auch im Bündnis bzw. im Partnerrahmen abgestimmt werden und Teil des ganzen Verhandlungsbaus sein werden. Deswegen ist es jetzt viel zu früh, über Einzelbeiträge zu diskutieren.
Frage
Die Außenministerin hat gestern in einem Interview noch einmal betont, dass die guten Beziehungen Saudi-Arabiens zu Europa in der jetzigen Situation hilfreich sein könnten. Was genau erwartet sie jetzt von Saudi-Arabien in dieser Lage?
Fischer (AA)
Sie hat das erwähnt, weil möglicherweise Gespräche zwischen Russland und den USA in Saudi-Arabien stattfinden. Vor dem Hintergrund ist es doch nützlich, auch gute Beziehungen zu Saudi-Arabien zu haben und zu hören, wie Saudi-Arabien dies sieht.
Gleichzeitig steht möglicherweise der Konflikt im Nahen Osten, in dem Saudi-Arabien eine wichtige Rolle spielt, mindestens indirekt durch die Personen einiger US-Verhandler, zum Beispiel mit dem Sonderbeauftragten Witkoff, in einer Beziehung zum Konflikt in der Ukraine. Insofern scheint mir der Austausch mit Saudi-Arabien und anderen Staaten in der Region sehr nützlich. Das sehen Sie auch daran, dass sich zum Beispiel heute der ukrainische Präsident zu einem Besuch in den Vereinigten Arabischen Emiraten aufhält. Der scheint ähnliche Schlüsse gezogen zu haben.
Frage
Sie haben Herrn Rubio und dessen Äußerung angesprochen haben; er hat das ja sehr explizit gemacht. Er hat da aufgeführt, warum Europa irgendwann eines fernen Tages vielleicht doch, aber erst nach dem Treffen in Saudi-Arabien, eine Rolle spielen könnte, und er hat das mit den Sanktionen begründet, die Europa gegen Russland verhängt habe. Ich habe noch nicht verstanden, wie Sie jetzt europäische Sichtweisen in diese Verhandlungen einbringen wollen. Wie laufen da jetzt die Kanäle, sodass das tatsächlich funktioniert, dass also Europa nicht erst nach dem Treffen in Riad möglicherweise eine Rolle spielen darf?
Fischer (AA)
Ich habe schon darauf hingewiesen ‑ und auch die stellvertretende Regierungssprecherin hat darauf hingewiesen ‑, dass wir uns als Europäer koordinieren und dass bei all diesen Treffen, zumindest bei den Treffen des Berliner Formats, die Ukraine dabei gewesen ist und wir uns sehr eng abgestimmt haben. Dasselbe haben wir mit der amerikanischen Seite in München gemacht. Dass es Direktkontakte zwischen den Amerikanern und den Russen gibt, ist ja erst einmal nichts Schlechtes, wenn es darum geht, den Weg hin zu einem nachhaltigen und dauerhaften Frieden zu finden. Aber irgendeine Art von Prozess sehe ich derzeit auch noch nicht. Insofern sind das doch eher explorative Gespräche, wenn sie denn stattfinden.
Zusatzfrage
Wer spricht dann an der Stelle für die europäischen Interessen? Haben Sie das intern schon ausgemendelt, wer dann an der Stelle von den Europäern mit den Amerikanern spricht?
Fischer (AA)
Wir stimmen uns ab. Wir sprechen damit gemeinsam mit einer Stimme und bringen unser Gewicht in die Waagschale ein.
Frage
Herr Fischer, Sie hatten eben die Vielstimmigkeit zitiert. Inwiefern ist es denn gerade zielführend, mit einer so vielstimmigen US-Regierung zu kommunizieren? Wer ist da Ihr Ansprechpartner ‑ Herr Kellogg oder das Außenministerium, der Vizepräsident, der Präsident, alle zusammen?
Fischer (AA)
Es gibt eine Reihe von amerikanischen Spielern, die der amerikanische Präsident mit diesem Ukraine-Dossier betreut hat ‑ ich habe hier einige genannt; es gibt auch noch andere ‑, und natürlich halten wir zu all diesen Spielern engen Kontakt.
Zusatzfrage
Haben Sie das Gefühl, dass da jemand den Hut aufhat? Man hatte in München schon den Eindruck, dass es da durchaus verschiedene Nuancen gibt. Ich würde einfach gerne verstehen, wem Sie am meisten vertrauen. Vielleicht kann man es so sagen.
Fischer (AA)
Ich glaube, es stimmt, dass man unterschiedliche Nuancen gesehen hat. Ich habe von der Vielstimmigkeit gesprochen; das haben wir vorhin hier schon herausgearbeitet. Gleichzeitig ist es wichtig zu sehen, dass sich offensichtlich die amerikanische Politik derzeit noch für die Gespräche sortiert und aufstellt. Deshalb ist es für uns wichtig, mit den verschiedensten amerikanischen ‑ wenn man so will ‑ Stakeholdern, mit den verschiedensten amerikanischen Beteiligten, im engen Kontakt und Austausch zu sein, und das haben wir unter anderem in München getan.
[…]
Frage
Ich möchte doch noch einmal auf Ihren Satz zu sprechen kommen, den auch Herr Fischer variiert hat: Ohne die Europäer ginge es ja gar nicht. Politik kann man ja nicht nach dem Motto machen, dass nicht sein kann, was nicht sein darf, wie Palmström in Christian Morgensterns Gedicht messerscharf folgert.
In den Augen Donald Trumps geht es offenbar doch. Er hat ja bislang nur gesagt, am Tisch werden die USA, Russland und die Ukraine sitzen. Die Europäer ‑ so war zu hören ‑ würden konsultiert. Erfüllt „konsultiert werden“ die Bedingungen, die Sie genannt haben: Ohne die Europäer geht es nicht?
Hoffmann (BReg)
Ich bin auch ein großer Fan von Christian Morgenstern. Aber es geht hier nicht darum, eine moralische Regel aufzustellen, dass irgendwas nicht sein darf, sondern es geht darum, dass man eine Friedenslösung, die in Europa mit Hilfe der Europäer stattfinden soll, nicht ohne die Europäer vereinbaren kann. Es ist nicht so, dass man das nicht darf, sondern dass es einfach nicht möglich ist. Das hat eine Logik an sich. Insofern gehe ich sehr fest davon aus, dass die Europäer auch beteiligt sein werden. All das, was wir eben über den transatlantischen Austausch mit den Amerikanern, den wir haben, diskutiert haben, weist ja auch in diese Richtung.
Zusatzfrage
Trump sagt ‑ und das ist das Klarste, was man von ihm hört; und die US-Politik wird doch sehr top-down gemacht ‑: Am Tisch sitzen die USA, Russland und die Ukraine; die Europäer werden konsultiert.
Das ist eine völlig andere Ebene. Erfüllt „konsultiert werden“ Ihre Auffassung von „ohne Europa geht es nicht“?
Hoffmann (BReg)
Ich meine mich auch an die Äußerung „definiere Tisch“ zu erinnern. Ich kann dazu nichts sagen als das, was ich gesagt habe, nämlich dass es ohne die Europäer nicht gehen wird.
Fischer (AA)
Wie gesagt, ich erinnere auch noch einmal an das Interview, das der amerikanische Außenminister nach den Gesprächen in München CBS bei „Face the Nation“ gegeben hat, in dem er eindeutig auf die europäische Rolle eingeht. Dieses Interview hat ‑ auch das sei gesagt ‑ Tage nach den Einlassungen von Trump stattgefunden.
Frage
Ich würde die Frage nach der möglichen Beteiligung an europäischen Sicherheitstruppen gern umdrehen und auch auf den Spieler Russland beziehen. Ist ein Szenario denkbar, in dem Russland nicht möchte, dass die Europäer Teil einer solchen Truppe sind, weil Europa sich ja auch ganz klar in diesem Konflikt positioniert hat? Würden Sie also umgekehrt darauf beharren, dass Europa und auch Deutschland beim Thema Friedenssicherung unbedingt dabei sein müssen?
Hoffmann (BReg)
Das ist genau das mit den Schritten ‑ dem Ersten, dem Zweiten und dem Vierten. Es ist jetzt einfach nicht der Zeitpunkt, um hier über solche konkreten Szenarien in irgendeiner Weise zu spekulieren. Ich glaube, es muss noch einmal sehr deutlich gemacht werden, dass es für uns Europäer hier nicht in erster Linie um das geht, was Russland möchte, sondern um das, was die Ukraine möchte und sich vorstellen kann. Das ist für uns leitend.
Aber, wie gesagt, jetzt über konkrete Verhandlungspositionen oder Szenarien zu spekulieren, das erscheint uns doch sehr verfrüht.
Fischer (AA)
Es wird ja verschiedene Elemente einer Friedenslösung geben.
Klar ist aber auch, dass diese Friedenslösung nachhaltig und dauerhaft sein muss und sie verhindern muss, dass Russland, wenn es denn einmal zu einem Waffenstillstand oder einem Frieden kommt, nicht, wie es in der Vergangenheit passiert ist, einige Monate oder später die Kriegshandlungen wieder aufnimmt.
Das bedeutet sinnlogisch, dass die Ukraine gestärkt werden muss. Ich habe vorhin gesagt: Sie muss jetzt schon gestärkt werden, um von einer starken Ausgangsposition in diese Gespräche gehen zu können. Das gilt natürlich umso mehr, wenn es einen Friedensschluss oder einen Waffenstillstand geben sollte. Das wird nur gelingen, wenn die Ukraine so stark ist, dass Russland von weiteren Aggressionen absieht; und dazu gehören dann eben auch starke Sicherheitsgarantien für die Ukraine.
[…]
Frage
Ich hätte ganz gerne noch einmal nach dem ersten Schritt gefragt, weil eben von Herrn Fischer und Herrn Müller der dritte, vierte, fünfte und sechste Schritt erwähnt wurde. Der erste Schritt wäre ja die Diskussion ‑ das rutscht jetzt ein bisschen aus der Debatte heraus ‑, die Ukraine weiter militärisch zu unterstützen. Ist denkbar, Frau Hoffmann, dass heute auch ein klares Commitment kommt, dass die Ukraine zusätzliche Waffenhilfe erhalten soll, damit sie überhaupt aus dieser Position der Stärke in die Verhandlungen gehen kann?
Hoffmann (BReg)
Da würde ich die heutigen Gespräche abwarten. Ich kann jetzt, ehrlich gesagt, nichts darüber sagen.
Herr Fischer hat hier auch mehrfach deutlich gemacht, dass für uns weiterhin sehr handlungsleitend ist, dass die Ukraine militärisch unterstützt werden muss und dafür die notwendigen finanziellen Mittel aufgebracht und zur Verfügung gestellt werden müssen. Das bleibt also für die Bundesregierung ein wichtiges Anliegen und auch eine klare Zusage. Aber ob da heute konkret etwas zu erwarten ist, das bitte ich abzuwarten.
Zusatzfrage
Um noch einmal konkreter nachzufragen: Plant die Bundesregierung denn heute ein Signal, dass die Ukraine mehr Geld oder mehr Waffen bekommt?
Hoffmann (BReg)
Der Bundeskanzler hat am Wochenende gesagt, dass eine Unterstützung für die Ukraine natürlich in dem Umfang, der nötig ist, aufrechterhalten werden muss. Er hat eine ganze Reihe von Punkten genannt, wie er sich das vorstellt und welche Wege er dafür sieht. Er hat von der Notlage gesprochen und dass im jetzt noch bestehenden Bundestag weitere finanzielle Mittel beschlossen werden könnten. Er hat sich noch einmal zu der europäischen Verteidigung eingelassen, was die Finanzierung angeht, sowohl im europäischen als auch im deutschen nationalen Rahmen. Es ist klar, dass der Bundeskanzler der Meinung ist, dass das so schnell wie möglich passieren sollte, um diese finanziellen Mittel, die bisher im Haushalt nicht klar vorgesehen sind, dann auch mit einer Notlage abzusichern.
Fischer (AA)
Das kann ich nur ergänzen. Die Außenministerin hat ‑ vielleicht als Erinnerung ‑ schon im letzten Jahr zur Münchner Sicherheitskonferenz darauf hingewiesen, dass das Sondervermögen nicht ausreichen wird, um unsere Sicherheit zu gewährleisten, und hat in den vergangenen Monaten immer wieder hervorgehoben, dass es nicht sein kann, dass wir unsere Schuldenbremse retten und darüber möglicherweise die Ukraine verlieren. Sie hat in den Interviews in den letzten Tagen immer wieder dafür geworben, dass wir uns ganz ernsthaft die Frage stellen, wie wir zukünftig mit der Schuldenbremse umgehen. Denn die finanziellen Mittel, die wir brauchen, um die Ukraine zu unterstützen, aber auch um die europäische Sicherheit und Verteidigung in den nächsten Jahren zu gewährleisten, gehen doch deutlich über das hinaus, was wir im derzeitigen Haushaltsrahmen leisten können.
Hoffmann (BReg)
Um hier nicht missverstanden zu werden ‑ ich weiß nicht, ob ich das eben klar genug gesagt habe ‑: Natürlich ist die militärische Unterstützung für die Ukraine abgesichert und wird fortgesetzt. Aber der Bundeskanzler strebt an, dafür möglichst schnell auch eine Notlage mit dem Bundestag zu beschließen.
[…]
Nahostkonflikt
Frage
Ein anderes außenpolitisches Thema, das die USA jetzt gerade prägt, zusammen mit den Israelis, ist ja die Zukunft von Gaza, Thema Vertreibung und ethnische Säuberungen. Da hat Herr Rubio an der Seite von Herrn Netanjahu jetzt gesagt, Zitat: Wir haben Trumps mutige Vision für die Zukunft des Gazastreifens diskutiert und werden daran arbeiten, dass diese Vision Realität wird. - Ich meine, dass Sie das skandalös finden und ablehnen, ist bekannt. Eine einfache Frage: Was hat denn Europa, was hat Deutschland in der Hand, damit das nicht passiert?
Fischer (AA)
Wir haben uns dazu hier ja schon häufiger geäußert. Auch die Außenministerin hat sich dazu geäußert. Wir sind sehr klar: Eine Vertreibung der palästinensischen Zivilbevölkerung aus Gaza wäre nicht nur inakzeptabel, sondern auch völkerrechtswidrig, und das sehen im Übrigen nicht nur wir so, sondern das sieht die gesamte Europäische Union so, und das sehen auch die arabischen Nachbarstaaten Israels ganz genauso. Klar ist, dass eine Zukunft für Gaza nicht über die Köpfe der Palästinenserinnen und Palästinenser hinweg beschlossen werden kann.
Gleichzeitig ist es so, dass wir ja schon seit längerer Zeit an dem arbeiten, was Day-after-Planung, die Planung für den Tag danach, genannt wird. Im G7-Rahmen und in anderen Formaten, zum Beispiel in einem Format, in dem sich fünf westliche Staaten und fünf arabische Staaten treffen, haben wir uns über Elemente ausgetauscht, die sozusagen die Verwaltung von Gaza betreffen, die den Wiederaufbau von Gaza betreffen, die die Lieferung von humanitären Gütern betreffen.
Zentral ist allerdings jetzt erst einmal, dass es uns gelingt, den Waffenstillstand zu stabilisieren, um die letzten verbliebenen Geiseln auch aus Gaza herauszubekommen und die Zivilbevölkerung in Gaza mit humanitärer Hilfe zu versorgen. Das bedeutet eben auch, dass es uns gelingt, die Verhandlungen über eine zweite Phase des Waffenstillstands, die ja jetzt in Kairo stattfinden werden, erfolgreich zu flankieren. Denn selbst wenn die erste Phase abgeschlossen ist, werden ja immer noch Geiseln in den Händen der Hamas sein, darunter auch deutsche Staatsbürger. Deshalb ist es in unserem Interesse, daran mitzuwirken, in diese zweite Phase zu kommen. Gleichzeitig ist es so, dass wir daran arbeiten, diesen Waffenstillstand dauerhaft zu gestalten.
Dann, in der dritten Phase des Biden-Plans, an dem ja alle arbeiten, geht es um Fragen wie Verwaltung, Wiederaufbau und andere Dinge, die mit der Zukunft eines unabhängigen palästinensischen Staates im Rahmen einer Zweistaatenlösung in Zusammenhang stehen.
Zusatzfrage
Danke, aber all das habe ich nicht wissen wollen. Ich kannte Ihre Haltung. Ich kenne das auch aus den letzten Wochen. Ich habe nach dem Trump-Plan gefragt und danach, was die Europäer in der Hand haben, was Deutschland in der Hand hat. Was wollen Sie dem, was die Amerikaner und die Israelis planen ‑ die wollen ja Fakten schaffen ‑, entgegensetzen? Wie wollen Sie das verhindern, außer „Wir sind dagegen“ zu sagen?
Fischer (AA)
Ich glaube, ich habe ja dargelegt, dass das so nicht funktionieren wird.
Zusatzfrage
Das ist der Plan?
Fischer (AA)
Na ja, ich meine, es ist sozusagen ein bisschen schwierig, über einen Plan zu reden, der überhaupt nicht realistisch ist.
Abschiebungen aus Deutschland nach Afghanistan
Frage
Die Diskussion um Abschiebungen nach Afghanistan läuft. Die Bundesregierung steht bisher auf dem Standpunkt, dass es schwierig ist, mit den Taliban selbst zu verhandeln. Es wurde auch darauf hingewiesen, dass das damals bei diesem einen Abschiebeflug im Sommer nicht stattgefunden habe. Nun hat der Bundeskanzler aber gestern in einem Fernsehgespräch Worte geäußert, die darauf hindeuten, dass es doch Gespräche gab. Wie ist es denn? Wenn es denn Gespräche gab, auf welcher Ebene verliefen die? Worüber wurde gesprochen?
SRS'in Hoffmann
Es gibt keine Veränderung an der Haltung der Bundesregierung, dass wir diese De-facto-Regierung der Taliban nicht als legitime Regierung anerkennen.
Was das Aushandeln solcher Abschiebemöglichkeiten anbetrifft: Das sind vertrauliche Gespräche. Darüber, auf welchen Ebenen die geführt werden, kann ich jetzt nichts Detailliertes sagen. Aber das ist in keinem Fall mit einer diplomatischen Anerkennung in irgendeiner Form verbunden.
Zusatzfrage
Aber auf organisatorischer Ebene wäre es also möglich, dass man da etwas organisiert?
SRS'in Hoffmann
Wir haben ja bereits einen solchen Abschiebeflug durchgeführt und im Vorfeld ausgehandelt, dass das möglich geworden ist. Aber über wen und wie genau, dazu kann ich mich jetzt hier nicht exakt einlassen.
Fischer (AA)
Vielleicht kann ich etwas ergänzen. Sie wissen ja, dass wir den Dienstbetrieb unserer Botschaft in Kabul 2021 nach dem Fall Kabuls und der Machtergreifung durch die Taliban eingestellt haben, genauso wie alle anderen europäischen Staaten. Seither hat auch kein EU-Staat den Botschaftsbetrieb wieder aufgenommen. Aber, und auch das war hier ja schon gelegentlich Thema, es gibt natürlich ein Verbindungsbüro in Doha, das wir eingerichtet haben. Die Bundesregierung steht über dieses Büro auf technischer Ebene mit Vertretern der De-facto-Regierung in Kontakt. Sie wissen ‑ das war auch hier gelegentlich einmal Thema ‑, dass auch immer wieder Reisen von Kolleginnen und Kollegen aus diesem De-facto-Büro in Doha nach Afghanistan stattfinden. Diese Behauptung, es gäbe keinen Kontakt mit den Taliban, ist also falsch. Es gibt punktuellen Kontakt auf technischer Ebene.
SRS'in Hoffmann
Dazu kann man vielleicht noch ergänzen, dass wir uns bei solchen Gesprächen auch auf die Unterstützung der regionalen Schlüsselpartner in der Region stützen und auch sehr dankbar dafür sind, dass das gut funktioniert.
Bundesaufnahmeprogramm Afghanistan
Frage
Es gab am Wochenende auch eine Berichterstattung über zwei Charterflüge, die anscheinend gestoppt wurden, mit aus Afghanistan stammenden Personen aus Aufnahmeprogrammen. Herr Ata, Herr Fischer, vielleicht können Sie aufklären, was da der Stand ist und wie es mit diesen Personen weitergeht.
Fischer (AA)
Vielleicht fange ich einmal an. - Die Planung von solchen Charterflügen ist ja ein sehr komplexes Unterfangen und hängt von der jeweils aktuellen Lage in Islamabad ab, von den Kapazitäten am Flughafen in Islamabad und an den Landeflughäfen in Deutschland, den Kapazitäten für die Zwischenunterbringung vor der Verteilung auf die Länder und auch sozusagen der Möglichkeit, überhaupt Charterflüge zu buchen. All diese Elemente müssen in Übereinstimmung gebracht werden, um einen Charterflug durchführen zu können, und daran arbeiten wir.
Ich glaube, der letzte Charterflug hat Ende Januar stattgefunden, und es wird im Rahmen des Bundesaufnahmeprogramms und der anderen Aufnahmeprogramme sicherlich auch in Zukunft wieder Charterflüge geben, wenn die Voraussetzungen geschaffen sind.
Dr. Ata (BMI)
Dabei würde ich es erst einmal belassen.
Zusatzfrage
Herr Fischer, verstehe ich Sie richtig, dass die eine Woche vor der Bundestagswahl jetzt nicht etwa aus politischen Gründen gestoppt worden sind, sondern dass es organisatorische Gründe gab?
Fischer (AA)
Ich habe auch nicht von Stoppen geredet. Ich habe nur gesagt, dass es ein komplexes Unterfangen ist, diese Charterflüge auf den Weg zu bringen. Wenn diese Voraussetzungen geschaffen sind, dann werden diese Charterflüge auch stattfinden.
Medienbericht über Abschiebungen aus Deutschland in den Irak
Frage
Ich weiß nicht, ob die Frage an das BMI oder an das AA geht. Hat da nicht inzwischen im Wahlkampf dann auch eine Art Überbietungswettbewerb begonnen? Markus Söder, der bayerische Ministerpräsident, hat gesagt, es müsse jede Woche einen Abschiebeflug nach Afghanistan geben. Was tut die Bundesregierung, um sich einem solchen dann dem Wahlkampf geschuldeten Überbietungswettbewerb zu entziehen?
Wie sieht eine halbwegs realistische, wenn man so will, Routine für Abschiebungen aus? Geht das wöchentlich? Geht das monatlich? Mit welchen Zeitvorgaben oder Möglichkeiten arbeiten Sie?
Fischer (AA)
Ich glaube, das war ja schon am Freitag Gegenstand der Regierungspressekonferenz, und auch da haben wir schon darauf hingewiesen, dass wir das einzige europäische Land sind, dem es bislang überhaupt gelungen ist, Rückführungen nach Afghanistan durchzuführen, und dass an weiteren Rückführungen gearbeitet wird.
Dr. Ata (BMI)
Genau. Das aufgreifend, was mein Kollege am Freitag gesagt hat: Das Bundesinnenministerium arbeitet zusammen mit den Ländern intensiv daran, schnellstmöglich weitere Abschiebungen von Personen, die schwere Straftaten begangen haben, nach Afghanistan durchzuführen. Der nächste Abschiebeflug soll baldmöglichst stattfinden. Solche Maßnahmen kündigen wir grundsätzlich nicht an. Deswegen kann ich mich nicht konkreter dazu äußern. Abschiebemaßnahmen werden dann durchgeführt, wenn alle rechtlichen, tatsächlichen und logistischen Voraussetzungen dafür gegeben sind.
Zusatzfrage
Aber ein wöchentlicher Turnus, wie von Bayern gefordert, liegt nicht im Bereich des Realistischen. Verstehe ich das richtig?
Dr. Ata (BMI)
Noch einmal: Ich äußere mich nicht zu Details und zu Spekulationen sowieso nicht. Ich würde es gerne bei den allgemeinen Ausführungen von eben belassen.
Frage
Ein Taliban-Vertreter hat sich doch die Tage schon dazu geäußert und zur Bedingung gemacht, dass man hier in Berlin eine konsularische Vertretung einrichten dürfe. Verstehe ich Sie dann richtig, dass Sie das ablehnen?
Fischer (AA)
Es gibt eine afghanische Botschaft in Berlin.
Zusatzfrage
Und die ist von Taliban-Vertretern besetzt?
Fischer (AA)
Auch dieses Thema hatten wir ja schon in der Vergangenheit.
Zusatz
Das tut mir leid, das wusste ich nicht.
Fischer (AA)
Es ist so, dass es eine afghanische Botschaft in Berlin gibt. Die Diplomatinnen und Diplomaten dort arbeiten weiter, sind allerdings alle ernannt worden, als die Taliban noch nicht an der Macht waren. Aber sie erledigen ihre konsularischen Aufgaben.
Zusatzfrage
Diese Forderung vom aktuellen De-facto-Regime lehnen Sie ab, die wollen Sie hier nicht akkreditieren?
Fischer (AA)
Die Forderung geht ins Leere. Es gibt ja, wie gesagt, eine afghanische Botschaft.
Zusatz
Könnte man ja austauschen.
Fischer (AA)
Ja, aber wie jedes andere Land der Welt haben wir die Taliban nicht als legitime Regierung Afghanistans anerkannt. Deshalb arbeiten wir mit denen, die sozusagen noch zu Vor-Taliban-Zeiten ernannt worden sind, und bislang klappt das auch.
[…]
Ausübung des Wahlrechts durch Deutsche im Ausland
Frage
Herr Fischer und Herr Ata, man hört eine Woche vor der Bundestagswahl immer noch von vielen Auslandsdeutschen, die weiter weg leben, dass sie bisher keine Briefwahlunterlagen bekommen haben. Was sagen Sie diesen Auslandsdeutschen, die vielleicht in Amerika oder in Asien sitzen und nach allen Regeln des Postversandes nicht die Möglichkeit haben werden, an der Bundestagswahl teilzunehmen?
Dr. Ata (BMI)
Dazu kann ich gerne etwas ausführen. - Für die Ausübung des Wahlrechts durch Deutsche im Ausland ohne festen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland sind regelmäßig die Beantragung der Eintragung in das bei der zuständigen Gemeinde in Deutschland geführte Wählerverzeichnis, die Übersendung der Briefwahlunterlagen durch die Gemeindebehörden ins Ausland und der Rückversand des markierten Stimmzettels erforderlich. Die mitunter langen bzw. schwer prognostizierbaren Postlaufzeiten für die genannten Postwege führten bei vergangenen Wahlen in Deutschland auf Bundesebene dazu, dass nicht jede Wahlrechtsausübung durch Auslandsdeutsche gewährleistet werden konnte. Zur Erleichterung und Beschleunigung des Verfahrens hatte das Auswärtige Amt bei vergangenen Wahlen den Auslandsvertretungen bereits die Mitnutzung des amtlichen Kurierweges gestattet. Zur Vorbereitung der kommenden Bundestagswahl wird das Auswärtige Amt ebenso verfahren.
Das für den Erlass der Bundeswahlordnung zuständige BMI hat im Rahmen der Aktualisierung dieser erwähnten Wahlordnung im September 2024 das Antragsverfahren für die bei vergangenen Bundestagswahlen weitaus häufigste Fallgestaltung der Antragstellung Auslandsdeutscher für die Eintragung in das Wählerverzeichnis stark vereinfacht. Danach ist für Auslandsdeutsche, die nach Vollendung ihres 14. Lebensjahres mindestens drei Monate ununterbrochen im Inland gelebt haben, bei der Antragstellung eine eidesstattliche Versicherung nicht länger erforderlich, wenn dieser Aufenthalt nicht länger als 25 Jahre zurückliegt. Damit wird eine Antragstellung per E-Mail oder Fax möglich. Hierdurch entfällt bei der weit überwiegenden Zahl der Anträge bereits ein Postweg.
Darüber hinaus stellen die Bundesregierung und die Bundeswahlleiterin im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit entsprechende Informationen für betroffene Wahlrechtsinhaber und Behörden zur Verfügung. Das Auswärtige Amt veröffentlicht entsprechende Hinweise ebenfalls auf den Internetseiten der Auslandsvertretungen. Zur Gewährleistung der ordnungsgemäßen Stimmabgabe, insbesondere in Situationen wie einer Neuwahl vor Ablauf der Legislaturperiode, empfiehlt es sich in jedem Fall, den Antrag auf Eintragung in das Wählerverzeichnis frühzeitig zu stellen.
Zusatzfrage
Trotz der von Ihnen geschilderten Möglichkeit, den Kurierservice des Auswärtigen Amtes zu nutzen, ist es wohl so, dass nach wie vor ‑ noch einmal: eine Woche vor der Wahl ‑ viele Menschen diese Unterlagen nicht bekommen haben. Was kann man da noch tun, um das einfacher zu machen?
Fischer (AA)
Vielleicht kann ich das, was Herr Ata gesagt hat, ergänzen. Zum einen haben wir ja die Möglichkeit zur Beantragung der Briefwahl vereinfacht, indem das jetzt über E-Mail geht. Das spart einen Postweg. Gleichzeitig ist es so, und daraus haben wir auch nie ein Geheimnis gemacht, dass die Lage nicht einfach ist, besonders dann, wenn man in eher abgelegenen Ländern wohnt, in denen der Postverkehr nicht so regelmäßig funktioniert. Das hängt damit zusammen, dass das Wahlgesetz vorsieht, dass die Wahlunterlagen im Original vorgelegt werden müssen. Nun ist es so, dass jeder Wahlkreis eine andere Wahlunterlage hat und die dann übermittelt werden muss und zurückübermittelt werden muss. Das Problem zeigt sich, glaube ich, in der Europäischen Union weniger, weil hier die Postlaufzeiten ausreichen. Vielleicht zu ihrer Beruhigung: Rund 85 Prozent der Auslandsdeutschen wohnen in der Europäischen Union, in der es mit den Postlaufzeiten so hinkommen müsste, dass sich die Betroffenen an den Wahlen beteiligen können.
Wir bieten dort, wo es Schwierigkeiten gibt, Kurierflüge an. Aber das setzt natürlich voraus, dass die Wahlbehörden die Unterlagen so rechtzeitig übermittelt haben, dass die wahlberechtigten Bürgerinnen und Bürger sie auch so erhalten, dass sie sie dann bis zum Kurierschluss an die Deutsche Botschaft vor Ort übergeben können. Das mag an einigen Orten einfacher sein. Wenn man beispielsweise in der Hauptstadt wohnt, dann ist es vielleicht eine Fünf-Minuten-Autofahrt zur deutschen Botschaft und zur Abgabe der Wahlunterlagen. Wenn man aber irgendwie draußen auf dem Land wohnt, dann mag das eine Tagesreise oder mögen das zwei Tagesreisen sein. Das ist dann einfach schwieriger.
Deshalb noch einmal: Die Lage ist sicherlich nicht für alle Deutschen, die wählen wollen, einfach, aber da das Wahlgesetz nun einmal so ist, wie es ist, und die Wahlunterlagen im Original von Deutschland aus verschickt werden müssen, tun wir unser Bestes, um hier zu unterstützen. Kolleginnen und Kollegen werden, wie gesagt, mit Sonderkurieren Ende dieser Woche auch nach Deutschland fliegen, um dann sozusagen per Hand die Wahlbriefe zu übergeben, und alle, die das vor Ort nutzen wollen, würde ich bitten, sich tatsächlich mit der jeweils zuständigen Botschaft in Kontakt zu setzen.
Richtig ist aber sicherlich auch: Es wird nicht in jedem Fall klappen, dass der Wahlbrief rechtzeitig ankommen wird ‑ aber im Großteil der Fälle, hoffen wir, schon.
[…]
Pariser Klimaschutzübereinkommen
Frage
Es geht um das Pariser Klimaschutzübereinkommen, genauer gesagt um die Verpflichtung, die für Deutschland aus dem Pariser Klimaschutzübereinkommen entsteht, die nationalen Klimaziele, die sogenannten NDCs, in einem Fünfjahreszyklus anzupassen. Ich bin mir aber nicht sicher, ob das Umweltministerium oder das Auswärtige Amt das für Klimaschutz zuständige Ministerium ist.
Fischer (AA)
Wir sind zumindest für Klimaaußenpolitik zuständig. ‑ Zum Verständnis: Deutschland reicht gar kein eigenes NDC ein, das macht die Europäische Union.
Frage
Dann wundere ich mich; denn zum Ablauf der offiziellen Frist am 10. Februar hat Deutschland und damit auch die EU die neuen CO2-Pläne nicht eingereicht. Warum nicht?
Fischer (AA)
Ich kann Ihnen dazu sagen, dass die europäischen NDC-Pläne in Erarbeitung sind. Die Kommission hat dazu bereits letztes Jahr eine Mitteilung mit einer umfassenden Abschätzung der Folgen bis 2040 vorgelegt, und sie hat in ihrem Arbeitsprogramm auch angekündigt, das Klimaziel nun zügig auf den Weg zu bringen und die NDCs zügig vorzulegen.
Zusatzfrage
Aber Ihnen war bekannt, dass die offizielle Frist am 10. Februar verstrichen ist?
Fischer (AA)
Wir wissen alle, dass die offizielle Frist bis zum 10. Februar lief. Bis dahin haben gerade einmal elf Länder ihre NDCs eingereicht. Es ist richtig, dass die Europäische Union nicht dazugehört. Wir arbeiten aber darauf hin, dass die EU ihre Klimaziele so rechtzeitig vorlegt, dass sie dann sozusagen bei den nächsten Verhandlungen im Rahmen des Pariser Klimaschutzübereinkommens mit einbezogen werden können.