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Erklärungen des Auswärtigen Amts in der Regierungspressekonferenz vom 07.10.2024
Nahostkonflikt
Frage
Frau Hoffmann, die Bundesregierung hat jahrzehntelang humanitäre Organisationen in den Palästinensergebieten unterstützt und diese Unterstützung nach dem 7. Oktober eingestellt. Was waren die Erkenntnisse und die Gründe dafür, diese Hilfe einzustellen, zum Beispiel für Organisationen wie Defense for Children International?
Hoffmann (BReg)
Vielen Dank für die Frage. Ich nehme sie zum Anlass, zunächst noch etwas zum heutigen ersten Jahrestag des 7. Oktober zu sagen. Vielleicht haben einige von Ihnen gesehen, dass sich der Bundeskanzler gestern im Format „Kanzler kompakt“ zu dem barbarischen Angriff der Hamas auf Israel geäußert hat, der vor genau einem Jahr stattgefunden hat. Weit über tausend Menschen wurden dabei getötet, Hunderte verschleppt, viele sind es noch heute. Dieser Tag mit seinen schrecklichen Folgen für die unzähligen unschuldigen Opfer bleibt eine Zäsur und wird es auch bleiben. Unsere Gedanken sind bei all denen, die um Familienangehörige und Freunde trauern und um das weitere Schicksal der Geiseln bangen.
Der Jahrestag ist für die Bundesregierung zugleich Aufforderung und Mahnung, in den Bemühungen um einen Frieden ‑ man mag es kaum sagen, weil es in diesem Moment so weit entfernt scheint ‑, in den Bemühungen, diesen Konflikt einer friedlichen Lösung zuzuführen, nicht nachzulassen und das zu unterstützen. Die Bundesregierung setzt sich weiterhin für eine Waffenstillstandsvereinbarung ein, um die Freilassung der Geiseln zu erreichen. Eine solche Vereinbarung würde es auch ermöglichen, der Zivilbevölkerung im Gazastreifen mehr humanitäre Hilfe zukommen zu lassen, und sie würde eine Atempause in diesem Konflikt ermöglichen.
Der Terrorangriff der Hamas auf Israel hat auch erhebliche Auswirkungen auf die jüdische Gemeinschaft in Deutschland. Ich möchte das hier noch einmal in aller Deutlichkeit festhalten. Antisemitismus und Israelhass wird die Bundesregierung nicht hinnehmen. Das hat der Bundeskanzler in der besagten Videobotschaft auch noch einmal deutlich gemacht.
Das Bundeskanzleramt hat sich gemeinsam mit anderen Ressorts ‑ ich weiß das vom BMWK, vom BMF und vom BMEL ‑ entschlossen, ein Jahr nach diesen Angriffen ein deutliches Zeichen zu setzen. Am Bundeskanzleramt ist heute ein Banner in Form einer gelben Schleife zu sehen. Diese gelbe Schleife soll Solidarität mit allen Opfern der Hamas-Angriffe des 7. Oktober und den Wunsch symbolisieren, dass alle noch in Gaza festgehaltenen Geiseln freigelassen werden und zu ihren Familien zurückkehren können. Der Bundeskanzler wird heute außerdem an einer Gedenkveranstaltung der jüdischen Gemeinde in Hamburg teilnehmen.
Was Ihre konkrete Frage nach der Einstellung oder Überprüfung der Hilfen nach dem 7. Oktober angeht, würde ich gern an den Kollegen vom AA abgeben, weil er dafür zuständig ist.
Wagner (AA)
Vielleicht noch einmal für den großen Kontext: Deutschland ist einer der am stärksten engagierten humanitären Akteure in Nahost. Sie wissen ‑ das haben wir hier öfter vorgetragen ‑, dass wir nicht nur der zweitgrößte humanitäre Geber sind, sondern auch der größte Geber für das UN-Flüchtlingshilfswerk für die palästinensischen Gebiete, für UNRWA. Wir fördern eine Vielzahl von Organisationen in der Region und schauen immer wieder, wie unsere Hilfe, wie unsere Beträge bei den Menschen ankommen. Ich brauche Ihnen nicht zu sagen, dass die humanitäre Lage in Gaza katastrophal ist und wir weiterhin schauen, dass so viel humanitäre Hilfe wie möglich hineinkommt. Insofern ist es sehr besorgniserregend, dass die Grenzübergänge, unter anderem Kerem Schalom, im Moment nicht offen sind. Wir setzen uns stark dafür ein, dass dort humanitäre Lieferungen wieder möglich sind.
Ich erspare mir jetzt, aufzuzählen, welche Organisationen wir fördern. Aber wenn ich die Zahl richtig im Kopf habe, dann haben wir unsere humanitäre Hilfe seit dem 7. Oktober zuletzt auf über 313 Millionen Euro erhöht. Das zeigt, dass wir dort sehr stark und viel, viel stärker engagiert sind als viele andere Akteure weltweit.
Was die Organisation angeht, die Sie angesprochen haben, gibt es mit ihr im Moment keine Projektzusammenarbeit. Aber das BMZ hatte in der Vergangenheit, denke ich, eine Zusammenarbeit mit ihr. Es könnte gegebenenfalls ergänzen. Dabei würde ich es erst einmal belassen.
Zusatzfrage
Das AA hat die Organisationen ‑ ich glaube, es sind sechs, denen die Förderung nach Jahrzehnten gestrichen wurde ‑, die ja zum Aufbau der Zivilgesellschaft in den Palästinensergebieten dienen sollen, im Jahre 2022 überprüft und weiterhin gefördert. Der 7. Oktober stellt offenbar einen Bruch dar. Darum würde ich gern wissen, welche neuen Erkenntnisse dazugekommen sind, aufgrund derer die Förderung der Organisationen wie Defense for Children International beendet wurde. Sind Sie einfach den Einschätzungen Israels gefolgt, oder gab es eine Ansage aus dem Kanzleramt?
Wagner (AA)
Wie gesagt, schauen wir uns immer wieder an, mit welchen Organisationen wir zusammenarbeiten und wie wir dies tun. Im Moment gibt es mit dieser Organisation keine Projektzusammenarbeit. Aber ich kann auch sagen, dass es in der Überprüfung der Fördermittel in der Vergangenheit mit Bezug auf diese Organisation in der Tat keine Hinweise auf eine missbräuchliche Verwendung der Mittel gab.
[…]
Frage
Herr Kall, Sie meinten, bei den antisemitischen Straftaten gehe es hauptsächlich um Sachbeschädigung und Volksverhetzung. Zählen zu dem Thema Volksverhetzung auch die oft auf Demos verwendeten Sätze wie „From the river to the sea“? Sie sind ja allgemein bekannt. Zählt auch das zu diesen antisemitischen Straftaten und dem Anstieg?
Herr Wagner, zu den NGOs: Können Sie uns da mal eine Summe nennen, wie viel im Vergleich zu vor einem Jahr jetzt noch palästinensische NGOs gefördert werden?
Kall (BMI)
Erst einmal zum ersten Teil Ihrer Frage: Ich habe gesagt, es sind Volksverhetzungen und Sachbeschädigungen, aber eben auch Gewaltstraftaten. Das haben wir auch entsprechend dargestellt. Das ist ja gerade das, was auch das große Gefühl der wachsenden Unsicherheit innerhalb der jüdischen Gemeinschaft in Deutschland sehr stark bewirkt hat. Dem wollen die Sicherheitsbehörden durch ihr Handeln entgegenwirken, damit sich Jüdinnen und Juden in Deutschland wieder sicherer fühlen.
Was „From the river to the sea“ und andere Parolen angeht, sind sie dann von dem Verbot der Hamas umfasst, wenn sie als Propaganda der Hamas eingesetzt werden. Das muss immer in einem Kontext stehen, in dem der Terror der Hamas begrüßt, verherrlicht wird, in dem es also um diesen Terror geht. Wenn die Polizei das feststellt, dann ist das verboten, vom Verbot der Hamas umfasst und entsprechend auch eine Straftat. Volksverhetzungstaten können das auch sein, wenn damit gleichzeitig zur Gewalt aufgerufen, aufgewiegelt wird. Das ist etwas, was jeweils durch die Polizei und anschließend durch die Staatsanwaltschaften festgestellt werden muss.
Wagner (AA)
Die Antwort auf Ihre Frage müsste ich nachreichen. Ich habe die Zahlen jetzt nicht parat. Was ich sagen kann, ist, dass die humanitäre Hilfe vor allen Dingen erst einmal über große internationale Nichtregierungsorganisationen und auch Organisationen der Vereinten Nationen läuft. Aber ich schaue gern, ob ich die Zahlen, was sozusagen palästinensische NGOs angeht, nachreichen kann.
Zusatzfrage
Sie sagten zum Kollegen gerade, es sei kein Missbrauch durch die NGOs festgestellt worden, die gefördert worden seien, aber jetzt nicht mehr projektgebunden gefördert würden. Warum dann die Einstellung? Einfach nur, weil sie Palästinenser sind?
Wagner (AA)
Nein, natürlich nicht. Bei den Projektmitteln, die wir im Auswärtigen Amt an Organisationen vergeben ‑ das ist, denke ich, aber auch bei anderen Ressorts nicht anders ‑, gilt das Prinzip der Jährlichkeit. Das heißt, wir fördern Projekte immer für ein Haushaltsjahr und projektbezogen für einen bestimmten Zweck. Dafür werden Anträge eingereicht. Dann schaut man sich an, ob man das fördern kann und ob das sozusagen einer unserer Schwerpunkte in dem Jahr ist oder nicht. Ich brauche Ihnen nicht zu sagen, dass im Moment natürlich ein großer Schwerpunkt darauf liegt, die humanitäre Lage in Gaza zu lindern, natürlich auch auf humanitären Mitteln für den Libanon etc.
Aber das, was Sie gesagt haben, dass wir eine Organisation deshalb nicht fördern würden, weil sie palästinensisch sei, weise ich ganz entschieden zurück.
Frage
Herr Wagner, es wurde erwiesen, dass Mitarbeiter der UNRWA auf unterschiedlichsten Ebenen an den Anschlägen des 7. Oktober beteiligt gewesen waren. Warum also unterstützt die Bundesregierung diese Organisation weiterhin? Können Sie ausführen, wie viele Gelder auf deren Konten insgesamt überwiesen werden?
Wagner (AA)
Vielen Dank. Wir hatten hier schon öfter die Debatte um UNRWA. Wir nehmen diese Vorwürfe natürlich sehr, sehr ernst. UNRWA tut dies im Übrigen auch. UNRWA hat immer wieder klar gesagt, dass sie diese Vorwürfe intern aufkläre und dass die betroffenen Personen nicht weiter für UNRWA arbeiteten. Sofern diesbezüglich neue Erkenntnisse aufkommen, bleiben wir natürlich am Ball und pochen bei UNRWA darauf, dass das aufgeklärt wird.
Zugleich muss man sagen, dass UNRWA als Hilfswerk der Vereinten Nationen in der Region eine wahnsinnig wichtige Rolle spielt. Diese Rolle unterstützen wir. Deshalb fördern wir UNRWA auch weiterhin, wie es auch andere unserer Partner tun. Die konkreten Zahlen müsste ich Ihnen nachreichen. Aber das kann ich bestimmt bis Ende der Regierungspressekonferenz leisten.
Zusatzfrage
Israels Position ist, die Organisation sei nicht reformierbar. Was entgegnen Sie dem? Gibt es von Ihnen eine offizielle Antwort darauf?
Wagner (AA)
Das muss UNRWA zeigen, und zwar mit dem, was sie tut. Sie wissen, dass die ehemalige französische Außenministerin Catherine Colonna eine sehr prominente Rolle in der Prüfung und in dem Anschauen dessen, wie UNRWA mit diesen Vorwürfen umgeht und wie sie sie intern aufarbeitet, gespielt hat. Wir sind der Meinung, dass UNRWA das tut. Wir nehmen die israelische Position dazu zur Kenntnis.
Frage
Herr Wagner, der französische Präsident Emmanuel Macron fordert einen internationalen Lieferstopp für Waffen an Israel und bekräftigt, Frankreich werde keine liefern. Zur Begründung sagt er, Israel nehme die Appelle um angemessene Reaktionen nicht ernst und man müsse Waffenlieferungen stoppen, um zu einer politischen Lösung zu kommen. Wie weit teilt die Bundesregierung diese politische Position und die Konsequenzen?
Hoffmann (BReg)
Ich kann dazu zunächst gern etwas sagen. Natürlich haben wir das zur Kenntnis genommen. Wie Sie wissen ‑ das haben wir hier schon mehrfach ausgeführt ‑, gibt es einen entsprechenden Waffenexportstopp für Israel von Seiten Deutschlands, von Seiten der Bundesregierung, nicht.
Zusatzfrage
Herr Wagner, möchten Sie ergänzen?
Wagner (AA)
Ich kann dazu nur ergänzen, dass Sie sich gern auch die Einlassungen der Bundesregierung vor dem Internationalen Gerichtshof noch einmal anschauen können. Darin haben wir zu dem Thema sehr ausführlich Stellung genommen. Im Übrigen gilt das, was die stellvertretende Regierungssprecherin gerade gesagt hat.
Zusatzfrage
In der Vergangenheit haben sich die deutsche und die französische Regierung in wichtigen außenpolitischen Fragen zumindest vorab abgestimmt. Hat das auch in diesem Fall stattgefunden? Kam das, was offenbar in einem direkten Telefonat zwischen Macron und Netanjahu strittig verhandelt wurde, für die Bundesregierung überraschend, oder hat es vorher eine Abstimmung zwischen der deutschen und der französischen Regierung gegeben?
Hoffmann (BReg)
Tatsächlich stimmen wir uns regelmäßig und eng mit der französischen Regierung ab. Zuletzt war der französische Präsident in der vergangenen Woche in Berlin und hat sich auch mit dem Bundeskanzler getroffen. Was im Einzelnen genau besprochen wurde, welche Themen das waren und was da vereinbart wurde, dazu kann ich hier leider nichts sagen.
Frage
Herr Wagner, ich muss noch einmal die Frage stellen, warum diese Zahlungen eingestellt wurden. Sie sagen immer nur, derzeit hätten Sie keine Projekte. Sie haben mit sechs Organisationen, die Sie jahrzehntelang gefördert haben, also auf einmal nach dem 7. Oktober keine Projekte mehr. Was ist der Grund?
Wagner (AA)
Noch einmal: Es ist nicht ungewöhnlich bei Projektförderungen, hinsichtlich der ich ja eben schon ausgeführt habe, dass dabei das Prinzip der Jährlichkeit gilt, dass eine Förderung auch einmal zum Ende kommt, einmal eine Zeit lang nicht stattfindet und man dann auch wieder zusammenarbeitet. Insofern würde ich das, was Sie in Ihrer Frage implizieren, jetzt zurückweisen, nämlich dass wir aus politischen Gründen diese Förderung eingestellt haben. Ich habe vielmehr gesagt, dass wir uns immer anschauen, wie wir bestmöglich unsere Mittel einsetzen können. Sie wissen auch, dass diese Mittel nicht mehr werden. Sie haben die Debatten um den Haushalt verfolgt. Insofern ist das immer wieder eine Einzelfallentscheidung.
Zusatzfrage
Haben Sie denn neue Erkenntnisse nach diesem Überprüfungstermin aus dem Jahr 2022, die dafür sprechen, diese Mittel nicht mehr zu zahlen?
Wagner (AA)
Nein.
Frage
Nur zum Verständnis, weil gerade auch angesprochen wurde, dass diese UNRWA-Sache belegt worden sei: Sie sehen das immer noch als Vorwürfe von Israel gegen UNRWA an. Habe ich das richtig verstanden?
Wagner (AA)
Nein. Ich glaube, es gab ja Fälle, und das hat UNRWA ja auch selbst eingeräumt, in denen es in den Reihen der UNRWA natürlich Personen gab, die offensichtlich bei den schrecklichen Attentaten des 7. Oktobers dabei waren. UNRWA hat ja Konsequenzen in diesen Einzelfällen ergriffen, hat das intern aufgearbeitet. Es bleibt, wie ich vorhin ausgeführt habe, auch so, dass wir uns immer wieder anschauen, sollte es dort Fragen und Vorwürfe geben, dass die aufgearbeitet werden. Diese Arbeit muss UNRWA leisten. Zugleich ist die Arbeit von UNRWA sehr wichtig. Deshalb haben wir ja als Bundesregierung entschieden, UNRWA auch weiter zu fördern.
Zusatz
Sie hatten den UN-Bericht angesprochen. Der kam ja von Guterres. Es hieß, dass es eingeholte Beweise gebe, die darauf hindeuteten, dass möglicherweise neun Leute beteiligt gewesen seien. Das ist ja etwas anderes als eine Feststellung.
Wagner (AA)
Das ist jetzt, glaube ich, eine semantische Diskussion. Ich kann ja nur feststellen, dass UNRWA Konsequenzen ergriffen hat und diese Leute ja auch nicht weiter bei UNRWA arbeiten.
[…]
Frage
Herr Wagner, auf die wiederholten Fragen, warum denn konkret die Unterstützung einer Organisation, die bis 2022 unterstützt wurde, eingestellt wurde, haben Sie gesagt, Ihnen seien keine Hinderungsgründe materieller Art bekannt. Können Sie uns bitte dann doch, und sei es auf dem Weg der Nachlieferung, erklären, warum und aus welchen materiellen Gründen die Förderung dieser humanitären Organisationen eingestellt worden ist, die bis 2022 offenbar ohne Bedenken gefördert wurden? Warum?
Wagner (AA)
Ich habe es probiert. Ich probiere es noch einmal: Es gibt ja keinen Anspruch auf Förderung. Es gibt eine begrenzte Anzahl von Mitteln auf unserer Seite, die wir auf die Projektanträge verteilen, die wir erhalten. Dann schauen wir uns an, was wir in einem Haushaltsjahr mit diesen Mitteln machen. Dass dabei sozusagen auch Anträge von Organisationen nicht beschieden werden können, die eine sinnvolle Arbeit machen oder die gut sind, ist ja unbenommen.
Aber ich kann nur noch einmal sagen: Es gibt im Moment keine Projektzusammenarbeit mit dieser einen Organisation, nach der der Kollege da gefragt hat. Aber ich habe ja auch ausgeführt: Wir leisten sehr viel humanitäre Hilfe auch hinsichtlich anderer Organisationen.
Zusatzfrage
Wann wäre der nächste Überprüfungstermin für diese und vergleichbare Organisationen, wenn sie denn dann erneut Förderanträge stellten? Besteht zumindest theoretisch die Chance, dass die dann wieder in die Förderung hineinkommen?
Wagner (AA)
Ich kann jetzt von dieser Stelle aus nicht sozusagen einfach so mit der blanken Hand beantworten, ob dann sozusagen ein Förderbescheid bewilligt werden kann. Aber natürlich würden wir uns das sehr genau anschauen.
[…]
Frage
Der Gazakrieg jährt sich ja jetzt auch ‑ ich weiß nicht ‑, morgen oder in den nächsten Tagen. Herr Wagner, wird es seitens der Bundesregierung zu diesem eher traurigen Jubiläum des Krieges ‑ ‑
Vorsitzende Welty
Können wir uns auf die Formulierung Jahrestag einigen?
Zusatzfrage
Ja, darum habe ich ja in Anführungsstrichen davon gesprochen. Zum Jahrestag dieses Krieges, was können wir da seitens der Regierung erwarten?
Wagner (AA)
Das Leid in Gaza hat ‑ so traurig es ist, das muss man ja sagen ‑ hat seinen Ursprung ja am 7. Oktober genommen, und zwar mit diesem massiven, abscheulichen und furchtbaren Terrorangriff der Hamas. In der Tat haben Sie recht, wenn Sie sagen, die Lage in Gaza ist katastrophal.
Ich glaube, es ist noch zu wenig zu sagen, dass jeder tote Zivilist einer zu viel ist. Deshalb setzen wir uns ja dafür ein, dass es dort endlich zu einem Waffenstillstand kommt, dass die Geiseln, die weiterhin dort sind, freikommen und sich die humanitäre Lage der Menschen in Gaza verbessert.
Frage
Der Angriff der Hamas vor einem Jahr war Terror, ohne Zweifel. Was entgegnen Sie Menschen, Angehörigen der mittlerweile über 40 000 ums Leben gekommenen Palästinenser, die die Tatsache dieser Angriffe auch als Terror empfinden? Was entgegnen Sie denen, wenn Sie mit denen Kontakt haben?
Wagner (AA)
Wir entgegnen, dass wir das Leid dieser Menschen sehen.
Ich will mich hier nicht auf Zahlendiskussionen einlassen, aber wenn Sie von 40 000 toten Palästinensern in Gaza sprechen, dann ist darunter natürlich auch ein großer Teil von Hamas-Kämpfern. Das muss man schon anerkennen.
Aber noch einmal: Darunter sind sehr viele Zivilisten, sehr viele Frauen, sehr viele Kinder, sehr viele Familien. Und ich habe ja schon einmal gesagt, jeder tote Zivilist ist einer zu viel.
Israel verteidigt sich gegen Terror. Zur Wahrheit gehört auch, dass es im vergangenen Jahr insgesamt 26 000 Raketen auf Israel gab, nicht nur aus Gaza, sondern auch von der Hisbollah und von anderen Akteuren, Huthis etc. Gegen diese Angriffe darf Israel vorgehen. Aber wir sagen zugleich immer wieder: Es muss im Rahmen des Völkerrechts dagegen vorgehen. Es muss die Grundsätze und die Vorgaben des humanitären Völkerrechts einhalten.
Zusatzfrage
Meine Frage war ja gewesen, ob Sie nachvollziehen können, dass die überraschenden Angriffe als Terror empfunden werden ‑ vor allem von Angehörigen, die mitbekommen, dass ihre Familien in Schulen und in Krankenhäusern angegriffen werden, ungeachtet der Tatsache, von wem sie vielleicht auch genutzt werden. Können Sie dem etwas entgegensetzen?
Wagner (AA)
Ich kann nachvollziehen, dass diese Menschen es als unglaubliches Unrecht empfinden, dass sie Opfer von Gewalt werden. Die Frage ist: Woher kommt die Gewalt? Zu nennen ist da die Hamas, die Gaza regiert hat und die einen Terrorangriff auf Israel gestartet hat. Natürlich gibt es eben auch Gewalt, zivile Opfer, durch militärisches Vorgehen Israels.
Frage
Herr Wagner, wenn man jetzt die Aktion Israels in Gaza und in Libanon sieht, handelt aus Ihrer Sicht die israelische Regierung verantwortungsvoll?
Wagner (AA)
Das ist nicht an mir, das einzuschätzen. Ich kann sagen, dass aus unserer Sicht Israel sich weiter gegen laufende Angriffe verteidigt, aber dabei die Vorgaben des humanitären Völkerrechts unbedingt einhalten muss, und dass das Leid, das wir im letzten Jahr im Nahen Osten gesehen haben, schon viel zu groß ist.
Zusatzfrage
Hält aus Ihrer Sicht Israel das humanitäre Völkerrecht ein, ja oder nein?
Wagner (AA)
Das ist nicht an mir, das zu bewerten. Dafür gibt es ja Gerichte, die damit schon befasst sind und sich das anschauen.
Zusatzfrage
Herr Wagner, als die Invasion der Israelis letztes Jahr nach dem 7. Oktober begann, hat die Bundesregierung das ja unterstützt und gleichzeitig gesagt, die Hamas dürfe den Gazastreifen nie wieder regieren. Ist das eigentlich immer noch die Position und die Forderung der Bundesregierung?
Wagner (AA)
Ich finde es sehr schwierig zu sagen, dass eine Terrororganisation wie die Hamas, die am 7. Oktober so viel Leid über Tausende von Menschen gebracht hat, ein regulärer politischer Akteur ist.
Zusatzfrage
Faktisch kontrolliert ja diese Terrororganisation den Gazastreifen, und das Kriegsziel der Israelis im letzten Jahr war, „die müssen weg“. Die Bundesregierung hat das unterstützt.
Jetzt wird ein Jahr lang Krieg geführt, und die Hamas ist immer noch da. Ist die Position der Bundesregierung immer noch dieselbe wie vor einem Jahr?
Wagner (AA)
Ich glaube schon, dass die Hamas als Terrororganisation ziemlich geschwächt ist. Aber klar ist doch ‑ das haben wir auch immer wieder ausgeführt ‑, dass natürlich auch die Frage, wie es eigentlich in Gaza nach Ende des Konflikts aussieht und welche Strukturen es dort braucht, immer wieder Gegenstand von Gesprächen ‑ von Gesprächen mit westlichen Partnern und von Gesprächen von Partnern in der Region ‑ ist.