Willkommen auf den Seiten des Auswärtigen Amts

Rede von Staatsministerin Michelle Müntefering zur Verleihung des Civis-Medienpreis

24.05.2019 - Rede

Ich freue mich, dass wir als Auswärtiges Amt auch in diesem Jahr wieder Gastgeber für die Verleihung des CIVIS-Medienpreises sein dürfen und begrüße Sie – auch im Namen des Hausherren, Bundesminister Heiko Maas - ganz herzlich.

Heute feiern wir nicht nur den wunderbaren Civis-Preis, sondern auch dieses kleine Buch: Das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland.

Das stärkste Stück Demokratie unseres Landes, das nichts von seiner Kraft und Stärke eingebüßt hat, seit jenem Tag vor genau 70 Jahren, an dem es von unseren Müttern und Vätern verabschiedet wurde. Oder, ich müsste wohl eher sagen, von unseren Großmüttern und Großvätern.

Dieses Grundgesetz zu schützen, und mehr noch: ihm Leben zu geben, dazu sind wir gemeinsam, über alle Generationen hinweg, verpflichtet.

Um nichts weniger geht es auch heute hier. Denn: Die Menschen sind nicht gleich - aber sie sind gleich viel wert. In dieses Verständnis reihen sich auch die Beiträge des CIVIS-Medienpreises ein.

Ich komme aus dem Ruhrgebiet, die Region im Zentrum Westeuropas, die nach dem zweiten Weltkrieg und dem unendlichen Gräuel der Shoah, mit Kohle und Stahl geholfen hat, unser Land wieder aufzubauen. Daran hatten nicht zuletzt auch Menschen Anteil, die als so genannte „Gastarbeiter“ - aus Italien, Griechenland, Spanien und aus der Türkei - zu uns kamen.

Über das Wunder des Friedens können wir staunen. Aus Geschichte aber müssen wir lernen. Aus der Geschichte des Ruhrgebiets etwa: Dass Arbeit wichtig ist, um Menschen zusammenzubringen. Dass gelebte „Solidarität“ als Band zwischen Menschen wirken kann - jenseits des religiösen Glaubens. Und: Dass wir etwas besser machen können.

Als ich vor sechs Jahren in den Deutschen Bundestag gewählt wurde, habe ich meinem Team gesagt: Jetzt laden wir die vielen tollen Frauen aus dem Wahlkreis ein - auch gerade die aus den Moscheevereinen.

Nach überraschten Reaktionen einiger Männer auf den geplanten „Frauenausflug“ in die Hauptstadt und Verhandlungen mit dem Imam über die „Regeln der Religionsausübung auf Reisen“ gab es schließlich gruppendynamisch interessante Prozesse, sprich: Die so unterschiedlichen Frauen aus dem Ruhrgebiet fanden nach und nach zueinander.

Sie diskutierten über das Erlebte in den Gedenkstätten - und am Ende der Reise traf ich die Gruppe zum Abschlussessen, beim Berliner Türken. Zwei Frauen, die zur Übersetzung eine Dritte dazu baten, bedankten sich herzlich bei mir.

Sie sagten zwei Dinge: „1. Frau Müntefering, wir leben seit 30 Jahren in Deutschland und haben uns noch nie so aufgenommen gefühlt. 2. Wenn wir morgen Nachhause fahren, dann sagen wir unseren Kindern: Ab jetzt wird Zuhause Deutsch gesprochen. Wir wollen lernen.“

Das, verehrte Damen und Herren, ist nur eine kleine Geschichte, aber eine die zeigt, was Begegnung bewirken kann. Heute heißt das: Integrationspolitik, Sprachkurse etwa, muss alle Menschen, einschließen, von Anfang an, besonders auch Frauen.

Wahr ist aber auch: Es gibt nach wie vor Ausgrenzung und Rassismus in unserem Land. Das hat auch die Kampagne “MeTwo” gezeigt. Die New York Times berichtete gerade außerdem über den „New German Antisemitism“. Diese Überschrift leitet allerdings fehl. Denn: Antisemitismus gab und gibt es. Ihm entgegenzutreten ist unsere Aufgabe.

Sehr geehrte Damen und Herren,
die fast 800 Beiträge zum Medienpreis, humorvolle und traurige, geben uns zu denken. Denken ist das beste Rezept für Freiheit und Frieden.

Viele Beiträge zeugen auch vom außerordentlichen Engagement Einzelner. Sie machen Mut und geben uns Vertrauen - in das Gelingen einer großen, gesellschaftlichen Daueraufgabe für alle in unserem Land.

„Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.“

Verehrte Gäste,
Integration ist nicht einfach, denn sie braucht Veränderung. Integration ist auch nicht leicht, denn sie braucht Anstrengung. Und Integration braucht Zeit. Deswegen ist es gut, wenn wir jeden Tag aufs Neue weitermachen.

Der CIVIS-Medienpreis macht etwas - er ist der größte europäische Medienpreis. Die Zahl an Einsendungen aus über 20 Ländern ist ein Erfolg. Es zeigt aber auch, dass wir in ganz Europa vor Herausforderung stehen, wenn es darum geht, Werte und Rechte zu verteidigen und zu stärken. Ich meine: Wir Demokraten sind nicht zu wenig. Wir sind nur zu leise.

Es ist an uns, Verbundenheit zu zeigen, sie stark zu machen, ins Positive zu wenden. Das können und das müssen wir - auch am kommenden Sonntag, bei der Europa-Wahl.

Nun aber steigt die Spannung auf die Entscheidungen der Jury. Ich gratuliere schon jetzt allen Nominierten und sage „Danke“.

Denn Integration gelingt vor allem: Nur gemeinsam.

Schlagworte

nach oben