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Rede von Staatsministerin Michelle Müntefering in der offenen Debatte des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen zur Resolution 1325

25.10.2018 - Rede

-- Es gilt das gesprochene Wort --

„Ich möchte hier feststellen und glaube damit im Einverständnis vieler zu sprechen, daß wir Frauen nicht etwa in dem althergebrachten Sinne Dank schuldig sind.“

Das sagte Marie Juchasz vor fast 100 Jahren, am 19.2.1919 im Deutschen Parlament - zu Zeiten der ersten deutschen Demokratie, unmittelbar nach Einführung des Frauenwahlrechts. Sie sprach dort selbstbewusst als erste Frau weiter:

„Es wird uns nicht einfallen, unser Frauentum zu verleugnen, weil wir in die politische Arena getreten sind und für die Rechte des Volkes mitkämpfen. Kein Punkt des neuen Regierungsprogramms ist da, an dem wir (sozialdemokratischen) Frauen ohne Interesse wären.“

Genauso verhält es sich heute, 100 Jahre nach dieser Rede - auch international. Außen- und Sicherheitspolitik kann und darf im 21. Jahrhundert nicht mehr ohne Frauen stattfinden. Nicht in den nationalen Parlamenten, nicht in den Vereinten Nationen und nicht in ihren internationalen Friedensmissionen.

Die Vereinten Nationen als zentraler regelbasierter multilateraler Ordnungsrahmen sind vor über 70 Jahren nach zwei Weltkriegen geschaffen worden. Für uns sind sie wichtiger als jemals zuvor - nicht nur mit Blick in die eigene Geschichte, sondern auch mit Blick auf eine gemeinsame friedliche Zukunft. Deswegen gilt mein herzlicher Dank zuerst dem amtierenden Sicherheitsratsvorsitz Bolivien für diese offene Sicherheitsratsdebatte zur Resolution 1325. Ebenfalls danken möchte ich dem VN-Generalssekretär und der Leiterin von UN Women, Phumzile Mlambo-Ngcuka für ihre wichtigen Worte, sowie Frau Randa Siniora, als Vertreterin der Zivilgesellschaft.

Wir können es uns im 21. Jahrhundert nicht leisten, über Frieden, Frauen und Sicherheit zu reden, ohne dass Frauen gleichberechtigt am Tisch sitzen. Sie müssen vielmehr Akteure und Gestalterinnen von Friedens- und Sicherheitspolitik sein, - nicht Empfängerinnen politischer Entscheidungen. Wir können es uns nicht leisten, das Potential der Frauen für Sicherheit, Stabilität und nachhaltigen Frieden zu vernachlässigen, wie es immer noch der Fall ist.

Die Verabschiedung der Resolution 1325 im Jahr 2000 war ein Meilenstein. Eine neue Generation Söhne und Töchter unserer Länder ist in der Zwischenzeit erwachsen geworden. In dieser Zeit ist einiges passiert: Wir gehen kleine Schritte, doch wir kommen voran.

Deswegen ist es nun entscheidend, dass wir dieses Thema angesichts der Krisen und Konflikte in der Welt weiter behandeln, kontinuierlich auf Erfahrungen und Erfolgen aufbauen - und diese mit Elan vorantreiben.

Deutschland schließt sich den Statements der Europäischen Union und Kanadas an. Lassen Sie mich darüber hinaus die drei Schwerpunkte Deutschlands zu Frauen, Frieden und Sicherheit nennen.

Erstens: Wir werden die Umsetzung von Resolution 1325 ins Zentrum unserer Arbeit als Mitglied im Sicherheitsrat 2019/2020 stellen. Mit der Übernahme des Ko-Vorsitzes der „Informal Expert Group on Women, Peace and Security“ von Schweden freuen wir uns auf die enge Zusammenarbeit mit Peru. Wir werden auf Schwedens großartiger Vorarbeit aufbauen und den Empfehlungen der Gruppe noch mehr Sichtbarkeit und Gewicht verschaffen. Wir werden der Zivilgesellschaft im VN-Sicherheitsrat eine hörbare Stimme geben, insbesondere den Verteidigern und Verteidigerinnen von Frauenrechten.

Zweitens: Wir werden die wichtige Arbeit der VN zur Verhinderung und Beseitigung konfliktbezogener sexueller Gewalt weiter tatkräftig unterstützen. Wir werden die jährliche offene Debatte zu dem Thema während unseres Vorsitzes im April 2019 dazu nutzen, den normativen Rahmen des Sicherheitsrats zu konfliktbezogener sexueller Gewalt weiter zu stärken. Die diesjährigen Friedensnobelpreisträger Nadia Murad aus dem Irak, die heute in Deutschland lebt, und Dr. Denis Mukwege aus der Demokratischen Republik Kongo unterstreichen mit ihrer Arbeit eindringlich, wie wichtig der Kampf gegen konfliktbezogene sexuelle Gewalt bleibt.

Und schließlich drittens: Deutschland will bis 2020 – dem 20-jährigen Jubiläum von Resolution 1325 – sichtbare Fortschritte bei der Umsetzung erzielen: Dazu werden wir weiterhin den wichtigen, praktischen Erfahrungsaustausch im Focal-Point-Netzwerk „Frauen, Frieden und Sicherheit“ nutzen. Dass wir unseren Vorsitz in diesem Netzwerk 2019 an Namibia übergeben können freut mich besonders: Denn Namibia ist einer der treibenden Akteure hinter der Resolution 1325.

Wir werden außerdem das „African Women Leaders Network“ auch weiter politisch und finanziell unterstützen, darunter bei der Einrichtung von nationalen Zweigstellen, wie gerade in der Demokratischen Republik Kongo.

Wir sprechen über 1325 – über nicht weniger als die Umsetzung des damals einstimmig gefassten Beschluss des VN-Sicherheitsrates vom 31.10.2000. Es gilt, die Stärkung von Frauen auf sämtlichen lokalen, regionalen und globalen gesellschaftspolitischen Ebenen tatsächlich zu verwirklichen. Wir tun das, weil wir überzeugt sind: Frauen können alles – aber sie müssen auch dürfen!

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

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