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Begrüßung von Staatsministerin Michelle Müntefering zum fachlich-operativen Austauschs zum Thema „Transitional Justice“ im Rahmen des NAP zu 1325

12.12.2018 - Rede

-- es gilt das gesprochene Wort --

Ich freue mich, heute mit Ihnen, der Zivilgesellschaft, zusammenzutreffen, zum inzwischen vierten fachlich-operativen Austausches des Nationalen Aktionsplan zur Umsetzung der Resolution 1325.

Vor einigen Wochen habe ich für Deutschland an der offenen Debatte im UNO-Sicherheitsrat zur Umsetzung der Resolution 1325 in New York teilgenommen.

Diese Debatte dauerte fast einen ganzen Tag, es haben über 80 Rednerinnen und Redner gesprochen.

Ich habe dort außerdem intensive Gespräche geführt –sowohl mit Regierungsvertretern wie z.B. der schwedischen Außenministerin Margot Wallström, als auch mit Vertretern der Zivilgesellschaft zu 1325 und zur Roadmap bis 2020, dem 20jährigen Jubiläum der Resolution.

Das Thema des heutigen Treffens ist ein – wie ich finde - extrem Wichtiges, und ein extrem Schwieriges;

für mich hat es der diesjährige Friedensnobelpreisträger Dr. Denis Mukwege vielleicht am besten ausgedrückt:

„Wenn man Vergewaltigung sagt, dann haben die Leute normalerweise ein Bild vor Augen, was eine Frau durchgemacht hat.

Aber hier passt das Wort nicht. Vielleicht ist sexueller Terror besser? (….) Man muss ein neues Wort finden, weil Vergewaltigung nicht beschreibt, was hier passiert.

Ich habe Frauen behandelt, die vernichtet waren.“

Dr. Denis Mukwege ist, wie Sie wissen - Gynäkologe und Menschenrechtsaktivist für Vergewaltigungsopfer in der Demokratischen Republik Kongo.

Er wurde dieses Jahr gemeinsam mit der Jesidin Nadia Murad mit dem Friedensnobelpreis geehrt.

Beide verbindet der Kampf gegen sexualisierte Gewalt als Kriegswaffe und gegen dieses Kriegsverbrechen.

Diese Kriegsverbrechen treffen vor allem Frauen.

Aber auch Kinder und Männer werden zu Opfern.

Für alle Überlebenden gilt:

Es ist wichtig, dass sexualisierte Gewalt geahndet wird;
dass Gerichtsverfahren folgen;
dass Täter wissen, dass sie nicht ungestraft bleiben;
dass die Hoffnung auf Gerechtigkeit nicht stirbt.

In Deutschland befassen sich die Gerichte mit dem Kampf gegen sexualisierte Gewalt.

Große Signalwirkung kommt beispielsweise den Ermittlungen des Generalbundesanwalts zu.

Er verfolgt auch die gegen die Jesidinnen im Irak verübten Verbrechen.

2016 konnte hierzu der erste internationale Haftbefehl erreicht werden.

Auch das ist ein wichtiges Zeichen. Denn: Nur wenn alle relevanten Akteure zusammenarbeiten – national und international - können Täter zur Rechenschaft gezogen werden.

Gleichzeitig dürfen wir uns nicht auf die Strafverfolgung allein beschränken.

Denn die Bekämpfung von sexualisierter Gewalt ist wesentlich vielschichtiger und muss insbesondere auch die Schaffung einer Lebensperspektive für die Opfer berücksichtigen.

Daher meine ich:

Wir müssen präventiv handeln.

Es reicht nicht aus, auf bereits begangene Verbrechen zu reagieren.

Vielmehr müssen Betroffene aktiv eingebunden werden, und sie müssen zu Akteuren und Akteurinnen befähigt werden.

Stigmatisierung muss entgegengewirkt werden.

Betroffene und Opfer von Gewalt brauchen Perspektiven; es muss ihnen die Rückkehr in Familie und Gesellschaft ermöglicht werden. Wir brauchen einen Ansatz, der sich auf die Überlebenden konzentriert – nicht nur während Konflikten, sondern auch in Post-Konfliktländern (“survivor centered approach”).

Wir müssen die Ursachen von sexualisierter Gewalt in Konflikten bekämpfen: Marginalisierung und Ungleichheit tragen maßgeblich zu sexueller Gewalt in Konflikten bei.

Als gewähltes Mitglied des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen wird Deutschland in den kommenden zwei Jahren auf die weitere Umsetzung der WPS-Agenda hinarbeiten und sich für deren Fortentwicklung einsetzen.

Insbesondere wollen wir uns für das Thema der Bekämpfung sexualisierter Gewalt in Konflikten einsetzen.

Während unserer SR-Präsidentschaft im April 2019 werden wir die Offene Debatte zu diesem Thema ausrichten.

Wir wollen dafür sorgen, dass genau diese Punkte angesprochen und eingebracht werden.

Zur Vorbereitung dieser Initiative befinden wir uns bereits in engem Austausch mit der Sonderbeauftragten des Generalsekretärs zu sexueller Gewalt in Konflikten, Pramila Patten.

Sie war gerade Ende November zu Gesprächen in Berlin und ich weiß auch, dass einige von Ihnen sie bei der letzten Sitzung der Konsultationsgruppe persönlich kennengelernt haben.

Sie sehen: das Thema Frauen, Frieden und Sicherheit und darunter auch der Bereich sexualisierte Gewalt in Konflikten ist uns im Auswärtigen Amt – und auch mir persönlich- sehr wichtig.

Die Zusammenarbeit mit der Zivilgesellschaft ist dabei der Schlüssel einer erfolgreichen Umsetzung der Agenda Frauen, Frieden und Sicherheit.

Daher freut es mich, dass wir mit dem zweiten Nationalen Aktionsplan Formate wie den heutigen fachlich-operativen Austausch etabliert haben.

Dies fördert die engere und für uns so wichtige Zusammenarbeit zwischen Zivilgesellschaft und den Bundesministerien.

Ich danke Ihnen allen, den Frauen und den Männern, für Ihr wichtiges Engagement, unsere gute Zusammenarbeit und wünsche Ihnen eine angeregte Diskussion!

Willy Brandt hat einmal gesagt:

„Ohne Frieden ist alles nichts“.

Daran anknüpfend möchte ich heute sagen: „Ohne Frauen ist auch alles nichts“.

Vielen Dank!

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