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Grußwort von Staatsministerin Michelle Müntefering beim Konzert Jerusalem Symphony Orchestra mit Bochumer Symphonikern, Beitrag zum Festjahr „1700 Jahre Jüdisches Leben in Deutschland“
Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Musikerinnen und Musiker,
lieber Steven Sloane
Shalom! Glückauf!
Wie schön, Sie alle hier zu haben, bei uns in Bochum. Uns das zu einem wirklich wunderbaren Anlass, 1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland.
Als der Österreicher Gustav Mahler Ende des 19. Jahrhunderts seine 2. Symphonie vollendete, die Sie heute spielen, war er erster Kapellmeister am Stadt-Theater in Hamburg. Ganz Europa kannte ihn. Und dennoch schlugen ihm immer wieder offene Ablehnung und Hass entgegen. Denn er war Jude.
In einem Brief schrieb er:
„Mein Judentum verwehrt mir, wie die Sachen jetzt in der Welt stehen, den Eintritt in jedes Hoftheater. Nicht Wien, nicht Berlin, nicht Dresden, nicht München steht mir offen.“
2021 feiern wir das jüdische Kulturerbe und würdigen den Einfluss jüdischer Künstlerinnen und Künstler auf die Kulturgeschichte Deutschlands.
Das ist gut so. Denn das Judentum war immer ein fester Bestandteil deutscher und europäischer Kultur.
Es hat unsere Kunst, Musik und Literatur ungemein bereichert.
Unsere Kulturgeschichte ohne das Judentum ist schlicht und ergreifend nicht vorstellbar.
Und doch zeigen die Erfahrungen Mahlers wie so vieler anderer, dass sich der Antisemitismus wie ein roter Faden durch diese 1700-jährige Geschichte zieht.
Er gipfelte im dunkelsten Kapitel, der millionenfachen Ermordung der europäischen Jüdinnen und Juden durch die Nationalsozialisten.
Und auch heute, mehr als 75 Jahre nach der Shoah, müssen Jüdinnen und Juden in unserem Land um ihr Leben fürchten. Das ist unerträglich.
Ich bin überzeugt: Der Kampf gegen rechte Hetze und Antisemitismus ist entscheidend, auch für unsere Demokratie.
Dazu gehörten Taten, klare Gesetze gegen Hass und Hetze. Und dazu gehört auch, die Erfahrung der Gemeinsamkeit, der Gleichwertigkeit der Menschen. Kulturelle Bildung kann hier so viel bewirken, wenn sie ganz besonders junge Menschen beteiligt und zusammenbringt. Denn: Echte Freundschaften sind das beste Gegenmittel im Kampf gegen den Hass.
Meine Damen und Herren,
Ich bin dankbar für die engen Beziehungen zwischen Deutschland und Israel. Sie sind über die letzten Jahrzehnte stetig gewachsen und ich kann es kaum erwarten, in wenigen Tagen schon wieder in Ihrem Land zu Gast zu sein.
Und ja: Diese engen Verbindungen zwischen unseren Ländern sind tatsächlich wunderbar. Deshalb fördern wir als Auswärtiges Amt den kulturellen Austausch, die Musik ist dabei eine starke, eigene Kraft.
Das spüre ich auch jedes Mal, wenn ich mit Musikerinnen und Musikern spreche, aus Israel und der arabischen Welt, die gemeinsam an der Barenboim-Said-Akademie studieren.
Umso schöner, dass das Jerusalem Symphony Orchestra zum ersten Mal seit 10 Jahren wieder in Deutschland ist und dass ich sie alle hier in Bochum begrüßen darf. Seien Sie uns herzlich willkommen.
Sicher spielt es sich in diesen Hallen anders, als in der Elbphilharmonie oder auf dem Gendarmenmarkt - aber ich hoffe, dass Sie gerade hier etwas Besondres mitnehmen können. Die Atmosphäre des Ruhrgebiets. Die Tradition der Solidarität und des Miteinanders. Gerade nach dieser Zeit, in der wir alle Gespürt haben, wie sehr uns Kunst und Kultur ein Lebenselixier sind.
Danke, dass Sie hier sind.
Sie haben jemanden an Ihrer Seite, der diese Traditionen nicht nur kennt, sondern auch lebt. Einen, der Brücken zwischen Menschen baut.
Lieber Steven Sloane, dass Du heute am Dirigentenpult stehst, ist ein echtes Heimspiel. Du hast das musikalische Leben hier in dieser Stadt geprägt. Bochum hat dir so viel zu verdanken.
Und ich kann dir nur eines sagen: So ganz lassen wir dich nicht los. Das siehst Du heute und, da bin ich sicher, auch in Zukunft.
Heute aber sagen wir von Herzen Danke Steven Sloane, dem Künstler, und auch dem Menschen.
Eines wird ganz sicher bleiben: Das Brückenbauen, zwischen Deutschland und Israel, zwischen den Menschen mit der Kraft der Musik.
Lieber Steven Sloane, verehrte Damen und Herren,
„Warum hast du gelebt? Warum hast du gelitten? [...] In wessen Leben dieser Ruf einmal ertönt ist – der muss eine Antwort geben“
Das schrieb Mahler über seine zweite Symphonie. Es sind die großen Fragen unseres Lebens. Mahler gab seine Antwort mit Musik.
Ich könnte mir für den heutigen Abend kaum ein besseres Werk vorstellen als dieses Stück.
Ich danke allen Beteiligten und wünsche ein Konzert.