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Grußwort Staatsministerin Michelle Müntefering zur DAAD-Jubiläumsveranstaltung „10 Jahre Exzellenzzentren – internationale Kooperationen in Forschung, Lehre und Beratung als Leuchttürme der Auswärtigen Kultur-, Bildungs- und Wissenschaftspolitik“

07.11.2019 - Rede

-- es gilt das gesprochene Wort --

Wir sind heute hier zusammen für eine verdiente Gratulation. Wir gratulieren den Exzellenzzentren. Und dieser Gratulation will ich mich anschließen.

Die ersten zehn Jahre sind gemeistert. Das heißt auch, dass die ersten Herausforderungen bewältigt sind, und Grund zum Feiern durch einige Erfolge gab es zwischendurch bereits auch.

Die Unterstützung des Auswärtigen Amts für den akademischen und für den wissenschaftlichen Austausch mit dem Ausland in Zusammenarbeit mit dem DAAD hat ja schon eine viel längere, aber auch eine gute, jahrzehntelange Tradition.

Im Jahr 2009 kam eine wichtige politische Initiative hinzu. Vor zehn Jahren wurde die Außenwissenschaftsinitiative vom damaligen Außenminister Frank-Walter Steinmeier gestartet. Diese hatte zum Ziel, dass deutsche Hochschulen stärker in internationale Netzwerke eingebunden und der internationale wissenschaftliche Austausch intensiviert werden sollte.

Heute können wir wohl sagen - und Frau Wintermantel hat dies eben ja eben auch wunderbar beschrieben – ja, die Exzellenzzentren sind „Leuchttürme“ in der Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik.

Weil sie dazu beitragen, Trennendes zu überwinden und Partner in Wissenschaft, Politik und Zivilgesellschaft in der ganzen Welt miteinander zu verbinden.

Weil sie helfen, Wissenswelten zusammen zu führen und damit auch den wissenschaftlichen Fortschritt und die Innovation in Deutschland und den Partnerländern zu stärken.

Weil sie entscheidend dafür sind, die Gesamtheit der deutschen Wissenschafts-, Forschungs- und Technologielandschaft zu präsentieren und auch Kooperationsmöglichkeiten mit unseren ausländischen Partnern aufzuzeigen.

Zehn Jahre später stehen jedenfalls fünf Exzellenzzentren für eine gemeinsame Nachwuchsförderung und für die enge wissenschaftliche Zusammenarbeit zwischen Deutschland und vier Partnerländern.

Besonders interessant finde ich dabei nicht nur die geografische Streuung über drei Kontinente hinweg, sondern vor allem auch die fachliche Vielfalt von Meereswissenschaften über Physik und Chemie bis hin zu Rechtswissenschaften.

So bildet jedes Zentrum sein eigenes Netzwerk. Und: Auch die Zentren untereinander bilden wieder Netzwerke mit gemeinsamen Zielen.

Die Zentren arbeiten an etwas, das ich für unsere internationale Kultur- und Bildungspolitik ganz entscheidend finde: Sie arbeiten mit ihrer jeweiligen fachlichen und geografischen Orientierung immer auch an den 17 Zielen für nachhaltige Entwicklung der Agenda 2030 mit.

Diese Nachhaltigkeitsziele sind die beste Positivagenda, die wir uns gesetzt haben. Sie müssen wir noch viel grundsätzlicher über unsere Politik legen. Denn: In einer globalisierten Welt muss auch die Außenpolitik noch stärker eine Antwort auf die Frage geben: In welcher Welt wollen wir eigentlich leben?

Das ist für mich die Diplomatie der Nachhaltigkeit.

Wir müssen einen Beitrag leisten zu einer friedlichen, stabilen und gerechten internationalen Ordnung.

Doch dies geschieht nicht isoliert, sondern immer in Zusammenarbeit.

Lassen Sie mich aus der Breite der Angebote, über die wir hier sprechen, mal vier nennen:

  • Die Studiengänge „Medizinische Informatik“ und „Medizinische Physik“ des Heidelberg-Centers Lateinamerika tragen maßgeblich zu einer besseren medizinischen Versorgung in Chile - und damit zum Nachhaltigkeitsziel 3 „Gesundheit und Wohlergehen“ bei.
  • Das Forschungsprojekt “Ocean 2100” des CEMarin in Bogotá analysiert die Wechselwirkungen zwischen klimatischen Veränderungen und der Entwicklung von Korallenriffen – als der Bezug zu den SDGs 13 und 14 (Klimaschutz; Leben unter Wasser) ist dabei unübersehbar.
  • Die vom German-Russian Interdisciplinary Centre geförderten Forschungsprojekte an den Schnittstellen von Physik, Geophysik, Chemie und Mathematik leisten einen Beitrag zu verschiedenen Nachhaltigkeitszielen, darunter zur Förderung von wissenschaftlichem Nachwuchs im Sinne von SDG 4 (hochwertige Bildung).
  • Frieden, Gerechtigkeit und starke Institutionen (SDG 16) schließlich gehören zum Selbstverständnis des Center for Public Policy and Good Governance (CPG) in Bangkok und des jüngsten Exzellenzzentrums, dem Deutsch-Kolumbianischen Friedensinstitut CAPAZ in Bogotá.

Das zuletzt genannte konnte ich bereits besuchen - zusammen mit Frank-Walter Steinmeier - und ich hoffe noch mehr direkt vor Ort erleben zu können.

Im Auswärtigen Amt arbeiten wir bereits daran, das Ziel neuer Partnerschaften für die Erreichung der Nachhaltigkeitsziele (SDG 17) zu erreichen. Zum einen durch das Engagement in multilateralen Organisationen und internationalen Foren, aber auch durch bilaterale Beziehungen oder in regionaler Zusammenarbeit.

Auch hier hilft uns das Exzellenzzentren-Programm, das als Netzwerk binationaler Projekte fungiert, die gemeinsam, einzeln oder in regionaler Zusammenarbeit jeweils Maßnahmen für die Umsetzung der global gesetzten Ziele erarbeitet.

Eine solche „Diplomatie für Nachhaltigkeit“ korrespondiert so auch mit unserem Konzept der Wissenschaftsdiplomatie - an der Schnittstelle zwischen Außenpolitik und Wissenschaft.

Das Humboldt-Jahr hat uns dazu vielfältige Anstöße gegeben - und es war und bleibt wichtig, dass wir auch im Zeitalter des Anthrophozän gerade auch die Klimafrage noch stärker international begreifen.

Alexander von Humboldt, der große Forscher und Entdecker, hat übrigens über die Natur gesagt, sie sei „die größte Republik der Freiheit.“

Und Freiheit zu stärken haben wir uns zur Aufgabe gemacht. Denn genau diese Freiheit ist heute wieder gefährdet: Die der Natur durch den Menschen. Die Freiheit der Demokratie - und mit ihr gerät auch die Wissenschaftsfreiheit unter Druck.

Im Bericht “Free to Think 2018” spricht das Netzwerk Scholars at Risk von fast 300 Angriffen auf Einrichtungen der akademischen Bildung.

Und auch die Zahl, in denen solche Fälle dokumentiert werden, nimmt rapide zu. Und das ist nur die Spitze des Eisberges: viele Fälle werden gar nicht dokumentiert.

Wissenschaftsfeindlichkeit selbst dokumentiert sich auch und dadurch, dass Ergebnisse ignoriert und negiert werden, weil sie nicht ins Weltbild passen oder es werden Forschungsgelder gekürzt - Wissen durch Ideologie infrage gestellt.

Und viele Menschen, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sind in ihrer Arbeit, aber oftmals auch ganz persönlich, von Krisen und Kriegen betroffen.

Das Auswärtige Amt hat mit der Alexander von Humboldt-Stiftung die Philipp Schwartz-Initiative ins Leben gerufen, auch um verfolgten Forscherinnen und Forscher, die ihre Heimat verlassen müssen, zu unterstützen und ihnen eine neue Heimat zu geben. Bisher konnten wir 160 Forschende aus unterschiedlichen Ländern fördern.

Diese Initiative setzen wir fort, damit vertriebene und verfolgte Wissenschaftler in Deutschland leben und arbeiten können.

Wir tun dies aus der Verantwortung heraus, die sich auch aus unserer Geschichte ergibt – aber wir wissen auch, dass diese Menschen Unschätzbares mitbringen: Ihre Kreativität, ihr Wissen, ihre Neugier.

Und ich bin froh, dass auch Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sich einbringen und gegen diese Beschränkungen der Freiheit der Wissenschaft angehen und sich etwa bei dem March for Science engagieren und damit ein Zeichen gesetzt haben.

Die Freiheit der Wissenschaft ist unabdingbar für die Demokratie. Und wir brauchen sie für Fortschritt, Entwicklung und Wohlstand. Wir brauchen ihre Neugier und das damit einhergehende Wissen.

Wissenschaft war immer international, sie lebt vom Austausch mit anderen.

Genau diesen Austausch brauchen wir - denn wir sind überzeugt: Wir können zusammen mehr erreichen, als allein.

Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sind also Multilateralisten per se. Sie werden gebraucht in einer Welt, in der auch der Multilateralismus immer öfter infrage gestellt wird. Es ist an uns allen, Menschen auf der Welt für die Gestaltbarkeit der Welt zu begeistern.

Es ist schwer zu glauben, dass einige Leute immer noch behaupten, der Klimawandel sei nicht von Menschen gemacht oder Kultur und Wissenschaft könne auch ohne internationalen Austausch funktionieren.

Nach dieser Logik wäre die Erde wohl auch eine Scheibe.

Mut machen mir dagegen die Begegnungen mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, die ich auf der ganzen Welt treffe. Viele von ihnen sind Mitglieder dieser Wissenschaftsfamilie und des Netzwerkes.

Von Menschen zu lernen und ganz neue Dinge zu erfahren ist vielleicht auch das schönste am Beruf der Politikerin.

Erst letzte Woche hatte ich in Boston Gelegenheit, den deutschen Nobelpreisträger und sein Team - darunter drei junge Deutsche - am MIT zu treffen. Prof. Wolfgang Ketterle forscht dort gerade zur Quantentechnologie.

Diese Grundlagenforschung ist extrem wichtig, auch wenn man im Ergebnis vorher nicht weiß, was es wirklich bringt.

Am Wochenende davor war ich in Princeton, bereits zum zweiten Mal, wo ein weiterer Humboldtianer über Wissenschaftsgeschichte forscht.

Und so gibt es viele, ein großes Netzwerk, die global im Austausch miteinander sind und ihre Geschichte, ihre Verbindung mit dem DAAD haben.

Diese Netzwerke kann man gar nicht hoch genug schätzen. Das sind genau die, diese internationalen Netzwerke der Wissenschaftsdiplomatie, die wir stärken wollen.

Deswegen arbeiten wir mit den Mittlern, dem DAAD und der Alexander-von-Humboldt Stiftung, oder auch der Allianz der Wissenschaftsorganisationen, den Akteuren der Zivilgesellschaft wie beispielsweise Stiftungen und auch der Wirtschaft zusammen.

Orte wie die Exzellenzzentren sind dabei regelrechte Knotenpunkte dieses internationalen Netzwerkes.

Denn natürlich wollen wir auch Deutschland als Wissenschafts-, Forschungs- und Innovationsstandort international noch sichtbarer und attraktiver machen.

Gerade weil wir uns in einem globalen Wettbewerb der Ideen, einem Wettbewerb um die besten Köpfe befinden, kommt es darauf an, die Wissenschafts- und Innovationskraft Deutschlands zu stärken.

Das tun wir weltweit.

Dabei wiederum hilft das Netzwerk der Wissenschafts- und Innovationshäuser, die an die Wissenschaftshubs der Welt andocken, auch mit transnationalen Bildungsprojekten.

Beispiele sind das Chinesisch-Deutsche Hochschulkolleg, die Türkisch-Deutsche Universität in Istanbul, oder eben auch die Fachzentren in Afrika.

Hier setzen wir darauf, in Partnerschaft den Hochschul- und Wissenschaftsstandort Afrika zu stärken - auch mit Hilfe des DAAD Stipendien und einem breiten Lektorennetzwerk.

Und: Wir gründen Fachzentren für wissenschaftliche Kooperationen und planen den Aufbau einer Fachhochschule in Ostafrika und einer Lehrerakademie in Ägypten.

Damit leisten wir einen wichtigen Beitrag für eine qualifizierte und anwendungsorientierte Ausbildung und schaffen zusätzlich neue berufliche Perspektiven.

Wir wollen aber auch, dass mehr Studierende nach Deutschland kommen und zugleich mehr Deutsche weltweit studieren.

Und dabei sind wir auf einem guten Weg: im Jahr 2018 kamen bereits 358.000 ausländische Studierende nach Deutschland, das mittlerweile zu den fünf beliebtesten Zielen ausländischer Studierender gehört.

Der DAAD ist dabei mit 140.000 Geförderten im Jahr 2017 weltweit die größte Austauschförderorganisation.

Ich bin überzeugt, dass sich unsere gemeinsamen Anstrengungen lohnen. Es lohnt sich, Ideen und Ressourcen zu teilen.

Weil wir ein gemeinsames Ziel haben: in einer friedlichen, gerechten und freien Welt zu leben.

Unsere Wissenschaftsdiplomatie engagiert sich deswegen für die akademische Mobilität, vertiefte Kooperationen und akademische Freiheit. Sie fördert den Zugang zu Bildung und Wissenschaft.

Ich will eine “Diplomacy for Sustainability”, eine Außenpolitik, die eine Antwort gibt, auf das WIE wir leben wollen, auf das Miteinander. Das Miteinander - das ist eine kulturelle Frage. Da gehört Wissenschaft und Bildung immer mit dazu.

Ihnen, sehr verehrte Damen und Herren, danke ich deswegen allen sehr.

Für all Ihre Aktivitäten, ihr Engagement. Den Vertreterinnen und Vertreter der Exzellenzzentren, verbunden damit natürlich auch den Hochschulen, die den Exzellenzzentren Leben und thematische Schwerpunkte eingehaucht haben.

Ich wünsche Ihnen allen ein gutes Gelingen und dass Sie weiter ihre Netze auswerfen.

Liebe Frau Wintermantel,

mein ganz besonderer Dank gilt Ihnen und dem DAAD. Der DAAD hat das Programm vor zehn Jahren konzipiert und mit großem Einsatz umgesetzt. Er ist die weltweit größte Mobilitätsagentur von Studierenden und Wissenschaftlern. Aber er ist natürlich auch viel mehr als das. Er ist aus der internationalen Bildungspolitik nicht wegzudenken.

Das ganze Auswärtige Amt freut sich darauf in Kooperation mit dem DAAD weiter die „besten Köpfe weltweit“ zu unterstützen und Wissenschaft und ihre Strukturen im Ausland zu fördern.

Ich wünsche Ihnen allen einen guten Austausch und eine gute Tagung!

Herzlichen Dank!

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