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Rede von Staatsministerin Müntefering zur Eröffnung des deutsch-französischen Kulturinstituts in Palermo

14.06.2021 - Rede

Was für ein wunderbares Comeback! Ich freue mich sehr, Sie alle zu sehen. Ganz analog, im Kreise europäischer Nachbarn - im Zeichen der Kultur und des Austausches.

Sehr geehrter Herr Bürgermeister, lieber Leoluca Orlando: Einen besseren Ort als diese wunderbare, pulsierende Stadt könnte ich mir dazu nicht vorstellen.

Was für ein Jahr liegt hinter uns, welche Zeit für die Kultur und alle - und was für eine Bewährungsprobe für die Demokratie!

Ich komme gerade von der Reise des Bundespräsidenten nach Dänemark, anlässlich der Grenzziehung vor 100 Jahren. Und ich meine: Wir alle spüren auch hier, wie wertvoll es ist, dass wir einander wieder begegnen können.

Unseren Präsidenten, Sergio Matarella und Frank-Walter Steinmeier war es wichtig, auch im Jahr der Pandemie nicht nur engsten Kontakt zu halten.

Sie haben auch die grenzüberschreitenden Verbindungen der Bürgerinnen und Bürger in der Krisenzeit gewürdigt.

Mit einem deutsch-italienischen Preis für Städtepartnerschaften setzen sie ein wichtiges Zeichen. Es sind unsere Gesellschaften, persönliche Freundschaften und die Entscheidungen, die vor Ort getroffen werden, auf die es ankommt. Bald wird die Jury entscheiden: Schon jetzt ist klar - es gibt zahlreiche Beispiele gelebter Solidarität!

Gerade als Nachbarn halten wir das für selbstverständlich.

Aber die Geschichte zeigt - so ist es eben nicht. Und: Der nordische Wind und die Sonne des Südens haben mir gefehlt.

Wir eröffnen hier mit diesem Auftakt heute das erste gemeinsame deutsch-französische Institut. Ich bin stolz und dankbar, dass wir dies gemeinsam tun, im Kreise der geschätzten Kollegen aus Frankreich und Italien.

Lieber Herr Staatssekretär Jean-Baptiste Lemoyne, das ist wahrlich ein Meilenstein für die europäische Kulturpolitik.

Denn: Wir tragen heute auch zur Umsetzung des Aachener Vertrags vom Januar 2019 bei. Und wir stehen damit in der großen Tradition des Elysée-Vertrags von 1963 – der Grundlage einer engen deutsch-französischen Zusammenarbeit und des europäischen Gedankens.

Die Bedeutung unseres Zusammenwirkens in Europa wurde auch durch den jüngsten Deutsch-Französischen Ministerrat vom 31.Mai noch einmal unterstrichen.

Palermo als erster Standort ist kein Zufall. Denn hier sind wir bei engen europäischen Freunden und Mitbegründern der EU!

Lieber Herr Staatssekretär Benedetto della Vedova,

Sie liefern uns diesen wunderbaren Rahmen für unsere kulturelle Zusammenarbeit. Es ist schön, dass wir uns so schnell nach unserem Treffen in Berlin hier verabreden konnten.

Ich weiß: Ihr Bürgermeister hat zu diesem wunderbaren Ort, an dem europäische Kultur jetzt einmal mehr lebendig wird, eine Menge beigetragen.

Ich danke Ihnen, lieber Leoluca Orlando. Und ich erinnere mich noch gut, wie wir uns vor Jahren das erste Mal getroffen haben: Im Unterausschuss für Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik, auf Einladung meiner Kollegin Claudia Roth.

Hier bei Ihnen sind wir am richtigen Ort: Palermo steht am Schnittpunkt dreier Kontinente und im Zentrum der wichtigsten globalen Fragen wie dem Klimawandel.

Internationale Kulturpolitik will zusammenbringen und Diskurs ermöglichen. Neugierde und Offenheit und nicht zuletzt die Freude am Schaffen - das gehört unmittelbar dazu. Das vereint uns.

Unsere Kulturpolitik ist Gesellschaftspolitik, weil sie an den großen Fragen der Zeit arbeitet!

Kunst und Kultur, meine ich, das ist nichts Abgehobenes. Es geht um die Frage, wie wir miteinander leben wollen. Es geht darum, wie wir gemeinsam unsere Zukunft gestalten wollen. Es geht darum, den gesellschaftlichen Zusammenhalt, Solidarität und Gerechtigkeit zu stärken.

Der Maßstab einer so verstandenen Kulturpolitik ist ganz einfach: Sie muss dazu beitragen, dass es am Ende des Tages den Menschen besser geht.

Kultur soll Räume öffnen, in denen wir einander begegnen können. In denen wir an gemeinsamen Perspektiven auf diese Welt arbeiten. Das ist existentiell für unsere Demokratie.

Und ich bin überzeugt: Auch in Zeiten digitaler Vernetzung ist der gelebte Austausch nicht obsolet. Wir müssen wieder raus aus unserem Desktop-Kacheln.

Das Residenzprogramm ist deswegen genau das richtige Zeichen!

Hier werden sich deutsche, französische und italienische Stipendiatinnen und Stipendiaten treffen. Sie werden sich jeweils über drei Monate mit der modernen europäischen Großstadt beschäftigen - mit Mobilität, Wandel, Demografie und Nachhaltigkeit.

Wir freuen uns besonders, als Mentorinnen und Mentoren zwei Persönlichkeiten gewonnen zu haben, die die verschiedenen Perspektiven unserer Gesellschaften gut kennen: Chiara Parisi als Leiterin des Centre Pompidou in Metz und Andrea Lissoni als Künstlerischer Direktor des Hauses der Kunst in München.

Sie bringen einen großen Erfahrungs- und Kenntnisschatz mit, der in dieser besonderen Stadt gewinnbringend eingesetzt werden kann.

Das Residenzprogramm „Panormos“ – aus dem Griechischen übersetzt „gut für jede Verankerung“ oder noch eher: „ideal für eine gemeinsame Verankerung“- ist ein gemeinsames Kulturprogramm, das am Goethe-Institut und dem Institut Français in Italien seinen Ausgangspunkt nimmt und uns auf eine Reise hin zur Verschmelzung der beiden Häuser mitnimmt.

Es markiert den Auftakt und ist Teil einer neuartigen Grand Tour für junge Künstlerinnen und Künstler.

Frau Parisi und Herr Lissoni stehen hier vor einer großen und wichtigen Aufgabe, und sicher ist dies auch für sie nach der erzwungenen physischen Ferne unserer Gesellschaften im letzten Jahr noch umso wichtiger geworden.

Ich freue mich zu sehen, wie sie mit Ihren Stipendiatinnen und Stipendiaten in die Kompetenz des Institut Français und des Goethe Institut eingebettet sein werden.

Und sie werden getragen von der großzügigen Gastfreundschaft unserer Gastgeber - und nicht zuletzt: den Bürgerinnen und Bürgern der Stadt Palermo - ich wünsche Ihnen besonders, dass sie auch mit der Jugend hier in Sizilien in den Austausch treten.

Meine Damen und Herren,
Nach eineinhalb Jahren Corona müssen wir uns fragen: Wie können wir gestärkt aus dieser Krise hervorgehen?

Das Wichtigste, meine ich, bleibt: Solidarität! Mit dem Corona-Wiederaufbaufonds haben wir dafür die Grundlage gelegt. Zum ersten Mal steht Europa auf diese besondere Weise auch finanziell solidarisch füreinander ein. Das zeigt: Europa hat sich in dieser schweren Krise bewährt. Das kann uns Kraft geben für die Zukunft.

Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Ich weiß, ich bin hier bei Freunden - aber ich fühle mich auch wie im Kreise einer europäischen Familie. Europa, liebe Freunde, braucht gute Nachrichten. Die Eröffnung heute ist eine gute Nachricht für Europa.

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