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Grußwort von Staatsministerin Michelle Müntefering beim Jahresempfang des Deutschen Archäologischen Instituts

16.05.2018 - Rede

-- es gilt das gesprochene Wort --

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Frau Fless,
liebe Kolleginnen und Kollegen aus dem Bundestag,
Exzellenzen,
sehr geehrte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Deutschen Archäologischen Instituts,
verehrte Gäste,

Das historische, kulturelle Erbe ist ein Kriegsziel geworden. Seine Zerstörung wird bewusst als Mittel eingesetzt. Als Mittel zur Vernichtung der Identität von Menschen. Es ist eben nicht allein materielle Substanz, sondern ist auch der immaterielle Wert – das Kulturerbe als identitätsstiftende Kraft.
Ohne Kultur aber fehlt die Erinnerung - und damit fehlt der Bezug für die Zukunft.
Schutz, Erhalt und Wiederaufbau von kulturellem Erbe müssen in Krisen und bewaffneten Konflikten daher umso mehr zu einem Instrument der internationalen Politik werden, wenn Frieden und Sicherheit wieder hergestellt werden sollen.

Die Bilder des zerstörten Aleppo in Syrien, von Mosul, Erbil im Irak und von Sanaa im Jemen - auch die durch Naturkatastrophen zerstörten Kulturstätten wie in Nepal - fordern uns zu internationalem Engagement auf.
Es ist eine politische und vor allem gesellschaftspolitische Aufgabe, das Bewusstsein für die eigene und für die Geschichte anderer Kulturen zu bewahren und zu stärken.

Angesichts von wachsendem Populismus und dem Wiedererstarken nationaler Erzählungen ist es aktueller denn je, sich die Vielfalt unseres kulturellen Erbes und unserer damit verbundenen Identität immer wieder bewusst zu machen.

Das DAI tut genau das. Seit seiner Gründung im Jahr 1829: Das kulturelle Erbe, das Gedächtnis der Menschheit schützen - und seine Erinnerung bewahren.
Es ist eine Aufgabe der internationalen Kulturpolitik in den Blick zu nehmen, dass die kommenden Generationen uns auch einmal daran messen werden, ob wir in der Lage waren, mit Kriegen und Krisen umzugehen, und daran, was wir ihnen an Erbe hinterlassen.
Deswegen ist das Deutsche Archäologische Institut ist für uns einer der wichtigsten Partner.
Denn die internationale Kultur- und Bildungspolitik ist so - auch - Hoffnungs- und Friedensarbeit: Indem wir für Menschen aus Krisenregionen Perspektiven für die Zeit nach einem Konflikt eröffnen. Denn Hoffnung entsteht da, wo es Perspektiven gibt: Etwa, das eigene Schicksal in die Hand nehmen zu können und zur Zukunft seines Landes etwas beitragen zu können.

Wir unterstützen diese Hoffnung und helfen, neue Perspektiven zu entwickeln: Mit Stipendien, mit Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen werden Kriegsflüchtlinge aus der Region, Studenten und Doktoranden aus Syrien, aus dem Irak und dem Jemen, geflohene Wissenschaftler und auch Handwerker und Steinmetze unterstützt, mit dem Ziel, ihnen die Kenntnisse zu vermitteln, die sie brauchen. Wir nennen das „capacity building“ - Kompetenzaufbau.

Das DAI leistet dabei wichtige Beiträge. Auch, indem es Menschen zusammenführt. In den Kursen sitzen dann Jordanier, Syrer und Iraker an einem Tisch – und so kann auch Verständigung entstehen.
Eines von vielen herausragenden best-practice Projekten ist das „Iraqi-German Expert Forum on cultural Heritage“, das für die Bewahrung von archäologischem und historischen Kulturerbe - in Bagdad und Berlin ein Dialogforum schafft und sich für die Fortbildung in Techniken und Methoden der Archäologie und des Bauerhalts einsetzt.
Frau Dr. van Ess wird in dem anschließenden Festvortrag sicher darauf eingehen.

Diese Initiative wurde vor allem durch Programmmittel der Transformationspartnerschaft, des Kulturerhaltprogramms des Auswärtigen Amtes und des Projekts „Stunde Null – Eine Zukunft für die Zeit nach der Krise“ möglich.

Die Internationale Kulturpolitik setzt ferner auf gemeinsame Prozesse, auf Begegnung, auf Freiheit;
und sie vernetzt die Akteure – ermöglicht „networking“, - wie zum Beispiel mit den ebenfalls vom vom DAI mit verantworteten Initiativen „Transarea Network Africa“ oder „North African Heritage Archive Network“.
Es ist, liebe Frau Fless, nicht zuletzt ihnen zu verdanken, dass die Arbeit auf diese Weise – mit dem gesamten Team des DAI geleistet werden kann. Zum Beispiel das das ArcHerNet hat sich als Kompetenz- und Expertennetzwerk in kurzer Zeit zu einem international sichtbaren Forum der Internationalen Kulturpolitik entwickelt. Es bündelt Kompetenzen, es bietet Plattform und Rahmen für Fachleute und Studierende in den Bereichen Architektur, Archäologie, Denkmalpflege, Bauforschung.
So werden nachhaltige Strukturen und Kompetenzen aufgebaut, die es den Menschen vor Ort ermöglicht, ihr Kulturerbe zu sichern, langfristig zu erhalten und wissenschaftlich zu erforschen.

Meine Damen und Herren,

eine weitere Dimension der Internationalen Kulturpolitik wird anschaulich in dem „Syrian Heritage Archive Project“ des DAI und des Berliner Museums für islamische Kunst abgebildet.
Hier werden erstmalig ein digitales Register archäologischer Stätten und historischer Monumente in Syrien erstellt.

Die Dokumentation ermöglicht es unter anderem, den illegalen Kunsthandel besser verfolgen zu können. Denn der Handel mit wertvollen Artefakten hat auch dazu beigetragen, extremistische Gruppen zu finanzieren. Umso wichtiger ist es, dass dies von der Politik diskutiert und mit auf die Agenda gesetzt hat. Begonnen hat diese Diskussion im Unterausschuss Auswärtige Kultur – und Bildungspolitik. Ich erinnere mich an engagierte Kolleginnen und Kollegen und an ihre Besuche, Frau Fless, in denen Sie uns mit ihrem Wissen immer wieder neue Erkenntnisse verschafft und uns Abgeordneten als Diskussionspartnerin zur Verfügung gestanden haben.
Es hat sich seitdem etwas verändert: Werden digital erfasste Objekte auf Online-Plattformen oder in Auktionshäuser zum Kauf angeboten, können diese Erkenntnisse nun an die Strafverfolgungsbehörden weiter gegeben werden.

Damit setzt Deutschland seine Verpflichtungen um, die aus dem Beitritt zur UNESCO-Konvention gegen illegalen Handel folgen.

Sehr verehrte Damen und Herren,

all diese Beispiele zeigen, wie wichtig unser gemeinsamer Einsatz für den Erhalt und den Schutz unseres kulturellen Erbes ist.

Aber: Für diese engagierte internationale Kulturarbeit brauchen wir immer eine breite Unterstützung – und ja, auch gerade die des Bundestages. Ich darf heute einmal von dieser Stelle aus Danke sagen allen Kolleginnen und Kollegen, allen Mitgliedern des Bundestags, die aus dem Parlament heraus dieser Arbeit mit ermöglichen.
Sehr verehrte Damen und Herren, das Deutsche Archäologische Institut wird am 1. Juni im Rahmen der „Langen Nacht der Ideen“ des AA gegenüber in der Schinkelschen Bauakademie unter dem Thema „Die Welt im Kopf – Identität 4.0“ einen Beitrag zur Diskussion zu der Frage aufwerfen: Wie soll Gesellschaft als offene oder regressive Gesellschaft zukünftig aussehen?

Wie kann eine postnationale Kulturpolitik im Spannungsfeld zu kultureller Souveränität gestaltet werden?
Das DAI lässt auch hiermit wieder erahnen, welch große gegenwarts- und zukunftsbezogenes Potenzial der Archäologie in ihrer interdisziplinären Ausrichtung zukommt.
Ich lade Sie alle schon heute ein, bei der „Lange Nacht der Ideen“ bei uns zu sein. Es lohnt sich.
Sie, liebe Frau Fless werden dann nämlich schon einen kleinen Teil des Koalitionsvertrages umsetzen, der sagt:
„Gerade in Krisengebieten werden wir unseren Einsatz für Kulturgüterschutz und den Erhalt des kulturellen Erbes … insbesondere durch das Archäologische Institut verstärken.“

Ein klares Bekenntnis zum Ausbau von Kulturerhalt als strategischem Instrument. Ein wichtiger Satz.
Das Auswärtige Amt jedenfalls wird das Deutsche Archäologische Institut in seiner Zukunftsarbeit weiter unterstützten.

Ich danke Ihnen und allen Mitarbeitern des DAI für ihr Engagement weltweit, für ihre Anregungen auch im europäischen Kontext und für ihre Begeisterung für das kulturelle Erbe. Gemeinsam mit Ihnen wollen wir weiter an der Lösung der drängenden Probleme arbeiten und uns dabei des langen Blicks in die Vergangenheit bedienen, den uns das DAI eröffnet. So schauen wir gemeinsam – in die Zukunft.
Allen Gästen heute inspirierende Begegnungen und auch den Teilnehmerinnen und Teilnehmern der Zentraldirektion gute Gespräche.

Oder wie man bei uns im Ruhrgebiet sagt: „Glück auf!“

Vielen Dank!

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