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Rede von Staatsministerin Müntefering bei der Eröffnung der Ausstellung „Die VII. Internationale Biennale des Sozial-Politischen Plakats - Kreativ für Menschenrechte“ im Auswärtigen Amt

30.04.2019 - Rede

Ein Plakat stellt heraus, bringt an, zeigt auf. Es ist, zumal im öffentlichen Raum, mitten in der Gesellschaft, unvermeidbar. Dort in der Öffentlichkeit begegnet uns klassische Wohlfühl-Werbung, aber gerade hier in Berlin, auch politisches.

Ganz aktuell sind die Plakate zur Europa-Wahl, bei der die Parteien versuchen, auf die Wahlen einzustimmen und ihre Standpunkte wörtlich - auf die Straße - zu tragen. Das gelingt, das wissen wir Politiker nur zu gut, mal besser und mal schlechter.

Ein kluges, durchdachtes Plakat hingegen verliert selbst in der modernen Mediengesellschaft nicht seine fesselnden Eigenschaften. Wenngleich sie heute im Internet kleine, digitale Brüder und Schwestern - GIFS, Memes oder Banner - bekommen haben.

Kluge Plakate regen zum Nachdenken an, manche bleiben unvergessen. Die Plakate von Käthe Kollwitz etwa, oder die von Klaus Staeck. Sie legten den Finger in die Wunden der Gesellschaft. Oft taten sie weh.

Und eine Plakat-Biennale, zumal die des „sozial-politischen Plakats“ ist aber auch deswegen weiterhin wichtig und aktuell, weil Kreativität und kritische Auseinandersetzung Presse- und Meinungsfreiheit bedingt.

Ich freue mich deswegen sehr, dass wir heute die Ausstellung „Die VII. Internationale Biennale des sozial-politischen Plakats - Kreativ für Menschenrechte“ in diesem Jahr im Lichthof des Auswärtigen Amts präsentieren können.

Ganz besonders herzlich möchte ich dazu auch unsere Ehrengäste und Ko-Redner Herrn Heubner und Herrn Szuster begrüßen.

Im September letzten Jahres hat die Biennale in Auschwitz stattgefunden.

Die Idee, sie nun hier zu zeigen, hatte Außenminister Maas (der Sie alle sehr herzlich grüßen lässt!), bei seinem letzten Besuch in Auschwitz in der Internationalen Jugendbegegnungs-stätte, als er mit deutschen und polnischen Jugendlichen sprach.

Die Internationale Jugendbegegnungsstätte hat 2018 bereits zum 7. Mal die Biennale ausgerichtet und ist inzwischen fester Bestandteil ihres internationalen kulturpolitischen Engagements.

In ihrem Programm schlägt sie den Bogen zwischen Vergangenheit und Gegenwart; zwischen Erinnerung an den Holocaust und kritischer Auseinandersetzung mit heutigen Erscheinungsformen von Antisemitismus, Rassismus und anderen Phänomenen gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit. Das zeigt sich auch in der heutigen Ausstellung eindrucksvoll.

Für dieses jahrelange Engagement darf ich Ihnen, lieber Herr Szuster, stellvertretend für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Internationalen Jugendbegegnungsstätte herzlich danken!

Herzlich danken möchte ich auch Ihnen, lieber Herr Heubner, für die Unterstützung dieses Projekts durch das Internationale Auschwitz Komitee!

Sie helfen uns mit Ihrem offenen Umgang mit ihrer leidvollen Geschichte, einen kritischen und selbstkritischen Blick auf die gegenüber Polen so grausame deutsche Vergangenheit zu werfen und daraus Handlungsverpflichtungen für heute zu entwickeln.

Verehrte Gäste,
dass wir diese Ausstellung heute im Auswärtigen Amt zeigen, unterstreicht einmal mehr, dass wir die Shoah auch als Mahnung begreifen, uns für die Wahrung der Menschenrechte weltweit einzusetzen.

Eine aktive, engagierte Menschenrechtspolitik ist für uns zentral. Und: Angesichts der Menschenrechtslage weltweit auch weiterhin von großer Bedeutung. Denn wie wir sehen: Nichts ist selbstverständlich. Auch nicht die Menschenrechte - der große Fortschritt unserer Menschheitsgeschichte gerät zunehmend unter Druck. Im Sicherheitsrat und den Vereinten Nationen setzen wir deswegen auch darauf, die Zivilgesellschaft als Partner an unserer Seite zu haben.

Sehr geehrte Damen und Herren,
nur wenige hundert Meter von hier, am heutigen Bebelplatz, wurden am 10. Mai 1933 Bücher verbrannt, auch Heinrich Heine und andere, insbesondere jüdische Autoren.

Was mit Einschränkungen von Meinungs- und Pressefreiheit begann, setzte sich fort mit rassistischer Massenpropaganda, die die Nazis schnell zu nutzen wussten - und mündete schließlich im dunkelsten Kapitel der deutschen Geschichte.

Die Zensur war der Anfang einer leidvollen Entwicklung über Ausgrenzung, Entrechtung bis hin zum grausam orchestrierten Massenmord an jüdischen Frauen, Männern und Kindern.

Wie Zensur eine Gesellschaft verändern kann, welche Angst sie hervorrufen kann, führt uns heute ganz eindrücklich das Werk des belarussischen Künstlers Jouri Toreev vor Augen.

Sein Plakat mit dem Titel “Censorship” wurde mit dem 1. Preis der letzten Internationalen Biennale des Sozial-Politischen Plakats ausgezeichnet.

Und sicher finden Sie hier auch (so wie ich) weitere Plakate, die Sie beeindrucken und nachdenklich stimmen. Plakate einer jungen Generation von Künstlerinnen und Künstlern, die einmal mehr nicht schweigen, sondern mahnen. Das Recht, sich frei zu äußern, ist dabei eine wesentliche Voraussetzung für eine freie und demokratische Debatte.

Dazu leisten Journalisten, Blogger wie auch Künstler in einem sich ständig verändernden Kommunikations- und Informationsraum einen entscheidenden Beitrag:

Für die Presse- und Meinungsfreiheit, mit Geschichten, Filmen und Nachrichten, analog und digital - aber gerade auch mit Plakaten.

Die Geschichte des politischen Plakats ist die Geschichte des Argumentes, des Streits - und dieser ist einer lebendigen Demokratie nicht nur unausweichlich, sondern auch unverzichtbar.

Herzlichen Dank und eine schöne Ausstellung Ihnen Allen!

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