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Rede von Staatsministerin Michelle Müntefering anlässlich der Übergabe der UNESCO-Urkunde zur Eintragung des Augsburger Wassermanagement-Systems in die Liste des Kultur- und Naturerbes der Welt

03.02.2020 - Rede

- Es gilt das gesprochene Wort! –

Liebe Augsburgerinnen und Augsburger,

Ihre Stadt beheimatet zweifelsohne Vieles von außergewöhnlichem kulturellen Wert.

Der Oberbürgermeister hat etwa an den Augsburger Religionsfrieden erinnert. Ich persönlich erinnere mich natürlich auch gerne an die Ausstellungser-öffnung der „Wendejahre“ letzten April in diesem schönen Saal. Sie sehen, ich komme jetzt öfter!

Heute würdigen wir ganz offiziell das weltweit einmalige Augsburger Wassermanagement-System mit der Eintragung in die Welterbeliste.

Ich freue mich sehr, bei Ihnen zu sein und mit der Urkunde die amtliche Bestätigung der UNESCO überreichen zu dürfen.

Der Weg zur Anerkennung als Welterbe war – im Verhältnis zu seiner Geschichte – vergleichsweise kurz, denn normalerweise sind die Verfahren eher langwierig.

Das hat sicher damit zu tun, dass der Vorschlag überzeugend war.

Erst am 11. Juni 2014 wurde das Augsburger Wassermanagement-System unter dem Arbeitstitel „Wasserbau und Wasserkraft, Trinkwasser und Brunnenkunst“ in die deutsche Tentativliste eingetragen.

Fast genau 5 Jahre später wurde das Bewerbungsverfahren mit der positiven Entscheidung auf der 43. Sitzung des Welterbekomitees der UNESCO in Baku/Aserbaidshan abgeschlossen.

Liebe Augsburgerinnen und Augsburger,

der Erfolg kam schnell, aber er kam nicht von selbst. Er ist das Ergebnis guter Vorarbeiten und einer hervorragenden Zusammenarbeit der Akteure - einschließlich der Stadtwerke. Nicht zuletzt ist er auch der Begeisterung vieler engagierter Bürgerinnen und Bürger in der Stadt zu verdanken.

Deshalb ist diese Würdigung eine Auszeichnung für Sie alle, für ganz Augsburg,

herzlichen Glückwunsch!

Stellvertretend für alle, die mitgearbeitet haben, seien namentlich Thomas Weitzel, Ulrich Müllegger und Antonia Hager genannt, die die Fäden zusammengehalten und auf die Macht der Wasserkraft vertraut haben.

Wenn wir im Auswärtigen Amt ein wenig zum Erfolg beitragen konnten, würde uns das freuen.

Lassen Sie mich deswegen auch der Welterbestelle im Auswärtigen Amt Danke sagen. Liebe Frau Ringbeck, ich weiß, es macht Ihnen immer auch Spaß, ein solches Engagement durch alle Instanzen zu begleiten.

Bei aller Danksagung: Dass das Wassermanagement-System Welterbe geworden ist, verdanken wir aber nicht nur den heutigen Zeitgenossen. Sondern vor allem klugen Köpfen, die schon vor über 700 Jahren erkannt haben, wie wichtig der behutsame Umgang mit Flüssen, Seen und Grundwasser ist.

Sie wussten: wir müssen unsere wichtigsten Ressourcen schützen und erhalten, um uns entwickeln und überleben zu können.

- Übrigens lange bevor die Forschung entdeckt hat, dass verunreinigtes Trinkwasser Ursache vieler Krankheiten ist.

Trink- und Brauchwasser werden hier seit Jahrhunderten strikt getrennt. So entstand eine wesentliche Grundlage für Wachstum und Wohlstand in der Stadt.

Heute finden solche Erkenntnisse unter anderem in der Agenda 2030 der Vereinten Nationen ihren Niederschlag: Die Nachhaltigkeitsziele formulieren die wirtschaftliche, soziale und ökologische Dimension als wesentliche Säulen unseres Zusammenlebens. Kultur und Bildung sind ihr unmittelbarer Bestandteil.

Sehr verehrte Damen und Herren,

wir brauchen auch heute die Augsburger Weitsicht.

Der Klimawandel und die damit verbundenen Veränderungen unserer Umwelt gehören zu den großen Menschheitsfragen unserer Zeit. Er ist international und entscheidend in unserer Außenpolitik. Es geht um die Zukunft unseres Planeten, unserer Gesellschaften.

Wasser- und Hungerkrisen führen zu Auseinandersetzungen um knapper werdende Ressourcen, sie führen zu Vertreibung und Migration. Längst wird nicht nur um Land, Öl oder Gold gekämpft, sondern auch um Wasser.

Deshalb hat Deutschland das Thema „Klima und Sicherheit“ zu einem Schwerpunktthema der deutschen Mitgliedschaft im UN-Sicherheitsrat 2019/20 gemacht.

Wasser ist unsere wichtigste Ressource, es macht unsere Erde zum blauen Planeten und lässt uns leben. Es ist zudem für fast alle wirtschaftlichen Aktivitäten unersetzlich. Deswegen stärken wir auch die „Wasserdiplomatie“.

Etwa indem wir grenzüberschreitend zusammen arbeiten und uns dafür einsetzen, die nationalen Wassersektoren zu stärken.

Denn: Wasserkonflikte können zu ernsthaften zwischenstaatlichen Spannungen führen, aber auch einen Ansatzpunkt für regionale Zusammenarbeit bilden.

Das erlebe ich auch in meinen Gesprächen mit Vertretern afrikanischer Staaten besonders.

Gerade erst am Dienstag dieser Woche waren die Außenminister der Staaten Zentralasiens und der Außenbeauftragte der EU in Berlin, um auch über nachhaltiges regionales Wassermanagement zu beraten.

Wasser ist ein kostbares Gut und Fragen der Verteilung können nur grenzüberschreitend gelöst werden. Insofern ist diese Arbeit für das Weltkulturerbe immer auch Zukunftsarbeit.

Und obwohl die UN 2010 das Recht auf einwandfreies Trinkwasser und Sanitärversorgung als Menschenrecht anerkannt hat, wird dieses Recht in Krisengebieten, aber auch in Ballungszentren noch längst nicht umgesetzt.

Neben den Umweltbedingungen sind es oft auch Privatisierungen, die die Ware Wasser zu einem Mittel von Wucher und Ausbeutung werden lassen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren,

internationaler Austausch befördert Ideen und Innovationen zur Wassergewinnung und Wasserversorgung – damals wie heute. In Augsburg führten sie zu bahnbrechenden technischen Neuerungen.

Ich hatte vorhin die Gelegenheit, das faszinierende System aus Wasserrädern, Pumpwerken oder auch Treppen für Wassertürme zu besichtigen.

Augsburg war ein Pionier im Wasserbau.

Herausragende technische Anlagen, Bauwerke und Brunnen dokumentieren den Wissenstransfer.

Auch die außergewöhnliche Zusammenarbeit und Leistung von Ingenieuren, Architekten und Künstlern wird deutlich.

Bis heute prägt ihr Werk das Bild Augsburgs als urbane Wasserlandschaft und trägt dazu bei, die Achtung vor den natürlichen und kulturellen Ressourcen zu stärken.

Wir sehen: Der Erhalt von Natur und Kultur ist ein Generationenvertrag. Es ist nun an uns, das Erbe für künftige Generationen zu erhalten.

Der Eintrag in die Welterbeliste ist in erster Linie eine Selbstverpflichtung, die bestehenden gesetzlichen Regelungen und Verfahren zum Denkmal- und Naturschutz einzuhalten und anzuwenden. Das heißt: Es braucht auch hier einen behutsamen, weitsichtigen Umgang. Wir haben die Verantwortung, das Welterbe an künftige Generationen weiterzureichen.

Augsburg, da bin ich sicher, kann das. Denn nachhaltige Entwicklung hat hier Tradition.

Hier war man seiner Zeit ja immer schon voraus, das zeigen die Bestandteile der Welterbestätte: Nicht nur das Augsburger Wassermanagement-System wurde in die Welterbeliste eingetragen; auch der 1972 für die Wettbewerbe der Olympischen Spiele im Kanuslalom errichtete Eiskanal gehört gleich mit dazu.

Damit wurde erstmals überhaupt ein Teil einer Olympischen Stätte der Neuzeit als Teil einer Welterbestätte anerkannt.

Ich hörte, dass davon andere Städte ganz in der Nähe im Moment nur träumen können.

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,

ich freue mich, Ihnen nun die Welterbeurkunde überreichen zu dürfen.

Sie ist von Audray Azoulay, der Generaldirektorin der UNESCO, unterzeichnet und trägt das Datum 10. Juli 2019.

An diesem Tag wurde die Entscheidung des Welterbekomitees vom 6. Juli 2019, das Augsburger-Wassermanagement-System in die Liste des Kultur- und Naturerbes der Welt einzutragen, durch die Annahme des Sitzungsprotokolls bestätigt.

Herzlichen Glückwunsch zur Anerkennung als Welterbe und passen Sie gut darauf auf!

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