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Rede von Staatsministerin Müntefering zur 30-Jahr Feier der Alevitischen Gemeinde Deutschland e.V.
Danke, dass ich bei Ihnen - in Ihrer Mitte - sein darf.
„Einheit in Vielfalt“ lautet das Motto des heutigen Abends - nicht umsonst.
Denn seit mehr als 30 Jahren leistet Ihre Gemeinschaft einen interkulturellen Beitrag zum Miteinander in Vielfalt in diesem Lande!
Kunst und Kultur waren dabei immer Kräfte, die an Vielfalt, aber auch zu Zusammenhalt beigetragen haben.
„Der Mensch und die Wahrheit sind Eins. Was du suchst, findest du im Menschen. Der Mensch besteht aus Erkenntnissen, denn ich bin ein Mensch.“
So sagt es der alevitische Intellektuelle Aşik Daimi in einem Gedicht.
Es ist die Überzeugung, dass „die Wahrheit oder das Göttliche“, in allem und jedem steckt, und die Aufforderung, jedem mit Achtung und Respekt zu begegnen.
Offenheit und Respekt, die Gleichberechtigung von Mann und Frau – all das sind Werte, die für unser friedliches und demokratisches Miteinander unerlässlich sind.
Deswegen möchte ich Ihnen an diesem Jubiläumstag der alevitischen Gemeinde und ihren Vertreterinnen und Vertretern auch ganz besonders für Ihren Beitrag zum kulturellen Leben Deutschlands ganz herzlich danken.
Es freut mich, dass sie die Kultur in den Mittelpunkt ihrer Feierlichkeiten stellen - und danke auch allen Künstlerinnen und Künstlern.
Sehr verehrte Damen und Herren,
ich bin ein Kind des Ruhrgebiets. 1980 geboren. Eine Zeit, in der die Alevitische Gemeinde besonders aktiv wurde - sie ist es bis heute.
Sie stellen Vertreter beim Integrationsgipfel der Bundesregierung und der Deutschen Islamkonferenz, es gibt einen eigenen Religionsunterricht an staatlichen Schulen.
Mein Ziel als Staatsministerin für internationale Kulturpolitik im Auswärtigen Amt ist es, eine Außenpolitik der Gesellschaften voranzubringen. Denn in unserer globalen Welt reicht es nicht, allein diplomatische Verhandlungen zu führen oder Wirtschaftskontakte zu pflegen. Es kommt darauf an, das Wissen und Verständnis unserer Gesellschaften untereinander zu stärken. Denn nur da, wo Austausch stattfindet, sind Argumente möglich.
Wo Argumente eine Chance haben sind, da ist Verständigung möglich. Und wo Verständigung möglich ist, da ist es auch der Frieden.
Und dafür brauchen wir Brückenbauer. Interkulturelle Brückenbauer wie ganz besonders auch die Alevitische Gemeinde Deutschland mit ihrem breiten Netzwerk über Grenzen hinweg.
Alevitinnen und Aleviten sind durch ihren eigenen schwierigen Weg besonders sensibilisiert für die Errungenschaften von Demokratie und Menschenrechten.
Die Aleviten kennen starke Frauen und eine starke Jugend, sie setzen sich sich seit ihrer Gründung stets für Bildung, Integration und Menschenrechte ein. Das macht Hoffnung.
Doch auch das Ringen um Anerkennung - auch in diesem Land, dieser neuen Heimat - war und ist nicht einfach. Umso wichtiger ist es, dass wir die Vielfalt zu schätzen wissen. Im Ruhrgebiet wissen wir das: Nicht Vielfalt ist ein Problem. Sondern Einfalt.
Ein wichtiger Meilenstein war deswegen auch die offizielle Anerkennung als Religionsgemeinschaft im Sinne des Grundgesetzes im Jahr 2006.
Mit diesem Status wurde es möglich, an öffentlichen Schulen alevitischen Religionsunterricht anzubieten.
Ich bin ganz erstaunt darüber, mit Blick auf Ihre Geschichte und Ihre Aktivitäten, was geleistet wurde:
Mehr als tausend Schülerinnen und Schüler werden so an Grund- und weiterführenden Schulen unterrichtet. Und auch die akademische Erschließung Ihres Glaubens in Deutschland Fortschritte.
Das alles zeigt, dass Ihre Geschichte auch unsere Geschichte geworden ist.
Sehr geehrte Damen und Herren,
gerade Religionsvertreterinnen und -vertreter haben oft ein besonderes Gespür für Entwicklungen und können diese mit beeinflussen. Und: Ohne das Verständnis spiritueller und religiöser Kulturen und ohne den Blick auf die nicht-staatlichen Akteure in den Gesellschaften anderer Länder bleibt unser Wissen lückenhaft.
Religionsgemeinschaften sind die weltweit größten zivilgesellschaftlichen Akteure: 84 Prozent der Weltbevölkerung bekennen sich zu einer Religion.
Das Auswärtige Amt hat diese Situation erkannt und widmet sich seit einigen Jahren vertieft dem Friedensdialog der Religionen und den Aspekten der Religionen in der Außenpolitik.
Die Öffnung unserer Außenpolitik für mehr Impulse aus der Zivilgesellschaft ergänzt die klassische Außenpolitik zwischen den Staaten.
Denn wie können wir die Konflikte verstehen, geschweige denn die richtigen Lösungen finden, wenn wir die religiösen Dimensionen nicht mit berücksichtigen?
Auch aus dieser Überzeugung heraus möchten wir mit Ihnen im Dialog bleiben - und das hat ja bereits begonnen:
So freut mich ganz besonders, dass Alevitinnen und Aleviten aus der ganzen Welt aktiv bei der 10. Weltversammlung von “Religions for Peace” mitgewirkt haben, die Ende August erstmals in Deutschland, in Lindau im Bodensee, stattgefunden hat und von Bundespräsident Steinmeier eröffnet wurde.
Sehr verehrte Damen und Herren,
Sie werden weiter gebraucht.
Denn sie haben nicht nur hier in Deutschaland eine besondere Integrationsleistung vollbracht – sondern sie sind Inspirationsquelle für viele Menschen.
„Was du suchst findest du im Menschen“ schreibt Aşik Daimi in seinem Gedicht.
„Die Würde des Menschen ist unantastbar“, so sagt es das Deutsche Grundgesetz.
Was wir suchen, finden wir in dieser Grundüberzeugung: Den Menschen nicht nach dem Geschlecht, dem Glauben, der Ethnie oder dem Stand beurteilen. Die Menschen sind nicht gleich. Aber sie sind gleich viel wert.
Es ist gut, wenn wir alle gemeinsam in Einheit und Vielfalt, unser Land mitgestalten und mithelfen fûr Frieden und Zusammenhalt in der Welt.
Danke für Ihr aktives und intergierendes Wirken in unserer Mitte – danke für über 30 erfolgreiche Jahre Alevitische Gemeinde in Deutschland!
Vielen Dank!