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Rede von Staatssekretär Andreas Michaelis beim 7. Deutsch-Chinesischen Mediendialog

07.05.2018 - Rede

Sehr geehrte Damen und Herren,

es ist mir eine große Freude, heute den Deutsch-Chinesischen Mediendialog mit Ihnen allen zu eröffnen. Nach unserer letzten Dialogrunde in Peking begrüße ich Sie in diesem Jahr in Berlin. Schon zum siebten Mal haben wir in diesem Format damit Gelegenheit, uns auszutauschen und voneinander zu lernen. Ich will hier keine Bilanz der vergangenen Dialoge ziehen, sondern vielmehr eine Erwartungshaltung und einen Anspruch an den Dialog formulieren.

Erstens habe ich den Wunsch, dass wir das Format als Chance für einen echten und ehrlichen Dialog begreifen. Und dass wir uns nicht mit dem bloßen Austausch von Standpunkten zufrieden geben. Ich weiß, dass wir das können, denn ohne echte Dialog- und Kompromissbereitschaft auf beiden Seiten hätten wir den derzeitigen Stand in den deutsch-chinesischen Beziehungen nicht erreicht:

Wirtschaftlich ist China für Deutschland der wichtigste Handelspartner in Asien und umgekehrt handelt China in Europa mit keinem Land mehr als mit Deutschland. Politisch verdeutlichen die über 70 individuellen deutsch-chinesischen Dialogformate, wie vielschichtig unsere Beziehungen geworden sind. Allein im Jahr 2017 gab es 25 gegenseitige Besuche auf hoher und höchster politischer Ebene, für 2018 laufen die Vorbereitungen für den Besuch der BKin und für die Regierungskonsultationen auf Hochtouren.

Hinzu kommen die zahllosen wirtschaftlichen, kulturellen, wissenschaftlichen und zwischenmenschlichen Kontakte, die unsere Vereinbarungen und Dialoge mit Leben füllen.

Gleichzeitig wird deutlich, dass es zunehmend auch Reibungen im bilateralen Verhältnis gibt, gerade bei wirtschaftlichen oder gesellschaftspolitischen Fragen. In diesem Sinne sehe ich – und das ist mein zweiter Punkt – diesen Mediendialog auch als eine Blaupause. Wenn wir es bei den Medien schaffen, Fortschritte zu erzielen, dann kann uns das auch in anderen Bereichen gelingen, in denen wir miteinander noch Schwierigkeiten haben. Für uns haben Medien eine Orientierungsfunktion, auch in dieser Hinsicht.

Dass es in einer komplexer werdenden Beziehung nicht ohne Meinungsverschiedenheiten von sich geht, liegt auf der Hand. Es hat aber bisher die deutsch-chinesischen Beziehungen ausgezeichnet, dass wir diese konstruktiv und im Geiste unserer Strategischen Partnerschaft behandeln. Denn klar ist auch: Gemeinsam kommen wir nur dann vorwärts, wenn wir nicht zurückschrecken, wo unsere Gemeinsamkeiten aufhören.

Dieses gemeinsame Vorankommen hat heute eine größere Bedeutung als je zuvor: In Zeiten, in denen Protektionismus und Mauern die Debatte beherrschen, müssen wir auf Verständigung und Zusammenarbeit setzen. Neben den Wirtschafts-, Handels- und Investitionsbeziehungen gehören zu dieser Zusammenarbeit auch der Umwelt- und Klimaschutz, der rechtsstaatliche und menschenrechtliche Dialog sowie die kulturelle und wissenschaftspolitische Kooperation.

Meine Damen und Herren,

Mein dritter Punkt beschäftigt sich ganz konkret mit der Rolle von Medien und Journalismus. Sowohl Deutschland als auch China verbindet mit dem gedruckten Wort eine lange Geschichte. In unser beider Länder Geschichten hat das gedruckte Wort eine herausragende und transformierende Rolle gespielt, ganz unabhängig davon, wer den Buchdruck wirklich zuerst erfunden hat….

Im Ernst: Die Fähigkeit, Gedanken massenweise auf Papier zu drucken und unters Volk zu bringen, hat die Welt verändert und die Grundlage für unsere heutigen Massenmedien gelegt. Herr Vizeminister Guo, Sie waren mit Ihrer Delegation in den letzten Tagen in Trier, um 200 Jahre Karl Marx zu feiern. Seine Ideen gehören zu den einflussreichsten der Menschheitsgeschichte. Ohne den Buchdruck hätten wir wohl nie von ihm gehört.

Das Beispiel Marx verdeutlicht aber auch die Sprengkraft, die in dieser Fähigkeit zur Informationsvervielfältigung lag und liegt. Kaum gab es Bücher, wurden viele von ihnen auch verboten oder gar verbrannt. Die Frage, was man sagen, schreiben und veröffentlichen darf - und vor allem: was nicht - hat seit Erfindung des Buchdrucks noch jede Generation beschäftigt.

In Deutschland sehen wir in der freien Meinungsäußerung und der Pressefreiheit heute einen Grundpfeiler unserer Gesellschaftsordnung. Für die Einschränkung dieser bei uns im Grundgesetz verankerten Rechte, muss der Staat hohe Hürden überwinden. Wir wissen, dass Politik nur dann nachhaltig, legitim und erfolgreich sein kann, wenn alle Bürger und Interessengruppen frei am öffentlichen Diskurs teilnehmen können.

Heute sind wir Zeugen einer neuen Revolution in der Informationstechnologie, die der Erfindung des Buchdrucks in nichts nachsteht. Knapp über die Hälfte der Weltbevölkerung hat heute Zugang zum Internet. Vor 10 Jahren war es erst knapp ein Viertel.

Soziale Medien wie Facebook, Twitter oder Tencent sind innerhalb kurzer Zeit zu den größten Medienunternehmen der Welt geworden. Das Monopol einer relativ kleinen, medialen und politischen Elite ist gefallen. Heute kann jeder seine Inhalte einer globalen Öffentlichkeit zur Verfügung stellen und ein Millionenpublikum erreichen. Aber sind Journalisten deshalb obsolet? Im Gegenteil: sie sind heute wichtiger denn je!

Denn um uns vor fake news, alternativen Fakten und Verschwörungstheorien zu schützen, brauchen wir gute und unabhängige Journalisten, die sorgfältig und kritisch recherchieren, die Sprache präzise und verständlich verwenden und für die das Hinterfragen und Überprüfen von Quellen selbstverständlich ist. Es ist diese Art von Qualitätsjournalismus, der das beste Gegengift darstellt gegen Desinformationskampagnen und eine Manipulation der öffentlichen Meinung, egal ob on- oder offline.

Auch wenn in Deutschland und China unterschiedliche Plattformen verwendet werden, auch wenn Journalisten in China eine andere Rolle spielen als in Deutschland, hoffe ich, dass beide Seiten sich hierzu ohne Scheuklappen austauschen und den Dialog als Gelegenheit begreifen, die eigene Perspektive zu hinterfragen.

Meine Damen und Herren,

dieses Format hat in der Vergangenheit immer wieder unter Beweis gestellt, wie wichtig und wertvoll internationale Kooperation zwischen Journalisten ist. Es bereitet uns daher Sorge, wenn wir Berichte über die Behinderung der Arbeit von ausländischen Journalisten in China hören. Seit längerem verfolgt die Deutsche Welle beispielsweise die Absicht, ein Korrespondentenbüro in Peking zu eröffnen. Bislang leider ohne Erfolg. Wir sind der Meinung, dass wir uns als strategische Partner die Gelegenheit geben sollten, uns gegenseitig besser kennenzulernen und die Perspektive des anderen besser zu verstehen. In Deutschland können wir das China Global Television Network in jedem Hotel, in jedem Haushalt empfangen. Wieso sollte das nicht auch in China für die Deutsche Welle möglich sein?

Gleichzeitig freuen wir uns über die gute Nachricht der Wiedereröffnung des Büros der Wochenzeitung Die Zeit. Wir hoffen, dass es auch für andere an China interessierte Medien diese Möglichkeit gibt.

Wir mögen nicht immer einer Meinung sein, aber weniger Dialog ist zur Überwindung unserer Differenzen nicht das probate Mittel. Ich bin sicher: Wir brauchen mehr Dialog, mehr Kooperation und mehr Austausch.

Heute haben wir dazu Gelegenheit, nutzen wir sie!

Ich wünsche uns allen einen erfolgreichen Mediendialog.

Vielen Dank!

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