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Rede von Außenminister Heiko Maas über Pandemien und Sicherheit in der Offenen Debatte des VN-Sicherheitsrates (Videokonferenz)

02.07.2020 - Rede

Die Welt erlebt ihre schwerste Krise seit 1945: Mehr als eine halbe Million Menschen sind bereits an einem Virus gestorben, für das wir noch kein Heilmittel haben. Und es könnten noch viel mehr werden. Durch die erzwungene Vollbremsung der Weltwirtschaft werden sich humanitäre Krisen verschärfen, das Vertrauen in staatliche Institutionen erodiert. Wir haben gerade von den Briefern gehört, wie Konflikte, insbesondere in Afrika und in vom Krieg zerrütteten Ländern wie Jemen und Libyen, außer Kontrolle geraten. Und gleichzeitig nehmen Menschenrechtsverletzungen immer weiter zu.

Meine Damen und Herren,
gestern hat der Sicherheitsrat endlich ein Signal politischer Einigkeit gesendet, indem er den Aufruf des Generalsekretärs zu einem weltweiten Waffenstillstand indossiert hat. Resolution 2532 war lange überfällig.

Lassen Sie uns diese Resolution jetzt gemeinsam umsetzen, indem wir uns für länderspezifische Waffenstillstände einsetzen. Wir alle wissen schließlich, dass sie humanitären Zugang und den Einstieg in politische Gespräche erleichtern können.

Unser heutiges Treffen kann außerdem die Initialzündung dafür liefern, bedeutende Gesundheitsrisiken und ihre Auswirkungen auf die Sicherheit systematischer anzugehen.

Hierzu sollten wir uns auf drei Handlungsansätze einigen:

Erstens müssen wir uns mit den Auswirkungen befassen, die Pandemien auf die Konflikte und humanitären Krisen haben, mit denen der Sicherheitsrat befasst ist. Die VN-Friedensmissionen werden sich darauf einstellen müssen: indem sie die rasch wechselnden Konfliktdynamiken genau beobachten, die Gesundheit ihres Personals und der lokalen Bevölkerung schützen und ihre volle Einsatzfähigkeit sicherstellen.

Deshalb hat Deutschland gemeinsam mit anderen EU-Mitgliedstaaten dem Generalsekretär in einem Schreiben zugesichert, dass wir unsere militärischen, polizeilichen und zivilen Beiträge aufrechterhalten.

Zweitens ist es während einer Pandemie noch wichtiger, dass humanitären Helfern und medizinischen Experten sicherer, ungehinderter und schneller Zugang gewährt wird. Der Sicherheitsrat und die betroffenen Mitgliedstaaten haben die Pflicht, dies sicherzustellen.

Wir haben zudem den Generalsekretär gehört, der Sofortmaßnahmen gefordert hat, damit COVID-19 nicht die Fortschritte zerstört, die wir bei der Gleichstellung der Geschlechter und bei der Beteiligung von Frauen an Friedensprozessen erzielt haben. Deutschland hat deshalb 4 Millionen Euro für die COVID-19-Notfallhilfe des „Women’s Peace and Humanitarian Fund“ beigesteuert. Und wir rufen andere dazu auf, es uns gleichzutun.

Drittens muss dieses Gremium endlich zu einem umfassenderen Verständnis von Frieden und Sicherheit kommen. Die Gründerinnen und Gründer der Vereinten Nationen mögen bei der Ausarbeitung der Charta in den Kategorien von Artillerie, Bombern und Soldaten gedacht haben.

Heute wissen wir, dass ein Virus tödlicher sein kann als eine Schusswaffe, dass ein Cyber-Angriff mehr Schaden anrichten kann als ein Soldat und dass der Klimawandel mehr Menschen bedroht als die meisten konventionellen Waffen. Wer vor dieser Realität die Augen verschließt, der ist nicht bereit zu lernen.

Was wir brauchen, ist rasches, vorbeugendes Handeln auf der Basis guter Berichte und entsprechender Kapazitäten im VN-System. Dies ist es, was „Wahrung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit“ im 21. Jahrhundert bedeutet.

Vielen Dank!

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